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Der Arbeitgeber. Nr. 1046. Frankfurt a. M., 19. Mai 1877.

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[Spaltenumbruch] bahnen fertig hat als irgend ein anderes Land -- größer als in
den Ländern, welche noch viel zu bauen haben. Und Amerika? Hat
es Eisenbahnen genug? Muß es nicht noch ganz bedeutende
Strecken bauen? -- Trotzdem stockt aber auch dort die Jndustrie!
Von dem Mangel an Bedarf rührt die Stockung also nicht her,
sondern von dem Mangel an Capital, verursacht durch den letzten
Krieg. Der " Propag.", der obige Nachricht bringt, fügt selbst
bei, daß Frankreich noch sehr viel zu thun habe, daß noch sehr viel
Capital nöthig sei für Verbesserungen aller Art, Regulirung der
Flüsse, Canalisation der Städte, Wasserleitungen, selbst Eisenbahnen
u. s. w. Frankreich brauche sein Capital recht nothwendig und
solle deshalb an keiner fremden Anleihe sich betheiligen. -- Nicht
unrecht kann aber L. haben, wenn er meint, die gegenwärtig etwas
bessere Lage der Eisenindustrie sei nur vorübergehend.

* Der Stand der Saaten ist in ganz Franken und
Schwaben ein ausgezeichneter. Für die Blüthe hatte man von
der Kälte etwas befürchtet, der rechtzeitig eingetretene Witterungs-
wechsel hat aber diese Besorgniß gehoben. Dem Berichte des
österr. Ackerbauministeriums nach sind auch in Oesterreich und
Ungarn die Aussichten vortreffliche. Das feuchte kühle Wetter
hat den Weizen schön bestockt, die Aprilfröste haben keinen Schaden
verursacht. Die Preise sind deshalb trotz des Krieges wieder im
Sinken. Von der bayer.=württemberg. Grenze schreibt man
dem. "Schw. M.", daß die Winterfrucht nichts zu wünschen übrig
lasse, nur der Klee habe etwas gelitten. Obst vielversprechend.
Jn der Pfalz haben die Reben die Kälte gut überstanden. Obst-
bäume und Getreidefelder stehen so üppig wie seit lange nicht.
Ebenso schreibt man von der Saar, daß Alles: Felder, Wiesen,
Obst und Reben eine reiche Ernte versprechen. Jn Ostpreußen,
dessen Boden freilich so elend zu sein scheint, daß die Bewohner
am besten thäten, auszuwandern, soll der Klee durch den Frost ge-
litten haben, die Oelsaat durchweg ausgewintert sein. Die Sorge
um das Getreide wird wohl inzwischen gehoben worden sein.

-- Ueber den Stand der diesjährigen Ernteaussichten in
Ober=Jtalien wird der "Wiener Z." aus Mailand geschrieben:
"Jm Allgemeinen stehen die Felder schön und vielversprechend. Der
Waizen befindet sich fast überall und das nicht blos in Ober=Jtalien,
sondern auch in der Emilia im kräftigsten Wuchse."

^ Patentwesen. Jn Rußland wird jedes eingehende Patent-
gesuch in fünf russischen Zeitungen bekannt gemacht Bis Ende
vorigen Jahres erschien die gleiche Bekanntmachung von amtswegen
auch in der in deutscher Sprache erscheinenden "St. Petersburger
Zeitung" doch hat seit Beginn d. J. das Departement aufgehört,
der Redaktion dieser Zeitung bezügliche Mittheilung zukommen zu
lassen. Die ertheilten Patente werden nur in der russischen Sprache
veröffentlicht und zwar 1. in der "Senats Zeitung": sämmtliche
ertheilte Patente nebst dem vollständigen Texte der Beschreibung
des patentirten Gegenstandes, jedoch ohne Zeichnung, 2. in den
Annalen der k. russischen technischen Gesellschaft: Beschreibung
und Zeichnung sämmtlicher Patente, welche im Departement für
Handel und Manufactur ertheilt worden sind, 3. im Journal der
Kaiserl. Reichs=Domänen: Beschreibung und Zeichnung sämmtlicher
von dem Departement für Ackerbau und landwirthschaftliche Gewerbe
ertheilter Patente.

* Ausstellungen. Dr. A. Hammeran hat am 15. d. im
alten Bundespalast dahier eine interessante Ausstellung für Völker-
kunde eröffnet, welche in interessanter Gegenüberstellung der Arbeiten
und Gestalten der verschiedenen Völker deren Entwicklung anschaulich
darstellt. Von großer Anziehungskraft sind die Funde aus Olympia,
worunter ein herrlich gelungener Gyps=Abguß der prachtvollen Nike.

-- Ueber die Kunst=, Jndustrie= und Gewerbeausstellung des
Handels= und Gewerbevereines in Wien ( Bezirk Sechshaus ) ist
ein Katalog erschienen, der mit seinen 40 schönen Jllustrationen
auch für auswärtige Gewerbtreibende von Werth ist. Eintheilung,
Satz, Druck und Papier sind musterhaft; derselbe wird soeben von
der Administration der J. C. Ackermann'schen Jllustr. Gewerbe-
zeitung gegen Franco=Einsendung von 50 Pfennig versendet.

* Statistik. Der Director des statistischen Bureau's in
Berlin hat den Plan für eine Unterrichtsstatistik des gesammten
preußischen Staats ausgearbeitet, welcher nach der "Post" nun-
mehr der statistischen Centralcommission zur Begutachtung vorliegt.

* Die Handelsverträge. Von Seiten Englands wurden
neuerdings Vorschläge gemacht, welche dahin gehen: Dauer des
[Spaltenumbruch] Vertrages 10 Jahre, getheilt in zwei Perioden von je fünf Jahren;
während der ersten Periode Herabsetzung der Garnzölle auf die
Hälfte, während der zweiten Abschaffung derselben. Die Zölle von
Geweben während der ersten Periode auf ein Drittel, während der
zweiten Herabsetzung um ein zweites Drittel; Herabsetzung der
Kohlenzölle auf die Hälfte und starke Ermäßigung der Eisenzölle.

* Eisenbahnen. Der 4200 Meter lange Tunnel der Mosel-
bahn bei Kochem, der längste in Deutschland, ist am 6. d. durch-
brochen worden.

-- Der deutsche Gesandte in Bern hat dem eidgenössischen
Bundesrathe amtlich erklärt, daß Deutschland zur Theilnahme
an der Conferenz für Reconstruction des Gotthardbahn=Unter-
nehmens
bereit sei und die entsprechende Einladung erwarte.

* Schutzzölle. Die Einfuhr von Eisen aus Belgien betrug
im ersten Viertel 96,788 Ctr. gegen 90,180 Ctr. im vorigen
Jahre, ein sehr geringes Mehr, wenn man berücksichtigt, daß Ende
des Jahres Vieles zurückgehalten wurde, um von der Zollfreiheit
Gebrauch zu machen. -- Man kann also wohl sagen, daß die
letztere den befürchteten Wettbewerb des Auslandes nicht besonders
angeregt hat.

* Kellerwohnungen. Nachdem Düsseldorf, Stuttgart, Wien,
Würzburg und Wiesbaden mit dem Verbot der Einrichtung von
Kellerwohnungen vorangegangen und in Frankreich durch das Gesetz
von 1851 die Kellerwohnungen verschwunden sind, haben die Früh-
lingsüberschwemmungen des Jahres 1876 auch in Berlin von
Neuem auf die Beseitigung dieses Uebelstandes hingewiesen und
gerade dort ist jener Unfug sowohl der Zahl wie auch der Lage
der Stadt nach, die schwerste Kalamität. Die Gesellschaft für
öffentliche Gesundheitspflege zu Berlin unter dem Vorsitz des G. M.
R. Prof. Dr. Hirsch übergab denn auch im März 1876 dem
Polizeipräsidium und den betreffenden Ministerien eine auf den ge-
nannten Mißstand bezügliche Eingabe aus der wir entnehmen, daß
gegenwärtig mehr als 10 pCt. der Einwohner Berlin's in Kellern
wohnt! Die Kellerwohnungen nahmen seit 1861 um 99,3 pCt.
die Wohnungen überhaupt um 41 pCt. zu! Die Gesellschaft sieht
davon ab, die hieraus entspringenden Krankheiten näher zu erörtern
und begnügt sich damit, die Absicht der Behörden, ein Verbot der
Einrichtung von Kellerwohnungen in die Bauordnung für Berlin
aufzunehmen, dringendst zu unterstützen.

* Jnternationales Alphabet. Bei Gelegenheit der nächst-
jährigen Pariser Weltausstellung wird dem daselbst tagenden
Sprachcongreß von dem französischen Linguisten, Michel
Vion,
früher Universitäts=Professor, Chef der " Institution
libre de la societe des Antiquaires de Picardie
"
ein allgemeines Welt=Alphabet vorgelegt werden.

* Theebau in Böhmen. Die in letzter Zeit gemachten Thee-
bauversuche liefern im südlichen und auch im nördlichen Böhmen
die befriedigendsten Resultate. Die Theestaude wird mit Erfolg in
Sevijan bei Münchengrätz cultivirt und die Ernte zumeist von
den umliegenden Ortschaften verbraucht.

* Englands Eisenausfuhr. Dieselbe betrug im ersten Quartal
d. J. im Ganzen 446,519 Tons gegen 418,519 Tons in dem-
selben Zeitraum 1876, hat also nur um 28,000 Tons zugenom-
men. Die Ausfuhr von Roheisen nach Deutschland stieg im ersten
Quartal 1877 auf 38,365 Tons gegen 35,947 Tons in 1876;
Halb= und Ganz=Eisenfabrikate bezog dagegen Deutschland 1877
weniger als im Vorjahre, nämlich nur 5112 Tons gegen 6205
Tons; ebenso hat die Ausfuhr von Maschinen nach Deutschland
abgenommen, da dieselbe in diesem Jahre nur einen Werth von
128,257 Lst. gegen 171,400 Lst. in 1876 hatte; von einer Ueber-
schwemmung mit englischem Eisen kann also bei uns gar keine
Rede sein.    ( "F. K." )

* Volkswirthschaftlicher Unsinn. Dem Delegirten bei dem
bevorstehenden Socialisten=Congreß, Schriftsetzer Kiefer, ist
von dem früheren Gymnasiallehrer Rohleder folgender Antrag
zur Besprechung und Beschlußfassung zugegangen: "Bei dem Con-
gresse dahin zu wirken, daß in das Programm der Social-
demokraten unter den Forderungen innerhalb der heutigen Gesell-
schaft eingeschaltet werde: Aufhebung des Systems der ver-
zinslichen Staats= und Gemeindeschulden!
" -- Ob
es sich um eine Mystificirung handelt, ist nicht ersichtlich.

* Deutsche Handschuhfabrikation. Nach dem amtlichen Be-
richte der Wiener Ausstellungscommission für Philadelphia macht

[Spaltenumbruch] bahnen fertig hat als irgend ein anderes Land -- größer als in
den Ländern, welche noch viel zu bauen haben. Und Amerika? Hat
es Eisenbahnen genug? Muß es nicht noch ganz bedeutende
Strecken bauen? -- Trotzdem stockt aber auch dort die Jndustrie!
Von dem Mangel an Bedarf rührt die Stockung also nicht her,
sondern von dem Mangel an Capital, verursacht durch den letzten
Krieg. Der » Propag.«, der obige Nachricht bringt, fügt selbst
bei, daß Frankreich noch sehr viel zu thun habe, daß noch sehr viel
Capital nöthig sei für Verbesserungen aller Art, Regulirung der
Flüsse, Canalisation der Städte, Wasserleitungen, selbst Eisenbahnen
u. s. w. Frankreich brauche sein Capital recht nothwendig und
solle deshalb an keiner fremden Anleihe sich betheiligen. -- Nicht
unrecht kann aber L. haben, wenn er meint, die gegenwärtig etwas
bessere Lage der Eisenindustrie sei nur vorübergehend.

* Der Stand der Saaten ist in ganz Franken und
Schwaben ein ausgezeichneter. Für die Blüthe hatte man von
der Kälte etwas befürchtet, der rechtzeitig eingetretene Witterungs-
wechsel hat aber diese Besorgniß gehoben. Dem Berichte des
österr. Ackerbauministeriums nach sind auch in Oesterreich und
Ungarn die Aussichten vortreffliche. Das feuchte kühle Wetter
hat den Weizen schön bestockt, die Aprilfröste haben keinen Schaden
verursacht. Die Preise sind deshalb trotz des Krieges wieder im
Sinken. Von der bayer.=württemberg. Grenze schreibt man
dem. „Schw. M.“, daß die Winterfrucht nichts zu wünschen übrig
lasse, nur der Klee habe etwas gelitten. Obst vielversprechend.
Jn der Pfalz haben die Reben die Kälte gut überstanden. Obst-
bäume und Getreidefelder stehen so üppig wie seit lange nicht.
Ebenso schreibt man von der Saar, daß Alles: Felder, Wiesen,
Obst und Reben eine reiche Ernte versprechen. Jn Ostpreußen,
dessen Boden freilich so elend zu sein scheint, daß die Bewohner
am besten thäten, auszuwandern, soll der Klee durch den Frost ge-
litten haben, die Oelsaat durchweg ausgewintert sein. Die Sorge
um das Getreide wird wohl inzwischen gehoben worden sein.

-- Ueber den Stand der diesjährigen Ernteaussichten in
Ober=Jtalien wird der „Wiener Z.“ aus Mailand geschrieben:
„Jm Allgemeinen stehen die Felder schön und vielversprechend. Der
Waizen befindet sich fast überall und das nicht blos in Ober=Jtalien,
sondern auch in der Emilia im kräftigsten Wuchse.“

△ Patentwesen. Jn Rußland wird jedes eingehende Patent-
gesuch in fünf russischen Zeitungen bekannt gemacht Bis Ende
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auch in der in deutscher Sprache erscheinenden „St. Petersburger
Zeitung“ doch hat seit Beginn d. J. das Departement aufgehört,
der Redaktion dieser Zeitung bezügliche Mittheilung zukommen zu
lassen. Die ertheilten Patente werden nur in der russischen Sprache
veröffentlicht und zwar 1. in der „Senats Zeitung“: sämmtliche
ertheilte Patente nebst dem vollständigen Texte der Beschreibung
des patentirten Gegenstandes, jedoch ohne Zeichnung, 2. in den
Annalen der k. russischen technischen Gesellschaft: Beschreibung
und Zeichnung sämmtlicher Patente, welche im Departement für
Handel und Manufactur ertheilt worden sind, 3. im Journal der
Kaiserl. Reichs=Domänen: Beschreibung und Zeichnung sämmtlicher
von dem Departement für Ackerbau und landwirthschaftliche Gewerbe
ertheilter Patente.

* Ausstellungen. Dr. A. Hammeran hat am 15. d. im
alten Bundespalast dahier eine interessante Ausstellung für Völker-
kunde eröffnet, welche in interessanter Gegenüberstellung der Arbeiten
und Gestalten der verschiedenen Völker deren Entwicklung anschaulich
darstellt. Von großer Anziehungskraft sind die Funde aus Olympia,
worunter ein herrlich gelungener Gyps=Abguß der prachtvollen Nike.

-- Ueber die Kunst=, Jndustrie= und Gewerbeausstellung des
Handels= und Gewerbevereines in Wien ( Bezirk Sechshaus ) ist
ein Katalog erschienen, der mit seinen 40 schönen Jllustrationen
auch für auswärtige Gewerbtreibende von Werth ist. Eintheilung,
Satz, Druck und Papier sind musterhaft; derselbe wird soeben von
der Administration der J. C. Ackermann'schen Jllustr. Gewerbe-
zeitung gegen Franco=Einsendung von 50 Pfennig versendet.

* Statistik. Der Director des statistischen Bureau's in
Berlin hat den Plan für eine Unterrichtsstatistik des gesammten
preußischen Staats ausgearbeitet, welcher nach der „Post“ nun-
mehr der statistischen Centralcommission zur Begutachtung vorliegt.

* Die Handelsverträge. Von Seiten Englands wurden
neuerdings Vorschläge gemacht, welche dahin gehen: Dauer des
[Spaltenumbruch] Vertrages 10 Jahre, getheilt in zwei Perioden von je fünf Jahren;
während der ersten Periode Herabsetzung der Garnzölle auf die
Hälfte, während der zweiten Abschaffung derselben. Die Zölle von
Geweben während der ersten Periode auf ein Drittel, während der
zweiten Herabsetzung um ein zweites Drittel; Herabsetzung der
Kohlenzölle auf die Hälfte und starke Ermäßigung der Eisenzölle.

* Eisenbahnen. Der 4200 Meter lange Tunnel der Mosel-
bahn bei Kochem, der längste in Deutschland, ist am 6. d. durch-
brochen worden.

-- Der deutsche Gesandte in Bern hat dem eidgenössischen
Bundesrathe amtlich erklärt, daß Deutschland zur Theilnahme
an der Conferenz für Reconstruction des Gotthardbahn=Unter-
nehmens
bereit sei und die entsprechende Einladung erwarte.

* Schutzzölle. Die Einfuhr von Eisen aus Belgien betrug
im ersten Viertel 96,788 Ctr. gegen 90,180 Ctr. im vorigen
Jahre, ein sehr geringes Mehr, wenn man berücksichtigt, daß Ende
des Jahres Vieles zurückgehalten wurde, um von der Zollfreiheit
Gebrauch zu machen. -- Man kann also wohl sagen, daß die
letztere den befürchteten Wettbewerb des Auslandes nicht besonders
angeregt hat.

* Kellerwohnungen. Nachdem Düsseldorf, Stuttgart, Wien,
Würzburg und Wiesbaden mit dem Verbot der Einrichtung von
Kellerwohnungen vorangegangen und in Frankreich durch das Gesetz
von 1851 die Kellerwohnungen verschwunden sind, haben die Früh-
lingsüberschwemmungen des Jahres 1876 auch in Berlin von
Neuem auf die Beseitigung dieses Uebelstandes hingewiesen und
gerade dort ist jener Unfug sowohl der Zahl wie auch der Lage
der Stadt nach, die schwerste Kalamität. Die Gesellschaft für
öffentliche Gesundheitspflege zu Berlin unter dem Vorsitz des G. M.
R. Prof. Dr. Hirsch übergab denn auch im März 1876 dem
Polizeipräsidium und den betreffenden Ministerien eine auf den ge-
nannten Mißstand bezügliche Eingabe aus der wir entnehmen, daß
gegenwärtig mehr als 10 pCt. der Einwohner Berlin's in Kellern
wohnt! Die Kellerwohnungen nahmen seit 1861 um 99,3 pCt.
die Wohnungen überhaupt um 41 pCt. zu! Die Gesellschaft sieht
davon ab, die hieraus entspringenden Krankheiten näher zu erörtern
und begnügt sich damit, die Absicht der Behörden, ein Verbot der
Einrichtung von Kellerwohnungen in die Bauordnung für Berlin
aufzunehmen, dringendst zu unterstützen.

* Jnternationales Alphabet. Bei Gelegenheit der nächst-
jährigen Pariser Weltausstellung wird dem daselbst tagenden
Sprachcongreß von dem französischen Linguisten, Michel
Vion,
früher Universitäts=Professor, Chef der » Institution
libre de la société des Antiquaires de Picardie
«
ein allgemeines Welt=Alphabet vorgelegt werden.

* Theebau in Böhmen. Die in letzter Zeit gemachten Thee-
bauversuche liefern im südlichen und auch im nördlichen Böhmen
die befriedigendsten Resultate. Die Theestaude wird mit Erfolg in
Sevijan bei Münchengrätz cultivirt und die Ernte zumeist von
den umliegenden Ortschaften verbraucht.

* Englands Eisenausfuhr. Dieselbe betrug im ersten Quartal
d. J. im Ganzen 446,519 Tons gegen 418,519 Tons in dem-
selben Zeitraum 1876, hat also nur um 28,000 Tons zugenom-
men. Die Ausfuhr von Roheisen nach Deutschland stieg im ersten
Quartal 1877 auf 38,365 Tons gegen 35,947 Tons in 1876;
Halb= und Ganz=Eisenfabrikate bezog dagegen Deutschland 1877
weniger als im Vorjahre, nämlich nur 5112 Tons gegen 6205
Tons; ebenso hat die Ausfuhr von Maschinen nach Deutschland
abgenommen, da dieselbe in diesem Jahre nur einen Werth von
128,257 Lst. gegen 171,400 Lst. in 1876 hatte; von einer Ueber-
schwemmung mit englischem Eisen kann also bei uns gar keine
Rede sein.    ( „F. K.“ )

* Volkswirthschaftlicher Unsinn. Dem Delegirten bei dem
bevorstehenden Socialisten=Congreß, Schriftsetzer Kiefer, ist
von dem früheren Gymnasiallehrer Rohleder folgender Antrag
zur Besprechung und Beschlußfassung zugegangen: „Bei dem Con-
gresse dahin zu wirken, daß in das Programm der Social-
demokraten unter den Forderungen innerhalb der heutigen Gesell-
schaft eingeschaltet werde: Aufhebung des Systems der ver-
zinslichen Staats= und Gemeindeschulden!
“ -- Ob
es sich um eine Mystificirung handelt, ist nicht ersichtlich.

* Deutsche Handschuhfabrikation. Nach dem amtlichen Be-
richte der Wiener Ausstellungscommission für Philadelphia macht

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[0003] bahnen fertig hat als irgend ein anderes Land -- größer als in den Ländern, welche noch viel zu bauen haben. Und Amerika? Hat es Eisenbahnen genug? Muß es nicht noch ganz bedeutende Strecken bauen? -- Trotzdem stockt aber auch dort die Jndustrie! Von dem Mangel an Bedarf rührt die Stockung also nicht her, sondern von dem Mangel an Capital, verursacht durch den letzten Krieg. Der » Propag.«, der obige Nachricht bringt, fügt selbst bei, daß Frankreich noch sehr viel zu thun habe, daß noch sehr viel Capital nöthig sei für Verbesserungen aller Art, Regulirung der Flüsse, Canalisation der Städte, Wasserleitungen, selbst Eisenbahnen u. s. w. Frankreich brauche sein Capital recht nothwendig und solle deshalb an keiner fremden Anleihe sich betheiligen. -- Nicht unrecht kann aber L. haben, wenn er meint, die gegenwärtig etwas bessere Lage der Eisenindustrie sei nur vorübergehend. * Der Stand der Saaten ist in ganz Franken und Schwaben ein ausgezeichneter. Für die Blüthe hatte man von der Kälte etwas befürchtet, der rechtzeitig eingetretene Witterungs- wechsel hat aber diese Besorgniß gehoben. Dem Berichte des österr. Ackerbauministeriums nach sind auch in Oesterreich und Ungarn die Aussichten vortreffliche. Das feuchte kühle Wetter hat den Weizen schön bestockt, die Aprilfröste haben keinen Schaden verursacht. Die Preise sind deshalb trotz des Krieges wieder im Sinken. Von der bayer.=württemberg. Grenze schreibt man dem. „Schw. M.“, daß die Winterfrucht nichts zu wünschen übrig lasse, nur der Klee habe etwas gelitten. Obst vielversprechend. Jn der Pfalz haben die Reben die Kälte gut überstanden. Obst- bäume und Getreidefelder stehen so üppig wie seit lange nicht. Ebenso schreibt man von der Saar, daß Alles: Felder, Wiesen, Obst und Reben eine reiche Ernte versprechen. Jn Ostpreußen, dessen Boden freilich so elend zu sein scheint, daß die Bewohner am besten thäten, auszuwandern, soll der Klee durch den Frost ge- litten haben, die Oelsaat durchweg ausgewintert sein. Die Sorge um das Getreide wird wohl inzwischen gehoben worden sein. -- Ueber den Stand der diesjährigen Ernteaussichten in Ober=Jtalien wird der „Wiener Z.“ aus Mailand geschrieben: „Jm Allgemeinen stehen die Felder schön und vielversprechend. Der Waizen befindet sich fast überall und das nicht blos in Ober=Jtalien, sondern auch in der Emilia im kräftigsten Wuchse.“ △ Patentwesen. Jn Rußland wird jedes eingehende Patent- gesuch in fünf russischen Zeitungen bekannt gemacht Bis Ende vorigen Jahres erschien die gleiche Bekanntmachung von amtswegen auch in der in deutscher Sprache erscheinenden „St. Petersburger Zeitung“ doch hat seit Beginn d. J. das Departement aufgehört, der Redaktion dieser Zeitung bezügliche Mittheilung zukommen zu lassen. Die ertheilten Patente werden nur in der russischen Sprache veröffentlicht und zwar 1. in der „Senats Zeitung“: sämmtliche ertheilte Patente nebst dem vollständigen Texte der Beschreibung des patentirten Gegenstandes, jedoch ohne Zeichnung, 2. in den Annalen der k. russischen technischen Gesellschaft: Beschreibung und Zeichnung sämmtlicher Patente, welche im Departement für Handel und Manufactur ertheilt worden sind, 3. im Journal der Kaiserl. Reichs=Domänen: Beschreibung und Zeichnung sämmtlicher von dem Departement für Ackerbau und landwirthschaftliche Gewerbe ertheilter Patente. * Ausstellungen. Dr. A. Hammeran hat am 15. d. im alten Bundespalast dahier eine interessante Ausstellung für Völker- kunde eröffnet, welche in interessanter Gegenüberstellung der Arbeiten und Gestalten der verschiedenen Völker deren Entwicklung anschaulich darstellt. Von großer Anziehungskraft sind die Funde aus Olympia, worunter ein herrlich gelungener Gyps=Abguß der prachtvollen Nike. -- Ueber die Kunst=, Jndustrie= und Gewerbeausstellung des Handels= und Gewerbevereines in Wien ( Bezirk Sechshaus ) ist ein Katalog erschienen, der mit seinen 40 schönen Jllustrationen auch für auswärtige Gewerbtreibende von Werth ist. Eintheilung, Satz, Druck und Papier sind musterhaft; derselbe wird soeben von der Administration der J. C. Ackermann'schen Jllustr. Gewerbe- zeitung gegen Franco=Einsendung von 50 Pfennig versendet. * Statistik. Der Director des statistischen Bureau's in Berlin hat den Plan für eine Unterrichtsstatistik des gesammten preußischen Staats ausgearbeitet, welcher nach der „Post“ nun- mehr der statistischen Centralcommission zur Begutachtung vorliegt. * Die Handelsverträge. Von Seiten Englands wurden neuerdings Vorschläge gemacht, welche dahin gehen: Dauer des Vertrages 10 Jahre, getheilt in zwei Perioden von je fünf Jahren; während der ersten Periode Herabsetzung der Garnzölle auf die Hälfte, während der zweiten Abschaffung derselben. Die Zölle von Geweben während der ersten Periode auf ein Drittel, während der zweiten Herabsetzung um ein zweites Drittel; Herabsetzung der Kohlenzölle auf die Hälfte und starke Ermäßigung der Eisenzölle. * Eisenbahnen. Der 4200 Meter lange Tunnel der Mosel- bahn bei Kochem, der längste in Deutschland, ist am 6. d. durch- brochen worden. -- Der deutsche Gesandte in Bern hat dem eidgenössischen Bundesrathe amtlich erklärt, daß Deutschland zur Theilnahme an der Conferenz für Reconstruction des Gotthardbahn=Unter- nehmens bereit sei und die entsprechende Einladung erwarte. * Schutzzölle. Die Einfuhr von Eisen aus Belgien betrug im ersten Viertel 96,788 Ctr. gegen 90,180 Ctr. im vorigen Jahre, ein sehr geringes Mehr, wenn man berücksichtigt, daß Ende des Jahres Vieles zurückgehalten wurde, um von der Zollfreiheit Gebrauch zu machen. -- Man kann also wohl sagen, daß die letztere den befürchteten Wettbewerb des Auslandes nicht besonders angeregt hat. * Kellerwohnungen. Nachdem Düsseldorf, Stuttgart, Wien, Würzburg und Wiesbaden mit dem Verbot der Einrichtung von Kellerwohnungen vorangegangen und in Frankreich durch das Gesetz von 1851 die Kellerwohnungen verschwunden sind, haben die Früh- lingsüberschwemmungen des Jahres 1876 auch in Berlin von Neuem auf die Beseitigung dieses Uebelstandes hingewiesen und gerade dort ist jener Unfug sowohl der Zahl wie auch der Lage der Stadt nach, die schwerste Kalamität. Die Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege zu Berlin unter dem Vorsitz des G. M. R. Prof. Dr. Hirsch übergab denn auch im März 1876 dem Polizeipräsidium und den betreffenden Ministerien eine auf den ge- nannten Mißstand bezügliche Eingabe aus der wir entnehmen, daß gegenwärtig mehr als 10 pCt. der Einwohner Berlin's in Kellern wohnt! Die Kellerwohnungen nahmen seit 1861 um 99,3 pCt. die Wohnungen überhaupt um 41 pCt. zu! Die Gesellschaft sieht davon ab, die hieraus entspringenden Krankheiten näher zu erörtern und begnügt sich damit, die Absicht der Behörden, ein Verbot der Einrichtung von Kellerwohnungen in die Bauordnung für Berlin aufzunehmen, dringendst zu unterstützen. * Jnternationales Alphabet. Bei Gelegenheit der nächst- jährigen Pariser Weltausstellung wird dem daselbst tagenden Sprachcongreß von dem französischen Linguisten, Michel Vion, früher Universitäts=Professor, Chef der » Institution libre de la société des Antiquaires de Picardie « ein allgemeines Welt=Alphabet vorgelegt werden. * Theebau in Böhmen. Die in letzter Zeit gemachten Thee- bauversuche liefern im südlichen und auch im nördlichen Böhmen die befriedigendsten Resultate. Die Theestaude wird mit Erfolg in Sevijan bei Münchengrätz cultivirt und die Ernte zumeist von den umliegenden Ortschaften verbraucht. * Englands Eisenausfuhr. Dieselbe betrug im ersten Quartal d. J. im Ganzen 446,519 Tons gegen 418,519 Tons in dem- selben Zeitraum 1876, hat also nur um 28,000 Tons zugenom- men. Die Ausfuhr von Roheisen nach Deutschland stieg im ersten Quartal 1877 auf 38,365 Tons gegen 35,947 Tons in 1876; Halb= und Ganz=Eisenfabrikate bezog dagegen Deutschland 1877 weniger als im Vorjahre, nämlich nur 5112 Tons gegen 6205 Tons; ebenso hat die Ausfuhr von Maschinen nach Deutschland abgenommen, da dieselbe in diesem Jahre nur einen Werth von 128,257 Lst. gegen 171,400 Lst. in 1876 hatte; von einer Ueber- schwemmung mit englischem Eisen kann also bei uns gar keine Rede sein. ( „F. K.“ ) * Volkswirthschaftlicher Unsinn. Dem Delegirten bei dem bevorstehenden Socialisten=Congreß, Schriftsetzer Kiefer, ist von dem früheren Gymnasiallehrer Rohleder folgender Antrag zur Besprechung und Beschlußfassung zugegangen: „Bei dem Con- gresse dahin zu wirken, daß in das Programm der Social- demokraten unter den Forderungen innerhalb der heutigen Gesell- schaft eingeschaltet werde: Aufhebung des Systems der ver- zinslichen Staats= und Gemeindeschulden! “ -- Ob es sich um eine Mystificirung handelt, ist nicht ersichtlich. * Deutsche Handschuhfabrikation. Nach dem amtlichen Be- richte der Wiener Ausstellungscommission für Philadelphia macht

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1046. Frankfurt a. M., 19. Mai 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1046_1877/3>, abgerufen am 30.04.2024.