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Allgemeine Zeitung. Nr. 69. Augsburg (Bayern), 10. März 1871.

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Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nr. 69.
Freitag, 10 März 1871.
Verlag der J. G. Cotta' schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.


Correspondenzen sind an die Redaction, Jnserate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adressiren.
ANZEIGEN werden von der Expedition aufgenommen und der Raum einer dreigespaltenen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage, welcher das Montagsblatt gleich geachtet wird, mit 9 kr.;
ausserdem ist zu Ermöglichung der Selbstausrechnung des Insertionspreises durch den Tit. Auftraggeber und der Anhersendung des Betrags in Papiergeld und Briefmarken eine
wortweise Berechnung eingeführt, bei welcher eine Anzeige ( Aufschrift, Firma etc. durch fette Lettern ausgezeichnet ) um "baar und franco 4 kr. südd. ( auch 7 Nkr. ö. W.,
1 1 / 4 Ngr., 15 Cent ) für jedes Wort oder Zahl" in der Beilage Aufnahme findet: bezüglich der Collectivanzeige vid am Schluss der Beilage.



[Beginn Spaltensatz]
Uebersicht.

Sienesische Erinnerungen an Kaiser Friedrich III und Eleonore von Por-
tugal. -- Der Einzug der Deutschen in Paris. -- Vom Münchener
Hoftheater.

Neueste Posten. München: Trauergottesdienst. Verkauf von Mili-
tärpferden. Kriegsgefangene. Prinz Luitpold. Die Lazarethe in Ver-
sailles. Dementi. Die bayerischen Landwehrbataillone. Das Jsar=Thor.
Zum Empfang der heimkehrenden Truppen. Frankfurt: Graf Bis-
marck. Wien: Rumänische Verfassungsänderungen. Oesterreichische
und preußische Botschaften in Berlin und Wien.



Telegraphische Berichte.

* Dresden, 9 März. Das "Dresd. Journal" meldet: Der Kron-
prinz von Sachsen wird auf der Rückreise nächsten Sonnabend Mittags
in Leipzig und Sonntag Mittags in Dresden eintreffen.

* Bordeaux, 8 März. Nationalversammlung. Tolain bean-
tragt die Aufhebung der die Associationsfreiheit beschränkenden Gesetze.
Thiers beantwortet die gestrige Rede Germains über den Stand der
Finanzen, erklärt die durch den Krieg veranlaßten Ausgaben außerhalb
Paris übersteigen 1100 Mill. Francs. Es folgten Wahlprüfungen. Das
Bureau für Prüfung der Wahlen schlägt bei Algier vor die Wahl Gari-
baldi 's für ungültig zu erklären, da derselbe die für die Gültigkeit der Wahl
erforderliche französische Nationalität nicht besitzt. Victor Hugo bekämpft
den Antrag des Bureau's: niemand in Europa habe Frankreich beigestan-
den außer Garibaldi. Garibaldi sei der einzige von den Generalen die
für Frankreich kämpften, welcher unbesiegt sei. ( Große Bewegung. )
Hugo will sein Mandat niederlegen, ein Deputirter der Rechten ver-
langt vor der Erklärung der Gültigkeit der Wahl Garibaldi's eine Unter-
suchung über die Thatsachen anzustellen die das Unglück Frankreichs her-
beiführten. Der Präsident befragt Victor Hugo: ob er seine Austritts-
erklärung aufrecht halte? Hugo bejaht die Frage und verläßt den Saal.
Ein Deputirter besteigt die Tribüne und erinnert an das Versprechen Du-
crots: Paris nur todt oder siegreich wieder zu betreten, während derselbe den
von ihm Befehligten die Sorge übertragen habe ihn zu vertheidigen. Redner
erinnert an die Depesche Gambetta's, in welcher derselbe Garibaldi Un-
thätigkeit vorwarf. Es sei nöthig zu wissen ob Garibaldi gekommen sei
um für Frankreich zu kämpfen oder für die allgemeine Republik. Lefl o
bezeugt die Tapferkeit Ducrots. Langlois richtet im Jnteresse des Vater-
lands einen energischen Appell zur Einigkeit an die Parteien, er wirft den
Deputirten ein Uebermaß der politischen Leidenschaft vor. Die Frage über
Gültigkeit der Wahl Garibaldi's wird an das Bureau überwiesen, sodann
wird neuerdings die Entscheidung zur Berathung vorgelegt werden. Hier-
auf findet die Berathung über Gültigkeit der Wahl der Präfecten statt.

* Bordeaux, 9 März. Seitens der betreffenden Commission ist
nach längerer Debatte Fontainebleau als Sitz der Nationalversammlung
angenommen worden. Man versichert Thiers werde sich dieser Wahl an-
schließen. Bei der demnächstigen Discussion des Antrags in der National-
versammlung wird die Einbringung eines Amendements zu Gunsten Ver-
sailles ' erwartet, unterzeichnet von vielen Deputirten.

Weitere Telegramme siehe fünfte Seite.

Sienesische Erinnerungen an Kaiser Friedrich III und
Eleonore von Portugal.

sym23 Monumentale Erinnerungen an deutsche Kaiser sind, wie ich vor
beinahe vier Jahren in diesen Blättern aus Anlaß einer florentinischen
Jnschrift aus König Wilhelms von Holland Tagen bemerkte, in Mittel-
italien sehr selten. Siena bewahrt solche, freilich aus einer Zeit wo das
Kaiserthum tief gesunken war an Glanz und Bedeutung. Vorerst die Jn-
schrift der vor Porta Camollia stehenden Säule, welche die Stelle bezeich-
net wo König, nachmals Kaiser Friedrich III ( IV ) am 24 Febr. 1452 mit
seiner siebzehnjährigen Braut Eleonore von Portugal zusammentraf. Jn
Keyßlers Reisen ist die Jnschrift abgedruckt; in neueren Werken, so über
die Geschichte des Kaisers wie über Enea Silvio Piccolomini, der
diesem die anmuthige Braut zuführte, suche ich sie vergebens. So
möge sie hier stehen, wie vor kurzem Luciano Banchi, Director des Staats-
[Spaltenumbruch] archivs zu Siena, in seiner für die Kenntniß der politischen und mercan-
tilen Zustände der Küstenstriche interessanten Monographie: I porti della
Maremma Senese
, im Florentiner "Archivio storico italiano 1870" sie
mitgetheilt hat. Die auf dem die Spitze der Säule einnehmenden Stein
eingegrabenen Worte lauten, wie folgt:

Caesarem Fridericum III. Imp. et
Lyonoram sponsam Portugal'
Regis filiam hoc se primum
Salutavisse loco laetisque
Inter se consultasse au-
spiciis marmoreum posteris
   indicat monumentum
A. D. MCCCCLI. VII. Kl. Martias.

Auf der Gegenseite des Steins sieht man das habsburgische und das por-
tugiesische Wappen. Daß Siena eine andere Erinnerung an das Kaiser-
paar besitzt ist bekannt. Jn der Reihe der Ereignisse aus dem vielbeweg-
ten Leben Papst Pius' II im Chorbüchergemache ( Libreria ) des Doms
findet sich auch die Darstellung der Zusammenkunft der kaiserlichen Braut-
leute, mit der Unterschrift: Aeneas Federico III. imp. Leonoram spon-
sam exhibet et puelle laudes ac regum Lusitanorum complectitur
. Die
Localität ist treu auf dem Bilde dargestellt, welches dadurch ein besonderes
Jnteresse gewonnen hat daß man den Entwurf dem jungen Raffael zu-
schreibt -- eine Ansicht welche durch neuere Forschungen nicht bestätigt
worden ist, und sich auch schwerlich auf die von Rumohr u. a. besprochene
Zeichnung und deren ohne Zweifel falsch gedeutete Jnschrift zu stützen
vermag. Wie es in den Tagen an welche diese Monumente erinnern
mit dem Reich und seiner Autorität in Jtalien stand, zeigt hinlänglich
der Umstand daß der König und künftige Kaiser sich zu seiner beabsichtig-
ten Romfahrt am 31 Oct. 1447 von der Stadt Siena einen -- Geleits-
brief ausstellen ließ, der im Wiener Staatsarchiv liegt und von Chmel in
seinen Materialien herausgegeben worden ist.

Der Mann welcher vor allen andern Friedrichs III Beziehungen zu
Jtalien vermittelte, Enea Silvio, hat dessen Aufenthalt in Siena, und die
Rolle die er selbst dabei gespielt, in seiner Geschichte des Kaisers ausführ-
lich geschildert; Ferdinand Gregorovius hat neuerdings im siebenten Bande
der Geschichte Roms im Mittelalter diese und andere Schilderungen zu
einer ansprechenden Darstellung benutzt. Das Bildniß Eleonorens, wie
man es in der Ambraser Sammlung sieht, in reichem Gewande, die Krone
auf dem Haupte, in der Rechten einen Lilienstengel haltend, die Linke auf
ein Buch gelegt -- ein Bildniß das zu dem in derselben Sammlung be-
findlichen ihres Gemahls einen starken Contrast bildet -- rechtfertigt das
Lob ihrer Schönheit.

Die portugiesische Königstochter hatte im Hafen von Talamone an
der Maremmenküste landen sollen, und die Republik Siena hatte für den
Empfang daselbst die ansehnliche Summe von 500 Goldgulden ausgesetzt,
überdieß 300 für die Herrichtung der Localitäten: " pro reficiendo do-
mos in Talamone ut in illis imperatrix valeat receptari
." ( Auch ein
Beweis daß in Jtalien der Kaisertitel nicht mehr streng an die Krönung
gebunden war, lange bevor Eleonorens Sohn Maximilian ihn officiell an-
nahm. ) Wie lange Enea Silvio u. a. auf die Braut warteten, welche, von
Stürmen umhergeworfen, endlich in dem damals noch völlig unbedeuten-
den Livorno landete, ist bekannt. Wer heute an diesem lautlosen Strande
steht und ringsumher Verödung und Verfall erblickt, versetzt sich nicht ohne
Mühe in die Tage als hier zum Empfang einer künftigen Kaiserin Vor-
bereitungen getroffen wurden. Denn Talamone, nordwestlich von dem
inselartigen Vorgebirge des Monte Argentaro gelegen, in antiquarischen
Träumen argonautischen, in der That etruskischen Ursprungs, in den Gal-
lierkriegen und denen des Cajus Marius genannt, im Mittelalter Siena's
bedeutendster Hafen, ist ein armes Fischerdorf von kaum 150 Einwohnern,
welche mit der Malaria dieses Strandes kämpfen, während Sand und
Seegras die Bucht so ausgefüllt haben, daß nur die kleinsten Fahrzeuge
anlegen können wo einst eine Römerflotte, ein großes Heer landete.
Sumpfende Wasser ziehen sich zur See hinan, wo ein verfallendes Castell
liegt und der Blick über die Wogen und nach dem gewaltigen scharfabge-
schnittenen Vorgebirge schweift, an dessen Küste das gesunde und gewerb-
reiche Porto Sto. Stefano den Handel von Talamone an sich gezogen hat.
Gegenwärtig führt die Maremmenbahn, welche zur Cultur und zum Ge-

Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nr. 69.
Freitag, 10 März 1871.
Verlag der J. G. Cotta' schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.


Correspondenzen sind an die Redaction, Jnserate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adressiren.
ANZEIGEN werden von der Expedition aufgenommen und der Raum einer dreigespaltenen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage, welcher das Montagsblatt gleich geachtet wird, mit 9 kr.;
ausserdem ist zu Ermöglichung der Selbstausrechnung des Insertionspreises durch den Tit. Auftraggeber und der Anhersendung des Betrags in Papiergeld und Briefmarken eine
wortweise Berechnung eingeführt, bei welcher eine Anzeige ( Aufschrift, Firma etc. durch fette Lettern ausgezeichnet ) um „baar und franco 4 kr. südd. ( auch 7 Nkr. ö. W.,
1 1 / 4 Ngr., 15 Cent ) für jedes Wort oder Zahl“ in der Beilage Aufnahme findet: bezüglich der Collectivanzeige vid am Schluss der Beilage.



[Beginn Spaltensatz]
Uebersicht.

Sienesische Erinnerungen an Kaiser Friedrich III und Eleonore von Por-
tugal. -- Der Einzug der Deutschen in Paris. -- Vom Münchener
Hoftheater.

Neueste Posten. München: Trauergottesdienst. Verkauf von Mili-
tärpferden. Kriegsgefangene. Prinz Luitpold. Die Lazarethe in Ver-
sailles. Dementi. Die bayerischen Landwehrbataillone. Das Jsar=Thor.
Zum Empfang der heimkehrenden Truppen. Frankfurt: Graf Bis-
marck. Wien: Rumänische Verfassungsänderungen. Oesterreichische
und preußische Botschaften in Berlin und Wien.



Telegraphische Berichte.

* Dresden, 9 März. Das „Dresd. Journal“ meldet: Der Kron-
prinz von Sachsen wird auf der Rückreise nächsten Sonnabend Mittags
in Leipzig und Sonntag Mittags in Dresden eintreffen.

* Bordeaux, 8 März. Nationalversammlung. Tolain bean-
tragt die Aufhebung der die Associationsfreiheit beschränkenden Gesetze.
Thiers beantwortet die gestrige Rede Germains über den Stand der
Finanzen, erklärt die durch den Krieg veranlaßten Ausgaben außerhalb
Paris übersteigen 1100 Mill. Francs. Es folgten Wahlprüfungen. Das
Bureau für Prüfung der Wahlen schlägt bei Algier vor die Wahl Gari-
baldi 's für ungültig zu erklären, da derselbe die für die Gültigkeit der Wahl
erforderliche französische Nationalität nicht besitzt. Victor Hugo bekämpft
den Antrag des Bureau's: niemand in Europa habe Frankreich beigestan-
den außer Garibaldi. Garibaldi sei der einzige von den Generalen die
für Frankreich kämpften, welcher unbesiegt sei. ( Große Bewegung. )
Hugo will sein Mandat niederlegen, ein Deputirter der Rechten ver-
langt vor der Erklärung der Gültigkeit der Wahl Garibaldi's eine Unter-
suchung über die Thatsachen anzustellen die das Unglück Frankreichs her-
beiführten. Der Präsident befragt Victor Hugo: ob er seine Austritts-
erklärung aufrecht halte? Hugo bejaht die Frage und verläßt den Saal.
Ein Deputirter besteigt die Tribüne und erinnert an das Versprechen Du-
crots: Paris nur todt oder siegreich wieder zu betreten, während derselbe den
von ihm Befehligten die Sorge übertragen habe ihn zu vertheidigen. Redner
erinnert an die Depesche Gambetta's, in welcher derselbe Garibaldi Un-
thätigkeit vorwarf. Es sei nöthig zu wissen ob Garibaldi gekommen sei
um für Frankreich zu kämpfen oder für die allgemeine Republik. Lefl ô
bezeugt die Tapferkeit Ducrots. Langlois richtet im Jnteresse des Vater-
lands einen energischen Appell zur Einigkeit an die Parteien, er wirft den
Deputirten ein Uebermaß der politischen Leidenschaft vor. Die Frage über
Gültigkeit der Wahl Garibaldi's wird an das Bureau überwiesen, sodann
wird neuerdings die Entscheidung zur Berathung vorgelegt werden. Hier-
auf findet die Berathung über Gültigkeit der Wahl der Präfecten statt.

* Bordeaux, 9 März. Seitens der betreffenden Commission ist
nach längerer Debatte Fontainebleau als Sitz der Nationalversammlung
angenommen worden. Man versichert Thiers werde sich dieser Wahl an-
schließen. Bei der demnächstigen Discussion des Antrags in der National-
versammlung wird die Einbringung eines Amendements zu Gunsten Ver-
sailles ' erwartet, unterzeichnet von vielen Deputirten.

Weitere Telegramme siehe fünfte Seite.

Sienesische Erinnerungen an Kaiser Friedrich III und
Eleonore von Portugal.

sym23 Monumentale Erinnerungen an deutsche Kaiser sind, wie ich vor
beinahe vier Jahren in diesen Blättern aus Anlaß einer florentinischen
Jnschrift aus König Wilhelms von Holland Tagen bemerkte, in Mittel-
italien sehr selten. Siena bewahrt solche, freilich aus einer Zeit wo das
Kaiserthum tief gesunken war an Glanz und Bedeutung. Vorerst die Jn-
schrift der vor Porta Camollia stehenden Säule, welche die Stelle bezeich-
net wo König, nachmals Kaiser Friedrich III ( IV ) am 24 Febr. 1452 mit
seiner siebzehnjährigen Braut Eleonore von Portugal zusammentraf. Jn
Keyßlers Reisen ist die Jnschrift abgedruckt; in neueren Werken, so über
die Geschichte des Kaisers wie über Enea Silvio Piccolomini, der
diesem die anmuthige Braut zuführte, suche ich sie vergebens. So
möge sie hier stehen, wie vor kurzem Luciano Banchi, Director des Staats-
[Spaltenumbruch] archivs zu Siena, in seiner für die Kenntniß der politischen und mercan-
tilen Zustände der Küstenstriche interessanten Monographie: I porti della
Maremma Senese
, im Florentiner „Archivio storico italiano 1870“ sie
mitgetheilt hat. Die auf dem die Spitze der Säule einnehmenden Stein
eingegrabenen Worte lauten, wie folgt:

Cæsarem Fridericum III. Imp. et
Lyonoram sponsam Portugal'
Regis filiam hoc se primum
Salutavisse loco laetisque
Inter se consultasse au-
spiciis marmoreum posteris
   indicat monumentum
A. D. MCCCCLI. VII. Kl. Martias.

Auf der Gegenseite des Steins sieht man das habsburgische und das por-
tugiesische Wappen. Daß Siena eine andere Erinnerung an das Kaiser-
paar besitzt ist bekannt. Jn der Reihe der Ereignisse aus dem vielbeweg-
ten Leben Papst Pius' II im Chorbüchergemache ( Libreria ) des Doms
findet sich auch die Darstellung der Zusammenkunft der kaiserlichen Braut-
leute, mit der Unterschrift: Aeneas Federico III. imp. Leonoram spon-
sam exhibet et puelle laudes ac regum Lusitanorum complectitur
. Die
Localität ist treu auf dem Bilde dargestellt, welches dadurch ein besonderes
Jnteresse gewonnen hat daß man den Entwurf dem jungen Raffael zu-
schreibt -- eine Ansicht welche durch neuere Forschungen nicht bestätigt
worden ist, und sich auch schwerlich auf die von Rumohr u. a. besprochene
Zeichnung und deren ohne Zweifel falsch gedeutete Jnschrift zu stützen
vermag. Wie es in den Tagen an welche diese Monumente erinnern
mit dem Reich und seiner Autorität in Jtalien stand, zeigt hinlänglich
der Umstand daß der König und künftige Kaiser sich zu seiner beabsichtig-
ten Romfahrt am 31 Oct. 1447 von der Stadt Siena einen -- Geleits-
brief ausstellen ließ, der im Wiener Staatsarchiv liegt und von Chmel in
seinen Materialien herausgegeben worden ist.

Der Mann welcher vor allen andern Friedrichs III Beziehungen zu
Jtalien vermittelte, Enea Silvio, hat dessen Aufenthalt in Siena, und die
Rolle die er selbst dabei gespielt, in seiner Geschichte des Kaisers ausführ-
lich geschildert; Ferdinand Gregorovius hat neuerdings im siebenten Bande
der Geschichte Roms im Mittelalter diese und andere Schilderungen zu
einer ansprechenden Darstellung benutzt. Das Bildniß Eleonorens, wie
man es in der Ambraser Sammlung sieht, in reichem Gewande, die Krone
auf dem Haupte, in der Rechten einen Lilienstengel haltend, die Linke auf
ein Buch gelegt -- ein Bildniß das zu dem in derselben Sammlung be-
findlichen ihres Gemahls einen starken Contrast bildet -- rechtfertigt das
Lob ihrer Schönheit.

Die portugiesische Königstochter hatte im Hafen von Talamone an
der Maremmenküste landen sollen, und die Republik Siena hatte für den
Empfang daselbst die ansehnliche Summe von 500 Goldgulden ausgesetzt,
überdieß 300 für die Herrichtung der Localitäten: „ pro reficiendo do-
mos in Talamone ut in illis imperatrix valeat receptari
.“ ( Auch ein
Beweis daß in Jtalien der Kaisertitel nicht mehr streng an die Krönung
gebunden war, lange bevor Eleonorens Sohn Maximilian ihn officiell an-
nahm. ) Wie lange Enea Silvio u. a. auf die Braut warteten, welche, von
Stürmen umhergeworfen, endlich in dem damals noch völlig unbedeuten-
den Livorno landete, ist bekannt. Wer heute an diesem lautlosen Strande
steht und ringsumher Verödung und Verfall erblickt, versetzt sich nicht ohne
Mühe in die Tage als hier zum Empfang einer künftigen Kaiserin Vor-
bereitungen getroffen wurden. Denn Talamone, nordwestlich von dem
inselartigen Vorgebirge des Monte Argentaro gelegen, in antiquarischen
Träumen argonautischen, in der That etruskischen Ursprungs, in den Gal-
lierkriegen und denen des Cajus Marius genannt, im Mittelalter Siena's
bedeutendster Hafen, ist ein armes Fischerdorf von kaum 150 Einwohnern,
welche mit der Malaria dieses Strandes kämpfen, während Sand und
Seegras die Bucht so ausgefüllt haben, daß nur die kleinsten Fahrzeuge
anlegen können wo einst eine Römerflotte, ein großes Heer landete.
Sumpfende Wasser ziehen sich zur See hinan, wo ein verfallendes Castell
liegt und der Blick über die Wogen und nach dem gewaltigen scharfabge-
schnittenen Vorgebirge schweift, an dessen Küste das gesunde und gewerb-
reiche Porto Sto. Stefano den Handel von Talamone an sich gezogen hat.
Gegenwärtig führt die Maremmenbahn, welche zur Cultur und zum Ge-

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[0009] Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nr. 69. Freitag, 10 März 1871. Verlag der J. G. Cotta' schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen. Correspondenzen sind an die Redaction, Jnserate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adressiren. ANZEIGEN werden von der Expedition aufgenommen und der Raum einer dreigespaltenen Colonelzeile berechnet: im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage, welcher das Montagsblatt gleich geachtet wird, mit 9 kr.; ausserdem ist zu Ermöglichung der Selbstausrechnung des Insertionspreises durch den Tit. Auftraggeber und der Anhersendung des Betrags in Papiergeld und Briefmarken eine wortweise Berechnung eingeführt, bei welcher eine Anzeige ( Aufschrift, Firma etc. durch fette Lettern ausgezeichnet ) um „baar und franco 4 kr. südd. ( auch 7 Nkr. ö. W., 1 1 / 4 Ngr., 15 Cent ) für jedes Wort oder Zahl“ in der Beilage Aufnahme findet: bezüglich der Collectivanzeige vid am Schluss der Beilage. Uebersicht. Sienesische Erinnerungen an Kaiser Friedrich III und Eleonore von Por- tugal. -- Der Einzug der Deutschen in Paris. -- Vom Münchener Hoftheater. Neueste Posten. München: Trauergottesdienst. Verkauf von Mili- tärpferden. Kriegsgefangene. Prinz Luitpold. Die Lazarethe in Ver- sailles. Dementi. Die bayerischen Landwehrbataillone. Das Jsar=Thor. Zum Empfang der heimkehrenden Truppen. Frankfurt: Graf Bis- marck. Wien: Rumänische Verfassungsänderungen. Oesterreichische und preußische Botschaften in Berlin und Wien. Telegraphische Berichte. * Dresden, 9 März. Das „Dresd. Journal“ meldet: Der Kron- prinz von Sachsen wird auf der Rückreise nächsten Sonnabend Mittags in Leipzig und Sonntag Mittags in Dresden eintreffen. * Bordeaux, 8 März. Nationalversammlung. Tolain bean- tragt die Aufhebung der die Associationsfreiheit beschränkenden Gesetze. Thiers beantwortet die gestrige Rede Germains über den Stand der Finanzen, erklärt die durch den Krieg veranlaßten Ausgaben außerhalb Paris übersteigen 1100 Mill. Francs. Es folgten Wahlprüfungen. Das Bureau für Prüfung der Wahlen schlägt bei Algier vor die Wahl Gari- baldi 's für ungültig zu erklären, da derselbe die für die Gültigkeit der Wahl erforderliche französische Nationalität nicht besitzt. Victor Hugo bekämpft den Antrag des Bureau's: niemand in Europa habe Frankreich beigestan- den außer Garibaldi. Garibaldi sei der einzige von den Generalen die für Frankreich kämpften, welcher unbesiegt sei. ( Große Bewegung. ) Hugo will sein Mandat niederlegen, ein Deputirter der Rechten ver- langt vor der Erklärung der Gültigkeit der Wahl Garibaldi's eine Unter- suchung über die Thatsachen anzustellen die das Unglück Frankreichs her- beiführten. Der Präsident befragt Victor Hugo: ob er seine Austritts- erklärung aufrecht halte? Hugo bejaht die Frage und verläßt den Saal. Ein Deputirter besteigt die Tribüne und erinnert an das Versprechen Du- crots: Paris nur todt oder siegreich wieder zu betreten, während derselbe den von ihm Befehligten die Sorge übertragen habe ihn zu vertheidigen. Redner erinnert an die Depesche Gambetta's, in welcher derselbe Garibaldi Un- thätigkeit vorwarf. Es sei nöthig zu wissen ob Garibaldi gekommen sei um für Frankreich zu kämpfen oder für die allgemeine Republik. Lefl ô bezeugt die Tapferkeit Ducrots. Langlois richtet im Jnteresse des Vater- lands einen energischen Appell zur Einigkeit an die Parteien, er wirft den Deputirten ein Uebermaß der politischen Leidenschaft vor. Die Frage über Gültigkeit der Wahl Garibaldi's wird an das Bureau überwiesen, sodann wird neuerdings die Entscheidung zur Berathung vorgelegt werden. Hier- auf findet die Berathung über Gültigkeit der Wahl der Präfecten statt. * Bordeaux, 9 März. Seitens der betreffenden Commission ist nach längerer Debatte Fontainebleau als Sitz der Nationalversammlung angenommen worden. Man versichert Thiers werde sich dieser Wahl an- schließen. Bei der demnächstigen Discussion des Antrags in der National- versammlung wird die Einbringung eines Amendements zu Gunsten Ver- sailles ' erwartet, unterzeichnet von vielen Deputirten. Weitere Telegramme siehe fünfte Seite. Sienesische Erinnerungen an Kaiser Friedrich III und Eleonore von Portugal. sym23 Monumentale Erinnerungen an deutsche Kaiser sind, wie ich vor beinahe vier Jahren in diesen Blättern aus Anlaß einer florentinischen Jnschrift aus König Wilhelms von Holland Tagen bemerkte, in Mittel- italien sehr selten. Siena bewahrt solche, freilich aus einer Zeit wo das Kaiserthum tief gesunken war an Glanz und Bedeutung. Vorerst die Jn- schrift der vor Porta Camollia stehenden Säule, welche die Stelle bezeich- net wo König, nachmals Kaiser Friedrich III ( IV ) am 24 Febr. 1452 mit seiner siebzehnjährigen Braut Eleonore von Portugal zusammentraf. Jn Keyßlers Reisen ist die Jnschrift abgedruckt; in neueren Werken, so über die Geschichte des Kaisers wie über Enea Silvio Piccolomini, der diesem die anmuthige Braut zuführte, suche ich sie vergebens. So möge sie hier stehen, wie vor kurzem Luciano Banchi, Director des Staats- archivs zu Siena, in seiner für die Kenntniß der politischen und mercan- tilen Zustände der Küstenstriche interessanten Monographie: I porti della Maremma Senese, im Florentiner „Archivio storico italiano 1870“ sie mitgetheilt hat. Die auf dem die Spitze der Säule einnehmenden Stein eingegrabenen Worte lauten, wie folgt: Cæsarem Fridericum III. Imp. et Lyonoram sponsam Portugal' Regis filiam hoc se primum Salutavisse loco laetisque Inter se consultasse au- spiciis marmoreum posteris indicat monumentum A. D. MCCCCLI. VII. Kl. Martias. Auf der Gegenseite des Steins sieht man das habsburgische und das por- tugiesische Wappen. Daß Siena eine andere Erinnerung an das Kaiser- paar besitzt ist bekannt. Jn der Reihe der Ereignisse aus dem vielbeweg- ten Leben Papst Pius' II im Chorbüchergemache ( Libreria ) des Doms findet sich auch die Darstellung der Zusammenkunft der kaiserlichen Braut- leute, mit der Unterschrift: Aeneas Federico III. imp. Leonoram spon- sam exhibet et puelle laudes ac regum Lusitanorum complectitur. Die Localität ist treu auf dem Bilde dargestellt, welches dadurch ein besonderes Jnteresse gewonnen hat daß man den Entwurf dem jungen Raffael zu- schreibt -- eine Ansicht welche durch neuere Forschungen nicht bestätigt worden ist, und sich auch schwerlich auf die von Rumohr u. a. besprochene Zeichnung und deren ohne Zweifel falsch gedeutete Jnschrift zu stützen vermag. Wie es in den Tagen an welche diese Monumente erinnern mit dem Reich und seiner Autorität in Jtalien stand, zeigt hinlänglich der Umstand daß der König und künftige Kaiser sich zu seiner beabsichtig- ten Romfahrt am 31 Oct. 1447 von der Stadt Siena einen -- Geleits- brief ausstellen ließ, der im Wiener Staatsarchiv liegt und von Chmel in seinen Materialien herausgegeben worden ist. Der Mann welcher vor allen andern Friedrichs III Beziehungen zu Jtalien vermittelte, Enea Silvio, hat dessen Aufenthalt in Siena, und die Rolle die er selbst dabei gespielt, in seiner Geschichte des Kaisers ausführ- lich geschildert; Ferdinand Gregorovius hat neuerdings im siebenten Bande der Geschichte Roms im Mittelalter diese und andere Schilderungen zu einer ansprechenden Darstellung benutzt. Das Bildniß Eleonorens, wie man es in der Ambraser Sammlung sieht, in reichem Gewande, die Krone auf dem Haupte, in der Rechten einen Lilienstengel haltend, die Linke auf ein Buch gelegt -- ein Bildniß das zu dem in derselben Sammlung be- findlichen ihres Gemahls einen starken Contrast bildet -- rechtfertigt das Lob ihrer Schönheit. Die portugiesische Königstochter hatte im Hafen von Talamone an der Maremmenküste landen sollen, und die Republik Siena hatte für den Empfang daselbst die ansehnliche Summe von 500 Goldgulden ausgesetzt, überdieß 300 für die Herrichtung der Localitäten: „ pro reficiendo do- mos in Talamone ut in illis imperatrix valeat receptari.“ ( Auch ein Beweis daß in Jtalien der Kaisertitel nicht mehr streng an die Krönung gebunden war, lange bevor Eleonorens Sohn Maximilian ihn officiell an- nahm. ) Wie lange Enea Silvio u. a. auf die Braut warteten, welche, von Stürmen umhergeworfen, endlich in dem damals noch völlig unbedeuten- den Livorno landete, ist bekannt. Wer heute an diesem lautlosen Strande steht und ringsumher Verödung und Verfall erblickt, versetzt sich nicht ohne Mühe in die Tage als hier zum Empfang einer künftigen Kaiserin Vor- bereitungen getroffen wurden. Denn Talamone, nordwestlich von dem inselartigen Vorgebirge des Monte Argentaro gelegen, in antiquarischen Träumen argonautischen, in der That etruskischen Ursprungs, in den Gal- lierkriegen und denen des Cajus Marius genannt, im Mittelalter Siena's bedeutendster Hafen, ist ein armes Fischerdorf von kaum 150 Einwohnern, welche mit der Malaria dieses Strandes kämpfen, während Sand und Seegras die Bucht so ausgefüllt haben, daß nur die kleinsten Fahrzeuge anlegen können wo einst eine Römerflotte, ein großes Heer landete. Sumpfende Wasser ziehen sich zur See hinan, wo ein verfallendes Castell liegt und der Blick über die Wogen und nach dem gewaltigen scharfabge- schnittenen Vorgebirge schweift, an dessen Küste das gesunde und gewerb- reiche Porto Sto. Stefano den Handel von Talamone an sich gezogen hat. Gegenwärtig führt die Maremmenbahn, welche zur Cultur und zum Ge-

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 69. Augsburg (Bayern), 10. März 1871, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_augsburg69_1871/9>, abgerufen am 03.12.2024.