Allgemeine Zeitung. Nr. 69. Augsburg (Bayern), 10. März 1871.[Spaltenumbruch]
buche der Bank von England eingeschrieben stehen; aber die Namen Fleury, Frankreich. * Zu dem Bericht über die Sitzung der Nationalversammlung Die Sitzung vom 4. wurde um halb 3 Uhr Nachmittags eröffnet. Nach [Spaltenumbruch]
buche der Bank von England eingeschrieben stehen; aber die Namen Fleury, Frankreich. * Zu dem Bericht über die Sitzung der Nationalversammlung Die Sitzung vom 4. wurde um halb 3 Uhr Nachmittags eröffnet. Nach <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jPoliticalNews"> <p><pb facs="#f0005" n="1161"/><cb/> buche der Bank von England eingeschrieben stehen; aber die Namen Fleury,<lb/> Persigny und Herzog von Alba stehen wohl einem prompten Bezug der Rente<lb/> und einer rechtzeitigen Uebertragung der Consols nicht im Wege. Einstwei-<lb/> len paßt die freiwillige oder unfreiwillige Armuth ganz zu der Rolle die sich<lb/> der Exkaiser für den ersten Act seines Exils erkoren hat. Der „Observer“ erhält<lb/> aus „vertrauenswürdiger Quelle“ die Mittheilung: daß Louis Napoleon<lb/> nicht daran denkt den ihm gebührenden Kaiserthron durch thätiges Eingreifen<lb/> in die französische Politik zu beanspruchen. Aber „er hält sich für den<lb/> Dienst der französischen Nation bereit, und wann immer er gerufen wird,<lb/> so will er dem Willen des Volkes Gehorsam leisten.“ Er nimmt also die<lb/> Attitude der abwartenden Resignation an. Man muß gestehen daß es die<lb/> einzige ist welche ihm noch übrig bleibt. Daß er je zu einer neuen Gesellschafts-<lb/> rettung berufen werden sollte, wollen wir im Jnteresse der weltgeschicht-<lb/> lichen Entwicklung und zur Ehre der französischen Nation für unmöglich<lb/> halten. Einstweilen wenigstens braucht er nicht ernsthaft in die politische<lb/> Berechnung gezogen zu werden. Man meldet aus Chiselhurst daß die Ex-<lb/> Kaiserin auf ihren täglichen Spaziergängen nicht die geringste Beachtung<lb/> mehr findet, während sie früher auf Schritt und Tritt von vornehmen aus<lb/> allen Gegenden des Reiches herbeieilenden Neugierigen bewundert und<lb/> belästigt wurde. So tief sind diese Mächtigen gesunken, daß selbst das<lb/> englische Flunkeythum ihre Spur verloren hat. Wohl ist die Weltgeschichte<lb/> das Weltgericht! -- Die gestrigen Debatten in beiden Parlamentshäusern<lb/> waren freilich nur Parteimanöver, zur gegenseitigen Vervollständigung<lb/> und Unterstützung bestimmt; aber sie geben doch vieles zu bedenken, und<lb/> erscheinen dem unparteiischen Beobachter als bedeutungsvolle Zeichen der<lb/> Zeit. Jm Unterhause gab die auf der Tagesordnung stehende zweite Lesung<lb/> der Armeereformbill das Zeichen zu der lang erwarteten und vielfach vor-<lb/> bereiteten Debatte. Drei verschiedene, aber in ihrer Feindseligkeit gegen<lb/> die Regierungsvorlage zusammentreffende, Amendements sind im Felde.<lb/> Der Oberst Lindsay handelt als Vertreter der Militär=Aristokratie, welche<lb/> durch die Cardwell'sche Bill ihre Privilegien in wesentlichen Punkten ver-<lb/> letzt sieht, indem er verlangt daß das System des Officiersstellenkaufes<lb/> beibehalten werde, da die nothwendigen Ausgaben für die Landesverthei-<lb/> digung und die anderen Anforderungen an den Staatsschatz gegenwärtig<lb/> den Aufwand von 8 oder 10 Millionen Pf. St., welchen die Abschaffung<lb/> nöthig machen würde, nicht gestatten. Lord Elcho, der aus früherer<lb/> Zeit bekannte Adullamit, welcher sich viel mit der Soldatenspielerei der<lb/> Freiwilligencorps beschäftigt und durch seinen Eifer für die jährlichen<lb/> Schützenfeste sich den Beinamen des „Wellington von Wimbledon“ erwor-<lb/> ben hat, kleidet seine Opposition in allgemeinere und verfänglichere Worte<lb/> indem er das Haus auffordert zu erklären: daß der Regierungsplan, ob-<lb/> gleich er der Nation neue und permanente Lasten auflege, nicht im Stande<lb/> sei das militärische System auf eine gesunde ökonomische und dauernde Grund-<lb/> lage zu stellen. Beide Amendements laufen nicht nur auf dasselbe hinaus,<lb/> sondern sie sind auch darauf berechnet durch Betonung des Ausgabenpunktes<lb/> die Stimmen der unabhängigen Liberalen zu fangen. Diese sind gegen jede<lb/> Armeereformdie eine Erhöhung des Budgets bedingt, und haben in diesem Sinn<lb/> ein eigenes Amendement durch Hrn. Mundella einbringen lassen, um ihre Zu-<lb/> stimmung zur Aufhebung des Stellenkaufes zu erklären, aber zugleich ihre<lb/> Ueberzeugung auszusprechen daß die Armee wirksam reformirt werden<lb/> könnte ohne die Budgetsumme des vergangenen Jahres zu überschreiten.<lb/> Die Debatte, welche vertagt wurde, beschränkte sich gestern auf den von<lb/> Oberst Lindsay vertheidigten Stellenkauf, also auf einen verlorenen Posten;<lb/> aber sie wird am nächsten Donnerstag lebendiger und interessanter werden. --<lb/> Die Toryopposition hält es offenbar für möglich die Armeereformbill von<lb/> allem liberalen Beiwerk zu säubern, oder die ganze Vorlage mit dem dafür<lb/> verantwortlichen Ministerium zu beseitigen, und ruft zu diesem Zwecke die<lb/> auswärtige Politik zu Hülfe. Jm Oberhause lenkte der Marquis v. Sa-<lb/> lisbury die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Vertragspflichten, welche<lb/> England übernommen, und auf die militärischen Ressourcen die es besitze,<lb/> um sie zu erfüllen. Der Mittelpunkt seiner Rede war jedoch die in diesen<lb/> Räumen gewiß noch nie unternommene Beweisführung daß sich England<lb/> in vollem Verfall befinde, und die ihm vom „Moniteur de Versailles“ zu-<lb/> erkannte <hi rendition="#aq">rôle d'effacement</hi> mit beklagenswerther Naturwahrheit spiele.<lb/> Es gebe nur noch drei Großmächte: Preußen, Rußland und Amerika, welche<lb/> England verachteten, und ihre Verachtung unzweideutig zu erkennen gegeben<lb/> haben. Preußen habe eben einen Vertrag geschlossen ohne die geringste Rück-<lb/> sicht auf unsere Meinung zu nehmen; Rußland habe einen Vertrag zerrissen<lb/> den England in glücklicheren Zeiten ihm aufgenöthigt, und Amerika habe offi-<lb/> ciell empfangen und gefeiert die fenischen Verurtheilten die wir als Verbrecher<lb/> ausgestoßen. England habe die Jntegrität von Portugal, Griechenland<lb/> Türkei, Belgien und Schweden garantirt, aber es befinde sich physisch<lb/> und moralisch außer Stande im Falle der Noth seine Garantien zu er-<lb/> füllen, denn es habe sein Ansehen und seine Macht verloren. Man denke<lb/> sich: die <hi rendition="#aq">décadence</hi> des englischen Reiches als Gegenstand einer ernsthaften<lb/><cb/> Debatte im Hause der Lords und den Vertreter der Regierung, Lord Gran-<lb/> ville, wie er alles aufbietet um Jhre Lordschaften mit der Versicherung zu<lb/> trösten daß England gar nicht so tief gefallen sei als es den Anschein habe,<lb/> daß es auch nicht so allgemein verachtet werde, und daß das „<hi rendition="#aq">effacement</hi>“<lb/> ein Mißverständniß gewesen das den Grafen Bismarck zur Einführung<lb/> einer strengen Censur veranlaßt habe! Es muß weit gekommen sein wenn<lb/> solche Debatten im brittischen Senat stattfinden können. -- Jm Unter-<lb/> haus erregte Hr. Disraeli nicht geringe Sensation, indem er ankündigte<lb/> daß er heute Hrn. Gladstone fragen werde: ob Jhrer Majestät Regierung<lb/> wisse daß im vergangenen Jahr ein auf den deutsch=französischen Krieg<lb/> bezüglicher Vertrag zwischen Rußland und Preußen geschlossen worden<lb/> sei. Er selbst hat also etwas läuten gehört, und scheint um so schmerz-<lb/> licher berührt zu sein, als eine Allianz zwischen England und Rußland schon<lb/> lange den Anfang und das Ende seiner politischen Weisheit bildet. --<lb/> Eine neue Verschiebung des wankenden Cabinets ist durch den lange vor-<lb/> ausgesehenen Rücktritt des ersten Lords der Admiralität, Hrn. Childers,<lb/> nöthig geworden. Hr. Göschen wird Marineminister, während Hr. Stans-<lb/> feld das Ministerium der Armenpflege übernimmt. Beide sind ohne Zweifel<lb/> tüchtige Administratoren, und würden in anderen Verwaltungszweigen<lb/> ganz an ihrem Platze sein. Hr. Stansfeld bestand seine administrativen<lb/> Lehrjahre im Marineministerium; daher wird er zum Präsidenten der<lb/> Armenpflegcommission gemacht. Hr. Göschen, der feingebildete Cityman,<lb/> hat wohl kaum je ein Kriegsschiff gesehen, gewiß ist es daß er ohne alle<lb/> Erfahrung in der Marineverwaltung ist; daher wird er als erster Lord an<lb/> die Spitze der Admiralität gestellt!</p> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle"> <p><hi rendition="#sup">*</hi> Zu dem Bericht über die Sitzung der <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi><lb/> vom 3 d. ist folgendes nachzutragen. Henri <hi rendition="#g">Martin:</hi> Jch bitte die Versamm-<lb/> lung sich in der Trauer über das Elsaß durch einen einstimmigen Beschluß des<lb/> Schmerzes und Bedauerns im Namen von ganz Frankreich zu einigen ( ja,<lb/> ja! ) . Gestatten Sie mir jetzt auf das Schreiben zurückzukommen durch<lb/> welches die Abgeordneten des Elsaßes einen Entschluß kundgethan haben<lb/> auf welchen sie verzichten zu sehen wir so glücklich sein werden. Jndem sie<lb/> anzeigten daß sie nicht mehr im Schooße der Versammlung sitzen würden,<lb/> haben sie nicht verzichtet auf das Mandat das sie von französischen<lb/> Bürgern welche die Gewalt heute von uns trennt erhalten haben. Jch<lb/> beantrage daß Sie constatiren daß sie noch immer die Deputirten nicht<lb/> nur dieser ihrer Mitbürger, sondern von ganz Frankreich sind, da ja die<lb/> durch diesen oder jenen Theil von Frankreich gewählten Abgeordneten nicht<lb/> nur die Gruppe französischer Bürger welche sie gewählt hat, sondern die<lb/> französische Nation in ihrer Gesammtheit vertreten. Diese Wahrheit heute<lb/> zu constatiren ist wichtig, und ich beschwöre Sie dieselbe mit mir zu con-<lb/> statiren. ( Sehr gut, sehr gut! ) </p><lb/> <p>Die Sitzung vom 4. wurde um halb 3 Uhr Nachmittags eröffnet. Nach<lb/> Verlesung des Protokolls beantragt Hr. <hi rendition="#g">Martin</hi> den von ihm vorgeschlage-<lb/> nen Dank gegen das Schweizer Volk auch auf die englische und die belgische<lb/> Bevölkerung auszudehnen, und schlägt folgende Fassung vor: „Die Na-<lb/> tionalversammlung Namens ganz Frankreichs gibt ihrer Dankbarkeit ge-<lb/> gen die Bevölkerungen der Schweiz, Belgiens und Englands Ausdruck.“<lb/> ( Nein! nein! ) Einige verlangen die Ueberweisung des Antrags an die<lb/> Commission. Der Präsident verliest: Cl<hi rendition="#aq">é</hi>ment Laurier ( Freund Gam-<lb/> betta 's ) an den Hrn. Präsidenten der Nationalversammlung. „Hr. Präsi-<lb/> dent! Aus eingezogenen Erkundigungen ergibt sich daß die im Departe-<lb/> ment Var und im Lager von Ollioules ausgebrochenen Unruhen die<lb/> Vernichtung einer Anzahl von Stimmzetteln zur Folge gehabt ha-<lb/> ben. 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buche der Bank von England eingeschrieben stehen; aber die Namen Fleury,
Persigny und Herzog von Alba stehen wohl einem prompten Bezug der Rente
und einer rechtzeitigen Uebertragung der Consols nicht im Wege. Einstwei-
len paßt die freiwillige oder unfreiwillige Armuth ganz zu der Rolle die sich
der Exkaiser für den ersten Act seines Exils erkoren hat. Der „Observer“ erhält
aus „vertrauenswürdiger Quelle“ die Mittheilung: daß Louis Napoleon
nicht daran denkt den ihm gebührenden Kaiserthron durch thätiges Eingreifen
in die französische Politik zu beanspruchen. Aber „er hält sich für den
Dienst der französischen Nation bereit, und wann immer er gerufen wird,
so will er dem Willen des Volkes Gehorsam leisten.“ Er nimmt also die
Attitude der abwartenden Resignation an. Man muß gestehen daß es die
einzige ist welche ihm noch übrig bleibt. Daß er je zu einer neuen Gesellschafts-
rettung berufen werden sollte, wollen wir im Jnteresse der weltgeschicht-
lichen Entwicklung und zur Ehre der französischen Nation für unmöglich
halten. Einstweilen wenigstens braucht er nicht ernsthaft in die politische
Berechnung gezogen zu werden. Man meldet aus Chiselhurst daß die Ex-
Kaiserin auf ihren täglichen Spaziergängen nicht die geringste Beachtung
mehr findet, während sie früher auf Schritt und Tritt von vornehmen aus
allen Gegenden des Reiches herbeieilenden Neugierigen bewundert und
belästigt wurde. So tief sind diese Mächtigen gesunken, daß selbst das
englische Flunkeythum ihre Spur verloren hat. Wohl ist die Weltgeschichte
das Weltgericht! -- Die gestrigen Debatten in beiden Parlamentshäusern
waren freilich nur Parteimanöver, zur gegenseitigen Vervollständigung
und Unterstützung bestimmt; aber sie geben doch vieles zu bedenken, und
erscheinen dem unparteiischen Beobachter als bedeutungsvolle Zeichen der
Zeit. Jm Unterhause gab die auf der Tagesordnung stehende zweite Lesung
der Armeereformbill das Zeichen zu der lang erwarteten und vielfach vor-
bereiteten Debatte. Drei verschiedene, aber in ihrer Feindseligkeit gegen
die Regierungsvorlage zusammentreffende, Amendements sind im Felde.
Der Oberst Lindsay handelt als Vertreter der Militär=Aristokratie, welche
durch die Cardwell'sche Bill ihre Privilegien in wesentlichen Punkten ver-
letzt sieht, indem er verlangt daß das System des Officiersstellenkaufes
beibehalten werde, da die nothwendigen Ausgaben für die Landesverthei-
digung und die anderen Anforderungen an den Staatsschatz gegenwärtig
den Aufwand von 8 oder 10 Millionen Pf. St., welchen die Abschaffung
nöthig machen würde, nicht gestatten. Lord Elcho, der aus früherer
Zeit bekannte Adullamit, welcher sich viel mit der Soldatenspielerei der
Freiwilligencorps beschäftigt und durch seinen Eifer für die jährlichen
Schützenfeste sich den Beinamen des „Wellington von Wimbledon“ erwor-
ben hat, kleidet seine Opposition in allgemeinere und verfänglichere Worte
indem er das Haus auffordert zu erklären: daß der Regierungsplan, ob-
gleich er der Nation neue und permanente Lasten auflege, nicht im Stande
sei das militärische System auf eine gesunde ökonomische und dauernde Grund-
lage zu stellen. Beide Amendements laufen nicht nur auf dasselbe hinaus,
sondern sie sind auch darauf berechnet durch Betonung des Ausgabenpunktes
die Stimmen der unabhängigen Liberalen zu fangen. Diese sind gegen jede
Armeereformdie eine Erhöhung des Budgets bedingt, und haben in diesem Sinn
ein eigenes Amendement durch Hrn. Mundella einbringen lassen, um ihre Zu-
stimmung zur Aufhebung des Stellenkaufes zu erklären, aber zugleich ihre
Ueberzeugung auszusprechen daß die Armee wirksam reformirt werden
könnte ohne die Budgetsumme des vergangenen Jahres zu überschreiten.
Die Debatte, welche vertagt wurde, beschränkte sich gestern auf den von
Oberst Lindsay vertheidigten Stellenkauf, also auf einen verlorenen Posten;
aber sie wird am nächsten Donnerstag lebendiger und interessanter werden. --
Die Toryopposition hält es offenbar für möglich die Armeereformbill von
allem liberalen Beiwerk zu säubern, oder die ganze Vorlage mit dem dafür
verantwortlichen Ministerium zu beseitigen, und ruft zu diesem Zwecke die
auswärtige Politik zu Hülfe. Jm Oberhause lenkte der Marquis v. Sa-
lisbury die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Vertragspflichten, welche
England übernommen, und auf die militärischen Ressourcen die es besitze,
um sie zu erfüllen. Der Mittelpunkt seiner Rede war jedoch die in diesen
Räumen gewiß noch nie unternommene Beweisführung daß sich England
in vollem Verfall befinde, und die ihm vom „Moniteur de Versailles“ zu-
erkannte rôle d'effacement mit beklagenswerther Naturwahrheit spiele.
Es gebe nur noch drei Großmächte: Preußen, Rußland und Amerika, welche
England verachteten, und ihre Verachtung unzweideutig zu erkennen gegeben
haben. Preußen habe eben einen Vertrag geschlossen ohne die geringste Rück-
sicht auf unsere Meinung zu nehmen; Rußland habe einen Vertrag zerrissen
den England in glücklicheren Zeiten ihm aufgenöthigt, und Amerika habe offi-
ciell empfangen und gefeiert die fenischen Verurtheilten die wir als Verbrecher
ausgestoßen. England habe die Jntegrität von Portugal, Griechenland
Türkei, Belgien und Schweden garantirt, aber es befinde sich physisch
und moralisch außer Stande im Falle der Noth seine Garantien zu er-
füllen, denn es habe sein Ansehen und seine Macht verloren. Man denke
sich: die décadence des englischen Reiches als Gegenstand einer ernsthaften
Debatte im Hause der Lords und den Vertreter der Regierung, Lord Gran-
ville, wie er alles aufbietet um Jhre Lordschaften mit der Versicherung zu
trösten daß England gar nicht so tief gefallen sei als es den Anschein habe,
daß es auch nicht so allgemein verachtet werde, und daß das „effacement“
ein Mißverständniß gewesen das den Grafen Bismarck zur Einführung
einer strengen Censur veranlaßt habe! Es muß weit gekommen sein wenn
solche Debatten im brittischen Senat stattfinden können. -- Jm Unter-
haus erregte Hr. Disraeli nicht geringe Sensation, indem er ankündigte
daß er heute Hrn. Gladstone fragen werde: ob Jhrer Majestät Regierung
wisse daß im vergangenen Jahr ein auf den deutsch=französischen Krieg
bezüglicher Vertrag zwischen Rußland und Preußen geschlossen worden
sei. Er selbst hat also etwas läuten gehört, und scheint um so schmerz-
licher berührt zu sein, als eine Allianz zwischen England und Rußland schon
lange den Anfang und das Ende seiner politischen Weisheit bildet. --
Eine neue Verschiebung des wankenden Cabinets ist durch den lange vor-
ausgesehenen Rücktritt des ersten Lords der Admiralität, Hrn. Childers,
nöthig geworden. Hr. Göschen wird Marineminister, während Hr. Stans-
feld das Ministerium der Armenpflege übernimmt. Beide sind ohne Zweifel
tüchtige Administratoren, und würden in anderen Verwaltungszweigen
ganz an ihrem Platze sein. Hr. Stansfeld bestand seine administrativen
Lehrjahre im Marineministerium; daher wird er zum Präsidenten der
Armenpflegcommission gemacht. Hr. Göschen, der feingebildete Cityman,
hat wohl kaum je ein Kriegsschiff gesehen, gewiß ist es daß er ohne alle
Erfahrung in der Marineverwaltung ist; daher wird er als erster Lord an
die Spitze der Admiralität gestellt!
Frankreich.
* Zu dem Bericht über die Sitzung der Nationalversammlung
vom 3 d. ist folgendes nachzutragen. Henri Martin: Jch bitte die Versamm-
lung sich in der Trauer über das Elsaß durch einen einstimmigen Beschluß des
Schmerzes und Bedauerns im Namen von ganz Frankreich zu einigen ( ja,
ja! ) . Gestatten Sie mir jetzt auf das Schreiben zurückzukommen durch
welches die Abgeordneten des Elsaßes einen Entschluß kundgethan haben
auf welchen sie verzichten zu sehen wir so glücklich sein werden. Jndem sie
anzeigten daß sie nicht mehr im Schooße der Versammlung sitzen würden,
haben sie nicht verzichtet auf das Mandat das sie von französischen
Bürgern welche die Gewalt heute von uns trennt erhalten haben. Jch
beantrage daß Sie constatiren daß sie noch immer die Deputirten nicht
nur dieser ihrer Mitbürger, sondern von ganz Frankreich sind, da ja die
durch diesen oder jenen Theil von Frankreich gewählten Abgeordneten nicht
nur die Gruppe französischer Bürger welche sie gewählt hat, sondern die
französische Nation in ihrer Gesammtheit vertreten. Diese Wahrheit heute
zu constatiren ist wichtig, und ich beschwöre Sie dieselbe mit mir zu con-
statiren. ( Sehr gut, sehr gut! )
Die Sitzung vom 4. wurde um halb 3 Uhr Nachmittags eröffnet. Nach
Verlesung des Protokolls beantragt Hr. Martin den von ihm vorgeschlage-
nen Dank gegen das Schweizer Volk auch auf die englische und die belgische
Bevölkerung auszudehnen, und schlägt folgende Fassung vor: „Die Na-
tionalversammlung Namens ganz Frankreichs gibt ihrer Dankbarkeit ge-
gen die Bevölkerungen der Schweiz, Belgiens und Englands Ausdruck.“
( Nein! nein! ) Einige verlangen die Ueberweisung des Antrags an die
Commission. Der Präsident verliest: Clément Laurier ( Freund Gam-
betta 's ) an den Hrn. Präsidenten der Nationalversammlung. „Hr. Präsi-
dent! Aus eingezogenen Erkundigungen ergibt sich daß die im Departe-
ment Var und im Lager von Ollioules ausgebrochenen Unruhen die
Vernichtung einer Anzahl von Stimmzetteln zur Folge gehabt ha-
ben. Angesichts der schwachen Mehrheit die ich für mich habe,
glaube ich meine Entlassung geben zu sollen. Jch behalte mir die Ehre
vor mich vor dem allgemeinen Stimmrecht zu stellen. Jch gebe Jhnen,
Hr. Präsident, den Ausdruck meiner Hochachtung.“ Clémenceau. Jm
Namen der Mitglieder des Positivisten=Clubs in Paris... Zahlreiche
Stimmen: Was ist das? Clémenceau: Die Mitglieder des Positi-
visten=Clubs verlangen daß Corsica nicht mehr Theil nehme an der französi-
schen Republik. Baze ( Quästor ) beantragt die Petition mit Rücksicht auf die
Eigenschaft der Gesuchsteller zurückzuweisen. Der Antragsteller verlangt
die Ueberweisung an den Petitionsausschuß; eine Stimme ruft: Tages-
ordnung. Millière will die Petition an den Ausschuß verwiesen und
ordnungsmäßig behandelt haben. Für mich ist es klar daß, wenn es sich
um eine Petition des Jockey=Club handelte, dieselbe durch die Kammer zu-
gelassen würde. Die Linke: Ja, ja. Präsident: Die Versammlung
muß wissen unter welcher Form ihr die Petition präsentirt wird. Sie
trägt drei Unterschriften im Namen des „Club Positiviste.“ Die Geschäfts-
ordnung besagt daß die Petitionen geschrieben und unterzeichnet sein
müssen, sie können auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden, und
nicht aber angenommen werden, wenn sie von einer Versammlung ausgehen
die auf der öffentlichen Straße abgehalten worden. Tolain ( Pariser
Arbeiter, von der internationalen Arbeiter=Gesellschaft ) : Es ist unglaub-
lich daß die Versammlung sich so lange bei einem so kindischen Zwischen-
fall aufhält. ( Lärm. Die Tagesordnung! ) Baze will sprechen. Man
versteht ihn nicht. Der Marquis de Castellane verlangt daß alle Prä-
fecten welche von der Delegation von Bordeaux ernannt worden sind ab-
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