Allgemeine Zeitung. Nr. 68. Augsburg (Bayern), 9. März 1871.[Spaltenumbruch]
nung! ) Der Präsident: Lesen Sie Jhren Brief. Pyat: Folgendes ist Die Deputirten von Elsaß und Lothringen haben am 1 März ihr Bordeaux, 6 März. Jn der National=Versammlung brachte Louis Niederland. .//. Haag, 2 März. Endlich hat das neue Ministerium seinen [Spaltenumbruch]
nung! ) Der Präsident: Lesen Sie Jhren Brief. Pyat: Folgendes ist Die Deputirten von Elsaß und Lothringen haben am 1 März ihr Bordeaux, 6 März. Jn der National=Versammlung brachte Louis Niederland. .//. Haag, 2 März. Endlich hat das neue Ministerium seinen <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0007" n="1143"/><cb/> nung! ) Der <hi rendition="#g">Präsident:</hi> Lesen Sie Jhren Brief. <hi rendition="#g">Pyat:</hi> Folgendes ist<lb/> der Brief welchen ich an den Präsidenten dieser Versammlung zu richten<lb/> die Ehre hatte: „Hr. Präsident! Die Abstimmung der Mehrheit legt mir<lb/> eine Gewissenspflicht auf, die Pflicht zu erklären daß dieser Beschluß das<lb/> Abgeordnetenmandat berührt. Jch bin Mandatar des souveränen Volkes,<lb/> und nicht sein Herr, ich glaube deßhalb daß ich nicht die Befugniß hatte<lb/> einen solchen Vertrag zu berathen. Jch habe vom Volk ein imperatives<lb/> Mandat erhalten. ( Lärm. ) Mein Gewissen, ich bin dessen sicher, stimmt<lb/> mit dem meiner Wähler überein, sie haben mir folgendes Mandat gegeben:<lb/> „Keinen schmachvollen Frieden! Das eine untheilbare Frankreich!“ Diese<lb/> Versammlung hat einen Frieden um den Preis der Ehre, um den Preis<lb/> eines Theils von Frankreich gewollt. Jch muß also protestiren, nicht durch<lb/> meinen Austritt, denn die Versammlung hat nicht das Recht ihn anzu-<lb/> nehmen, sie hat sich das Recht abgesprochen, sie hat sich selbst durch ihren<lb/> Beschluß getödtet, sie vertritt nicht mehr ganz Frankreich das sie ernannt<lb/> hatte. Jch bin der Einheit Frankreichs schuldig zurückzutreten, und<lb/> werde nicht mehr in diese Versammlung zurückkehren bis dieser Beschluß<lb/> annullirt ist.“ ( Beifall auf der Linken. ) <hi rendition="#g">Bethmont, Target</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Civrac</hi> bringen einen Antrag ein bezüglich des Decrets welches die Ge-<lb/> neralräthe aufhob, und dadurch das allgemeine Stimmrecht verletzt habe.<lb/><hi rendition="#g">Tendret, Renaud</hi> und <hi rendition="#g">Lafayette</hi> verlangen Entschädigung der in<lb/> die Schweiz geflüchteten Beamten aus Elsaß und Lothringen. Beide An-<lb/> träge werden der Commission überwiesen. de <hi rendition="#g">Talhou<hi rendition="#aq">ë</hi>t </hi> beantragt die<lb/> Niedersetzung eines Decentralisations=Ausschusses von 30 Mitgliedern.<lb/><hi rendition="#g">Turquet</hi> schlägt vor daß die Fahne Frankreichs künftig schwarzen Krepp<lb/> zu tragen habe. <hi rendition="#g">Brion</hi> und <hi rendition="#g">Barrois</hi> ( Abgg. der Meurthe ) erklären,<lb/> nachdem ein Theil des Meurthe=Departements abgetreten sei, ihre Absicht<lb/> Franzosen bleiben zu wollen, aber aus der Versammlung auszutreten. Frank-<lb/> reich besitze noch 550,000 Mann unter den Waffen, Preußen habe Belfort<lb/> gar nicht verlangt, Frankreich habe den Becher bis zur Hefe leeren müssen.<lb/><hi rendition="#g">Danel</hi> ( Abg. der Meurthe ) erklärt seinen Austritt. Auf Anregung eines<lb/> Abgeordneten gibt der Präsident dem Bedauern über die Umstände Ausdruck<lb/> welche einige Mitglieder zum Austritt bewogen haben. <hi rendition="#g">Brame</hi> und <hi rendition="#g">Des<lb/> Rotours</hi> bringen einen Antrag ein: daß die Gehalte der Staatsdiener<lb/> welche 10,000 Fr. übersteigen um die Hälfte herabzusetzen seien, und kein<lb/> Gehalt 20,000 Fr. übersteigen dürfe. <hi rendition="#g">Guichard</hi> verlangt Niedersetzung<lb/> einer Commission zur Prüfung der Ausgaben und Revision des Budgets<lb/> für 1870. Der <hi rendition="#g">Finanzminister</hi> will diese Aufgabe sich selbst vorbe-<lb/> halten wissen. <hi rendition="#g">Raudot</hi> entgegnet mit Berufung auf Art. 23 der Ge-<lb/> schäftsordnung. <hi rendition="#g">Thiers</hi> sagt: dieser Artikel betreffe ein schon vorgeleg-<lb/> tes Finanzgesetz, die Regierung bedürfe der Unterstützung, man möge<lb/> nicht in Jrrthümer verfallen welche so verhängnißvolle Folgen gehabt,<lb/> die Gränzen der vollziehenden Gewalt und der Versammlung müßten<lb/> streng eingehalten werden. <hi rendition="#g">Guichard</hi> schließt sich dem Vorschlag des<lb/> Präsidenten an seinen Antrag dem Ausschuß zu überweisen, er verlange<lb/> eine Commission zur Ausarbeitung eines Gesetzes über die Reorganisa-<lb/> tion der finanziellen Hülfsquellen Frankreichs. Der Antrag wird dem<lb/> Ausschuß überwiesen. Es wird nun Bericht erstattet über die Wahl im<lb/> Departement der Vogesen. Das 15. Bureau beantragt Genehmigung<lb/> der Wahlen mit Einschluß des Präfecten George, der vor den Wahlen das<lb/> Land habe verlassen müssen. <hi rendition="#g">Cochery</hi> Namens des 3. Bureau protestirt<lb/> gegen die Zulassung des George. Die Versammlung verschiebt die Be-<lb/> schlußfassung. Das Bureau beantragt Genehmigung der Wahlen in Cor-<lb/> sica. <hi rendition="#g">Lockroy</hi> beantragt alle Mitschuldigen des Kaiserreichs auszustoßen.<lb/> Ein <hi rendition="#g">Corse</hi> versucht vergeblich zu sprechen. Die Wahlen werden genehmigt.<lb/> Ein <hi rendition="#g">Mitglied</hi> legt einen Bericht über die Wahl des Bischofs Dupanloup<lb/> im Loiret vor. Ein <hi rendition="#g">Abgeordneter</hi> von Paris verlangt Vertagung der<lb/> Beschlußfassung. <hi rendition="#g">Cochery</hi> widerspricht. Die Wahl Dupanloups wird<lb/> genehmigt. Es werden die Wahlen von Tridon ( C<hi rendition="#aq">ô</hi>te d'Or ) , de Puy-<lb/> s <hi rendition="#aq">é</hi>gur ( Seine et Marne ) , Jules Favre und Gambetta ( Seine et Oise ) , so-<lb/> dann die Wahlen in Haute=Sa<hi rendition="#aq">ô</hi>ne genehmigt, der Beschluß bezüglich der<lb/> Wahlen Chevandiers und Lamothe's ( Departement Dr<hi rendition="#aq">ô</hi>me ) jedoch vertagt.<lb/> Hiemit wird die Sitzung aufgehoben.</p><lb/> <p>Die Deputirten von Elsaß und Lothringen haben am 1 März ihr<lb/> Mandat niedergelegt. Das Schreiben welches dieß der Kammer anzeigt,<lb/> lautet: „Die Vertreter von Elsaß und Lothringen haben vor jeder Frie-<lb/> densunterhandlung auf dem Tische des Hauses eine Erklärung nieder-<lb/> gelegt welche auf das förmlichste im Namen der genannten Provinzen<lb/> ihren Willen und ihr Recht französisch zu bleiben bekräftigte. Jeder<lb/> Gerechtigkeit zum Trotz und durch einen gehässigen Mißbrauch der Ge-<lb/> walt der Herrschaft des Auslandes überliefert, haben wir eine letzte Pflicht<lb/> zu erfüllen. Wir erklären noch einmal für null und nichtig einen Vertrag<lb/> der ohne unsere Zustimmung über uns verfügt. Die Zurückforderung<lb/> unserer Rechte bleibt für immer allen und jedem in der Form und dem<lb/> Maße offen welche uns unser Gewissen eingeben wird. Jm Augenblick<lb/> wo wir diesen Saal verlassen, in welchem zu sitzen unsere Würde uns nicht<lb/> mehr gestattet, und ungeachtet der Bitterkeit unseres Schmerzes ist der<lb/> letzte Gedanke welchen wir im Grunde unserer Herzen finden, ein Gedanke<lb/> der Erkenntlichkeit für die welche während sechs Monaten nicht aufgehört<lb/> haben uns zu vertheidigen, und der unveränderlichen Anhänglichkeit an<lb/> unser Vaterland, von dem wir gewaltsam weggerissen worden sind. Wir<lb/> werden Sie mit unserem Wunsche begleiten, und wir erwarten mit vollem<lb/> Vertrauen in die Zukunft daß das wiedergeborne Frankreich den Lauf seiner<lb/><cb/> großen Schicksalsaufgabe wieder erfüllen wird. Jhre Brüder des Elsaßes und<lb/> Lothringens, in diesem Augenblicke von der gemeinschaftlichen Familie ge-<lb/> trennt, werden Frankreich eine kindliche Zuneigung bis zum Tage bewahren<lb/> wo es seinen Platz wieder einnehmen wird. Bordeaux, 1 März 1871. L. Chauf-<lb/> four, E. Teutsch, Pr. Andr <hi rendition="#aq">é</hi>, Osterman, Schneegans, E. Keller, Kable, Mels-<lb/> heim, Böll, Titot, Albrecht, Alfred Köchlin, v. Rhem, A. Scheurer-<lb/> Kestner, Alp. Saglis, Humbert, Küß, Rencker, Deschange, Börsch, A. Ta-<lb/> chard, Noblet, Dorn<hi rendition="#aq">è</hi>s, Ed. Bamberger, Bardon, L<hi rendition="#aq">é</hi>on Gambetta, Fr<hi rendition="#aq">é</hi>-<lb/> d<hi rendition="#aq">é</hi>ric Hartmann, Jules Grosjean.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>Bordeaux, 6 März. Jn der National=Versammlung brachte Louis<lb/> Blanc einen Antrag ein welchen er selbst als schmerzlich, aber unumgäng-<lb/> lich bezeichnet: er fordert daß die Mitglieder der Regierung der National-<lb/> Vertheidigung zur Rechenschaft gezogen werden sollen wegen der Weise<lb/> in welcher sie seit dem Anfange der Belagerung von Paris bis zur Capi-<lb/> tulation ihre Gewalt ausgeübt haben. Der Antrag ist von mehreren<lb/> Mitgliedern der Versammlung mit unterzeichnet. Clemenceau und Tirard<lb/> unterstützen denselben. Delescluze beantragt die Anklage und Verhaftung<lb/> der Mitglieder der Vertheidigungs=Regierung als des Hochverraths schul-<lb/> dig. Ein Deputirter beantragt die Verlegung der Versammlung an einen<lb/> andern Ort als Paris. Thiers bittet über diesen Antrag unverzüglich<lb/> zu entscheiden. Gambetta ist nach seiner Vaterstadt Cahors abgereist.<lb/> Changarnier ist sehr leidend. ( T. N. ) </p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Niederland.</hi> </head><lb/> <p><abbr>.//.</abbr> Haag, 2 März. Endlich hat das neue Ministerium seinen<lb/> Einzug in die zweite Kammer der Generalstaaten gehalten. Unmittelbar<lb/> nachdem dieselbe nämlich ihre Arbeiten von neuem aufgenommen hatte,<lb/> erörterte der Minister des Jnnern, Hr. Thorbecke -- bekanntlich gibt es in<lb/> Holland keinen Ministerpräsidenten im eigentlichen Sinne des Wortes --<lb/> das ministerielle Programm, wenigstens mit Bezug auf die Plane des Ca-<lb/> binets; denn, wie Hr. Thorbecke hervorhob, das Ministerium hat keine<lb/> neue Politik einzuführen, sondern nur eine dem Lande hinlänglich bekannte<lb/> zu verfolgen. Was nun die Plane des Ministeriums betrifft, so ver-<lb/> langt dasselbe vor allem die Etatsvorlagen, insoweit sie nicht während der<lb/> letzten Legislaturperiode festgestellt wurden, sowie das Budget der Colo-<lb/> nien zur Erledigung zu bringen. Darauf glaubt die Regierung, und zwar<lb/> vor der Prüfung des Wahlcensus, sowie der höheren Unterrichtsfrage,<lb/> die Vertheidigung des Landes auf eine den Bedürfnissen völlig ent-<lb/> sprechende Weise regeln zu müssen. Die Ausarbeitung der hierauf bezüg-<lb/> lichen Gesetzentwürfe, wie die hinsichtlich der Vertheidigungswerke, der<lb/> Revision des Milizgesetzes, der Reorganisation der Bürgerwache u. s. w.,<lb/> wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Und somit wird die<lb/> Volksvertretung sich nach Erledigung der erwähnten Budgets mit einigen<lb/> wichtigen von der Regierung abgeschlossenen Staatsverträgen zu befassen<lb/> haben, wozu sich später, doch wahrscheinlich nicht während der jetzigen Le-<lb/> gislaturperiode, Gesetzentwürfe hinsichtlich der Aufhebung der Zehnten<lb/> und der gerichtlichen Organisation gesellen werden. Der früher eingereichte<lb/> Gesetzentwurf bezüglich der Einführung einer Einkommensteuer wurde<lb/> von der Regierung zurückgenommen. Die neun Abschnitte der Etatsvor-<lb/> lage, welche der endgültigen Bestätigung der Volksvertretung noch be-<lb/> dürfen, sind: hohe Staatscollegien u. s. w. ( 593,603 fl. ) , Auswärtiges<lb/> ( 495,365 fl. ) , Justiz ( 3,245,472 fl. ) , Jnneres ( 19,288,803 fl. 23 ) ,<lb/> Marine ( 8,983,535 fl. 96 ) , Finanzen ( 18,243,498 fl. 48 ) , Krieg<lb/> 14,898,115 fl. ) , Colonien ( 1,726,015 fl. 75 ) und unvorhergesehene Aus-<lb/> gaben ( 50,000 Gulden ) . Die Regierung beantragt weiter, als Abände-<lb/> rung des früher festgestellten Budgets der Mittel und Wege, sie zur Aus-<lb/> gabe von Schatzscheinen bis zu einem Betrag von höchstens9 1 / 2 Millionen<lb/> zu ermächtigen, und zwar als vorläufiges Auskunftsmittel bis zu der Zeit<lb/> wo die finanziellen Ergebnisse der Verwaltung eine bestimmtere Gestalt<lb/> annehmen werden. Bei Erörterung seiner Etatsvorlage ward seitens des<lb/> Kriegsministers bemerkt: die Armee besitze zur Zeit 82,000 Snider=Ge-<lb/> wehre; im Anfang nächsten Jahrs hofft derselbe außerdem noch über<lb/> 20,900 Beaumont=Gewehre verfügen zu können. -- Der König hat so eben<lb/> einen Ausschuß von Sachverständigen zur Lösung sämmtlicher auf den<lb/> Bau von Eisenbahnen in Jndien bezüglicher Fragen ernannt. Wie ver-<lb/> lautet, soll der Ausschuß vor allem damit beauftragt werden der Regie-<lb/> rung ein Gutachten hinsichtlich der Anlegung einer Stammlinie abzugeben,<lb/> welche, von Batavia ausgehend, die Jnsel Java quer durchschneiden soll.<lb/> -- Die früher mehrfach erwähnten zwischen den Regierungen Hollands<lb/> und Venezuela's entstandenen Schwierigkeiten sind, wenigstens theilweise,<lb/> bereits geordnet. Das neue Cabinet von Car<hi rendition="#aq">á</hi>cas hat sich nämlich zur<lb/> Zahlung einer Entschädigung an die Eigenthümer des Schiffes „ Jo-<lb/> sephina,“ sowie zur Rückerstattung desselben entschlossen. Dieses Schiff<lb/> wurde bekanntlich im J. 1868 in Puerto Cabello ohne hinreichenden Grund<lb/> mit Beschlag belegt und seitdem von der Regierung als Kriegsfahrzeug<lb/> verwendet. -- Der Landesherr hat eine Commission ernannt welche jähr-<lb/> lich fünf jugendliche Maler von hervorragender Befähigung und ebenso-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1143/0007]
nung! ) Der Präsident: Lesen Sie Jhren Brief. Pyat: Folgendes ist
der Brief welchen ich an den Präsidenten dieser Versammlung zu richten
die Ehre hatte: „Hr. Präsident! Die Abstimmung der Mehrheit legt mir
eine Gewissenspflicht auf, die Pflicht zu erklären daß dieser Beschluß das
Abgeordnetenmandat berührt. Jch bin Mandatar des souveränen Volkes,
und nicht sein Herr, ich glaube deßhalb daß ich nicht die Befugniß hatte
einen solchen Vertrag zu berathen. Jch habe vom Volk ein imperatives
Mandat erhalten. ( Lärm. ) Mein Gewissen, ich bin dessen sicher, stimmt
mit dem meiner Wähler überein, sie haben mir folgendes Mandat gegeben:
„Keinen schmachvollen Frieden! Das eine untheilbare Frankreich!“ Diese
Versammlung hat einen Frieden um den Preis der Ehre, um den Preis
eines Theils von Frankreich gewollt. Jch muß also protestiren, nicht durch
meinen Austritt, denn die Versammlung hat nicht das Recht ihn anzu-
nehmen, sie hat sich das Recht abgesprochen, sie hat sich selbst durch ihren
Beschluß getödtet, sie vertritt nicht mehr ganz Frankreich das sie ernannt
hatte. Jch bin der Einheit Frankreichs schuldig zurückzutreten, und
werde nicht mehr in diese Versammlung zurückkehren bis dieser Beschluß
annullirt ist.“ ( Beifall auf der Linken. ) Bethmont, Target und
Civrac bringen einen Antrag ein bezüglich des Decrets welches die Ge-
neralräthe aufhob, und dadurch das allgemeine Stimmrecht verletzt habe.
Tendret, Renaud und Lafayette verlangen Entschädigung der in
die Schweiz geflüchteten Beamten aus Elsaß und Lothringen. Beide An-
träge werden der Commission überwiesen. de Talhouët beantragt die
Niedersetzung eines Decentralisations=Ausschusses von 30 Mitgliedern.
Turquet schlägt vor daß die Fahne Frankreichs künftig schwarzen Krepp
zu tragen habe. Brion und Barrois ( Abgg. der Meurthe ) erklären,
nachdem ein Theil des Meurthe=Departements abgetreten sei, ihre Absicht
Franzosen bleiben zu wollen, aber aus der Versammlung auszutreten. Frank-
reich besitze noch 550,000 Mann unter den Waffen, Preußen habe Belfort
gar nicht verlangt, Frankreich habe den Becher bis zur Hefe leeren müssen.
Danel ( Abg. der Meurthe ) erklärt seinen Austritt. Auf Anregung eines
Abgeordneten gibt der Präsident dem Bedauern über die Umstände Ausdruck
welche einige Mitglieder zum Austritt bewogen haben. Brame und Des
Rotours bringen einen Antrag ein: daß die Gehalte der Staatsdiener
welche 10,000 Fr. übersteigen um die Hälfte herabzusetzen seien, und kein
Gehalt 20,000 Fr. übersteigen dürfe. Guichard verlangt Niedersetzung
einer Commission zur Prüfung der Ausgaben und Revision des Budgets
für 1870. Der Finanzminister will diese Aufgabe sich selbst vorbe-
halten wissen. Raudot entgegnet mit Berufung auf Art. 23 der Ge-
schäftsordnung. Thiers sagt: dieser Artikel betreffe ein schon vorgeleg-
tes Finanzgesetz, die Regierung bedürfe der Unterstützung, man möge
nicht in Jrrthümer verfallen welche so verhängnißvolle Folgen gehabt,
die Gränzen der vollziehenden Gewalt und der Versammlung müßten
streng eingehalten werden. Guichard schließt sich dem Vorschlag des
Präsidenten an seinen Antrag dem Ausschuß zu überweisen, er verlange
eine Commission zur Ausarbeitung eines Gesetzes über die Reorganisa-
tion der finanziellen Hülfsquellen Frankreichs. Der Antrag wird dem
Ausschuß überwiesen. Es wird nun Bericht erstattet über die Wahl im
Departement der Vogesen. Das 15. Bureau beantragt Genehmigung
der Wahlen mit Einschluß des Präfecten George, der vor den Wahlen das
Land habe verlassen müssen. Cochery Namens des 3. Bureau protestirt
gegen die Zulassung des George. Die Versammlung verschiebt die Be-
schlußfassung. Das Bureau beantragt Genehmigung der Wahlen in Cor-
sica. Lockroy beantragt alle Mitschuldigen des Kaiserreichs auszustoßen.
Ein Corse versucht vergeblich zu sprechen. Die Wahlen werden genehmigt.
Ein Mitglied legt einen Bericht über die Wahl des Bischofs Dupanloup
im Loiret vor. Ein Abgeordneter von Paris verlangt Vertagung der
Beschlußfassung. Cochery widerspricht. Die Wahl Dupanloups wird
genehmigt. Es werden die Wahlen von Tridon ( Côte d'Or ) , de Puy-
s égur ( Seine et Marne ) , Jules Favre und Gambetta ( Seine et Oise ) , so-
dann die Wahlen in Haute=Saône genehmigt, der Beschluß bezüglich der
Wahlen Chevandiers und Lamothe's ( Departement Drôme ) jedoch vertagt.
Hiemit wird die Sitzung aufgehoben.
Die Deputirten von Elsaß und Lothringen haben am 1 März ihr
Mandat niedergelegt. Das Schreiben welches dieß der Kammer anzeigt,
lautet: „Die Vertreter von Elsaß und Lothringen haben vor jeder Frie-
densunterhandlung auf dem Tische des Hauses eine Erklärung nieder-
gelegt welche auf das förmlichste im Namen der genannten Provinzen
ihren Willen und ihr Recht französisch zu bleiben bekräftigte. Jeder
Gerechtigkeit zum Trotz und durch einen gehässigen Mißbrauch der Ge-
walt der Herrschaft des Auslandes überliefert, haben wir eine letzte Pflicht
zu erfüllen. Wir erklären noch einmal für null und nichtig einen Vertrag
der ohne unsere Zustimmung über uns verfügt. Die Zurückforderung
unserer Rechte bleibt für immer allen und jedem in der Form und dem
Maße offen welche uns unser Gewissen eingeben wird. Jm Augenblick
wo wir diesen Saal verlassen, in welchem zu sitzen unsere Würde uns nicht
mehr gestattet, und ungeachtet der Bitterkeit unseres Schmerzes ist der
letzte Gedanke welchen wir im Grunde unserer Herzen finden, ein Gedanke
der Erkenntlichkeit für die welche während sechs Monaten nicht aufgehört
haben uns zu vertheidigen, und der unveränderlichen Anhänglichkeit an
unser Vaterland, von dem wir gewaltsam weggerissen worden sind. Wir
werden Sie mit unserem Wunsche begleiten, und wir erwarten mit vollem
Vertrauen in die Zukunft daß das wiedergeborne Frankreich den Lauf seiner
großen Schicksalsaufgabe wieder erfüllen wird. Jhre Brüder des Elsaßes und
Lothringens, in diesem Augenblicke von der gemeinschaftlichen Familie ge-
trennt, werden Frankreich eine kindliche Zuneigung bis zum Tage bewahren
wo es seinen Platz wieder einnehmen wird. Bordeaux, 1 März 1871. L. Chauf-
four, E. Teutsch, Pr. Andr é, Osterman, Schneegans, E. Keller, Kable, Mels-
heim, Böll, Titot, Albrecht, Alfred Köchlin, v. Rhem, A. Scheurer-
Kestner, Alp. Saglis, Humbert, Küß, Rencker, Deschange, Börsch, A. Ta-
chard, Noblet, Dornès, Ed. Bamberger, Bardon, Léon Gambetta, Fré-
déric Hartmann, Jules Grosjean.“
Bordeaux, 6 März. Jn der National=Versammlung brachte Louis
Blanc einen Antrag ein welchen er selbst als schmerzlich, aber unumgäng-
lich bezeichnet: er fordert daß die Mitglieder der Regierung der National-
Vertheidigung zur Rechenschaft gezogen werden sollen wegen der Weise
in welcher sie seit dem Anfange der Belagerung von Paris bis zur Capi-
tulation ihre Gewalt ausgeübt haben. Der Antrag ist von mehreren
Mitgliedern der Versammlung mit unterzeichnet. Clemenceau und Tirard
unterstützen denselben. Delescluze beantragt die Anklage und Verhaftung
der Mitglieder der Vertheidigungs=Regierung als des Hochverraths schul-
dig. Ein Deputirter beantragt die Verlegung der Versammlung an einen
andern Ort als Paris. Thiers bittet über diesen Antrag unverzüglich
zu entscheiden. Gambetta ist nach seiner Vaterstadt Cahors abgereist.
Changarnier ist sehr leidend. ( T. N. )
Niederland.
.//. Haag, 2 März. Endlich hat das neue Ministerium seinen
Einzug in die zweite Kammer der Generalstaaten gehalten. Unmittelbar
nachdem dieselbe nämlich ihre Arbeiten von neuem aufgenommen hatte,
erörterte der Minister des Jnnern, Hr. Thorbecke -- bekanntlich gibt es in
Holland keinen Ministerpräsidenten im eigentlichen Sinne des Wortes --
das ministerielle Programm, wenigstens mit Bezug auf die Plane des Ca-
binets; denn, wie Hr. Thorbecke hervorhob, das Ministerium hat keine
neue Politik einzuführen, sondern nur eine dem Lande hinlänglich bekannte
zu verfolgen. Was nun die Plane des Ministeriums betrifft, so ver-
langt dasselbe vor allem die Etatsvorlagen, insoweit sie nicht während der
letzten Legislaturperiode festgestellt wurden, sowie das Budget der Colo-
nien zur Erledigung zu bringen. Darauf glaubt die Regierung, und zwar
vor der Prüfung des Wahlcensus, sowie der höheren Unterrichtsfrage,
die Vertheidigung des Landes auf eine den Bedürfnissen völlig ent-
sprechende Weise regeln zu müssen. Die Ausarbeitung der hierauf bezüg-
lichen Gesetzentwürfe, wie die hinsichtlich der Vertheidigungswerke, der
Revision des Milizgesetzes, der Reorganisation der Bürgerwache u. s. w.,
wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Und somit wird die
Volksvertretung sich nach Erledigung der erwähnten Budgets mit einigen
wichtigen von der Regierung abgeschlossenen Staatsverträgen zu befassen
haben, wozu sich später, doch wahrscheinlich nicht während der jetzigen Le-
gislaturperiode, Gesetzentwürfe hinsichtlich der Aufhebung der Zehnten
und der gerichtlichen Organisation gesellen werden. Der früher eingereichte
Gesetzentwurf bezüglich der Einführung einer Einkommensteuer wurde
von der Regierung zurückgenommen. Die neun Abschnitte der Etatsvor-
lage, welche der endgültigen Bestätigung der Volksvertretung noch be-
dürfen, sind: hohe Staatscollegien u. s. w. ( 593,603 fl. ) , Auswärtiges
( 495,365 fl. ) , Justiz ( 3,245,472 fl. ) , Jnneres ( 19,288,803 fl. 23 ) ,
Marine ( 8,983,535 fl. 96 ) , Finanzen ( 18,243,498 fl. 48 ) , Krieg
14,898,115 fl. ) , Colonien ( 1,726,015 fl. 75 ) und unvorhergesehene Aus-
gaben ( 50,000 Gulden ) . Die Regierung beantragt weiter, als Abände-
rung des früher festgestellten Budgets der Mittel und Wege, sie zur Aus-
gabe von Schatzscheinen bis zu einem Betrag von höchstens9 1 / 2 Millionen
zu ermächtigen, und zwar als vorläufiges Auskunftsmittel bis zu der Zeit
wo die finanziellen Ergebnisse der Verwaltung eine bestimmtere Gestalt
annehmen werden. Bei Erörterung seiner Etatsvorlage ward seitens des
Kriegsministers bemerkt: die Armee besitze zur Zeit 82,000 Snider=Ge-
wehre; im Anfang nächsten Jahrs hofft derselbe außerdem noch über
20,900 Beaumont=Gewehre verfügen zu können. -- Der König hat so eben
einen Ausschuß von Sachverständigen zur Lösung sämmtlicher auf den
Bau von Eisenbahnen in Jndien bezüglicher Fragen ernannt. Wie ver-
lautet, soll der Ausschuß vor allem damit beauftragt werden der Regie-
rung ein Gutachten hinsichtlich der Anlegung einer Stammlinie abzugeben,
welche, von Batavia ausgehend, die Jnsel Java quer durchschneiden soll.
-- Die früher mehrfach erwähnten zwischen den Regierungen Hollands
und Venezuela's entstandenen Schwierigkeiten sind, wenigstens theilweise,
bereits geordnet. Das neue Cabinet von Carácas hat sich nämlich zur
Zahlung einer Entschädigung an die Eigenthümer des Schiffes „ Jo-
sephina,“ sowie zur Rückerstattung desselben entschlossen. Dieses Schiff
wurde bekanntlich im J. 1868 in Puerto Cabello ohne hinreichenden Grund
mit Beschlag belegt und seitdem von der Regierung als Kriegsfahrzeug
verwendet. -- Der Landesherr hat eine Commission ernannt welche jähr-
lich fünf jugendliche Maler von hervorragender Befähigung und ebenso-
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