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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 41. Rudolstadt, 12. Juli 1847.

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Die Schlacht bei Buena Vista,
geschildert von einem deutschen Mitkämpfer.
   

Jn meinem letzten Schreiben ( d. d. Lager bei Saltillo ) mel-
dete ich euch die Ankunft des Generals Taylor, welcher nach einer
Rast von 2 Tagen weiter marschirte nach Aqua nueva. General
Wool's Division folgte ihm. Bis zum 20 sten Februar geriethen
nur unsere Vorposten einige mal mit dem Feinde in Berührung. Am
21 sten Morgens mußten wir das Lager abbrechen und uns nach
Buena Vista zum Engpasse zurückziehen. Abends und Nachts roll-
ten noch die Wagen mit Provisionen von Aqua nueva und leider
mußten 50,000 Rationen Speck, Zwieback, Mehl, Kaffee ec. verbrannt
werden, um sie nicht den Mericanern in die Hände fallen zu lassen.
Am Morgen des 22sten Febr. ( dem Geburtstage des Gründers der
nordamerikanischen Republik: George Washington ) , früh neun Uhr
schlugen die Trommeln den Generalmarsch, worauf Alles zu den
Waffen griff, und in die Reihen eilte. Große Staubwolken verkün-
deten das Annähern der Feinde, darauf kamen und gingen Reiter in
gestreckten Galopp. Um 11 Uhr wurde unser Regiment links auf die
Höhe beordert; rechts hatte General Wool 1 Kanone und die Ca-
vallerie, und links die Büchsenschützen postirt. Oben und am Ab-
hange des Berges waren ungefähr 2000 Mexic. Jnfanterie, welche
um 3 Uhr auf unsere Büchsenschützen zu feuern begannen, die zwar
nur 1 Schuß auf 10 feindliche thun konnten, aber ihren Mann sicher
nahmen. Das Feuern dauerte bis zur Dunkelheit des Abends. Wir
waren noch unbeschäftigt. Kurz vor Abend wurde unser Regiment
von der Höhe weg nach der Stadt beordert, und durch ein Jndianer-
Regiment ersetzt. Reguläre Jnfanterie hatten wir zwar nicht, aber
Volontairs, die feuern und stehen konnten! -- Nachmittags 4 Uhr
schickte Gen. Santa Ana einen Officier mit einem Billet herüber,
das folgende Worte enthielt: " Gen. Taylor: Uebergieb Dich
mit Deinen Volontairs, du kannst meine Uebermacht
nicht aushalten.
" Die Antwort unsers General Taylor war:
" Komm und hole uns. " Kaum dämmerte der Morgen des 23.
Februar, so eröffnete das 2te Jllinois = Regiment ein lebhaftes Feuer
und unsere Bomben brachten einigemal die Uebermacht ( 1 zu 10 ) auf
dem Berge zum Schweigen. Wir bildeten das Centrum unserer Ar-
mee, 5,000 Mann stark. Jetzt sahen wir eine große, von Santa
Ana
selbst geführte Colonne Jnfanterie auf uns losrücken, vielleicht
5000 Mann. Sie rollte näher, und näher über Hügel und Thäler
und war eben im letzten Thale, ein Wald von blinkenden Bajo-
netten! Wir konnten eben des Feindes Köpfe und Brust erblicken,
als wir beordert wurden niederzuknieen, und ein Feuer auf uns begann,
wovon ich Euch keine Beschreibung zu geben vermag. Kaum eine
Minute niedergekniet hielten wir dasselbe aus. Mancher brave Mann
fiel tödtlich verwundet, doch traf nicht die 20ste Kugel; ein Wunder,
daß ich unversehrt aus diesem Kugelregen hervorging. Der Feind hielt
meistens zu hoch, wogegen seine Verwundeten und Todten bezeugten, daß
der Amerikaner nicht in die blaue Luft schießt. Ungeheurer Pulver-
dampf! Wir wurden beordert uns zurückzuziehen und machten Halt,
100 Schritt zurück, wo der Hügel sich etwas senkte. Der Feind kam
oben auf den Hügel, mußte sich aber, gepfeffert von unsern Mus-
keten und Kanonen, bald zurückziehn. Jm ersten Feuer wurde Her-
mann
von einer matten Kugel auf die 3te Rippe der linken Seite
getroffen. Sie war durch Jacke und Hemd gegangen und hinterließ
nur einen großen rothen Fleck. Nun begann der Angriff rechts und
links von unserm Centrum. Rechts unten am Paß versuchten sie durch-
zukommen und machten 2 verzweifelte Angriffe, doch nutzlos. Capt.
Washingtons Batterie traf zu gut in ihre Reihen. Links am
Berge wurde auch ein Versuch gemacht durchzubrechen. Wirklich durch-
brach auch ihre Cavallerie die Reihen unserer dort aufgestellten Truppen,
und schon näherten sich mehrere Regimenter Jnfanterie, als Colonel
[Spaltenumbruch] May, der Held von Paulo Alto und Besaca de la Palma,
mit seinen Dragonern ( sehr viel Deutsche und Polen ) sie an-
griff, und so zurückschlug, daß Alles in wilder Hast floh. Das war
um 1 Uhr Mittags; wäre es ihnen gelungen, uns im Rücken anzu-
greifen, wir wären verloren gewesen. Von Stunde zu Stunde ge-
wannen wir mehr Grund und Boden vom Schlachtfelde. Sie versuchten
noch 2 Mal einen Angriff aufs Centrum, wurden jedoch zurückgeschla-
gen und mit größerem Verluste als wir. Um halb 5 donnerten die
letzten Kanonen, die Schlacht neigte sich zu Ende; die Mericaner waren
eine ganze Meile zurückgegangen. Jnzwischen war auch die Stadt von
Lanziers ( Uhlanen ) angegriffen worden. Capt. Webster warf aber vom
Fort herab aus zwei 24 Pfündern so geschickt Bomben unter sie, daß sie
bald retiriren mußten. Man erwartete noch einen, und zwar verstärkten
Angriff auf die Stadt, deßhalb wurde unser Capitain noch selbigen Abend
mit 40 -- 50 Mann und die Kentucky = Cavallerie mit 1 Stück zur
Stadt beordert. Das war eine Schreckensnacht! Jn der Schlacht sah
ich manchen neben mir fallen, sah ganz in meiner Nähe Beine Ent-
seelter verschießen und viele andere Scenen, vor denen man sonst wohl
erbebt. Wir waren nach Saltillo's majestätischer Kathedrale beor-
dert, die von Verwundeten angefüllt war. Dieses Jammern und Weh-
klagen inmitten der feierlichen Räume, der geisterhaft starrenden Hei-
ligenbilder, dieser in fahlem Mondlichte goldschimmernde Hochaltar,
umlagert von tiefster Noth und Seelenangst -- ich mag das dabei
Empfundene nicht noch einmal in mir wach rufen. Am 24sten Februar
Morgens wurden wir ins Lager nach Buena Vista zurückbeordert.
Santa Ana, obgleich Befehlshaber einer Macht 21,000 Mann regu-
lären Militairs, gegen kaum 5,000 Mann Amerikaner, wovon die
ganze Jnfanterie und 2 Regimenter Cavallerie aus Volontairs bestan-
den, war denselben Morgen bis Aqua nueva zurückgewichen. Wir
verloren an Verwundeten und Todten 500, der Feind wohl das Zehn-
fache und viele Deserteurs. Am 26. verließ der Feind Aqua nueva,
wohin wir sofort unser Lager verlegten. Am 2. März machten wir
eine Erpedition nach dem nächsten Roncho ( Landgut ) 35 M. entfernt,
und nach Jncarnacion, wo wir einige 1000 Mann Uhlanen ge-
fangen zu nehmen hofften. Wir fanden aber das Nest schon leer; nur
von schwer Blessirten wimmelte es noch, denen Santa Ana nichts
als geröstetes Maiskorn zurückgelassen hatte. Unsere Soldaten gaben
ihnen, was sie entbehren konnten. Nachdem wir der noch vorgefunde-
nen Mannschaft, wobei mehrere von ihren Frauen gepflegte Officiere,
den Eid abgenommen, nie wieder gegen die Vereinigten Staaten zu
fechten, kehrten wir in unser Lager zurück. Die mericanische Armee
ist zersprengt und in traurigem Zustande bis St. Louis Potosi ge-
kommen, und Santa Ana wird sie schwerlich wieder sammeln können,
auch wenn er nicht, wie es wahrscheinlich ist, der Verbannung oder
einem noch schlimmeren Schicksale anheimfällt. Am 26. Februar fand
auch bei San Francisco, zwischen Saltillo und Monterey,
ein Gefecht Statt zwischen Gen. Urea, der mehrere Regimenter Uh-
lanen hatte, und zwischen einem Regiment Ohio=Volontairs, die auf
dem Wege hierher waren. Auch dort sind die Mericaner mit großem
Verluste in die Flucht geschlagen worden. Unsere Compagnie hat 7
Todte und 11 Verwundete, davon steht Dir, lieber Bruder Theodor,
wahrscheinlich Alerander Conze nahe; denn er sagte mir, daß er
mit Dir, zusammen studirt habe. Seine Mutter lebt in Bückeburg,
in Celle muß ein Verwandter von ihm, Hr. Canzlei = Procurator
Conze wohnen. Er war ein braver Mann, ungefähr 27 -- 28 Jahr
alt, hatte Unterricht gegeben in letzterer Zeit in Milwaukie, Wis-
consin.
Er hatte sich jeden zum Freunde erworben, der ihn kennen
lernte, und Alle betrauern seinen Verlust; doch er starb auf dem Felde
der Ehre, und ich bin gewiß, er hat sich keinen schönern Tod gewünscht!
Sein Nachlaß, eine goldene Kette, Brieftasche ec. werden wir auf
irgend eine Weise seinen Verwandten zurückzustellen suchen. Lebt wohl!
Grüßt meine Freunde.

   
Euer treuer
E. Wedekind.
[Spaltenumbruch]
Die Schlacht bei Buena Vista,
geschildert von einem deutschen Mitkämpfer.
   

Jn meinem letzten Schreiben ( d. d. Lager bei Saltillo ) mel-
dete ich euch die Ankunft des Generals Taylor, welcher nach einer
Rast von 2 Tagen weiter marschirte nach Aqua nueva. General
Wool's Division folgte ihm. Bis zum 20 sten Februar geriethen
nur unsere Vorposten einige mal mit dem Feinde in Berührung. Am
21 sten Morgens mußten wir das Lager abbrechen und uns nach
Buena Vista zum Engpasse zurückziehen. Abends und Nachts roll-
ten noch die Wagen mit Provisionen von Aqua nueva und leider
mußten 50,000 Rationen Speck, Zwieback, Mehl, Kaffee ec. verbrannt
werden, um sie nicht den Mericanern in die Hände fallen zu lassen.
Am Morgen des 22sten Febr. ( dem Geburtstage des Gründers der
nordamerikanischen Republik: George Washington ) , früh neun Uhr
schlugen die Trommeln den Generalmarsch, worauf Alles zu den
Waffen griff, und in die Reihen eilte. Große Staubwolken verkün-
deten das Annähern der Feinde, darauf kamen und gingen Reiter in
gestreckten Galopp. Um 11 Uhr wurde unser Regiment links auf die
Höhe beordert; rechts hatte General Wool 1 Kanone und die Ca-
vallerie, und links die Büchsenschützen postirt. Oben und am Ab-
hange des Berges waren ungefähr 2000 Mexic. Jnfanterie, welche
um 3 Uhr auf unsere Büchsenschützen zu feuern begannen, die zwar
nur 1 Schuß auf 10 feindliche thun konnten, aber ihren Mann sicher
nahmen. Das Feuern dauerte bis zur Dunkelheit des Abends. Wir
waren noch unbeschäftigt. Kurz vor Abend wurde unser Regiment
von der Höhe weg nach der Stadt beordert, und durch ein Jndianer-
Regiment ersetzt. Reguläre Jnfanterie hatten wir zwar nicht, aber
Volontairs, die feuern und stehen konnten! -- Nachmittags 4 Uhr
schickte Gen. Santa Ana einen Officier mit einem Billet herüber,
das folgende Worte enthielt: „ Gen. Taylor: Uebergieb Dich
mit Deinen Volontairs, du kannst meine Uebermacht
nicht aushalten.
“ Die Antwort unsers General Taylor war:
Komm und hole uns. “ Kaum dämmerte der Morgen des 23.
Februar, so eröffnete das 2te Jllinois = Regiment ein lebhaftes Feuer
und unsere Bomben brachten einigemal die Uebermacht ( 1 zu 10 ) auf
dem Berge zum Schweigen. Wir bildeten das Centrum unserer Ar-
mee, 5,000 Mann stark. Jetzt sahen wir eine große, von Santa
Ana
selbst geführte Colonne Jnfanterie auf uns losrücken, vielleicht
5000 Mann. Sie rollte näher, und näher über Hügel und Thäler
und war eben im letzten Thale, ein Wald von blinkenden Bajo-
netten! Wir konnten eben des Feindes Köpfe und Brust erblicken,
als wir beordert wurden niederzuknieen, und ein Feuer auf uns begann,
wovon ich Euch keine Beschreibung zu geben vermag. Kaum eine
Minute niedergekniet hielten wir dasselbe aus. Mancher brave Mann
fiel tödtlich verwundet, doch traf nicht die 20ste Kugel; ein Wunder,
daß ich unversehrt aus diesem Kugelregen hervorging. Der Feind hielt
meistens zu hoch, wogegen seine Verwundeten und Todten bezeugten, daß
der Amerikaner nicht in die blaue Luft schießt. Ungeheurer Pulver-
dampf! Wir wurden beordert uns zurückzuziehen und machten Halt,
100 Schritt zurück, wo der Hügel sich etwas senkte. Der Feind kam
oben auf den Hügel, mußte sich aber, gepfeffert von unsern Mus-
keten und Kanonen, bald zurückziehn. Jm ersten Feuer wurde Her-
mann
von einer matten Kugel auf die 3te Rippe der linken Seite
getroffen. Sie war durch Jacke und Hemd gegangen und hinterließ
nur einen großen rothen Fleck. Nun begann der Angriff rechts und
links von unserm Centrum. Rechts unten am Paß versuchten sie durch-
zukommen und machten 2 verzweifelte Angriffe, doch nutzlos. Capt.
Washingtons Batterie traf zu gut in ihre Reihen. Links am
Berge wurde auch ein Versuch gemacht durchzubrechen. Wirklich durch-
brach auch ihre Cavallerie die Reihen unserer dort aufgestellten Truppen,
und schon näherten sich mehrere Regimenter Jnfanterie, als Colonel
[Spaltenumbruch] May, der Held von Paulo Alto und Besaca de la Palma,
mit seinen Dragonern ( sehr viel Deutsche und Polen ) sie an-
griff, und so zurückschlug, daß Alles in wilder Hast floh. Das war
um 1 Uhr Mittags; wäre es ihnen gelungen, uns im Rücken anzu-
greifen, wir wären verloren gewesen. Von Stunde zu Stunde ge-
wannen wir mehr Grund und Boden vom Schlachtfelde. Sie versuchten
noch 2 Mal einen Angriff aufs Centrum, wurden jedoch zurückgeschla-
gen und mit größerem Verluste als wir. Um halb 5 donnerten die
letzten Kanonen, die Schlacht neigte sich zu Ende; die Mericaner waren
eine ganze Meile zurückgegangen. Jnzwischen war auch die Stadt von
Lanziers ( Uhlanen ) angegriffen worden. Capt. Webster warf aber vom
Fort herab aus zwei 24 Pfündern so geschickt Bomben unter sie, daß sie
bald retiriren mußten. Man erwartete noch einen, und zwar verstärkten
Angriff auf die Stadt, deßhalb wurde unser Capitain noch selbigen Abend
mit 40 -- 50 Mann und die Kentucky = Cavallerie mit 1 Stück zur
Stadt beordert. Das war eine Schreckensnacht! Jn der Schlacht sah
ich manchen neben mir fallen, sah ganz in meiner Nähe Beine Ent-
seelter verschießen und viele andere Scenen, vor denen man sonst wohl
erbebt. Wir waren nach Saltillo's majestätischer Kathedrale beor-
dert, die von Verwundeten angefüllt war. Dieses Jammern und Weh-
klagen inmitten der feierlichen Räume, der geisterhaft starrenden Hei-
ligenbilder, dieser in fahlem Mondlichte goldschimmernde Hochaltar,
umlagert von tiefster Noth und Seelenangst -- ich mag das dabei
Empfundene nicht noch einmal in mir wach rufen. Am 24sten Februar
Morgens wurden wir ins Lager nach Buena Vista zurückbeordert.
Santa Ana, obgleich Befehlshaber einer Macht 21,000 Mann regu-
lären Militairs, gegen kaum 5,000 Mann Amerikaner, wovon die
ganze Jnfanterie und 2 Regimenter Cavallerie aus Volontairs bestan-
den, war denselben Morgen bis Aqua nueva zurückgewichen. Wir
verloren an Verwundeten und Todten 500, der Feind wohl das Zehn-
fache und viele Deserteurs. Am 26. verließ der Feind Aqua nueva,
wohin wir sofort unser Lager verlegten. Am 2. März machten wir
eine Erpedition nach dem nächsten Roncho ( Landgut ) 35 M. entfernt,
und nach Jncarnacion, wo wir einige 1000 Mann Uhlanen ge-
fangen zu nehmen hofften. Wir fanden aber das Nest schon leer; nur
von schwer Blessirten wimmelte es noch, denen Santa Ana nichts
als geröstetes Maiskorn zurückgelassen hatte. Unsere Soldaten gaben
ihnen, was sie entbehren konnten. Nachdem wir der noch vorgefunde-
nen Mannschaft, wobei mehrere von ihren Frauen gepflegte Officiere,
den Eid abgenommen, nie wieder gegen die Vereinigten Staaten zu
fechten, kehrten wir in unser Lager zurück. Die mericanische Armee
ist zersprengt und in traurigem Zustande bis St. Louis Potosi ge-
kommen, und Santa Ana wird sie schwerlich wieder sammeln können,
auch wenn er nicht, wie es wahrscheinlich ist, der Verbannung oder
einem noch schlimmeren Schicksale anheimfällt. Am 26. Februar fand
auch bei San Francisco, zwischen Saltillo und Monterey,
ein Gefecht Statt zwischen Gen. Urea, der mehrere Regimenter Uh-
lanen hatte, und zwischen einem Regiment Ohio=Volontairs, die auf
dem Wege hierher waren. Auch dort sind die Mericaner mit großem
Verluste in die Flucht geschlagen worden. Unsere Compagnie hat 7
Todte und 11 Verwundete, davon steht Dir, lieber Bruder Theodor,
wahrscheinlich Alerander Conze nahe; denn er sagte mir, daß er
mit Dir, zusammen studirt habe. Seine Mutter lebt in Bückeburg,
in Celle muß ein Verwandter von ihm, Hr. Canzlei = Procurator
Conze wohnen. Er war ein braver Mann, ungefähr 27 -- 28 Jahr
alt, hatte Unterricht gegeben in letzterer Zeit in Milwaukie, Wis-
consin.
Er hatte sich jeden zum Freunde erworben, der ihn kennen
lernte, und Alle betrauern seinen Verlust; doch er starb auf dem Felde
der Ehre, und ich bin gewiß, er hat sich keinen schönern Tod gewünscht!
Sein Nachlaß, eine goldene Kette, Brieftasche ec. werden wir auf
irgend eine Weise seinen Verwandten zurückzustellen suchen. Lebt wohl!
Grüßt meine Freunde.

   
Euer treuer
E. Wedekind.
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[316/0006] Die Schlacht bei Buena Vista, geschildert von einem deutschen Mitkämpfer. Camp Taylor, 1 Ml. v. Aqua nueva Coahuila, Mexico. März 4. 1847. Jn meinem letzten Schreiben ( d. d. Lager bei Saltillo ) mel- dete ich euch die Ankunft des Generals Taylor, welcher nach einer Rast von 2 Tagen weiter marschirte nach Aqua nueva. General Wool's Division folgte ihm. Bis zum 20 sten Februar geriethen nur unsere Vorposten einige mal mit dem Feinde in Berührung. Am 21 sten Morgens mußten wir das Lager abbrechen und uns nach Buena Vista zum Engpasse zurückziehen. Abends und Nachts roll- ten noch die Wagen mit Provisionen von Aqua nueva und leider mußten 50,000 Rationen Speck, Zwieback, Mehl, Kaffee ec. verbrannt werden, um sie nicht den Mericanern in die Hände fallen zu lassen. Am Morgen des 22sten Febr. ( dem Geburtstage des Gründers der nordamerikanischen Republik: George Washington ) , früh neun Uhr schlugen die Trommeln den Generalmarsch, worauf Alles zu den Waffen griff, und in die Reihen eilte. Große Staubwolken verkün- deten das Annähern der Feinde, darauf kamen und gingen Reiter in gestreckten Galopp. Um 11 Uhr wurde unser Regiment links auf die Höhe beordert; rechts hatte General Wool 1 Kanone und die Ca- vallerie, und links die Büchsenschützen postirt. Oben und am Ab- hange des Berges waren ungefähr 2000 Mexic. Jnfanterie, welche um 3 Uhr auf unsere Büchsenschützen zu feuern begannen, die zwar nur 1 Schuß auf 10 feindliche thun konnten, aber ihren Mann sicher nahmen. Das Feuern dauerte bis zur Dunkelheit des Abends. Wir waren noch unbeschäftigt. Kurz vor Abend wurde unser Regiment von der Höhe weg nach der Stadt beordert, und durch ein Jndianer- Regiment ersetzt. Reguläre Jnfanterie hatten wir zwar nicht, aber Volontairs, die feuern und stehen konnten! -- Nachmittags 4 Uhr schickte Gen. Santa Ana einen Officier mit einem Billet herüber, das folgende Worte enthielt: „ Gen. Taylor: Uebergieb Dich mit Deinen Volontairs, du kannst meine Uebermacht nicht aushalten. “ Die Antwort unsers General Taylor war: „ Komm und hole uns. “ Kaum dämmerte der Morgen des 23. Februar, so eröffnete das 2te Jllinois = Regiment ein lebhaftes Feuer und unsere Bomben brachten einigemal die Uebermacht ( 1 zu 10 ) auf dem Berge zum Schweigen. Wir bildeten das Centrum unserer Ar- mee, 5,000 Mann stark. Jetzt sahen wir eine große, von Santa Ana selbst geführte Colonne Jnfanterie auf uns losrücken, vielleicht 5000 Mann. Sie rollte näher, und näher über Hügel und Thäler und war eben im letzten Thale, ein Wald von blinkenden Bajo- netten! Wir konnten eben des Feindes Köpfe und Brust erblicken, als wir beordert wurden niederzuknieen, und ein Feuer auf uns begann, wovon ich Euch keine Beschreibung zu geben vermag. Kaum eine Minute niedergekniet hielten wir dasselbe aus. Mancher brave Mann fiel tödtlich verwundet, doch traf nicht die 20ste Kugel; ein Wunder, daß ich unversehrt aus diesem Kugelregen hervorging. Der Feind hielt meistens zu hoch, wogegen seine Verwundeten und Todten bezeugten, daß der Amerikaner nicht in die blaue Luft schießt. Ungeheurer Pulver- dampf! Wir wurden beordert uns zurückzuziehen und machten Halt, 100 Schritt zurück, wo der Hügel sich etwas senkte. Der Feind kam oben auf den Hügel, mußte sich aber, gepfeffert von unsern Mus- keten und Kanonen, bald zurückziehn. Jm ersten Feuer wurde Her- mann von einer matten Kugel auf die 3te Rippe der linken Seite getroffen. Sie war durch Jacke und Hemd gegangen und hinterließ nur einen großen rothen Fleck. Nun begann der Angriff rechts und links von unserm Centrum. Rechts unten am Paß versuchten sie durch- zukommen und machten 2 verzweifelte Angriffe, doch nutzlos. Capt. Washingtons Batterie traf zu gut in ihre Reihen. Links am Berge wurde auch ein Versuch gemacht durchzubrechen. Wirklich durch- brach auch ihre Cavallerie die Reihen unserer dort aufgestellten Truppen, und schon näherten sich mehrere Regimenter Jnfanterie, als Colonel May, der Held von Paulo Alto und Besaca de la Palma, mit seinen Dragonern ( sehr viel Deutsche und Polen ) sie an- griff, und so zurückschlug, daß Alles in wilder Hast floh. Das war um 1 Uhr Mittags; wäre es ihnen gelungen, uns im Rücken anzu- greifen, wir wären verloren gewesen. Von Stunde zu Stunde ge- wannen wir mehr Grund und Boden vom Schlachtfelde. Sie versuchten noch 2 Mal einen Angriff aufs Centrum, wurden jedoch zurückgeschla- gen und mit größerem Verluste als wir. Um halb 5 donnerten die letzten Kanonen, die Schlacht neigte sich zu Ende; die Mericaner waren eine ganze Meile zurückgegangen. Jnzwischen war auch die Stadt von Lanziers ( Uhlanen ) angegriffen worden. Capt. Webster warf aber vom Fort herab aus zwei 24 Pfündern so geschickt Bomben unter sie, daß sie bald retiriren mußten. Man erwartete noch einen, und zwar verstärkten Angriff auf die Stadt, deßhalb wurde unser Capitain noch selbigen Abend mit 40 -- 50 Mann und die Kentucky = Cavallerie mit 1 Stück zur Stadt beordert. Das war eine Schreckensnacht! Jn der Schlacht sah ich manchen neben mir fallen, sah ganz in meiner Nähe Beine Ent- seelter verschießen und viele andere Scenen, vor denen man sonst wohl erbebt. Wir waren nach Saltillo's majestätischer Kathedrale beor- dert, die von Verwundeten angefüllt war. Dieses Jammern und Weh- klagen inmitten der feierlichen Räume, der geisterhaft starrenden Hei- ligenbilder, dieser in fahlem Mondlichte goldschimmernde Hochaltar, umlagert von tiefster Noth und Seelenangst -- ich mag das dabei Empfundene nicht noch einmal in mir wach rufen. Am 24sten Februar Morgens wurden wir ins Lager nach Buena Vista zurückbeordert. Santa Ana, obgleich Befehlshaber einer Macht 21,000 Mann regu- lären Militairs, gegen kaum 5,000 Mann Amerikaner, wovon die ganze Jnfanterie und 2 Regimenter Cavallerie aus Volontairs bestan- den, war denselben Morgen bis Aqua nueva zurückgewichen. Wir verloren an Verwundeten und Todten 500, der Feind wohl das Zehn- fache und viele Deserteurs. Am 26. verließ der Feind Aqua nueva, wohin wir sofort unser Lager verlegten. Am 2. März machten wir eine Erpedition nach dem nächsten Roncho ( Landgut ) 35 M. entfernt, und nach Jncarnacion, wo wir einige 1000 Mann Uhlanen ge- fangen zu nehmen hofften. Wir fanden aber das Nest schon leer; nur von schwer Blessirten wimmelte es noch, denen Santa Ana nichts als geröstetes Maiskorn zurückgelassen hatte. Unsere Soldaten gaben ihnen, was sie entbehren konnten. Nachdem wir der noch vorgefunde- nen Mannschaft, wobei mehrere von ihren Frauen gepflegte Officiere, den Eid abgenommen, nie wieder gegen die Vereinigten Staaten zu fechten, kehrten wir in unser Lager zurück. Die mericanische Armee ist zersprengt und in traurigem Zustande bis St. Louis Potosi ge- kommen, und Santa Ana wird sie schwerlich wieder sammeln können, auch wenn er nicht, wie es wahrscheinlich ist, der Verbannung oder einem noch schlimmeren Schicksale anheimfällt. Am 26. Februar fand auch bei San Francisco, zwischen Saltillo und Monterey, ein Gefecht Statt zwischen Gen. Urea, der mehrere Regimenter Uh- lanen hatte, und zwischen einem Regiment Ohio=Volontairs, die auf dem Wege hierher waren. Auch dort sind die Mericaner mit großem Verluste in die Flucht geschlagen worden. Unsere Compagnie hat 7 Todte und 11 Verwundete, davon steht Dir, lieber Bruder Theodor, wahrscheinlich Alerander Conze nahe; denn er sagte mir, daß er mit Dir, zusammen studirt habe. Seine Mutter lebt in Bückeburg, in Celle muß ein Verwandter von ihm, Hr. Canzlei = Procurator Conze wohnen. Er war ein braver Mann, ungefähr 27 -- 28 Jahr alt, hatte Unterricht gegeben in letzterer Zeit in Milwaukie, Wis- consin. Er hatte sich jeden zum Freunde erworben, der ihn kennen lernte, und Alle betrauern seinen Verlust; doch er starb auf dem Felde der Ehre, und ich bin gewiß, er hat sich keinen schönern Tod gewünscht! Sein Nachlaß, eine goldene Kette, Brieftasche ec. werden wir auf irgend eine Weise seinen Verwandten zurückzustellen suchen. Lebt wohl! Grüßt meine Freunde. Euer treuer E. Wedekind.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 41. Rudolstadt, 12. Juli 1847, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer41_1847/6>, abgerufen am 23.11.2024.