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Der Arbeitgeber. Nr. 1056. Frankfurt a. M., 28. Juli 1877.

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[Spaltenumbruch] und Arbeiterinnen aus dem Fulda'schen heuer nach der Maingegend
ein ungewöhnlich großer und selbst Solche, die in Frankfurt bei
Neubauten taglöhnerten, sind mainabwärts gezogen, weil sie bei
dieser Beschäftigung neben guter und reichlicher Kost, mehr ver-
dienen. -- Jn Wien hat sich die Lage etwas gebessert, denn es
fanden bei der günstigen Witterung, welche die Bauthätigkeit be-
günstigte, an 20,000 Personen an den von den Gemeindebehörden
unternommenen öffentlichen Bauten, wie Schul= Kanal= und
Straßenbauarbeiten Beschäftigung. Die einheimischen Arbeiter waren
aber mit einem täglichen Lohn von 90 Kr. für Tagwerker und
95--110 Kr. für Maurergehülfen nicht zufrieden, ( 60 Kr. == 1 M. )
weshalb man jetzt auch fremde Arbeiter zuzog, welche in Masse
herbeiströmen.

[ Wir bitten um Zusendung aller Zeitungsnummern, worin sich Angaben
über Bedarf oder Ueberfluß an Arbeitern befinden. D. Red. ]

Geschäftsbericht. Obschon die von allen Seiten einlaufenden
überaus günstigen Erntenachrichten die Hoffnung auf eine Besserung
der Geschäfte befestigen, so machen sich doch noch immer hier und
dort die Nachwehen der Krisis geltend. Von Freiburg i. Br.
schreibt man, daß zwei große Fabriken dortselbst den Betrieb ein-
stellen werden, wodurch viele Arbeiter beschäftigungslos werden; die
Löhne gehen deshalb herab; nur in den Baugewerben ist noch einige
Thätigkeit vorhanden. -- Jn Nürnberg mehren sich gleichfalls
die Klagen über schlechten Geschäftsgang in den Manufakturen;
die kleinen Fabrikanten von Spielwaaren, welche früher um diese
Zeit schon eine Masse Aufträge für den Herbst bekamen, sind fast
durchgehends nur halb beschäftigt; dabei werden die Preise immer
mehr herabgedrückt. Jn der Eisenindustrie wird fast durchgängig
nur 5 Tage gearbeitet und geht eine große Anzahl verheiratheter
Arbeiter am Sonnabend mit einem Lohn von 10--15 M. nach
Hause, für Nürnberger Verhältniße geradezu ein Hungerlohn. --
Der oberschlesische Kohlenmarkt ist vor wie nach gedrückt,
wenn auch die Hoffnung vorhanden Süd=Rußland zum Abnehmer
oberschlesischer Kohle zu gewinnen; Probesendungen liefen bereits
nach Odessa ab. Der Export oberschlesischer Kohlen nach Polen
und Oesterreich erlitt in letzter Zeit einen Rückgang. Die Ostsee-
provinzen
werden noch immer reichlich mit englischer Kohle
versorgt, doch hat die deutsche den Konkurrenzkampf durchaus
nicht aufgegeben und wendet gerade neuerdings die Deutsche
Marine
dem vaterländischen Produkte ihre besondere Aufmerksam-
keit zu. -- Aus Nieder=Bayern kommen Berichte daß die
diesmalige erste Heuernte eine beispiellos reiche sei; man sei in
Verlegenheit, das Heu in den Scheunen unterzubringen; auch die
Getreidefelder ließen Nichts zu wünschen übrig. --

Jn Kopenhagen soll die Arbeitslosigkeit bedeutend zuge-
nommen haben. -- England meldet gedrückten Geschäftsgang.
Vom englischen Geldmarkt wird über die anhaltende Gering-
fügigkeit der Goldnachfrage und das fortdauernde starke Zuströmen
von Gold aus dem Auslande berichtet, was eine Herabsetzung des
Bankdiscontos, diesmal auf 2% herbeiführte. Der Eindruck dieser
Maßregel beschränkte sich auch diesmal wieder darauf, daß das
Discontogeschäft sich etwas lebhafter gestaltete, indem eine
Anzahl bis dahin zurückgehaltener Wechsel auf den Markt kam.

Jn Frankreich war die vorige Woche besser. Jn Paris
wird viel gebaut; die Ausstellung allein beansprucht sehr viel und
wenn das "Bauen" geht, geht auch alles Andere. Das Eisen ist
in Folge dessen in die Höhe gegangen. Auch im Norden haben die
Walzwerke und Gießereien zu thun. Roheisen ist um 2 Fr. ge-
stiegen. -- Jn Creuzot ist in Folge des Bruches eines Eisen-
ringes an einem Puddelofen eine Explosion erfolgt, indem 8000
Kilo geschmolzenes Eisen in eine Wassergrube strömten; leider
wurden 8 Arbeiter dabei verwundet.

Jn Philadelphia herrscht eine ungewöhnliche Nachfrage
in amerikanischem Waizen von neuer Ernte für englische
und continentale Rechnung; 2,000,000 Buschels wurden diese Woche
zu erhöhten Preisen gekauft und nahezu alle Steamer sind für
Getreidefracht per Juli und August von New=York engagirt.

* Patentwesen. Jm Reichspatentamt fand am 22. Juli die
erste ordentliche Sitzung statt, in welcher von dem Referenten über
eine Anzahl eingegangener Anträge auf die Ertheilung von Patenten
Bericht erstattet und hierauf vom Collegium nach stattgehabter
Discussion Beschluß gefaßt wurde. Die bereits erfolgte geschäft-
liche Begrenzung der 6 Abtheilungen des Patentamtes, welche über
[Spaltenumbruch] die einlaufenden Anträge zunächst zu beschließen haben, und ebenso
die Vertheilung der einzelnen Mitglieder des Patentamtes auf die-
selben, ist mit Rücksicht auf die augenblicklich ungewöhnlich zahl-
reichen Anträge noch eine provisorische, welche der definitiven Ein-
richtung erst dann wird Platz machen können, wenn die Thätigkeit
der neuen Behörde eine geregelte werden wird und der materielle
Stoff in seinen verschiedenen Abzweigungen sich quantitativ mehr
wird übersehen lassen. Jedes der drei ständigen Mitglieder des
Patentamtes, Geheimer Ober=Regierungsrath v. Möller, Geheimer
Regierungsrath Nieberding und Ober=Tribunalsrath Wentzel
führen in je zwei Abtheilungen den Vorsitz. Den Vorsitz in der
Berufungsabtheilung hat der Ministerialdirector Jacobi. Von
den technischen Mitgliedern sind die Meisten in mehreren, zwei bis
drei, Abtheilungen thätig. Zu den bereits ernannten 18 technischen
Mitgliedern des Patentamtes werden voraussichtlich spätestens im
October noch zwei Mitglieder hinzutreten, welche dem Vernehmen
nach bereits designirt sein sollen.

-- Jn der Berliner "Post" erklärt sich ein alter preu-
ßischer Abgeordneter, der schon im Jahre 1851 eine Reform des
Patentgesetzes beim preuß Abgeordnetenhaus beantragt hatte, gegen
die Ansicht des Vorsitzenden des Patentamtes, daß die Beibehaltung
der Vorprüfung ein Vorzug sei. Die meisten Gesetzgebungen kenn-
ten dieselbe nicht und mit Recht, in richtiger Erkenntniß des staat-
lichen Vortheiles Das Prüfen sei ein zu mißliches Ding; selbst
ganz närrische und unmögliche Bestrebungen führten oft zu wich-
tigen Entdeckungen, wie die Alchymie zum Porzellan. Verfasser ist
für den allerdings einzig richtigen Vorschlag, die Erfindungen vor
6 Monaten nicht zu veröffentlichen; ferner schließt er sich unserer
Ansicht an, daß die Erfindungen nach wie vor zuerst im Auslande
ausgeführt werden würden. Die Preise findet er nicht hoch, was
indessen schwer zu beweisen sein dürfte; 700 M. in einem Jahre
Patentgebühr für eine Erfindung, die vielleicht nur 1000 M. ein-
trägt, ist entschieden zu viel. -- Dagegen stimmen wir vollkommen
damit überein, daß die Bestimmung über die sog. Perpetuum
mobile
gänzlich überflüssig ist. "Wenn ein Patent beantragt würde,
den Mond auf die Erde zu ziehen, wem sollte das schaden?" Auf
der andern Seite aber wird wahrscheinlich Manches zurückgewiesen,
was doch gut ist oder doch Anlaß zu wichtigen Erfindungen gibt.

-- Der Freundlichkeit des canadischen Patentamtes verdanken
wir einen Abdruck des dortigen neuen Patentgesetzes und des Marken-
gesetzes von 1876 sammt deren Reglement. Wir entnehmen dem-
selben, daß die Formalitäten zur Erlangung eines canad. Patentes
ziemlich umständlich sind. Zu beachten ist vor Allem, daß man
12 Monate nach Erhalt irgend eines Patentes auch das canadische
nachsuchen und die Erfindung binnen 2 Jahren ausführen, d. h.
den Gegenstand in Canada fabriziren muß. Die Taxen sind für 5=,
10= und 15jährige Patente auf 20, 40 und 60 Doll. herabgesetzt
worden. Ein 5= oder 10jähriges Patent kann man auf 15 Jahre
verlängern lassen. Die Registrirung von Marken und Mustern
kostet 5 Dollars.

* Markenschutz. Durch Erkenntniß des Pariser Cassations-
hofes ist festgestellt worden, daß eine Marke, selbst wenn sie neu
war und zur Bezeichnung eines neuen Gegenstandes diente, nicht
mehr eingetragen werden kann, wenn sie längere Zeit im Gebrauch
war und vom Publikum benutzt wurde. Sehr natürlich! -- Da-
gegen kann ein unloyaler Concurrent angehalten werden, die Namen
und die Etiketten seiner Waaren zu ändern. Ebenso kann ihm
verboten werden, den gleichlautenden Namen eines Dritten ( Maria
Farina ) für sich zu benutzen, bezw. unter dessen Namen Handel zu
treiben, wenn es offenbar nur zum Schein geschieht.

-- Das Seine=Tribunal hat den Kaufmann Royer Boyer
wegen betrügerischen Mißbrauchs und Nachahmung der Fabrik-
marken des Melissengeistes von A. Royer zu 500 Frcs.
Strafe und zu einer Entschädigung verurtheilt, welche durch Sach-
verständige bestimmt werden wird. Ein anderes Urtheil verbietet
den Namen "Melissenwasser der Carmeliter" zu gebrauchen, weil
die Carmelitermönche, welche das Wasser fabrizirten, ihr ganzes
Geschäft an A. Royer verkauften. R. Boyer veränderte hierauf die
Marken etwas, wurde aber trotzdem nochmals verurtheilt, weil es
zur betrügerischen Nachahmung hinreiche, wenn das ganze Aussehen
dasselbe sei, namentlich die Form, Farbe und Anbringung der
Etikette.

Volkswirthschaftliches. Durch Vermittelung des westphälischen

[Spaltenumbruch] und Arbeiterinnen aus dem Fulda'schen heuer nach der Maingegend
ein ungewöhnlich großer und selbst Solche, die in Frankfurt bei
Neubauten taglöhnerten, sind mainabwärts gezogen, weil sie bei
dieser Beschäftigung neben guter und reichlicher Kost, mehr ver-
dienen. -- Jn Wien hat sich die Lage etwas gebessert, denn es
fanden bei der günstigen Witterung, welche die Bauthätigkeit be-
günstigte, an 20,000 Personen an den von den Gemeindebehörden
unternommenen öffentlichen Bauten, wie Schul= Kanal= und
Straßenbauarbeiten Beschäftigung. Die einheimischen Arbeiter waren
aber mit einem täglichen Lohn von 90 Kr. für Tagwerker und
95--110 Kr. für Maurergehülfen nicht zufrieden, ( 60 Kr. == 1 M. )
weshalb man jetzt auch fremde Arbeiter zuzog, welche in Masse
herbeiströmen.

[ Wir bitten um Zusendung aller Zeitungsnummern, worin sich Angaben
über Bedarf oder Ueberfluß an Arbeitern befinden. D. Red. ]

Geschäftsbericht. Obschon die von allen Seiten einlaufenden
überaus günstigen Erntenachrichten die Hoffnung auf eine Besserung
der Geschäfte befestigen, so machen sich doch noch immer hier und
dort die Nachwehen der Krisis geltend. Von Freiburg i. Br.
schreibt man, daß zwei große Fabriken dortselbst den Betrieb ein-
stellen werden, wodurch viele Arbeiter beschäftigungslos werden; die
Löhne gehen deshalb herab; nur in den Baugewerben ist noch einige
Thätigkeit vorhanden. -- Jn Nürnberg mehren sich gleichfalls
die Klagen über schlechten Geschäftsgang in den Manufakturen;
die kleinen Fabrikanten von Spielwaaren, welche früher um diese
Zeit schon eine Masse Aufträge für den Herbst bekamen, sind fast
durchgehends nur halb beschäftigt; dabei werden die Preise immer
mehr herabgedrückt. Jn der Eisenindustrie wird fast durchgängig
nur 5 Tage gearbeitet und geht eine große Anzahl verheiratheter
Arbeiter am Sonnabend mit einem Lohn von 10--15 M. nach
Hause, für Nürnberger Verhältniße geradezu ein Hungerlohn. --
Der oberschlesische Kohlenmarkt ist vor wie nach gedrückt,
wenn auch die Hoffnung vorhanden Süd=Rußland zum Abnehmer
oberschlesischer Kohle zu gewinnen; Probesendungen liefen bereits
nach Odessa ab. Der Export oberschlesischer Kohlen nach Polen
und Oesterreich erlitt in letzter Zeit einen Rückgang. Die Ostsee-
provinzen
werden noch immer reichlich mit englischer Kohle
versorgt, doch hat die deutsche den Konkurrenzkampf durchaus
nicht aufgegeben und wendet gerade neuerdings die Deutsche
Marine
dem vaterländischen Produkte ihre besondere Aufmerksam-
keit zu. -- Aus Nieder=Bayern kommen Berichte daß die
diesmalige erste Heuernte eine beispiellos reiche sei; man sei in
Verlegenheit, das Heu in den Scheunen unterzubringen; auch die
Getreidefelder ließen Nichts zu wünschen übrig. --

Jn Kopenhagen soll die Arbeitslosigkeit bedeutend zuge-
nommen haben. -- England meldet gedrückten Geschäftsgang.
Vom englischen Geldmarkt wird über die anhaltende Gering-
fügigkeit der Goldnachfrage und das fortdauernde starke Zuströmen
von Gold aus dem Auslande berichtet, was eine Herabsetzung des
Bankdiscontos, diesmal auf 2% herbeiführte. Der Eindruck dieser
Maßregel beschränkte sich auch diesmal wieder darauf, daß das
Discontogeschäft sich etwas lebhafter gestaltete, indem eine
Anzahl bis dahin zurückgehaltener Wechsel auf den Markt kam.

Jn Frankreich war die vorige Woche besser. Jn Paris
wird viel gebaut; die Ausstellung allein beansprucht sehr viel und
wenn das „Bauen“ geht, geht auch alles Andere. Das Eisen ist
in Folge dessen in die Höhe gegangen. Auch im Norden haben die
Walzwerke und Gießereien zu thun. Roheisen ist um 2 Fr. ge-
stiegen. -- Jn Creuzot ist in Folge des Bruches eines Eisen-
ringes an einem Puddelofen eine Explosion erfolgt, indem 8000
Kilo geschmolzenes Eisen in eine Wassergrube strömten; leider
wurden 8 Arbeiter dabei verwundet.

Jn Philadelphia herrscht eine ungewöhnliche Nachfrage
in amerikanischem Waizen von neuer Ernte für englische
und continentale Rechnung; 2,000,000 Buschels wurden diese Woche
zu erhöhten Preisen gekauft und nahezu alle Steamer sind für
Getreidefracht per Juli und August von New=York engagirt.

* Patentwesen. Jm Reichspatentamt fand am 22. Juli die
erste ordentliche Sitzung statt, in welcher von dem Referenten über
eine Anzahl eingegangener Anträge auf die Ertheilung von Patenten
Bericht erstattet und hierauf vom Collegium nach stattgehabter
Discussion Beschluß gefaßt wurde. Die bereits erfolgte geschäft-
liche Begrenzung der 6 Abtheilungen des Patentamtes, welche über
[Spaltenumbruch] die einlaufenden Anträge zunächst zu beschließen haben, und ebenso
die Vertheilung der einzelnen Mitglieder des Patentamtes auf die-
selben, ist mit Rücksicht auf die augenblicklich ungewöhnlich zahl-
reichen Anträge noch eine provisorische, welche der definitiven Ein-
richtung erst dann wird Platz machen können, wenn die Thätigkeit
der neuen Behörde eine geregelte werden wird und der materielle
Stoff in seinen verschiedenen Abzweigungen sich quantitativ mehr
wird übersehen lassen. Jedes der drei ständigen Mitglieder des
Patentamtes, Geheimer Ober=Regierungsrath v. Möller, Geheimer
Regierungsrath Nieberding und Ober=Tribunalsrath Wentzel
führen in je zwei Abtheilungen den Vorsitz. Den Vorsitz in der
Berufungsabtheilung hat der Ministerialdirector Jacobi. Von
den technischen Mitgliedern sind die Meisten in mehreren, zwei bis
drei, Abtheilungen thätig. Zu den bereits ernannten 18 technischen
Mitgliedern des Patentamtes werden voraussichtlich spätestens im
October noch zwei Mitglieder hinzutreten, welche dem Vernehmen
nach bereits designirt sein sollen.

-- Jn der Berliner „Post“ erklärt sich ein alter preu-
ßischer Abgeordneter, der schon im Jahre 1851 eine Reform des
Patentgesetzes beim preuß Abgeordnetenhaus beantragt hatte, gegen
die Ansicht des Vorsitzenden des Patentamtes, daß die Beibehaltung
der Vorprüfung ein Vorzug sei. Die meisten Gesetzgebungen kenn-
ten dieselbe nicht und mit Recht, in richtiger Erkenntniß des staat-
lichen Vortheiles Das Prüfen sei ein zu mißliches Ding; selbst
ganz närrische und unmögliche Bestrebungen führten oft zu wich-
tigen Entdeckungen, wie die Alchymie zum Porzellan. Verfasser ist
für den allerdings einzig richtigen Vorschlag, die Erfindungen vor
6 Monaten nicht zu veröffentlichen; ferner schließt er sich unserer
Ansicht an, daß die Erfindungen nach wie vor zuerst im Auslande
ausgeführt werden würden. Die Preise findet er nicht hoch, was
indessen schwer zu beweisen sein dürfte; 700 M. in einem Jahre
Patentgebühr für eine Erfindung, die vielleicht nur 1000 M. ein-
trägt, ist entschieden zu viel. -- Dagegen stimmen wir vollkommen
damit überein, daß die Bestimmung über die sog. Perpetuum
mobile
gänzlich überflüssig ist. „Wenn ein Patent beantragt würde,
den Mond auf die Erde zu ziehen, wem sollte das schaden?“ Auf
der andern Seite aber wird wahrscheinlich Manches zurückgewiesen,
was doch gut ist oder doch Anlaß zu wichtigen Erfindungen gibt.

-- Der Freundlichkeit des canadischen Patentamtes verdanken
wir einen Abdruck des dortigen neuen Patentgesetzes und des Marken-
gesetzes von 1876 sammt deren Reglement. Wir entnehmen dem-
selben, daß die Formalitäten zur Erlangung eines canad. Patentes
ziemlich umständlich sind. Zu beachten ist vor Allem, daß man
12 Monate nach Erhalt irgend eines Patentes auch das canadische
nachsuchen und die Erfindung binnen 2 Jahren ausführen, d. h.
den Gegenstand in Canada fabriziren muß. Die Taxen sind für 5=,
10= und 15jährige Patente auf 20, 40 und 60 Doll. herabgesetzt
worden. Ein 5= oder 10jähriges Patent kann man auf 15 Jahre
verlängern lassen. Die Registrirung von Marken und Mustern
kostet 5 Dollars.

* Markenschutz. Durch Erkenntniß des Pariser Cassations-
hofes ist festgestellt worden, daß eine Marke, selbst wenn sie neu
war und zur Bezeichnung eines neuen Gegenstandes diente, nicht
mehr eingetragen werden kann, wenn sie längere Zeit im Gebrauch
war und vom Publikum benutzt wurde. Sehr natürlich! -- Da-
gegen kann ein unloyaler Concurrent angehalten werden, die Namen
und die Etiketten seiner Waaren zu ändern. Ebenso kann ihm
verboten werden, den gleichlautenden Namen eines Dritten ( Maria
Farina ) für sich zu benutzen, bezw. unter dessen Namen Handel zu
treiben, wenn es offenbar nur zum Schein geschieht.

-- Das Seine=Tribunal hat den Kaufmann Royer Boyer
wegen betrügerischen Mißbrauchs und Nachahmung der Fabrik-
marken des Melissengeistes von A. Royer zu 500 Frcs.
Strafe und zu einer Entschädigung verurtheilt, welche durch Sach-
verständige bestimmt werden wird. Ein anderes Urtheil verbietet
den Namen „Melissenwasser der Carmeliter“ zu gebrauchen, weil
die Carmelitermönche, welche das Wasser fabrizirten, ihr ganzes
Geschäft an A. Royer verkauften. R. Boyer veränderte hierauf die
Marken etwas, wurde aber trotzdem nochmals verurtheilt, weil es
zur betrügerischen Nachahmung hinreiche, wenn das ganze Aussehen
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Etikette.

Volkswirthschaftliches. Durch Vermittelung des westphälischen

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[0003] und Arbeiterinnen aus dem Fulda'schen heuer nach der Maingegend ein ungewöhnlich großer und selbst Solche, die in Frankfurt bei Neubauten taglöhnerten, sind mainabwärts gezogen, weil sie bei dieser Beschäftigung neben guter und reichlicher Kost, mehr ver- dienen. -- Jn Wien hat sich die Lage etwas gebessert, denn es fanden bei der günstigen Witterung, welche die Bauthätigkeit be- günstigte, an 20,000 Personen an den von den Gemeindebehörden unternommenen öffentlichen Bauten, wie Schul= Kanal= und Straßenbauarbeiten Beschäftigung. Die einheimischen Arbeiter waren aber mit einem täglichen Lohn von 90 Kr. für Tagwerker und 95--110 Kr. für Maurergehülfen nicht zufrieden, ( 60 Kr. == 1 M. ) weshalb man jetzt auch fremde Arbeiter zuzog, welche in Masse herbeiströmen. [ Wir bitten um Zusendung aller Zeitungsnummern, worin sich Angaben über Bedarf oder Ueberfluß an Arbeitern befinden. D. Red. ] Geschäftsbericht. Obschon die von allen Seiten einlaufenden überaus günstigen Erntenachrichten die Hoffnung auf eine Besserung der Geschäfte befestigen, so machen sich doch noch immer hier und dort die Nachwehen der Krisis geltend. Von Freiburg i. Br. schreibt man, daß zwei große Fabriken dortselbst den Betrieb ein- stellen werden, wodurch viele Arbeiter beschäftigungslos werden; die Löhne gehen deshalb herab; nur in den Baugewerben ist noch einige Thätigkeit vorhanden. -- Jn Nürnberg mehren sich gleichfalls die Klagen über schlechten Geschäftsgang in den Manufakturen; die kleinen Fabrikanten von Spielwaaren, welche früher um diese Zeit schon eine Masse Aufträge für den Herbst bekamen, sind fast durchgehends nur halb beschäftigt; dabei werden die Preise immer mehr herabgedrückt. Jn der Eisenindustrie wird fast durchgängig nur 5 Tage gearbeitet und geht eine große Anzahl verheiratheter Arbeiter am Sonnabend mit einem Lohn von 10--15 M. nach Hause, für Nürnberger Verhältniße geradezu ein Hungerlohn. -- Der oberschlesische Kohlenmarkt ist vor wie nach gedrückt, wenn auch die Hoffnung vorhanden Süd=Rußland zum Abnehmer oberschlesischer Kohle zu gewinnen; Probesendungen liefen bereits nach Odessa ab. Der Export oberschlesischer Kohlen nach Polen und Oesterreich erlitt in letzter Zeit einen Rückgang. Die Ostsee- provinzen werden noch immer reichlich mit englischer Kohle versorgt, doch hat die deutsche den Konkurrenzkampf durchaus nicht aufgegeben und wendet gerade neuerdings die Deutsche Marine dem vaterländischen Produkte ihre besondere Aufmerksam- keit zu. -- Aus Nieder=Bayern kommen Berichte daß die diesmalige erste Heuernte eine beispiellos reiche sei; man sei in Verlegenheit, das Heu in den Scheunen unterzubringen; auch die Getreidefelder ließen Nichts zu wünschen übrig. -- Jn Kopenhagen soll die Arbeitslosigkeit bedeutend zuge- nommen haben. -- England meldet gedrückten Geschäftsgang. Vom englischen Geldmarkt wird über die anhaltende Gering- fügigkeit der Goldnachfrage und das fortdauernde starke Zuströmen von Gold aus dem Auslande berichtet, was eine Herabsetzung des Bankdiscontos, diesmal auf 2% herbeiführte. Der Eindruck dieser Maßregel beschränkte sich auch diesmal wieder darauf, daß das Discontogeschäft sich etwas lebhafter gestaltete, indem eine Anzahl bis dahin zurückgehaltener Wechsel auf den Markt kam. Jn Frankreich war die vorige Woche besser. Jn Paris wird viel gebaut; die Ausstellung allein beansprucht sehr viel und wenn das „Bauen“ geht, geht auch alles Andere. Das Eisen ist in Folge dessen in die Höhe gegangen. Auch im Norden haben die Walzwerke und Gießereien zu thun. Roheisen ist um 2 Fr. ge- stiegen. -- Jn Creuzot ist in Folge des Bruches eines Eisen- ringes an einem Puddelofen eine Explosion erfolgt, indem 8000 Kilo geschmolzenes Eisen in eine Wassergrube strömten; leider wurden 8 Arbeiter dabei verwundet. Jn Philadelphia herrscht eine ungewöhnliche Nachfrage in amerikanischem Waizen von neuer Ernte für englische und continentale Rechnung; 2,000,000 Buschels wurden diese Woche zu erhöhten Preisen gekauft und nahezu alle Steamer sind für Getreidefracht per Juli und August von New=York engagirt. * Patentwesen. Jm Reichspatentamt fand am 22. Juli die erste ordentliche Sitzung statt, in welcher von dem Referenten über eine Anzahl eingegangener Anträge auf die Ertheilung von Patenten Bericht erstattet und hierauf vom Collegium nach stattgehabter Discussion Beschluß gefaßt wurde. Die bereits erfolgte geschäft- liche Begrenzung der 6 Abtheilungen des Patentamtes, welche über die einlaufenden Anträge zunächst zu beschließen haben, und ebenso die Vertheilung der einzelnen Mitglieder des Patentamtes auf die- selben, ist mit Rücksicht auf die augenblicklich ungewöhnlich zahl- reichen Anträge noch eine provisorische, welche der definitiven Ein- richtung erst dann wird Platz machen können, wenn die Thätigkeit der neuen Behörde eine geregelte werden wird und der materielle Stoff in seinen verschiedenen Abzweigungen sich quantitativ mehr wird übersehen lassen. Jedes der drei ständigen Mitglieder des Patentamtes, Geheimer Ober=Regierungsrath v. Möller, Geheimer Regierungsrath Nieberding und Ober=Tribunalsrath Wentzel führen in je zwei Abtheilungen den Vorsitz. Den Vorsitz in der Berufungsabtheilung hat der Ministerialdirector Jacobi. Von den technischen Mitgliedern sind die Meisten in mehreren, zwei bis drei, Abtheilungen thätig. Zu den bereits ernannten 18 technischen Mitgliedern des Patentamtes werden voraussichtlich spätestens im October noch zwei Mitglieder hinzutreten, welche dem Vernehmen nach bereits designirt sein sollen. -- Jn der Berliner „Post“ erklärt sich ein alter preu- ßischer Abgeordneter, der schon im Jahre 1851 eine Reform des Patentgesetzes beim preuß Abgeordnetenhaus beantragt hatte, gegen die Ansicht des Vorsitzenden des Patentamtes, daß die Beibehaltung der Vorprüfung ein Vorzug sei. Die meisten Gesetzgebungen kenn- ten dieselbe nicht und mit Recht, in richtiger Erkenntniß des staat- lichen Vortheiles Das Prüfen sei ein zu mißliches Ding; selbst ganz närrische und unmögliche Bestrebungen führten oft zu wich- tigen Entdeckungen, wie die Alchymie zum Porzellan. Verfasser ist für den allerdings einzig richtigen Vorschlag, die Erfindungen vor 6 Monaten nicht zu veröffentlichen; ferner schließt er sich unserer Ansicht an, daß die Erfindungen nach wie vor zuerst im Auslande ausgeführt werden würden. Die Preise findet er nicht hoch, was indessen schwer zu beweisen sein dürfte; 700 M. in einem Jahre Patentgebühr für eine Erfindung, die vielleicht nur 1000 M. ein- trägt, ist entschieden zu viel. -- Dagegen stimmen wir vollkommen damit überein, daß die Bestimmung über die sog. Perpetuum mobile gänzlich überflüssig ist. „Wenn ein Patent beantragt würde, den Mond auf die Erde zu ziehen, wem sollte das schaden?“ Auf der andern Seite aber wird wahrscheinlich Manches zurückgewiesen, was doch gut ist oder doch Anlaß zu wichtigen Erfindungen gibt. -- Der Freundlichkeit des canadischen Patentamtes verdanken wir einen Abdruck des dortigen neuen Patentgesetzes und des Marken- gesetzes von 1876 sammt deren Reglement. Wir entnehmen dem- selben, daß die Formalitäten zur Erlangung eines canad. Patentes ziemlich umständlich sind. Zu beachten ist vor Allem, daß man 12 Monate nach Erhalt irgend eines Patentes auch das canadische nachsuchen und die Erfindung binnen 2 Jahren ausführen, d. h. den Gegenstand in Canada fabriziren muß. Die Taxen sind für 5=, 10= und 15jährige Patente auf 20, 40 und 60 Doll. herabgesetzt worden. Ein 5= oder 10jähriges Patent kann man auf 15 Jahre verlängern lassen. Die Registrirung von Marken und Mustern kostet 5 Dollars. * Markenschutz. Durch Erkenntniß des Pariser Cassations- hofes ist festgestellt worden, daß eine Marke, selbst wenn sie neu war und zur Bezeichnung eines neuen Gegenstandes diente, nicht mehr eingetragen werden kann, wenn sie längere Zeit im Gebrauch war und vom Publikum benutzt wurde. Sehr natürlich! -- Da- gegen kann ein unloyaler Concurrent angehalten werden, die Namen und die Etiketten seiner Waaren zu ändern. Ebenso kann ihm verboten werden, den gleichlautenden Namen eines Dritten ( Maria Farina ) für sich zu benutzen, bezw. unter dessen Namen Handel zu treiben, wenn es offenbar nur zum Schein geschieht. -- Das Seine=Tribunal hat den Kaufmann Royer Boyer wegen betrügerischen Mißbrauchs und Nachahmung der Fabrik- marken des Melissengeistes von A. Royer zu 500 Frcs. Strafe und zu einer Entschädigung verurtheilt, welche durch Sach- verständige bestimmt werden wird. Ein anderes Urtheil verbietet den Namen „Melissenwasser der Carmeliter“ zu gebrauchen, weil die Carmelitermönche, welche das Wasser fabrizirten, ihr ganzes Geschäft an A. Royer verkauften. R. Boyer veränderte hierauf die Marken etwas, wurde aber trotzdem nochmals verurtheilt, weil es zur betrügerischen Nachahmung hinreiche, wenn das ganze Aussehen dasselbe sei, namentlich die Form, Farbe und Anbringung der Etikette. Volkswirthschaftliches. Durch Vermittelung des westphälischen

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1056. Frankfurt a. M., 28. Juli 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1056_1877/3>, abgerufen am 29.04.2024.