Badener Zeitung. Nr. 95, Baden (Niederösterreich), 25.11.1896. Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.--. Mit Zustellung ins Haus Baden: Vierteljährig fl. 1.50, halbjährig fl. 3.-- Nr. 95. Mittwoch den 25. November 1896. 16. Jahrg. [Spaltenumbruch] Politische Uebersicht. Den politischen Parteien Oesterreichs ist In Wien hätte Samstag eine Ehrenbeleidi- Das Abgeordnetenhaus ist in die Berathung Das Herrenhaus hat alle auf seiner Tages- Parlamentarische Schrecken- berger. Nachdem sie Versammlungen gesprengt, den [Spaltenumbruch] Feuilleton. Wie man auf Erden zu einer Frau kommt. (Nachdruck verboten.) Unendlich verschieden bei den gesitteten Völkern Betrachtet man aber die weniger oder gar nicht Vor Allem sind es drei Arten des Frauen- Der Raub der Sabinerinnen beweist, daß der Die Sitte, durch Dienst bei den Schwieger- Der Grundgedanke, auf dem diese Auffassung Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig fl. 1.50, halbjährig fl. 3.— Nr. 95. Mittwoch den 25. November 1896. 16. Jahrg. [Spaltenumbruch] Politiſche Ueberſicht. Den politiſchen Parteien Oeſterreichs iſt In Wien hätte Samstag eine Ehrenbeleidi- Das Abgeordnetenhaus iſt in die Berathung Das Herrenhaus hat alle auf ſeiner Tages- Parlamentariſche Schrecken- berger. Nachdem ſie Verſammlungen geſprengt, den [Spaltenumbruch] Feuilleton. Wie man auf Erden zu einer Frau kommt. (Nachdruck verboten.) 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Wie verſtändnißinnig<lb/> dieſe Worte gleich an Ort und Stelle aufgefaßt<lb/> wurden, zeigt die darauffolgende Rede des Landes-<lb/> hauptmannes Grafen Rhomberg, welcher es be-<lb/> grüßte, daß der Bezirkshauptmann in ſo beredter<lb/> Weiſe den Standpunkt ſeiner eigenen Perſon,<lb/> ſowie den der Staatsregierung zum Ausdrucke<lb/> gebracht habe, und bemerkte, es müſſe das die<lb/> Clericalen ermuthigen, auf dem betretenen Wege<lb/> auszuharren, denn die Verhältniſſe hätten ſich<lb/> heute weſentlich geändert und man ſehe nun auch<lb/> in Regierungskreiſen ein, zu welchen Conſequenzen<lb/> der Liberalismus führe. — Wir glauben, daß<lb/> mehr zu ſagen, abſolut nicht mehr nothwendig<lb/> iſt. Die Vereinigte Linke hat ſeinerzeit die Re-<lb/> gierung wegen der Rede Thun’s auf dem Salz-<lb/> burger Katholikentage interpellirt und eine Ant-<lb/> wort erhalten, die gerade keine erbauliche genannt<lb/> werden kann. 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Badener Zeitung
(vormals Badener Bezirks-Blatt).
Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig fl. 1.50, halbjährig fl. 3.—
ganzjährig fl. 6 —. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig fl. 1.65, halbjährig fl. 3.25, ganzjährig fl. 6.50. Einzelne Mittwoch-Nummer 6 kr., Samstag-Nummer
8 kr. — Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 8 kr. für die erſte, und mit 7 kr. für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Ueber-
einkommen und können auch durch die beſtehenden Annoncen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mittheilungen, Notizen und Correſpon-
denzen werden nach Uebereinkunft honorirt. Manuſcripte werden nicht zurückgeſtellt.
[Abbildung]
Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.
[Abbildung]
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtrirtes Unterhaltungsblatt“.)
Nr. 95. Mittwoch den 25. November 1896. 16. Jahrg.
Politiſche Ueberſicht.
Den politiſchen Parteien Oeſterreichs iſt
Sonntag ein Licht aufgeſteckt worden über den
„neuen Curs“ der Regierung. War ſchon der
berüchtigte Salzburger Katholikentag danach an-
geth an, den clericalen Zug, von dem ſich die
Regierung des Grafen Badeni leiten läßt, ziem-
lich unverhüllt hervortreten zu laſſen, der vorige
Sonntag hat den vollgiltigen Beweis erbracht
für die Thatſache, daß Graf Badeni mit vollen
Segeln ins clericale Lager ſteuert, ja, daß er
ſich bereits längſt in deſſen Mitte befindet. Dem
Bezirkshauptmanne von Feldkirch in Vorarlberg
und dem Landeshauptmanne dieſes Landes war
es vorbehalten, in dieſer Sache volle Klarheit zu
ſchaffen. Gelegentlich der conſtituirenden Ver-
ſammlung eines katholiſchen Lehrervereines be-
grüßte auch Bezirkshauptmann Graf Schaffgotſch
den Verein namens der Regierung. Zuvörderſt
bedauerte er, daß unſere gegenwärtigen parla-
mentariſchen Verhältniſſe die ſofortige Einführung
der confeſſionellen Schule nicht geſtatten. Nach-
dem es aber als unumſtößlich anerkannt ſei, daß
das Leben der Staatsbürger auf derjenigen Re-
ligion aufgebaut ſein müſſe, welche die herrſchende
im Staate iſt, ſo empfiehlt der Vertreter der
Regierung bis auf Weiteres die Erreichung dieſes
Zieles auf anderem Wege, auf welchem den heute
geltenden Staatsgrundgeſetzen viel wirkſamer be-
gegnet werden kann, als auf dem offenen und
ehrlichen Wege der parlamentariſchen Action,
nämlich durch die „private Vereinigung“, das iſt
die Gründung von katholiſchen Lehrervereinen ...
Der Vertreter der Regierung beeilt ſich aber,
hinzuzufügen, „daß gegenwärtig die Regierung
jedenfalls nicht auf einem Standpunkte ſtehe,
welcher den clericalen Beſtrebungen feindſelig
wäre, und wenn es früher Zeiten gegeben habe,
wo feindſelige Strömungen herrſchten, ſo ſeien
dieſe Zeiten glücklicherweiſe vorüber und es
werde den katholiſchen Lehrern kein Hinderniß
mehr in den Weg gelegt werden, um das zu er-
reichen, was ſie wünſchen“. Wie verſtändnißinnig
dieſe Worte gleich an Ort und Stelle aufgefaßt
wurden, zeigt die darauffolgende Rede des Landes-
hauptmannes Grafen Rhomberg, welcher es be-
grüßte, daß der Bezirkshauptmann in ſo beredter
Weiſe den Standpunkt ſeiner eigenen Perſon,
ſowie den der Staatsregierung zum Ausdrucke
gebracht habe, und bemerkte, es müſſe das die
Clericalen ermuthigen, auf dem betretenen Wege
auszuharren, denn die Verhältniſſe hätten ſich
heute weſentlich geändert und man ſehe nun auch
in Regierungskreiſen ein, zu welchen Conſequenzen
der Liberalismus führe. — Wir glauben, daß
mehr zu ſagen, abſolut nicht mehr nothwendig
iſt. Die Vereinigte Linke hat ſeinerzeit die Re-
gierung wegen der Rede Thun’s auf dem Salz-
burger Katholikentage interpellirt und eine Ant-
wort erhalten, die gerade keine erbauliche genannt
werden kann. Die Ereigniſſe vom vorigen Sonntag
in Vorarlberg machen jede weitere Erörterung
über die letzten Ziele der Regierung Badeni’s
überflüſſig, und die Partei, welche jetzt noch über
ihr ferneres Verhalten dieſer Regierung gegen-
über tiefſinnige Betrachtungen anſtellen wollte,
würde ſich einfach tödtlich lächerlich machen. Für
die Liberalen Oeſterreichs gibt es fürderhin nur
mehr eine einzige Parole: Kampf um jeden Preis
gegen dieſe Regierung!
In Wien hätte Samstag eine Ehrenbeleidi-
gungs-Verhandlung gegen den Bürgermeiſter
Strobach ſtattfinden ſollen zwecks Behandlung
dreier Ehrverletzungsfälle, welche ſich dieſer zu
Schulden hatte kommen laſſen. Der Magiſtrats-
diurniſt Sepper, welchen Strobach einen Lügner
genannt hatte, und ein Einſpännerkutſcher, welcher
von dem Oberhaupte der Stadt Wien mit dem
Koſenamen „beſoffener Schweinkerl“ belegt worden
war, hatten die Klage angeſtrengt und eine Reihe
von Zeugen geführt. Aber weder dieſe, noch der
Angeklagte waren erſchienen. Der Richter ver-
urtheilte die nicht erſchienenen Zeugen zu Geld-
bußen und vertagte behufs abermaliger Vorladung
des Angeklagten die Verhandlung. Geſpannten
Blickes darf man dieſe Angelegenheit verfolgen.
Wenn es wahr ſein ſollte, daß die Vertagung
der Verhandlung ſo lange währen ſoll, bis der
Landtag einberufen und Strobach alsdann vor
jeder gerichtlichen Verfolgung geſchützt iſt, dann
iſt das öffentliche Rechtsbewußtſein ſchwer er-
ſchüttert. Wir können Derartiges aber von unſeren
Richtern nicht glauben; wir vermögen es leicht
zu faſſen, daß der Beleidiger ſich hinter ſeiner
Immunität verſteckt und in dieſem Beginnen von
ſeiner Clique, welche ja im Landtage die Majorität
hat, verſtändnißinnig unterſtützt wird, aber was
wir nicht glauben können, das iſt, daß ſich der
Arm der Gerechtigkeit dazu hergibt, dem Rechts-
gefühle aller anſtändigen Leute in dieſer Weiſe
Halt zu gebieten.
Das Abgeordnetenhaus iſt in die Berathung
der Geſetzt über die Regulirung der Beamten-
gehalte eingetreten, und man darf geſpannt ſein,
wie ſich dieſe Angelegenheit angeſichts der ab-
lehnenden Haltung der Regierung abwickeln wird.
Das Herrenhaus hat alle auf ſeiner Tages-
ordnung geſtandenen Geſetze erledigt und damit
eine der bedeutendſten Reformactionen abge-
ſchloſſen.
Parlamentariſche Schrecken-
berger.
Nachdem ſie Verſammlungen geſprengt, den
Gemeinderath, den Landtag mit ihrem Geſchrei
terroriſirt haben, verſuchen die Herren Antiſemiten
ihre Schreckenbergerei auch in den Reichsrath zu
übertragen. Verleumdung und Verdächtigung und
ſchließlich Vergewaltigung, das iſt ihr parla-
mentariſches Syſtem. Der Abgeordnete Noske
hat den antiſemitiſchen Murat’s, Danton’s und
Robespierre’s einmal die Wahrheit geſagt. Er
wies die gegen ihn, weil er Verſicherungsbeamter
iſt, vorgebrachten Verdächtigungen mit Verachtung
zurück, ſagte aber dem Dr. Lueger, Steiner u. ſ. w.
ins Geſicht, daß jeder bürgerliche Beruf ehren-
voller iſt, als der eines politiſchen Agitators, der
mit Geſinnungen aller Art hauſiren geht, ſo lange
Feuilleton.
Wie man auf Erden zu einer
Frau kommt.
(Nachdruck verboten.)
Unendlich verſchieden bei den geſitteten Völkern
iſt die Art und Weiſe, wie der Mann ſich ſeine
Lebensgefährtiu erwählt. Hier redet inmitten der
lauten Geſellſchaft ein ſtummer, heißer Blick, dort
girren die Liebenden unter blühendem Buſch mit-
einander, und während in einem Falle die Väter
und Mütter oder alten Tanten die Geſchicke zweier
Menſchen zuſammenknoten, ſucht und findet man
ſich im anderen Falle „auf dem nicht mehr unge-
wöhnlichen Wege“ der Zeitungsannonce oder durch
den Heiratsvermittler. In einem Punkte aber laufen
alle dieſe verſchiedenen Wege wieder zuſammen; ſind
die beiden, auf welche es ankommt, einig geworden,
dann erſcheint eines Tages der ſchüchterne Werber
im Frack und Cylinder bei den Eltern ſeiner Er-
korenen, um deren Jawort und Segen zu erbitten.
Und dann nimmt die Sache erſt recht den bekannten
Verlauf: Glückliche Brautzeit, fröhliche Hochzeit,
ſelige Flitterwochen, allmälige Abkühlung und
ſchließlich das ewige Einerlei des Ehejochs, bis
endlich der Tod den Schlußpunkt hinter das ſetzt,
was die Dichter ſo gern den Roman des Lebens
nennen.
Betrachtet man aber die weniger oder gar nicht
civiliſirten Völkerſchaften, ſo findet man dort eine
ganz andere Auffaſſung von der Stellung des Weibes
und damit zugleich auch einen anderen Werbungs-
modus um dasſelbe. Es gibt Volksſtämme, wie z. B.
einige Indianerſtämme Amerikas, welche das Weib
als ein Eigenthum betrachten, und bei ihnen wird
das Weib durch Wettkampf gewounen oder durch
irgend eine Kraftleiſtung. Bei ſolcher Werbungs-
weiſe iſt es allerdings um die ſchwächeren Männer
ſchlecht beſtellt; ſie müſſen entweder ohne Frauen
fertig zu werden ſuchen, oder diejenigen nehmen, die
ſonſt niemand mag.
Vor Allem ſind es drei Arten des Frauen-
erwerbes, die ſeit den älteſten Zeiten in der Geſchichte
der Menſchheit hervortreten und ſich bis auf den
heutigen Tag erhalten haben: Der Frauenraub, das
Dienen um die Braut und der Brautkauf.
Der Raub der Sabinerinnen beweist, daß der
Frauenraub ſchon im grauen Alterthum exiſtirte;
dasſelbe beweist auch der Raub der ſchönen Helena.
Auf dieſelbe Weiſe verſchaffen ſich heute noch manche
Völkerſchaften ihre Frauen. Ueberhaupt muß dieſe
Art des Frauenerwerbes früher viel verbreiteter
geweſen ſein. Dafür ſpricht am beſten der Umſtand,
daß bei einer ganzen Reihe von Völkern noch heute
der ſcheinbare Raub die ſymboliſche Form der Ehe-
ſchließung iſt. So iſt dies z. B. noch heute der Fall
auf Neu-Guinea, in Indien, bei den Mongolen, bei
ſibiriſchen Völkerſchaften, den Beduinen, den Völkern
des Kaukaſus, und bei verſchiedenen afrikaniſchen
Stämmen.
Die Sitte, durch Dienſt bei den Schwieger-
eltern die Zukünftige zu erwerben, iſt ebenfalls ſeit
uralten Zeiten bis auf den heutigen Tag gebräuchlich.
Diente doch ſchon Jakob um Lea und Rahel vierzehn
Jahre, und wurde David für ſeine Kriegsjahre mit
der Hand von Saul’s ſchöner Tochter Michal belohnt.
Wie damals iſt es noch heute bei vielen wilden
Völkern Gebrauch, ſich das Weib zu erdienen. So
iſt alſo der Dienſt des Mannes in der Familie der
Frau ein Entgelt für die Frau ſelber, welche ihm
nach Ablauf der Dienſtzeit in ſeine Hütte folgen muß.
Der Grundgedanke, auf dem dieſe Auffaſſung
beruht, iſt nämlich der, das Weib als eine Ware
zu betrachten, welche jeder für einen näher zu be-
ſtimmenden Preis zu erwerben berechtigt iſt, und
daraus bildete ſich naturgemäß die dritte, weit-
verbreitete Erwerbungsform der Braut, der Braut-
kauf, welcher bei allen Völkerſchaften der Erde auf
einer beſtimmten Entwickelungsſtufe gebräuchlich ge-
weſen ſein dürfte. Es kann daher nicht überraſchen,
daß derſelbe noch heute ungemein verbreitet iſt.
C. A. Funk.
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