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Allgemeine Zeitung. Nr. 80. Augsburg (Bayern), 21. März 1871.

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Wenn zahlreiche schweizerische Zeitungen, diese verdienten Vorwürfe
ihrer eigenen Landsleute mißachtend, in der Vertuschung und Entstellung
von Thatsachen und in dem Hetzen gegen das deutsche Element fortfahren,
wenn sie selbst vor der eigenen Schande pöbelhafter Rechtsverletzungen und
Freiheitsstörungen nicht mehr erröthen, so beschwören sie Gefahren und
Demüthigungen herauf welche jeder ruhige deutsche Politiker der Schweiz
gewiß gern ersparen möchte, sobald sie die Sicherheit der Personen in Zu-
kunft besser zu schützen sucht.

Deutsches Reich.

* * München, 18 März. Die jüngsten Nachrichten aus Berlin
bestätigen daß der Verfassungsausschuß des Bundesraths über den revidir-
ten Reichsverfassungsentwurf Bericht erstattet habe, und es steht zu er-
warten daß das Elaborat, wie es vom Bundesrath genehmigt ist, rechtzeitig
der Oeffentlichkeit übergeben werde, damit auch die öffentliche Meinung
darüber sich zu äußern Gelegenheit erhalte. Selbstverständlich wird aber
die Kritik, wenn sie darauf Anspruch machen will an maßgebender Stelle
gehört und beachtet zu werden, sich auf den Standpunkt stellen müssen von
welchem die Revision ausgeht, auf den Standpunkt nämlich welcher es
vorerst für unrathsam erklärt materielle Aenderungen an der so mühsam
errungenen Vereinbarungsurkunde der deutschen Staaten vorzunehmen,
sondern sich zur Zeit mit formellen Correcturen begnügt -- ein Standpunkt
mit welchem die besonnene Mehrheit der Deutschen sicherlich einverstanden
sein wird. Jetzt heißt es vor allem das Gewonnene festhalten, sich in das
neugeschaffene Reich hineinleben, und dann erst wird die Zeit kommen zu
bessern, fortzubilden und allenfalls zu ändern. Vielleicht wird man in
einigen Kreisen von Politikern eine solche "Redactionsarbeit" für wenig
bedeutend erachten: wir sind anderer Ansicht. Von der Hoffnung ausgehend
daß die neue Magna Charta Germaniae für längere Zeit die Grundlage
unseres öffentlichen Rechtes sein werde, dünkt es uns mindestens "anständig"
daß man auch auf deren sprachliches und stylistisches Gewand den mög-
lichsten Fleiß verwende. Zudem wissen wir ja auch daß von einer formellen
Wendung die richtige Stellung eines Princips abhängt. Als Beispiel
diene der Eingang der Verfassung. Ganz correct und dem historischen
Gang der Dinge entsprechend, lautet jetzt das Proömium der Urkunde
folgendermaßen: "Se. Maj. der König von Preußen im Namen des Nord-
deutschen Bundes, Se. Maj. der König von Bayern" u. s. w. Wie gesagt,
aus historischen Gründen mußte seinerzeit diese Form gewählt werden,
denn es war ein Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bund und den Süd-
staaten wodurch das Reich geschaffen wurde, und allein geschaffen werden
konnte. Allein jetzt wo das Ziel erreicht, jetzt wo der Norddeutsche Bund
verschwunden und im großen Deutfchen Reich aufgegangen ist, jetzt muß
schon am Eingang der Verfassung hervortreten daß sie das Werk sämmt-
licher
deutschen Fürsten, daß sie ein Vertrag aller mit allen ist. Selbst
streng juristisch betrachtet, wäre die Urkunde, wenn sie diesen Eingang be-
hielte, eine mangelhafte, sie wäre ein referens sine relato; denn wenn sie
auf das Recht des Königs von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes
Staatsverträge abzuschließen Bezug nimmt, so mußte formell dieses Recht
durch Anfügung der Verfassungsurkunde des Norddeutschen Bundes beur-
kundet werden. Deßhalb geht unser Modificationsantrag dahin: ebenso
wie Art. 1 nicht sagt: "Das Bundesgebiet besteht aus dem Gebiete des
Norddeutschen Bundes u. s. w.," sondern dem früheren Art. 1 nur die Na-
men der südlichen Staaten beigefügt hat, auch als Eingang der neuen
Verfassungsurkunde den bisherigen Eingang der Norddeutschen Bundes-
verfassung für die bevorstehende Redaction der Reichsverfassung zu Grunde
zu legen, also sämmtliche Staaten Deutschlands, beziehungsweise ihre
Souveräne, namentlich aufzuführen, um dadurch den dem gegenwärtigen
Stand der Dinge allein entsprechenden Sachverhalt urkundlich festzu-
stellen. Man könnte, um dem Document ein seiner Wichtigkeit würdiges
Kleid zu geben, die Unterschrift sämmtlicher vertragsschließenden Fürsten
und freien Städte der neuen Urkunde beifügen. Es ist keineswegs leeres
Formelwesen das unserem Vorschlag zu Grunde liegt, sondern der Wunsch
der Gemeinsamkeit aller deutschen Staaten einen äußerlich sichtbaren Aus-
druck gegeben zu sehen.

x München, 19 März. Der Erbprinz von Mecklenburg, welcher
gestern vom König empfangen wurde, ist heute bei dem Prinzen Luitpold
zur Tafel geladen. -- Se. Maj. der König hat dem bayerischen Landes-
hülfsverein, und dem Centralausschuß des bayerischen Frauenvereins die
Bewilligung zur Vornahme einer Sammlung freiwilliger Gaben für die
deutsche Nationallotterie zum Besten der Verwundeten, der Jnvaliden und
der Hinterbliebenen der Gefallenen, sowie zur Verbreitung und Erlassung
von Aufrufen in der Presse, und zum Absatz von Loosen unter Befreiung
derselben von der Stempelpflicht ertheilt. -- Das Generalcomit e des land-
wirthschaftlichen Vereins hat um die Genehmigung zum Beitritt in den
zu bildenden deutschen Landwirthschaftsrath nachgesucht. -- Bezüglich der
[Spaltenumbruch] bevorstehenden Gefangenentransporte ist nunmehr ein Fahrplan dahin ent-
worfen daß täglich sechs Sonderzüge abgehen, die so eingelegt werden daß
die fahrplanmäßigen Personen = und Güterzüge dadurch keine Störung
erleiden.

: München, 19 März. Wie wir vernehmen, sind von einer Wiener
Actien=Gesellschaft in den letzten Tagen Delegirte hieher gesendet worden,
um Schritte zum Ankaufe der bayer. Staatsbahnen zu machen. Wir
glauben diesen Schritten keinen Erfolg versprechen zu dürfen, um so we-
niger als anerkannte Autoritäten, z. B. der verstorbene Staatsrath
v. Herrmann, derartige Entäußerungen als vollständig dem Staatsinteresse
zuwiderlaufend erklären. -- Nachdem sämmtliche Spitäler des 2. bayer.
Armee=Corps evacuirt haben und mobil gemacht worden sind, und auch die
Central=Commission der freiwilligen Krankenpflege in Frankreich ein län-
geres Verbleiben des Corps=Delegirten für entbehrlich gehalten hat, ist der
bei diesem Armee=Corps delegirte Graf Ludwig v. Arco=Valley nach München
zurückgekehrt. -- Wie wir vernehmen, reist Dr. Ernst Förster in nächster
Zeit nach Jtalien um seine italienische Kunstgeschichte zu vollenden; er
hat zu diesem Behufe durch S. M. den König eine namhafte Subvention
aus der Cabinetscasse erhalten.

ck Würzburg, 19 März. Bezüglich des in Jhrem gestrigen
Blatte gebrachten Correspondenzartikels aus München -- medicinisches
Prüfungs = und Promotionswesen betreffend -- kann ich Jhnen aus
sicherer Quelle berichten daß die hiesige medicinische Facultät aller-
dings diese Angelegenheit ernstlich in die Hand genommen, und be-
schlossen hat auf baldmöglichste Vereinbarung eines gemeinschaftlichen
Prüfungsmodus für ganz Deutschland, und zwar nach Maßgabe des Prü-
fungsreglements der norddeutschen Universitäten vom 25 Sept. 1869, hin-
zuarbeiten, wobei möglicherweise Promotion und Gewerbegesetz ganz außer
Spiel bleiben können.

* Berlin, 17 März. Die "Nordd. Allg. Ztg." beseitigt die auf eine
nachträgliche Correctur der deutsch=lothringischen Gränze gegen Frankreich
gerichteten Erwartungen durch folgende Ausführung: "Mit Recht zweifelt
die "National=Zeitung" daran daß man in Brüssel deutscherseits noch nach-
träglich gewisse in der Nähe von Metz bei Frankreich verbliebene Ortschaf-
ten in Anspruch nehmen wird; wenn sie dieselben aber als deutsche bezeichnet,
und somit in die Sprachgränze einschließt welche das deutsche Ele-
ment umfaßt, so beruht dieß auf Jrrthum, der dadurch nicht zur Wahrheit
wird daß einige Gelehrte sich für die Vereinigung dieser Orte auf Grund
ihres angeblichen Deutschthums mit dem deutschen Reiche verwendet haben.
Daraus daß ein Dorf, dessen Name auf "ange" endigt, in alter Zeit ein-
mal auf "ingen" geendigt hat, und aus ähnlichen Zeichen zu schließen es
sei deutsch in Sprache und Sitte -- der Gesinnung, und Sympathie, welche
bekanntlich noch viel weiter nach der bisherigen Gränze hin französisch ist,
nicht zu gedenken -- ist mindestens sehr gewagt. Jn Betreff der in Rede
stehenden Ortschaften aber ist zu sagen daß, mögen sie auch vor 200 oder
mehr Jahren der deutschen Nationalität angehört haben, die Behauptung
sie seien gegenwärtig noch deutsch, nach Erfahrungen die an Ort und
Stelle gesammelt wurden, absolut unrichtig ist." -- Unsere Stadtverord-
neten haben gestern dem Magistrat 150,000 Thlr. bewilligt, von denen
100,000 Thaler zur Unterstützung der heimkehrenden Berliner Reservisten
und Landwehrmänner und 12,000 Thaler für die Einzugsfeierlichkeiten,
der Rest dagegen für den Empfang des Reichstags u. s. w. verwendet wer-
den soll. Sobald der Reichstag sich constituirt hat, sollen seine Mitglieder
wie diejenigen des Bundesraths, die städtischen Ehrenbeamten, der Kaiser
und der Kronprinz, sowie die Notabilitäten der Kunst und Wissenschaft in
die Festräume des Rathhauses geladen werden, um dort eine leichte Er-
frischung bei sanften Klängen der Musik einzunehmen. Gleichzeitig be-
schlossen die Stadtverordneten, in Anerkennung der Verdienste welche die
Grafen Bismarck und Moltke sich um das Vaterland erworben haben,
deren Büsten im Rathhaus aufzustellen und beiden Männern das Ehren-
bürgerrecht der Stadt Berlin zu ertheilen. Die auch im Schooße der De-
putation hervorgetretene Ansicht daß diese letztere Auszeichnung eigentlich
mit der Aufhebung der Bürgergewinnung werthlos geworden sei, wurde
mit der Hinweisung auf die Alexander v. Humboldt und anderen ver-
dienten Männern ertheilte gleiche Auszeichnung erfolgreich bekämpft.
-- Die Mitglieder des Reichstags werden vom Bundeskanzler benach-
richtigt daß das nähere über die Eröffnungssitzung im Bureau, Leip-
ziger Straße 75, vom 20 März ab, zu erfahren ist. Jm Sitzungs-
saale des Reichstags haben die Mitglieder der katholischen Partei
Plätze rechts neben der Bundesraths=Estrade und links neben dem
Präsidentensitz belegen lassen, während die übrigen Parteien ihre alten
Plätze in Beschlag genommen haben. Die Reichstagsabgeordneten Sa-
vigny und Reichensperger fordern diejenigen Mitglieder des Reichstags
welche gewillt sind der auf Grund des Aufrufs vom 11 Januar 1871 sich
bildenden Centrumspartei beizutreten, auf zu einer Vorversammlung am
20 März sich einzufinden. -- Neben den als Mitgliedern des deut-
schen Bundesraths fungirenden Chefs des badischen Staatsministeriums
und Ministeriums des Auswärtigen ist noch der Vorstand des badischen
Finanzministeriums, Präsident Elstätter, zum Bevollmächtigten beim Bun-
desrathe des Deutschen Reichs ernannt worden. Gleichzeitig wurde für

[Spaltenumbruch]

Wenn zahlreiche schweizerische Zeitungen, diese verdienten Vorwürfe
ihrer eigenen Landsleute mißachtend, in der Vertuschung und Entstellung
von Thatsachen und in dem Hetzen gegen das deutsche Element fortfahren,
wenn sie selbst vor der eigenen Schande pöbelhafter Rechtsverletzungen und
Freiheitsstörungen nicht mehr erröthen, so beschwören sie Gefahren und
Demüthigungen herauf welche jeder ruhige deutsche Politiker der Schweiz
gewiß gern ersparen möchte, sobald sie die Sicherheit der Personen in Zu-
kunft besser zu schützen sucht.

Deutsches Reich.

* * München, 18 März. Die jüngsten Nachrichten aus Berlin
bestätigen daß der Verfassungsausschuß des Bundesraths über den revidir-
ten Reichsverfassungsentwurf Bericht erstattet habe, und es steht zu er-
warten daß das Elaborat, wie es vom Bundesrath genehmigt ist, rechtzeitig
der Oeffentlichkeit übergeben werde, damit auch die öffentliche Meinung
darüber sich zu äußern Gelegenheit erhalte. Selbstverständlich wird aber
die Kritik, wenn sie darauf Anspruch machen will an maßgebender Stelle
gehört und beachtet zu werden, sich auf den Standpunkt stellen müssen von
welchem die Revision ausgeht, auf den Standpunkt nämlich welcher es
vorerst für unrathsam erklärt materielle Aenderungen an der so mühsam
errungenen Vereinbarungsurkunde der deutschen Staaten vorzunehmen,
sondern sich zur Zeit mit formellen Correcturen begnügt -- ein Standpunkt
mit welchem die besonnene Mehrheit der Deutschen sicherlich einverstanden
sein wird. Jetzt heißt es vor allem das Gewonnene festhalten, sich in das
neugeschaffene Reich hineinleben, und dann erst wird die Zeit kommen zu
bessern, fortzubilden und allenfalls zu ändern. Vielleicht wird man in
einigen Kreisen von Politikern eine solche „Redactionsarbeit“ für wenig
bedeutend erachten: wir sind anderer Ansicht. Von der Hoffnung ausgehend
daß die neue Magna Charta Germaniae für längere Zeit die Grundlage
unseres öffentlichen Rechtes sein werde, dünkt es uns mindestens „anständig“
daß man auch auf deren sprachliches und stylistisches Gewand den mög-
lichsten Fleiß verwende. Zudem wissen wir ja auch daß von einer formellen
Wendung die richtige Stellung eines Princips abhängt. Als Beispiel
diene der Eingang der Verfassung. Ganz correct und dem historischen
Gang der Dinge entsprechend, lautet jetzt das Proömium der Urkunde
folgendermaßen: „Se. Maj. der König von Preußen im Namen des Nord-
deutschen Bundes, Se. Maj. der König von Bayern“ u. s. w. Wie gesagt,
aus historischen Gründen mußte seinerzeit diese Form gewählt werden,
denn es war ein Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bund und den Süd-
staaten wodurch das Reich geschaffen wurde, und allein geschaffen werden
konnte. Allein jetzt wo das Ziel erreicht, jetzt wo der Norddeutsche Bund
verschwunden und im großen Deutfchen Reich aufgegangen ist, jetzt muß
schon am Eingang der Verfassung hervortreten daß sie das Werk sämmt-
licher
deutschen Fürsten, daß sie ein Vertrag aller mit allen ist. Selbst
streng juristisch betrachtet, wäre die Urkunde, wenn sie diesen Eingang be-
hielte, eine mangelhafte, sie wäre ein referens sine relato; denn wenn sie
auf das Recht des Königs von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes
Staatsverträge abzuschließen Bezug nimmt, so mußte formell dieses Recht
durch Anfügung der Verfassungsurkunde des Norddeutschen Bundes beur-
kundet werden. Deßhalb geht unser Modificationsantrag dahin: ebenso
wie Art. 1 nicht sagt: „Das Bundesgebiet besteht aus dem Gebiete des
Norddeutschen Bundes u. s. w.,“ sondern dem früheren Art. 1 nur die Na-
men der südlichen Staaten beigefügt hat, auch als Eingang der neuen
Verfassungsurkunde den bisherigen Eingang der Norddeutschen Bundes-
verfassung für die bevorstehende Redaction der Reichsverfassung zu Grunde
zu legen, also sämmtliche Staaten Deutschlands, beziehungsweise ihre
Souveräne, namentlich aufzuführen, um dadurch den dem gegenwärtigen
Stand der Dinge allein entsprechenden Sachverhalt urkundlich festzu-
stellen. Man könnte, um dem Document ein seiner Wichtigkeit würdiges
Kleid zu geben, die Unterschrift sämmtlicher vertragsschließenden Fürsten
und freien Städte der neuen Urkunde beifügen. Es ist keineswegs leeres
Formelwesen das unserem Vorschlag zu Grunde liegt, sondern der Wunsch
der Gemeinsamkeit aller deutschen Staaten einen äußerlich sichtbaren Aus-
druck gegeben zu sehen.

× München, 19 März. Der Erbprinz von Mecklenburg, welcher
gestern vom König empfangen wurde, ist heute bei dem Prinzen Luitpold
zur Tafel geladen. -- Se. Maj. der König hat dem bayerischen Landes-
hülfsverein, und dem Centralausschuß des bayerischen Frauenvereins die
Bewilligung zur Vornahme einer Sammlung freiwilliger Gaben für die
deutsche Nationallotterie zum Besten der Verwundeten, der Jnvaliden und
der Hinterbliebenen der Gefallenen, sowie zur Verbreitung und Erlassung
von Aufrufen in der Presse, und zum Absatz von Loosen unter Befreiung
derselben von der Stempelpflicht ertheilt. -- Das Generalcomit é des land-
wirthschaftlichen Vereins hat um die Genehmigung zum Beitritt in den
zu bildenden deutschen Landwirthschaftsrath nachgesucht. -- Bezüglich der
[Spaltenumbruch] bevorstehenden Gefangenentransporte ist nunmehr ein Fahrplan dahin ent-
worfen daß täglich sechs Sonderzüge abgehen, die so eingelegt werden daß
die fahrplanmäßigen Personen = und Güterzüge dadurch keine Störung
erleiden.

: München, 19 März. Wie wir vernehmen, sind von einer Wiener
Actien=Gesellschaft in den letzten Tagen Delegirte hieher gesendet worden,
um Schritte zum Ankaufe der bayer. Staatsbahnen zu machen. Wir
glauben diesen Schritten keinen Erfolg versprechen zu dürfen, um so we-
niger als anerkannte Autoritäten, z. B. der verstorbene Staatsrath
v. Herrmann, derartige Entäußerungen als vollständig dem Staatsinteresse
zuwiderlaufend erklären. -- Nachdem sämmtliche Spitäler des 2. bayer.
Armee=Corps evacuirt haben und mobil gemacht worden sind, und auch die
Central=Commission der freiwilligen Krankenpflege in Frankreich ein län-
geres Verbleiben des Corps=Delegirten für entbehrlich gehalten hat, ist der
bei diesem Armee=Corps delegirte Graf Ludwig v. Arco=Valley nach München
zurückgekehrt. -- Wie wir vernehmen, reist Dr. Ernst Förster in nächster
Zeit nach Jtalien um seine italienische Kunstgeschichte zu vollenden; er
hat zu diesem Behufe durch S. M. den König eine namhafte Subvention
aus der Cabinetscasse erhalten.

ck Würzburg, 19 März. Bezüglich des in Jhrem gestrigen
Blatte gebrachten Correspondenzartikels aus München -- medicinisches
Prüfungs = und Promotionswesen betreffend -- kann ich Jhnen aus
sicherer Quelle berichten daß die hiesige medicinische Facultät aller-
dings diese Angelegenheit ernstlich in die Hand genommen, und be-
schlossen hat auf baldmöglichste Vereinbarung eines gemeinschaftlichen
Prüfungsmodus für ganz Deutschland, und zwar nach Maßgabe des Prü-
fungsreglements der norddeutschen Universitäten vom 25 Sept. 1869, hin-
zuarbeiten, wobei möglicherweise Promotion und Gewerbegesetz ganz außer
Spiel bleiben können.

* Berlin, 17 März. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ beseitigt die auf eine
nachträgliche Correctur der deutsch=lothringischen Gränze gegen Frankreich
gerichteten Erwartungen durch folgende Ausführung: „Mit Recht zweifelt
die „National=Zeitung“ daran daß man in Brüssel deutscherseits noch nach-
träglich gewisse in der Nähe von Metz bei Frankreich verbliebene Ortschaf-
ten in Anspruch nehmen wird; wenn sie dieselben aber als deutsche bezeichnet,
und somit in die Sprachgränze einschließt welche das deutsche Ele-
ment umfaßt, so beruht dieß auf Jrrthum, der dadurch nicht zur Wahrheit
wird daß einige Gelehrte sich für die Vereinigung dieser Orte auf Grund
ihres angeblichen Deutschthums mit dem deutschen Reiche verwendet haben.
Daraus daß ein Dorf, dessen Name auf „ange“ endigt, in alter Zeit ein-
mal auf „ingen“ geendigt hat, und aus ähnlichen Zeichen zu schließen es
sei deutsch in Sprache und Sitte -- der Gesinnung, und Sympathie, welche
bekanntlich noch viel weiter nach der bisherigen Gränze hin französisch ist,
nicht zu gedenken -- ist mindestens sehr gewagt. Jn Betreff der in Rede
stehenden Ortschaften aber ist zu sagen daß, mögen sie auch vor 200 oder
mehr Jahren der deutschen Nationalität angehört haben, die Behauptung
sie seien gegenwärtig noch deutsch, nach Erfahrungen die an Ort und
Stelle gesammelt wurden, absolut unrichtig ist.“ -- Unsere Stadtverord-
neten haben gestern dem Magistrat 150,000 Thlr. bewilligt, von denen
100,000 Thaler zur Unterstützung der heimkehrenden Berliner Reservisten
und Landwehrmänner und 12,000 Thaler für die Einzugsfeierlichkeiten,
der Rest dagegen für den Empfang des Reichstags u. s. w. verwendet wer-
den soll. Sobald der Reichstag sich constituirt hat, sollen seine Mitglieder
wie diejenigen des Bundesraths, die städtischen Ehrenbeamten, der Kaiser
und der Kronprinz, sowie die Notabilitäten der Kunst und Wissenschaft in
die Festräume des Rathhauses geladen werden, um dort eine leichte Er-
frischung bei sanften Klängen der Musik einzunehmen. Gleichzeitig be-
schlossen die Stadtverordneten, in Anerkennung der Verdienste welche die
Grafen Bismarck und Moltke sich um das Vaterland erworben haben,
deren Büsten im Rathhaus aufzustellen und beiden Männern das Ehren-
bürgerrecht der Stadt Berlin zu ertheilen. Die auch im Schooße der De-
putation hervorgetretene Ansicht daß diese letztere Auszeichnung eigentlich
mit der Aufhebung der Bürgergewinnung werthlos geworden sei, wurde
mit der Hinweisung auf die Alexander v. Humboldt und anderen ver-
dienten Männern ertheilte gleiche Auszeichnung erfolgreich bekämpft.
-- Die Mitglieder des Reichstags werden vom Bundeskanzler benach-
richtigt daß das nähere über die Eröffnungssitzung im Bureau, Leip-
ziger Straße 75, vom 20 März ab, zu erfahren ist. Jm Sitzungs-
saale des Reichstags haben die Mitglieder der katholischen Partei
Plätze rechts neben der Bundesraths=Estrade und links neben dem
Präsidentensitz belegen lassen, während die übrigen Parteien ihre alten
Plätze in Beschlag genommen haben. Die Reichstagsabgeordneten Sa-
vigny und Reichensperger fordern diejenigen Mitglieder des Reichstags
welche gewillt sind der auf Grund des Aufrufs vom 11 Januar 1871 sich
bildenden Centrumspartei beizutreten, auf zu einer Vorversammlung am
20 März sich einzufinden. -- Neben den als Mitgliedern des deut-
schen Bundesraths fungirenden Chefs des badischen Staatsministeriums
und Ministeriums des Auswärtigen ist noch der Vorstand des badischen
Finanzministeriums, Präsident Elstätter, zum Bevollmächtigten beim Bun-
desrathe des Deutschen Reichs ernannt worden. Gleichzeitig wurde für

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[1348/0004] Wenn zahlreiche schweizerische Zeitungen, diese verdienten Vorwürfe ihrer eigenen Landsleute mißachtend, in der Vertuschung und Entstellung von Thatsachen und in dem Hetzen gegen das deutsche Element fortfahren, wenn sie selbst vor der eigenen Schande pöbelhafter Rechtsverletzungen und Freiheitsstörungen nicht mehr erröthen, so beschwören sie Gefahren und Demüthigungen herauf welche jeder ruhige deutsche Politiker der Schweiz gewiß gern ersparen möchte, sobald sie die Sicherheit der Personen in Zu- kunft besser zu schützen sucht. Deutsches Reich. * * München, 18 März. Die jüngsten Nachrichten aus Berlin bestätigen daß der Verfassungsausschuß des Bundesraths über den revidir- ten Reichsverfassungsentwurf Bericht erstattet habe, und es steht zu er- warten daß das Elaborat, wie es vom Bundesrath genehmigt ist, rechtzeitig der Oeffentlichkeit übergeben werde, damit auch die öffentliche Meinung darüber sich zu äußern Gelegenheit erhalte. Selbstverständlich wird aber die Kritik, wenn sie darauf Anspruch machen will an maßgebender Stelle gehört und beachtet zu werden, sich auf den Standpunkt stellen müssen von welchem die Revision ausgeht, auf den Standpunkt nämlich welcher es vorerst für unrathsam erklärt materielle Aenderungen an der so mühsam errungenen Vereinbarungsurkunde der deutschen Staaten vorzunehmen, sondern sich zur Zeit mit formellen Correcturen begnügt -- ein Standpunkt mit welchem die besonnene Mehrheit der Deutschen sicherlich einverstanden sein wird. Jetzt heißt es vor allem das Gewonnene festhalten, sich in das neugeschaffene Reich hineinleben, und dann erst wird die Zeit kommen zu bessern, fortzubilden und allenfalls zu ändern. Vielleicht wird man in einigen Kreisen von Politikern eine solche „Redactionsarbeit“ für wenig bedeutend erachten: wir sind anderer Ansicht. Von der Hoffnung ausgehend daß die neue Magna Charta Germaniae für längere Zeit die Grundlage unseres öffentlichen Rechtes sein werde, dünkt es uns mindestens „anständig“ daß man auch auf deren sprachliches und stylistisches Gewand den mög- lichsten Fleiß verwende. Zudem wissen wir ja auch daß von einer formellen Wendung die richtige Stellung eines Princips abhängt. Als Beispiel diene der Eingang der Verfassung. Ganz correct und dem historischen Gang der Dinge entsprechend, lautet jetzt das Proömium der Urkunde folgendermaßen: „Se. Maj. der König von Preußen im Namen des Nord- deutschen Bundes, Se. Maj. der König von Bayern“ u. s. w. Wie gesagt, aus historischen Gründen mußte seinerzeit diese Form gewählt werden, denn es war ein Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bund und den Süd- staaten wodurch das Reich geschaffen wurde, und allein geschaffen werden konnte. Allein jetzt wo das Ziel erreicht, jetzt wo der Norddeutsche Bund verschwunden und im großen Deutfchen Reich aufgegangen ist, jetzt muß schon am Eingang der Verfassung hervortreten daß sie das Werk sämmt- licher deutschen Fürsten, daß sie ein Vertrag aller mit allen ist. Selbst streng juristisch betrachtet, wäre die Urkunde, wenn sie diesen Eingang be- hielte, eine mangelhafte, sie wäre ein referens sine relato; denn wenn sie auf das Recht des Königs von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes Staatsverträge abzuschließen Bezug nimmt, so mußte formell dieses Recht durch Anfügung der Verfassungsurkunde des Norddeutschen Bundes beur- kundet werden. Deßhalb geht unser Modificationsantrag dahin: ebenso wie Art. 1 nicht sagt: „Das Bundesgebiet besteht aus dem Gebiete des Norddeutschen Bundes u. s. w.,“ sondern dem früheren Art. 1 nur die Na- men der südlichen Staaten beigefügt hat, auch als Eingang der neuen Verfassungsurkunde den bisherigen Eingang der Norddeutschen Bundes- verfassung für die bevorstehende Redaction der Reichsverfassung zu Grunde zu legen, also sämmtliche Staaten Deutschlands, beziehungsweise ihre Souveräne, namentlich aufzuführen, um dadurch den dem gegenwärtigen Stand der Dinge allein entsprechenden Sachverhalt urkundlich festzu- stellen. Man könnte, um dem Document ein seiner Wichtigkeit würdiges Kleid zu geben, die Unterschrift sämmtlicher vertragsschließenden Fürsten und freien Städte der neuen Urkunde beifügen. Es ist keineswegs leeres Formelwesen das unserem Vorschlag zu Grunde liegt, sondern der Wunsch der Gemeinsamkeit aller deutschen Staaten einen äußerlich sichtbaren Aus- druck gegeben zu sehen. × München, 19 März. Der Erbprinz von Mecklenburg, welcher gestern vom König empfangen wurde, ist heute bei dem Prinzen Luitpold zur Tafel geladen. -- Se. Maj. der König hat dem bayerischen Landes- hülfsverein, und dem Centralausschuß des bayerischen Frauenvereins die Bewilligung zur Vornahme einer Sammlung freiwilliger Gaben für die deutsche Nationallotterie zum Besten der Verwundeten, der Jnvaliden und der Hinterbliebenen der Gefallenen, sowie zur Verbreitung und Erlassung von Aufrufen in der Presse, und zum Absatz von Loosen unter Befreiung derselben von der Stempelpflicht ertheilt. -- Das Generalcomit é des land- wirthschaftlichen Vereins hat um die Genehmigung zum Beitritt in den zu bildenden deutschen Landwirthschaftsrath nachgesucht. -- Bezüglich der bevorstehenden Gefangenentransporte ist nunmehr ein Fahrplan dahin ent- worfen daß täglich sechs Sonderzüge abgehen, die so eingelegt werden daß die fahrplanmäßigen Personen = und Güterzüge dadurch keine Störung erleiden. : München, 19 März. Wie wir vernehmen, sind von einer Wiener Actien=Gesellschaft in den letzten Tagen Delegirte hieher gesendet worden, um Schritte zum Ankaufe der bayer. Staatsbahnen zu machen. Wir glauben diesen Schritten keinen Erfolg versprechen zu dürfen, um so we- niger als anerkannte Autoritäten, z. B. der verstorbene Staatsrath v. Herrmann, derartige Entäußerungen als vollständig dem Staatsinteresse zuwiderlaufend erklären. -- Nachdem sämmtliche Spitäler des 2. bayer. Armee=Corps evacuirt haben und mobil gemacht worden sind, und auch die Central=Commission der freiwilligen Krankenpflege in Frankreich ein län- geres Verbleiben des Corps=Delegirten für entbehrlich gehalten hat, ist der bei diesem Armee=Corps delegirte Graf Ludwig v. Arco=Valley nach München zurückgekehrt. -- Wie wir vernehmen, reist Dr. Ernst Förster in nächster Zeit nach Jtalien um seine italienische Kunstgeschichte zu vollenden; er hat zu diesem Behufe durch S. M. den König eine namhafte Subvention aus der Cabinetscasse erhalten. ck Würzburg, 19 März. Bezüglich des in Jhrem gestrigen Blatte gebrachten Correspondenzartikels aus München -- medicinisches Prüfungs = und Promotionswesen betreffend -- kann ich Jhnen aus sicherer Quelle berichten daß die hiesige medicinische Facultät aller- dings diese Angelegenheit ernstlich in die Hand genommen, und be- schlossen hat auf baldmöglichste Vereinbarung eines gemeinschaftlichen Prüfungsmodus für ganz Deutschland, und zwar nach Maßgabe des Prü- fungsreglements der norddeutschen Universitäten vom 25 Sept. 1869, hin- zuarbeiten, wobei möglicherweise Promotion und Gewerbegesetz ganz außer Spiel bleiben können. * Berlin, 17 März. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ beseitigt die auf eine nachträgliche Correctur der deutsch=lothringischen Gränze gegen Frankreich gerichteten Erwartungen durch folgende Ausführung: „Mit Recht zweifelt die „National=Zeitung“ daran daß man in Brüssel deutscherseits noch nach- träglich gewisse in der Nähe von Metz bei Frankreich verbliebene Ortschaf- ten in Anspruch nehmen wird; wenn sie dieselben aber als deutsche bezeichnet, und somit in die Sprachgränze einschließt welche das deutsche Ele- ment umfaßt, so beruht dieß auf Jrrthum, der dadurch nicht zur Wahrheit wird daß einige Gelehrte sich für die Vereinigung dieser Orte auf Grund ihres angeblichen Deutschthums mit dem deutschen Reiche verwendet haben. Daraus daß ein Dorf, dessen Name auf „ange“ endigt, in alter Zeit ein- mal auf „ingen“ geendigt hat, und aus ähnlichen Zeichen zu schließen es sei deutsch in Sprache und Sitte -- der Gesinnung, und Sympathie, welche bekanntlich noch viel weiter nach der bisherigen Gränze hin französisch ist, nicht zu gedenken -- ist mindestens sehr gewagt. Jn Betreff der in Rede stehenden Ortschaften aber ist zu sagen daß, mögen sie auch vor 200 oder mehr Jahren der deutschen Nationalität angehört haben, die Behauptung sie seien gegenwärtig noch deutsch, nach Erfahrungen die an Ort und Stelle gesammelt wurden, absolut unrichtig ist.“ -- Unsere Stadtverord- neten haben gestern dem Magistrat 150,000 Thlr. bewilligt, von denen 100,000 Thaler zur Unterstützung der heimkehrenden Berliner Reservisten und Landwehrmänner und 12,000 Thaler für die Einzugsfeierlichkeiten, der Rest dagegen für den Empfang des Reichstags u. s. w. verwendet wer- den soll. Sobald der Reichstag sich constituirt hat, sollen seine Mitglieder wie diejenigen des Bundesraths, die städtischen Ehrenbeamten, der Kaiser und der Kronprinz, sowie die Notabilitäten der Kunst und Wissenschaft in die Festräume des Rathhauses geladen werden, um dort eine leichte Er- frischung bei sanften Klängen der Musik einzunehmen. Gleichzeitig be- schlossen die Stadtverordneten, in Anerkennung der Verdienste welche die Grafen Bismarck und Moltke sich um das Vaterland erworben haben, deren Büsten im Rathhaus aufzustellen und beiden Männern das Ehren- bürgerrecht der Stadt Berlin zu ertheilen. Die auch im Schooße der De- putation hervorgetretene Ansicht daß diese letztere Auszeichnung eigentlich mit der Aufhebung der Bürgergewinnung werthlos geworden sei, wurde mit der Hinweisung auf die Alexander v. Humboldt und anderen ver- dienten Männern ertheilte gleiche Auszeichnung erfolgreich bekämpft. -- Die Mitglieder des Reichstags werden vom Bundeskanzler benach- richtigt daß das nähere über die Eröffnungssitzung im Bureau, Leip- ziger Straße 75, vom 20 März ab, zu erfahren ist. Jm Sitzungs- saale des Reichstags haben die Mitglieder der katholischen Partei Plätze rechts neben der Bundesraths=Estrade und links neben dem Präsidentensitz belegen lassen, während die übrigen Parteien ihre alten Plätze in Beschlag genommen haben. Die Reichstagsabgeordneten Sa- vigny und Reichensperger fordern diejenigen Mitglieder des Reichstags welche gewillt sind der auf Grund des Aufrufs vom 11 Januar 1871 sich bildenden Centrumspartei beizutreten, auf zu einer Vorversammlung am 20 März sich einzufinden. -- Neben den als Mitgliedern des deut- schen Bundesraths fungirenden Chefs des badischen Staatsministeriums und Ministeriums des Auswärtigen ist noch der Vorstand des badischen Finanzministeriums, Präsident Elstätter, zum Bevollmächtigten beim Bun- desrathe des Deutschen Reichs ernannt worden. Gleichzeitig wurde für

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Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

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Besonderheiten der Transkription:

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  • fremdsprachliches Material: nur Fremdskripte gekennzeichnet.
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  • langes s (?): in Frakturschrift als s transkribiert, in Antiquaschrift beibehalten.
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert.
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst.
  • Zeichensetzung: DTABf-getreu.



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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 80. Augsburg (Bayern), 21. März 1871, S. 1348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_augsburg80_1871/4>, abgerufen am 21.11.2024.