Allgemeine Zeitung, Nr. 96, 6. April 1849.Allgemeine Zeitung. Freitag Nr. 96. 6 April 1849. AUGSBURG. Das Abonnement bei allen auch den entferntesten Post- ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei- tern Postaufschlag vierteljährlich 4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl. im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Uebersicht. Deutschland. Frankfurt (Anzeige der Deputation aus Berlin über Oesterreichische Monarchie. Der Banus wie sonst gefeiert. Spanien. Der 26 März ruhig vorübergegangen. Das Bank- Großbritannien. Das Lord-Obercommissariat der jonischen In- Frankreich. Cholerabericht. Die Socialisten für Sonntagsfeier. Italien. Florenz (Guerrazzi zum Dictator ernannt); Brescia Schweiz. Strenge Maßregeln gegen die Flüchtlinge. Beilage. Guizot und Thiers. -- Einige Bedenken über die Datum der Börsen: New York 9 März; London, Paris, Amsterdam Deutschland. . Frankfurt a. M. So ist denn der große Wurf geworfen; Frankfurt a. M., 3 April. Die Errichtung des erblichen *) Wir erhielten diese schmerzbewegten Zeilen von einem norddeutschen Ab-
geordneten, der in der Nationalversammlung sich stets als einen der treue- sten, wärmsten Freunde Oesterreichs bewährt hatte. Allgemeine Zeitung. Freitag Nr. 96. 6 April 1849. AUGSBURG. Das Abonnement bei allen auch den entferntesten Post- ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei- tern Postaufschlag vierteljährlich 4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl. im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Ueberſicht. Deutſchland. Frankfurt (Anzeige der Deputation aus Berlin über Oeſterreichiſche Monarchie. Der Banus wie ſonſt gefeiert. Spanien. Der 26 März ruhig vorübergegangen. Das Bank- Großbritannien. Das Lord-Obercommiſſariat der joniſchen In- Frankreich. Cholerabericht. Die Socialiſten für Sonntagsfeier. Italien. Florenz (Guerrazzi zum Dictator ernannt); Brescia Schweiz. Strenge Maßregeln gegen die Flüchtlinge. Beilage. Guizot und Thiers. — Einige Bedenken über die Datum der Börſen: New York 9 März; London, Paris, Amſterdam Deutſchland. . Frankfurt a. M. So iſt denn der große Wurf geworfen; ⦻ Frankfurt a. M., 3 April. Die Errichtung des erblichen *) Wir erhielten dieſe ſchmerzbewegten Zeilen von einem norddeutſchen Ab-
geordneten, der in der Nationalverſammlung ſich ſtets als einen der treue- ſten, wärmſten Freunde Oeſterreichs bewährt hatte. <TEI> <text> <pb facs="#f0001"/><lb/> <front> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung.</hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <docImprint> <docDate> <hi rendition="#b">Freitag Nr. 96. 6 April 1849.</hi> </docDate> </docImprint> </titlePage><lb/> <div type="jExpedition" n="1"> <head> <hi rendition="#aq">AUGSBURG. Das Abonnement bei<lb/><hi rendition="#g">allen</hi> auch den entferntesten Post-<lb/> ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei-<lb/> tern Postaufschlag <hi rendition="#g">vierteljährlich</hi><lb/> 4 fl. 15 kr., für das <hi rendition="#g">ganze Jahr</hi> 17 fl.<lb/> im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.;<lb/> für <hi rendition="#g">auswärts</hi> bei der hiesigen k. 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Weitere Erklärungen von Deputirten über<lb/> und gegen die Kaiſerwahl); Stuttgart (Geſetzentwurf für eine Verſamm-<lb/> lung zur Verfaſſungsreviſion); Karlsruhe (Erklärung von Welcker. Ver-<lb/> ſammlung radicaler Deputirten in Heidelberg. Agitation für einen con-<lb/> ſtituirenden Landtag); Braunſchweig (die Frankfurter Deputation. Der Her-<lb/> zog für die Kaiſerwahl); Hannover (überall freudiger Empfang der Kaiſer-<lb/> abordnung); Berlin (die Verhandlungen beider Kammern über die Adreſſen.<lb/><hi rendition="#g">Die Antwort des Königs an die Kaiſerdeputation</hi> verweist in<lb/> Betreff der Wahl und der Verfaſſung auf die Nothwendigkeit der Er-<lb/> klärung der übrigen Regierungen. Antrag in der zweiten Kammer daß<lb/> dieſe Antwort nicht genüge); Oldenburg (Rüſtung für Schleswig. Frei-<lb/> zügigkeit); Altona (Stand der Reichstruppen); Wien (Aufruf für Sieben-<lb/> bürgen. Trauriger Stand der Dinge daſelbſt. Die kaiſerlichen Truppen<lb/> nach der Walachei gedrängt. Bem bedroht ſelbſt Bukareſt. Ein großer<lb/> Miniſterrath in Olmütz. Beſtätigung daß die Wahlen nach Frankfurt<lb/> eingeſtellt, die Abgeordneten zurückberufen werden); Böhmen (der Landes-<lb/> verfaſſungsentwurf).</p> </item><lb/> <item> <p><hi rendition="#g">Oeſterreichiſche Monarchie</hi>. Der Banus wie ſonſt gefeiert.</p> </item><lb/> <item> <p><hi rendition="#g">Spanien</hi>. Der 26 März ruhig vorübergegangen. Das Bank-<lb/> geſetz.</p> </item><lb/> <item> <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. Das Lord-Obercommiſſariat der joniſchen In-<lb/> ſeln. Eine iriſche Leibwache für den Pavſt projectirt. Der däniſch-<lb/> deutſche Streit. Neue Poſt: Abreiſe der Königin von Belgien. Eindruck<lb/> der Siegsnachricht aus dem Pendſchâb.</p> </item><lb/> <item> <p><hi rendition="#g">Frankreich</hi>. Cholerabericht. Die Socialiſten für Sonntagsfeier.<lb/> Hubers Proceß. Abermalige Verminderung der Mobilgarde. Bourges.</p> </item><lb/> <item> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. 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Mußte es dahin kommen daß Oeſterreich ſeine treueſten Freunde<lb/> behandelte wie einen verkauften Hund, dem der alte Herr die alte Liebe<lb/> und Treue mit Fußtritten abwehrt?! Und <hi rendition="#g">wie konnte</hi> es dahin kommen,<lb/> da doch das öſterreichiſche Cabinet ſich über die hieſige, d. h. die deutſche<lb/> Stimmung durch ſeine zahlreichen und einflußreichen Abgeordneten ſtets<lb/> unterrichten konnte! Achtet es die deutſche Kaiſerkrone, der es doch allein<lb/><cb/> allen Glanz <hi rendition="#g">ſeiner</hi> Krone verdankt, ſo gering? Und dachte es etwa das<lb/> zerſplitterte Deutſchland doch im Schlepptau zu behalten? 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Oeſter-<lb/> reich wird kranken ohne Deutſchland, wie Deutſchland ohne Oeſterreich;<lb/> mögen ſie ſich ferner in Freundſchaft oder in Haß, oder bald in dem einen<lb/> und bald in dem andern begegnen, bis der verletzte Zeitgeiſt endlich ſiegend<lb/> durchdringt und das Verwandte vereinigt. Welche Zeit dieſem Ziel geſteckt<lb/> ſeyn wird, das freilich vermag kein Sterblicher zu ſagen, aber dieß Ziet<lb/> ſelbſt kann ſich ſchon dem politiſchen Blicke nicht entziehen, und dann ſteht es<lb/> wenigſtens nicht allzufern mehr. Kleindeutſchland mit feſtem Kryſtalliſa-<lb/> tionspunkt wird anziehen, Oeſterreich ohne alle Centripetalkraft wird ſich<lb/> auflöſen. Denn was will die gemeinſchaftliche Dynaſtie, gemeinſchaftliche<lb/> Armee und Finanzen, lauter bloße Inſtitute, was wollen dieſe centri-<lb/> petalen Kräfte bedeuten gegen die Uebermacht der centrifugalen natür-<lb/> lichen Elemente, welche die deutſchen Provinzen zu Deutſchland, die Lom-<lb/> bardei und Venedig zu Italien, Galizien zu Polen, und Ungarn und Croa-<lb/> tien zu ſelbſtändigen Reichen treiben! Schon hebt ſich der Hammer, um<lb/> die zwölfte Stunde zu ſchlagen für das Donnerwort: es iſt zu ſpät. Die<lb/> verſchmähte deutſche Kaiſerkrone, die heilige, altehrwürdige, ſie wird ſich<lb/> furchtbar rächen.<note place="foot" n="*)">Wir erhielten dieſe ſchmerzbewegten Zeilen von einem norddeutſchen Ab-<lb/> geordneten, der in der Nationalverſammlung ſich ſtets als einen der treue-<lb/> ſten, wärmſten Freunde Oeſterreichs bewährt hatte.</note></p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline>⦻ <hi rendition="#b">Frankfurt a. 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Laſſen wir alſo den Rechtspunkt, und fragen wir bloß nach der<lb/> Zweckmäßigkeit, fragen wir: was kann und was wird vermuthlich geſchehen<lb/> wenn die Frankfurter Verfaſſung von den Regierungen verworfen wird?<lb/> Eine Abänderung der Verfaſſung im Sinne der bayeriſchen Forderungen<lb/> durch die gegenwärtige Reichsverſammlung iſt undenkbar, und nicht weni-<lb/> ger undenkbar iſt es daß die gegenwärtige Reichsverſammlung freiwillig<lb/> einer zweiten den Platz räumen werde. Freilich, mit ein paar Regimen-<lb/> tern kann man viel ausrichten heutigen Tages, und um die Paulskirche zu<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0001]
Allgemeine Zeitung.
Freitag Nr. 96. 6 April 1849.
AUGSBURG. Das Abonnement bei
allen auch den entferntesten Post-
ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei-
tern Postaufschlag vierteljährlich
4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl.
im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Ueberſicht.
Deutſchland. Frankfurt (Anzeige der Deputation aus Berlin über
die Antwort des Königs. Erklärung Gagerns daß in Schleswig der An-
griff nicht von deutſcher Seite erfolgen werde. Die Stimmen aus Bayern
und die Lage der Nationalverſammlung. Oeſterreich und die getäuſchten
Hoffnungen ſeiner Freunde. Beſchlüſſe der großdeutſchen Partei und der
öſterreichiſchen Deputirten. Weitere Erklärungen von Deputirten über
und gegen die Kaiſerwahl); Stuttgart (Geſetzentwurf für eine Verſamm-
lung zur Verfaſſungsreviſion); Karlsruhe (Erklärung von Welcker. Ver-
ſammlung radicaler Deputirten in Heidelberg. Agitation für einen con-
ſtituirenden Landtag); Braunſchweig (die Frankfurter Deputation. Der Her-
zog für die Kaiſerwahl); Hannover (überall freudiger Empfang der Kaiſer-
abordnung); Berlin (die Verhandlungen beider Kammern über die Adreſſen.
Die Antwort des Königs an die Kaiſerdeputation verweist in
Betreff der Wahl und der Verfaſſung auf die Nothwendigkeit der Er-
klärung der übrigen Regierungen. Antrag in der zweiten Kammer daß
dieſe Antwort nicht genüge); Oldenburg (Rüſtung für Schleswig. Frei-
zügigkeit); Altona (Stand der Reichstruppen); Wien (Aufruf für Sieben-
bürgen. Trauriger Stand der Dinge daſelbſt. Die kaiſerlichen Truppen
nach der Walachei gedrängt. Bem bedroht ſelbſt Bukareſt. Ein großer
Miniſterrath in Olmütz. Beſtätigung daß die Wahlen nach Frankfurt
eingeſtellt, die Abgeordneten zurückberufen werden); Böhmen (der Landes-
verfaſſungsentwurf).
Oeſterreichiſche Monarchie. Der Banus wie ſonſt gefeiert.
Spanien. Der 26 März ruhig vorübergegangen. Das Bank-
geſetz.
Großbritannien. Das Lord-Obercommiſſariat der joniſchen In-
ſeln. Eine iriſche Leibwache für den Pavſt projectirt. Der däniſch-
deutſche Streit. Neue Poſt: Abreiſe der Königin von Belgien. Eindruck
der Siegsnachricht aus dem Pendſchâb.
Frankreich. Cholerabericht. Die Socialiſten für Sonntagsfeier.
Hubers Proceß. Abermalige Verminderung der Mobilgarde. Bourges.
Italien. Florenz (Guerrazzi zum Dictator ernannt); Brescia
(die Erſtürmung der Stadt); Turin (die Deputirtenkammer aufgelöst);
Chambery (republicaniſche Anläufe).
Schweiz. Strenge Maßregeln gegen die Flüchtlinge.
Beilage. Guizot und Thiers. — Einige Bedenken über die
deutſche Verfaſſungsfrage. (I.) (Von K. A. v. Wangenheim.) — Jüt-
land und die Inſeldänen. — Savoyen. (Düſtere Stimmung über die
Kriegsverluſte.) — Schweiz. (Genf: Die fremden Umtriebe.) — Per-
ſonalnachrichten.
Datum der Börſen: New York 9 März; London, Paris, Amſterdam
2, Frankfurt 4; Augsburg 5 April.
Deutſchland.
. Frankfurt a. M.
So iſt denn der große Wurf geworfen;
Deutſchland wird einen erblichen Kaiſer erhalten, und Oeſterreich, deſſen
Dynaſtie den Reichsverweſer, deſſen Volksſtamm den erſten Reichsminiſter
ſtellte, Oeſterreich dem alle Herzen des deutſchen Volks entgegenjubelten,
als es ſich vor einem Jahr zum erſtenmal und zuerſt in Deutſchland für die
Freiheit erhob — dieſes Oeſterreich, an Ruhm und Ehren reich, umkränzt
mit dem Glanze uralter Traditionen — es wird den deutſchen Kaiſer
nicht ſtellen, es wird ihn nicht ſtellen, weil es nicht wollte, weil es ver-
ſchmähte nur anzunehmen was ihm entgegengetragen wurde, weil es für
die deutſche Sache kein Herz hatte, ſich in kalt egoiſtiſcher Politik ihm ent-
zog, um ſich ſelbſt zu centraliſtren, dem armen Deutſchland aber weder
die erſtrebte Einheit noch ſelbſt die Freiheit, namentlich kein Volkshaus,
gönnend. Mußte es dahin kommen daß Oeſterreich ſeine treueſten Freunde
behandelte wie einen verkauften Hund, dem der alte Herr die alte Liebe
und Treue mit Fußtritten abwehrt?! Und wie konnte es dahin kommen,
da doch das öſterreichiſche Cabinet ſich über die hieſige, d. h. die deutſche
Stimmung durch ſeine zahlreichen und einflußreichen Abgeordneten ſtets
unterrichten konnte! Achtet es die deutſche Kaiſerkrone, der es doch allein
allen Glanz ſeiner Krone verdankt, ſo gering? Und dachte es etwa das
zerſplitterte Deutſchland doch im Schlepptau zu behalten? Ich geſtehe, mir
iſt die öſterreichiſche Politik in dieſem Punkte immer unbegreiflich gewe-
ſen, und das unbegreiflichſte von allem daß man den Fehler 1814 und
1815 die deutſche Kaiſerkrone verſchmäht zu haben nicht eingeſehen hat.
Und jetzt, da der Zeitgeiſt überall zu Völkerindividualitäten hindrängt,
jetzt eben will Oeſterreich alle ſeine Völkerſtämme zu einem Einheitsſtaat
vereinigen! Wenn irgendwo, ſo wäre in Oeſterreich der Bundesſtaat mo-
tivirt, offenbar weit mehr als in Deutſchland, und eben in der möglichſt
engen Verbindung mit Deutſchland hätte Oeſterreichs deutſches Element
und hätte Oeſterreichs deutſche Dynaſtie die erforderliche Kraft gefunden
um vom feſten Standpunkte aus die Verhältniſſe ſeiner übrigen Völker
beglückend zu regeln, ſtatt, wie ſo oft bisher, eine Nationalität durch die
andere abwechſelnd zu unterdrücken. Was wird nun geſchehen? Oeſter-
reich wird kranken ohne Deutſchland, wie Deutſchland ohne Oeſterreich;
mögen ſie ſich ferner in Freundſchaft oder in Haß, oder bald in dem einen
und bald in dem andern begegnen, bis der verletzte Zeitgeiſt endlich ſiegend
durchdringt und das Verwandte vereinigt. Welche Zeit dieſem Ziel geſteckt
ſeyn wird, das freilich vermag kein Sterblicher zu ſagen, aber dieß Ziet
ſelbſt kann ſich ſchon dem politiſchen Blicke nicht entziehen, und dann ſteht es
wenigſtens nicht allzufern mehr. Kleindeutſchland mit feſtem Kryſtalliſa-
tionspunkt wird anziehen, Oeſterreich ohne alle Centripetalkraft wird ſich
auflöſen. Denn was will die gemeinſchaftliche Dynaſtie, gemeinſchaftliche
Armee und Finanzen, lauter bloße Inſtitute, was wollen dieſe centri-
petalen Kräfte bedeuten gegen die Uebermacht der centrifugalen natür-
lichen Elemente, welche die deutſchen Provinzen zu Deutſchland, die Lom-
bardei und Venedig zu Italien, Galizien zu Polen, und Ungarn und Croa-
tien zu ſelbſtändigen Reichen treiben! Schon hebt ſich der Hammer, um
die zwölfte Stunde zu ſchlagen für das Donnerwort: es iſt zu ſpät. Die
verſchmähte deutſche Kaiſerkrone, die heilige, altehrwürdige, ſie wird ſich
furchtbar rächen. *)
⦻ Frankfurt a. M., 3 April.
Die Errichtung des erblichen
Kaiſerthums ſcheint in Bayern, und insbeſondere in München gar wenig
Beifall zu finden. Eine ſehr unerſreuliche Erfahrung, auf welche man
hier indeſſen doch von Anfang an einigermaßen gefaßt war. Etwas we-
niger vorbereitet war man allerdings auf den Hohn und den Haß der ſich
jetzt auf einmal von München aus über die Reichsverſammlung ergießt.
Hört man die Neue Münchener Zeitung, ſo ſollte man meinen die Reiche-
verſammlung ſey nicht mehr und nicht weniger als eine Art Commiſſion
welche, ſtatt beſcheidene Gutachten abzugeben, ſich anmaßt Vorſchriften zu
machen, und von deren Vorſchlägen die Regierungen, oder wenigſtens die
bayeriſche Regierung, viel oder wenig oder auch gar nichts annehmen mö-
gen, je nachdem es ihnen gefällt, und von denen ſie aller Wahrſcheinlichkeit
nach gar nichts annehmen werden. Wenn dem ſo iſt, ſo wäre jedenfalls
einfacher und wohlfeiler geweſen einen Ausſchuß von höchſtens ein paar
Duzend Mitgliedern mit der Ausarbeitung von Vorlagen über eine deut-
ſche Verfaſſung zu beauftragen, und der Nation nicht zuvor weiß zu ma-
chen daß ſie durch den Mund ihrer Vertreter ein entſcheidendes Wort bei
der ſchließlichen Ordnung ihrer Angelegenheiten mitzuſprechen habe. In-
deſſen der Streit über den Umfang der Competenz der Reichsverſammlung
datirt allerdings nicht von geſtern, er iſt nicht allein von Bayern aus er-
hoben worden, und er wird ſicherlich nicht in den Zeitungen ausgefochten
werden. Laſſen wir alſo den Rechtspunkt, und fragen wir bloß nach der
Zweckmäßigkeit, fragen wir: was kann und was wird vermuthlich geſchehen
wenn die Frankfurter Verfaſſung von den Regierungen verworfen wird?
Eine Abänderung der Verfaſſung im Sinne der bayeriſchen Forderungen
durch die gegenwärtige Reichsverſammlung iſt undenkbar, und nicht weni-
ger undenkbar iſt es daß die gegenwärtige Reichsverſammlung freiwillig
einer zweiten den Platz räumen werde. Freilich, mit ein paar Regimen-
tern kann man viel ausrichten heutigen Tages, und um die Paulskirche zu
*) Wir erhielten dieſe ſchmerzbewegten Zeilen von einem norddeutſchen Ab-
geordneten, der in der Nationalverſammlung ſich ſtets als einen der treue-
ſten, wärmſten Freunde Oeſterreichs bewährt hatte.
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(2022-09-09T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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