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Die Bayerische Presse. Nr. 79. Würzburg, 2. April 1850.

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Die Bayerische Presse.

[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 79.
Würzburg, Dinstag den 2. April. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

Die Lehrstelle für Geographie und Geschichte
an der Landwirthschafts= und Gewerbsschule zu
Aschaffenburg wurde dem Professor am dortigen
Gymnasium August Abel verliehen.

Die Funktion eines Domorganisten zu Würz-
burg wurde dem Musik und Organisten Bartholo-
mäus Zellhahn dahier übertragen.

Deutschland.

München, 31. März. Jhre Majestät die
Kaiserin Mutter von Oesterreich hat an einige
hiesige, sehr bedürftige Arme 6000 fl. ausgetheilt.

München, 1. April. Die neueste Num-
mer der Leuchtkugeln ist mit Beschlag belegt und
der Verleger in Untersuchung genommen worden.

Frankfurt, 23. März. Hannovers Beitritt
zum großdeutschen Bunde wird, nach der Ansicht
von Personen, welche dem hannöverischen Mini-
sterium sehr nahe stehen, in ganz kurzer Zeit er-
folgen; durch den Beitritt Oesterreichs sind die
Anstände, welche man sowohl hier, als an der
Leine, gegen ein sofortiges Unterzeichnen der Ue-
bereinkunft vom 27. Februar erheben zu müssen
glaubte, beseitigt worden. Legationsrath Det-
mold, der mit Stüve in ununterbrochenem Brief-
wechsel stehen soll, hat seit dem Bekanntwerden
der einzelnen Artikel dieser Uebereinkunft eine an-
dere, und zwar bessere Meinung von dem neuen
Verfassungswerk gewonnen, als er sie aus vorher
ihm zugekommeuen, theilweise unrichtigen Notitzen
hatte schöpfen können; er wird, da die Sache in
Hannover so gut als entschieden ist, nun nicht --
wie gemeldet war -- dorthin abreisen, sondern
den weitern Verlauf der Dinge hier abwarten.
-- Von einer Verlängerung des Jnterim hört
man hier wenig, im Gegentheil glaubt man, daß
Oesterreich das Recht des Vorsitzes im deutschen
Bunde jetzt wieder thatsächlich zur Geltung brin-
gen werde, indem es den neuen Verfassungsent-
wurf nicht nur allen Bundesgliedern vorzulegen,
was bereits geschehen, sondern bei letzteren auch
das Gewicht seines ganzen Einflusses für dessen
Annahme in die Wagschale zu werfen entschlossen
sei. Ein anderer Weg, um zu einem endlichen
Ergebnisse zu gelangen, möchte bei der Zwiespäl-
tigkeit der Zusammensetzung der jetzigen Bundes-
Commission, und bei der Hartnäckigkeit Preußens
ohnehin kaum denkbar sein. Die neueste Wen-
dung der Schleswig = Holstein'schen Angelegenheit
scheint dieser Annahme zu Hilfe zu kommen; es
wird nicht leicht möglich werden, den übertriebe-
nen Forderungen derjenigen Partei in den Herzog-
thümern, welche dieselben förmlich und vollständig
von Dänemark losreißen will, um sie, wie kein
Hehl gemacht wird, dem preußischen Bundesstaat
einzuverleiben, fernhin Vorschub zu leisten, wenig-
stens nicht von großdeutscher Seite. Der König
von Dänemark ist und bleibt Herzog von Schles-
wig=Holstein, und als solcher Mitglied des deut-
schen Bundes, so lange der Mannsstamm noch
nicht ausgestorben ist; tritt aber dieser Fall ein,
dann erst wird die Frage entschieden werden müs-
sen, wer mit seiner Behauptung im Rechte sei,
die schleswig = holstein'sche Sonderpartei, oder die
dänische, welche -- sei es durch diese oder jene
[Spaltenumbruch] Verfassungsform -- die Monarchie in ihrem bis-
herigen Territorialbestande erhalten wissen will.
Dänemark hat auf seiner Seite Bundesgenossen,
deren Worte Bedeutung haben, und welche schlimm-
sten Falls durch eine keineswegs zu verachtende
Heeresmacht ihrer Ansicht Geltung zu verschaffen
sich versucht fühlen könnten. Es ware darum --
so däucht uns -- wohl zu überlegen, ob denn
Deutschland wirklich ein so großes Jnteresse habe,
gegen Dänemark in Waffen zu treten, es auf
ewig von dem gemeinsamen Mutterlande, der al-
ten Germania, abzulösen, und vielleicht gegen
Willen zum Vasallen Rußlands oder Englands
zu machen. Das Vorwalten deutschen Einflusses
in Kopenhagen, vermittelt durch den Verband der
Herzogthümer sowohl mit Deutschland, als mit
Dänemark, und gesetzlich normirt durch das alte,
von ganz Europa sanctionirte Bundesrecht, möchte
wahrlich dem Jnteresse Deutschlands näher liegen,
als die Durchführung einer erst seit wenigen Jah-
ren in Kiel aufgestellten, und mit der ganzen
Halsstarrigkeit des niedersächsischen Professoren-
thums verfochtenen Trennungspolitik, welche, im
Falle ihres Gelingens, innerhalb Deutschland die
Partei der Zwietracht stärken, und jenseits der
Königsau russischem oder englischem Einflusse zur
Herrschaft verhelfen wird. Man hat sich abge-
müht, für Deutschland eine Flotte zu schaffen,
mit etwas mehr Besonnenheit und weniger Vor-
urtheil, als von den gelehrten Herren in der
Paulskirche ihrerzeit entwickelt wurde, könnte man
vielleicht zu einer solchen Flotte ohne große Ko-
sten gelangen; man ziehe ganz Dänemark und
nicht blos die beiden Herzogthümer in den deut-
schen Bund, dann wird man eine solche erhalten,
ohne sie erst bauen zu müssen. Die Veranlas-
sung hierzu scheint dermalen günstiger, als je;
Oesterreich ist mit Magyaren und Lombarden dem
großdeutschen Bunde beigetreten, warum sollten
uns die Dänen weniger willkommen sein? Ge-
hören sie doch einem ächtgermanischen Stamme an,
dem gothischen, aus dessen Blut sogar ein guter
Theil des jetzigen Bayervolks entsprungen ist, was
man -- abgesehen von wohlbegründeten, geschicht-
lichen Nachweisen -- noch heute an so manchem
der beiden Völker gemeinsamen Charakterzuge er-
kennen kann. Der Ausdruck Jüten, Joten und
Gothen ist ohnehin ein und dasselbe Wort, nur
nach Verschiedenheit der Mundart anders ausge-
sprochen. Wer uns einwenden wollte, daß der
Däne auf dem deutschen Reichstage deutschfeind-
liche Richtungen verfolgen werde, der vergißt, daß
die Erde den Mond anzieht und nicht der Mond
die Erde, und daß, wenn bisher der Einfluß
Deutschlands in allen unsern Vor= und Neben-
landen ein verhältnißmäßig sehr geringer war,
dies daher kommt, daß seit zwei Jahrhunderten
der Geist unseres Volks auf Kirchenhader und
Schulgezänk, nicht aber auf Erkenntniß und Wah-
rung unserer nationalen Jnteressen gerichtet war.

F* Karlsruhe, 30. März. Der Kriegsmi-
nister der provisorischen Regierung, Major May-
erhofer
ist zu 16 Jahr Zuchthaus verurtheilt
worden. Der Lehrer und Literat Degen in Mann-
heim erhielt eine Zuchthausstrafe von 8 Jahren.

x Stuttgart, 29. März. Die Landesver-
sammlung ist vertagt, die Abgeordneten sind in
[Spaltenumbruch] ihre Heimath abgereist, auch die, welche als Aus-
schußmitglieder und in den Kommissionen zu ar-
beiten haben, um wenigstens die Feiertage zu
Hause zu genießen, und so ist es denn bei wie-
der eingetretener Ruhe und Stille uns vergönnt,
einige Rückblicke in unsere Lage und Verhältnisse
zu werfen, was ich heute und in nachfolgenden
Artikeln mit größtmöglichster Unbefangenheit und
Unparteilichkeit thue. Jch habe Jhnen in einem
meiner früheren Briefe die Aussicht ausgesprochen,
daß Regierung u. Volksvertretung sich, so weit auch
ihre Grundsätze im Allgemeinen auseinandergehen,
doch einigen werden. Wenn ich jedoch diese Aus-
sicht eröffnete, so geschah das keineswegs durch
eine Verkennung der Verhältnisse oder indem ich
mir selbst verborgen hatte, daß auch ein äußer-
liches Uebereinkommen, die im Jnnern, im Wesen
bestehende Kluft zwischen Beiden nicht auszufüllen
vermöge. Wenn diese Einigung zu Stande
kommt, so wird damit noch lange keine Freund-
schaft geschlossen, sondern die politische Nothwen-
digkeit führt nur eine Art Waffenstillstand herbei.
Daß kein Theil mehr beabsichtigte, geht z. B.
einestheils aus der Sprache des Staats - Anzei-
gers, aus der fortwährenden Strenge gegen die
Presse, andererseits aus dem Votum in Betreff
der Steuerhebung, aus der Wahl der 6 Com-
missäre zu den vertraulichen Conferenzen über die
Verfassungsrevision hervor. Unter diesen 6 Com-
missären sind drei ganz entschiedene Demokraten
der äußersten Färbung ( Mohl, Rödinger, Fetzer ) ,
zwei nicht minder Entschiedene in den Grundsätzen,
nur vielleicht milder in der Form und unter ge-
wissen Umständen wohl eher zu Transaktionen
geneigt ( A. Seeger, Pfeifer ) , und einer vom
rechten Centrum, der zwar nicht demokratische
Grundsätze hegt und nicht gerade auf das allge-
meine Stimmrecht versessen ist, wie die andern
fünf, der aber in der deutschen Frage es mit
Erfurt hält und über die Thronrede in dieser
Hinsicht sich so stark aussprach, wie keiner von
der äußersten Linken, das ist Reyscher. Ueb-
rigens wird doch versichert, es könne über den zu-
nächst zur Verhandlung kommenden Abschnitt der
Verfassung insofern möglicherweise eine Einigung
zu Stande kommen, als nach der Aeußerung eines
hohen und dem Könige sehr nahestehenden Staats-
manns ( man nennt den Frhrn. v. Linden ) die
Regierung geneigt sein solle, unter der Voraus-
setzung, das Wahlgesetz vom 1. Juli 1849 für
die II. Kammer bestehen zu lassen, wenn dagegen
die Landesversammlung eine 1. Kammer mit ent-
sprechendem Census zugestehe. Jndeß haben bis
jetzt solche Conferenzen noch nicht stattgefunden
Aber außer der Verfassungsrevision gibt es noch
eine große Menge Differenzpunkte zwischen der
demokratischen Mehrheit der Landesversammlung
und der Regierung, worüber uns schon ein flüch-
tiger Blick in den Rechenschafs = Bericht des
Ausschusses der Landesversammlung über seine
Amtsverwaltung in der Periode vom 22. Dez.
1849 bis zur Eröffnung der 2 verfassungsbera-
thenden Landesversammlung von 1850 belehrt,
worüber mein Nächstes das Nähere enthalten
soll. Die ultraconservative Partei zeigt sich indeß
fortwährend sehr unzufrieden über das, was sie
die größte Nachsicht mit der demokratischen Partei

Die Bayerische Presse.

[Beginn Spaltensatz]
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[Spaltenumbruch]

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Nr. 533.

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Nr. 79.
Würzburg, Dinstag den 2. April. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

Die Lehrstelle für Geographie und Geschichte
an der Landwirthschafts= und Gewerbsschule zu
Aschaffenburg wurde dem Professor am dortigen
Gymnasium August Abel verliehen.

Die Funktion eines Domorganisten zu Würz-
burg wurde dem Musik und Organisten Bartholo-
mäus Zellhahn dahier übertragen.

Deutschland.

München, 31. März. Jhre Majestät die
Kaiserin Mutter von Oesterreich hat an einige
hiesige, sehr bedürftige Arme 6000 fl. ausgetheilt.

München, 1. April. Die neueste Num-
mer der Leuchtkugeln ist mit Beschlag belegt und
der Verleger in Untersuchung genommen worden.

Frankfurt, 23. März. Hannovers Beitritt
zum großdeutschen Bunde wird, nach der Ansicht
von Personen, welche dem hannöverischen Mini-
sterium sehr nahe stehen, in ganz kurzer Zeit er-
folgen; durch den Beitritt Oesterreichs sind die
Anstände, welche man sowohl hier, als an der
Leine, gegen ein sofortiges Unterzeichnen der Ue-
bereinkunft vom 27. Februar erheben zu müssen
glaubte, beseitigt worden. Legationsrath Det-
mold, der mit Stüve in ununterbrochenem Brief-
wechsel stehen soll, hat seit dem Bekanntwerden
der einzelnen Artikel dieser Uebereinkunft eine an-
dere, und zwar bessere Meinung von dem neuen
Verfassungswerk gewonnen, als er sie aus vorher
ihm zugekommeuen, theilweise unrichtigen Notitzen
hatte schöpfen können; er wird, da die Sache in
Hannover so gut als entschieden ist, nun nicht --
wie gemeldet war -- dorthin abreisen, sondern
den weitern Verlauf der Dinge hier abwarten.
-- Von einer Verlängerung des Jnterim hört
man hier wenig, im Gegentheil glaubt man, daß
Oesterreich das Recht des Vorsitzes im deutschen
Bunde jetzt wieder thatsächlich zur Geltung brin-
gen werde, indem es den neuen Verfassungsent-
wurf nicht nur allen Bundesgliedern vorzulegen,
was bereits geschehen, sondern bei letzteren auch
das Gewicht seines ganzen Einflusses für dessen
Annahme in die Wagschale zu werfen entschlossen
sei. Ein anderer Weg, um zu einem endlichen
Ergebnisse zu gelangen, möchte bei der Zwiespäl-
tigkeit der Zusammensetzung der jetzigen Bundes-
Commission, und bei der Hartnäckigkeit Preußens
ohnehin kaum denkbar sein. Die neueste Wen-
dung der Schleswig = Holstein'schen Angelegenheit
scheint dieser Annahme zu Hilfe zu kommen; es
wird nicht leicht möglich werden, den übertriebe-
nen Forderungen derjenigen Partei in den Herzog-
thümern, welche dieselben förmlich und vollständig
von Dänemark losreißen will, um sie, wie kein
Hehl gemacht wird, dem preußischen Bundesstaat
einzuverleiben, fernhin Vorschub zu leisten, wenig-
stens nicht von großdeutscher Seite. Der König
von Dänemark ist und bleibt Herzog von Schles-
wig=Holstein, und als solcher Mitglied des deut-
schen Bundes, so lange der Mannsstamm noch
nicht ausgestorben ist; tritt aber dieser Fall ein,
dann erst wird die Frage entschieden werden müs-
sen, wer mit seiner Behauptung im Rechte sei,
die schleswig = holstein'sche Sonderpartei, oder die
dänische, welche -- sei es durch diese oder jene
[Spaltenumbruch] Verfassungsform -- die Monarchie in ihrem bis-
herigen Territorialbestande erhalten wissen will.
Dänemark hat auf seiner Seite Bundesgenossen,
deren Worte Bedeutung haben, und welche schlimm-
sten Falls durch eine keineswegs zu verachtende
Heeresmacht ihrer Ansicht Geltung zu verschaffen
sich versucht fühlen könnten. Es ware darum --
so däucht uns -- wohl zu überlegen, ob denn
Deutschland wirklich ein so großes Jnteresse habe,
gegen Dänemark in Waffen zu treten, es auf
ewig von dem gemeinsamen Mutterlande, der al-
ten Germania, abzulösen, und vielleicht gegen
Willen zum Vasallen Rußlands oder Englands
zu machen. Das Vorwalten deutschen Einflusses
in Kopenhagen, vermittelt durch den Verband der
Herzogthümer sowohl mit Deutschland, als mit
Dänemark, und gesetzlich normirt durch das alte,
von ganz Europa sanctionirte Bundesrecht, möchte
wahrlich dem Jnteresse Deutschlands näher liegen,
als die Durchführung einer erst seit wenigen Jah-
ren in Kiel aufgestellten, und mit der ganzen
Halsstarrigkeit des niedersächsischen Professoren-
thums verfochtenen Trennungspolitik, welche, im
Falle ihres Gelingens, innerhalb Deutschland die
Partei der Zwietracht stärken, und jenseits der
Königsau russischem oder englischem Einflusse zur
Herrschaft verhelfen wird. Man hat sich abge-
müht, für Deutschland eine Flotte zu schaffen,
mit etwas mehr Besonnenheit und weniger Vor-
urtheil, als von den gelehrten Herren in der
Paulskirche ihrerzeit entwickelt wurde, könnte man
vielleicht zu einer solchen Flotte ohne große Ko-
sten gelangen; man ziehe ganz Dänemark und
nicht blos die beiden Herzogthümer in den deut-
schen Bund, dann wird man eine solche erhalten,
ohne sie erst bauen zu müssen. Die Veranlas-
sung hierzu scheint dermalen günstiger, als je;
Oesterreich ist mit Magyaren und Lombarden dem
großdeutschen Bunde beigetreten, warum sollten
uns die Dänen weniger willkommen sein? Ge-
hören sie doch einem ächtgermanischen Stamme an,
dem gothischen, aus dessen Blut sogar ein guter
Theil des jetzigen Bayervolks entsprungen ist, was
man -- abgesehen von wohlbegründeten, geschicht-
lichen Nachweisen -- noch heute an so manchem
der beiden Völker gemeinsamen Charakterzuge er-
kennen kann. Der Ausdruck Jüten, Joten und
Gothen ist ohnehin ein und dasselbe Wort, nur
nach Verschiedenheit der Mundart anders ausge-
sprochen. Wer uns einwenden wollte, daß der
Däne auf dem deutschen Reichstage deutschfeind-
liche Richtungen verfolgen werde, der vergißt, daß
die Erde den Mond anzieht und nicht der Mond
die Erde, und daß, wenn bisher der Einfluß
Deutschlands in allen unsern Vor= und Neben-
landen ein verhältnißmäßig sehr geringer war,
dies daher kommt, daß seit zwei Jahrhunderten
der Geist unseres Volks auf Kirchenhader und
Schulgezänk, nicht aber auf Erkenntniß und Wah-
rung unserer nationalen Jnteressen gerichtet war.

F* Karlsruhe, 30. März. Der Kriegsmi-
nister der provisorischen Regierung, Major May-
erhofer
ist zu 16 Jahr Zuchthaus verurtheilt
worden. Der Lehrer und Literat Degen in Mann-
heim erhielt eine Zuchthausstrafe von 8 Jahren.

× Stuttgart, 29. März. Die Landesver-
sammlung ist vertagt, die Abgeordneten sind in
[Spaltenumbruch] ihre Heimath abgereist, auch die, welche als Aus-
schußmitglieder und in den Kommissionen zu ar-
beiten haben, um wenigstens die Feiertage zu
Hause zu genießen, und so ist es denn bei wie-
der eingetretener Ruhe und Stille uns vergönnt,
einige Rückblicke in unsere Lage und Verhältnisse
zu werfen, was ich heute und in nachfolgenden
Artikeln mit größtmöglichster Unbefangenheit und
Unparteilichkeit thue. Jch habe Jhnen in einem
meiner früheren Briefe die Aussicht ausgesprochen,
daß Regierung u. Volksvertretung sich, so weit auch
ihre Grundsätze im Allgemeinen auseinandergehen,
doch einigen werden. Wenn ich jedoch diese Aus-
sicht eröffnete, so geschah das keineswegs durch
eine Verkennung der Verhältnisse oder indem ich
mir selbst verborgen hatte, daß auch ein äußer-
liches Uebereinkommen, die im Jnnern, im Wesen
bestehende Kluft zwischen Beiden nicht auszufüllen
vermöge. Wenn diese Einigung zu Stande
kommt, so wird damit noch lange keine Freund-
schaft geschlossen, sondern die politische Nothwen-
digkeit führt nur eine Art Waffenstillstand herbei.
Daß kein Theil mehr beabsichtigte, geht z. B.
einestheils aus der Sprache des Staats - Anzei-
gers, aus der fortwährenden Strenge gegen die
Presse, andererseits aus dem Votum in Betreff
der Steuerhebung, aus der Wahl der 6 Com-
missäre zu den vertraulichen Conferenzen über die
Verfassungsrevision hervor. Unter diesen 6 Com-
missären sind drei ganz entschiedene Demokraten
der äußersten Färbung ( Mohl, Rödinger, Fetzer ) ,
zwei nicht minder Entschiedene in den Grundsätzen,
nur vielleicht milder in der Form und unter ge-
wissen Umständen wohl eher zu Transaktionen
geneigt ( A. Seeger, Pfeifer ) , und einer vom
rechten Centrum, der zwar nicht demokratische
Grundsätze hegt und nicht gerade auf das allge-
meine Stimmrecht versessen ist, wie die andern
fünf, der aber in der deutschen Frage es mit
Erfurt hält und über die Thronrede in dieser
Hinsicht sich so stark aussprach, wie keiner von
der äußersten Linken, das ist Reyscher. Ueb-
rigens wird doch versichert, es könne über den zu-
nächst zur Verhandlung kommenden Abschnitt der
Verfassung insofern möglicherweise eine Einigung
zu Stande kommen, als nach der Aeußerung eines
hohen und dem Könige sehr nahestehenden Staats-
manns ( man nennt den Frhrn. v. Linden ) die
Regierung geneigt sein solle, unter der Voraus-
setzung, das Wahlgesetz vom 1. Juli 1849 für
die II. Kammer bestehen zu lassen, wenn dagegen
die Landesversammlung eine 1. Kammer mit ent-
sprechendem Census zugestehe. Jndeß haben bis
jetzt solche Conferenzen noch nicht stattgefunden
Aber außer der Verfassungsrevision gibt es noch
eine große Menge Differenzpunkte zwischen der
demokratischen Mehrheit der Landesversammlung
und der Regierung, worüber uns schon ein flüch-
tiger Blick in den Rechenschafs = Bericht des
Ausschusses der Landesversammlung über seine
Amtsverwaltung in der Periode vom 22. Dez.
1849 bis zur Eröffnung der 2 verfassungsbera-
thenden Landesversammlung von 1850 belehrt,
worüber mein Nächstes das Nähere enthalten
soll. Die ultraconservative Partei zeigt sich indeß
fortwährend sehr unzufrieden über das, was sie
die größte Nachsicht mit der demokratischen Partei

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 79. Würzburg, Dinstag den 2. April. 1850. Amtliche Nachrichten. Die Lehrstelle für Geographie und Geschichte an der Landwirthschafts= und Gewerbsschule zu Aschaffenburg wurde dem Professor am dortigen Gymnasium August Abel verliehen. Die Funktion eines Domorganisten zu Würz- burg wurde dem Musik und Organisten Bartholo- mäus Zellhahn dahier übertragen. Deutschland. München, 31. März. Jhre Majestät die Kaiserin Mutter von Oesterreich hat an einige hiesige, sehr bedürftige Arme 6000 fl. ausgetheilt. München, 1. April. Die neueste Num- mer der Leuchtkugeln ist mit Beschlag belegt und der Verleger in Untersuchung genommen worden. Frankfurt, 23. März. Hannovers Beitritt zum großdeutschen Bunde wird, nach der Ansicht von Personen, welche dem hannöverischen Mini- sterium sehr nahe stehen, in ganz kurzer Zeit er- folgen; durch den Beitritt Oesterreichs sind die Anstände, welche man sowohl hier, als an der Leine, gegen ein sofortiges Unterzeichnen der Ue- bereinkunft vom 27. Februar erheben zu müssen glaubte, beseitigt worden. Legationsrath Det- mold, der mit Stüve in ununterbrochenem Brief- wechsel stehen soll, hat seit dem Bekanntwerden der einzelnen Artikel dieser Uebereinkunft eine an- dere, und zwar bessere Meinung von dem neuen Verfassungswerk gewonnen, als er sie aus vorher ihm zugekommeuen, theilweise unrichtigen Notitzen hatte schöpfen können; er wird, da die Sache in Hannover so gut als entschieden ist, nun nicht -- wie gemeldet war -- dorthin abreisen, sondern den weitern Verlauf der Dinge hier abwarten. -- Von einer Verlängerung des Jnterim hört man hier wenig, im Gegentheil glaubt man, daß Oesterreich das Recht des Vorsitzes im deutschen Bunde jetzt wieder thatsächlich zur Geltung brin- gen werde, indem es den neuen Verfassungsent- wurf nicht nur allen Bundesgliedern vorzulegen, was bereits geschehen, sondern bei letzteren auch das Gewicht seines ganzen Einflusses für dessen Annahme in die Wagschale zu werfen entschlossen sei. Ein anderer Weg, um zu einem endlichen Ergebnisse zu gelangen, möchte bei der Zwiespäl- tigkeit der Zusammensetzung der jetzigen Bundes- Commission, und bei der Hartnäckigkeit Preußens ohnehin kaum denkbar sein. Die neueste Wen- dung der Schleswig = Holstein'schen Angelegenheit scheint dieser Annahme zu Hilfe zu kommen; es wird nicht leicht möglich werden, den übertriebe- nen Forderungen derjenigen Partei in den Herzog- thümern, welche dieselben förmlich und vollständig von Dänemark losreißen will, um sie, wie kein Hehl gemacht wird, dem preußischen Bundesstaat einzuverleiben, fernhin Vorschub zu leisten, wenig- stens nicht von großdeutscher Seite. Der König von Dänemark ist und bleibt Herzog von Schles- wig=Holstein, und als solcher Mitglied des deut- schen Bundes, so lange der Mannsstamm noch nicht ausgestorben ist; tritt aber dieser Fall ein, dann erst wird die Frage entschieden werden müs- sen, wer mit seiner Behauptung im Rechte sei, die schleswig = holstein'sche Sonderpartei, oder die dänische, welche -- sei es durch diese oder jene Verfassungsform -- die Monarchie in ihrem bis- herigen Territorialbestande erhalten wissen will. Dänemark hat auf seiner Seite Bundesgenossen, deren Worte Bedeutung haben, und welche schlimm- sten Falls durch eine keineswegs zu verachtende Heeresmacht ihrer Ansicht Geltung zu verschaffen sich versucht fühlen könnten. Es ware darum -- so däucht uns -- wohl zu überlegen, ob denn Deutschland wirklich ein so großes Jnteresse habe, gegen Dänemark in Waffen zu treten, es auf ewig von dem gemeinsamen Mutterlande, der al- ten Germania, abzulösen, und vielleicht gegen Willen zum Vasallen Rußlands oder Englands zu machen. Das Vorwalten deutschen Einflusses in Kopenhagen, vermittelt durch den Verband der Herzogthümer sowohl mit Deutschland, als mit Dänemark, und gesetzlich normirt durch das alte, von ganz Europa sanctionirte Bundesrecht, möchte wahrlich dem Jnteresse Deutschlands näher liegen, als die Durchführung einer erst seit wenigen Jah- ren in Kiel aufgestellten, und mit der ganzen Halsstarrigkeit des niedersächsischen Professoren- thums verfochtenen Trennungspolitik, welche, im Falle ihres Gelingens, innerhalb Deutschland die Partei der Zwietracht stärken, und jenseits der Königsau russischem oder englischem Einflusse zur Herrschaft verhelfen wird. Man hat sich abge- müht, für Deutschland eine Flotte zu schaffen, mit etwas mehr Besonnenheit und weniger Vor- urtheil, als von den gelehrten Herren in der Paulskirche ihrerzeit entwickelt wurde, könnte man vielleicht zu einer solchen Flotte ohne große Ko- sten gelangen; man ziehe ganz Dänemark und nicht blos die beiden Herzogthümer in den deut- schen Bund, dann wird man eine solche erhalten, ohne sie erst bauen zu müssen. Die Veranlas- sung hierzu scheint dermalen günstiger, als je; Oesterreich ist mit Magyaren und Lombarden dem großdeutschen Bunde beigetreten, warum sollten uns die Dänen weniger willkommen sein? Ge- hören sie doch einem ächtgermanischen Stamme an, dem gothischen, aus dessen Blut sogar ein guter Theil des jetzigen Bayervolks entsprungen ist, was man -- abgesehen von wohlbegründeten, geschicht- lichen Nachweisen -- noch heute an so manchem der beiden Völker gemeinsamen Charakterzuge er- kennen kann. Der Ausdruck Jüten, Joten und Gothen ist ohnehin ein und dasselbe Wort, nur nach Verschiedenheit der Mundart anders ausge- sprochen. Wer uns einwenden wollte, daß der Däne auf dem deutschen Reichstage deutschfeind- liche Richtungen verfolgen werde, der vergißt, daß die Erde den Mond anzieht und nicht der Mond die Erde, und daß, wenn bisher der Einfluß Deutschlands in allen unsern Vor= und Neben- landen ein verhältnißmäßig sehr geringer war, dies daher kommt, daß seit zwei Jahrhunderten der Geist unseres Volks auf Kirchenhader und Schulgezänk, nicht aber auf Erkenntniß und Wah- rung unserer nationalen Jnteressen gerichtet war. F* Karlsruhe, 30. März. Der Kriegsmi- nister der provisorischen Regierung, Major May- erhofer ist zu 16 Jahr Zuchthaus verurtheilt worden. Der Lehrer und Literat Degen in Mann- heim erhielt eine Zuchthausstrafe von 8 Jahren. × Stuttgart, 29. März. Die Landesver- sammlung ist vertagt, die Abgeordneten sind in ihre Heimath abgereist, auch die, welche als Aus- schußmitglieder und in den Kommissionen zu ar- beiten haben, um wenigstens die Feiertage zu Hause zu genießen, und so ist es denn bei wie- der eingetretener Ruhe und Stille uns vergönnt, einige Rückblicke in unsere Lage und Verhältnisse zu werfen, was ich heute und in nachfolgenden Artikeln mit größtmöglichster Unbefangenheit und Unparteilichkeit thue. Jch habe Jhnen in einem meiner früheren Briefe die Aussicht ausgesprochen, daß Regierung u. Volksvertretung sich, so weit auch ihre Grundsätze im Allgemeinen auseinandergehen, doch einigen werden. Wenn ich jedoch diese Aus- sicht eröffnete, so geschah das keineswegs durch eine Verkennung der Verhältnisse oder indem ich mir selbst verborgen hatte, daß auch ein äußer- liches Uebereinkommen, die im Jnnern, im Wesen bestehende Kluft zwischen Beiden nicht auszufüllen vermöge. Wenn diese Einigung zu Stande kommt, so wird damit noch lange keine Freund- schaft geschlossen, sondern die politische Nothwen- digkeit führt nur eine Art Waffenstillstand herbei. Daß kein Theil mehr beabsichtigte, geht z. B. einestheils aus der Sprache des Staats - Anzei- gers, aus der fortwährenden Strenge gegen die Presse, andererseits aus dem Votum in Betreff der Steuerhebung, aus der Wahl der 6 Com- missäre zu den vertraulichen Conferenzen über die Verfassungsrevision hervor. Unter diesen 6 Com- missären sind drei ganz entschiedene Demokraten der äußersten Färbung ( Mohl, Rödinger, Fetzer ) , zwei nicht minder Entschiedene in den Grundsätzen, nur vielleicht milder in der Form und unter ge- wissen Umständen wohl eher zu Transaktionen geneigt ( A. Seeger, Pfeifer ) , und einer vom rechten Centrum, der zwar nicht demokratische Grundsätze hegt und nicht gerade auf das allge- meine Stimmrecht versessen ist, wie die andern fünf, der aber in der deutschen Frage es mit Erfurt hält und über die Thronrede in dieser Hinsicht sich so stark aussprach, wie keiner von der äußersten Linken, das ist Reyscher. Ueb- rigens wird doch versichert, es könne über den zu- nächst zur Verhandlung kommenden Abschnitt der Verfassung insofern möglicherweise eine Einigung zu Stande kommen, als nach der Aeußerung eines hohen und dem Könige sehr nahestehenden Staats- manns ( man nennt den Frhrn. v. Linden ) die Regierung geneigt sein solle, unter der Voraus- setzung, das Wahlgesetz vom 1. Juli 1849 für die II. Kammer bestehen zu lassen, wenn dagegen die Landesversammlung eine 1. Kammer mit ent- sprechendem Census zugestehe. Jndeß haben bis jetzt solche Conferenzen noch nicht stattgefunden Aber außer der Verfassungsrevision gibt es noch eine große Menge Differenzpunkte zwischen der demokratischen Mehrheit der Landesversammlung und der Regierung, worüber uns schon ein flüch- tiger Blick in den Rechenschafs = Bericht des Ausschusses der Landesversammlung über seine Amtsverwaltung in der Periode vom 22. Dez. 1849 bis zur Eröffnung der 2 verfassungsbera- thenden Landesversammlung von 1850 belehrt, worüber mein Nächstes das Nähere enthalten soll. Die ultraconservative Partei zeigt sich indeß fortwährend sehr unzufrieden über das, was sie die größte Nachsicht mit der demokratischen Partei

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 79. Würzburg, 2. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische079_1850/1>, abgerufen am 28.03.2024.