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Die Bayerische Presse. Nr. 121. Würzburg, 21. Mai 1850.

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[Spaltenumbruch] daß selbst aus demjenigen, was eher geeignet
scheint, des Vaterlandes Einigkeit zu spalten und
zu zerstören, dennoch dessen Glück, Kraft und Ei-
nigkeit hervorgehe. Sie werden Mich sehr ver-
binden, wenn Sie Mir auch ferner Jhre Ansich-
ten und Beobachtungen mittheilen wollen, die Jch
je nach Möglichkeit und Umständen gerne zum
Besten unseres Vaterlandes benützen werde.

Jhr aufrichtiger
Erzherzog
Johann."

Aus Triest wird berichtet: "Auf der öster-
reichischen Marine wird, wie schon erwähnt, eine
Ehrenflagge eingeführt, eine weiße und eine rothe.
Die weiße für solche Capitäne, welche einen
neuen Handelsweg nach entfernten Himmelsgigen-
den eröffnen, oder sich sonst durch Förderung der
Schiffahrt, durch Rettung von Schiffbrüchigen ec.
auszeichneten. Die rothe Flagge, zugleich eine
höhere Klasse, ist für Kapitäne, welche ihr Schiff
gegen Seeräuber oder im Seekriege vertheidigten,
oder der Kriegsflotte erheblichen Beistand leisteten.
Beide Flaggen führen in der Mitte den Doppel-
aar, auf der Rückseite die Worte viribus unitis,
auf der Vorderseite die weiße die Worte merito
navali
, die rothe fortitudini navali. Die
Stadt Triest treibt jetzt Summen zum Bau ei-
ner Dampffregatte auf, die den Namen Radetzky
führen soll. Der Marschall, davon benachrichtigt,
sagte dem Ausschuß, der für diesen Zweck zu-
sammengetreten war, seinen Dank und das be-
zügliche Schreiben, welches jetzt veröffentlicht
wird, schloß mit den Worten: "Sie hätten mich
wahrlich in keiner mehr hervortretender Weise
ehren können, als indem Sie meinen Namen mit
unserer Marine verschmelzen. Die Geschichte un-
serer Tage lehrte uns, daß Oesterreich eine ach-
tunggebietende Marine braucht, um seinen blü-
henden Handel zu beschützen und würdig seinen
Platz in dem europäischen Staatsgebäude ein-
zunehmen. Bald wird diese Jnstitution einen
neuen Aufschwung nehmen. Nicht mehr als Vor-
recht einer Provinz, einer Stadt, sondern als Ei-
genthum der ganzen Monarchie soll Oesterreichs
Flagge auf den Meeren wehen, und kein Fremder
wird unsere Küsten ohne Vertheidigung und un-
sern Handel ohne Schutz finden. Möchte mein
Name Glück und Sieg dem Schiff bringen, das
ihn zu führen bestimmt ist."

Die neuesten Briefe aus Triest vom 14.
Mai enthalten eine Beschreibung der feierlichen
Grundsteinlegung der Eisenbahn. Der Kaiser
führte Hammer und Kelle, der Bischof von Triest-
Capodistria las die Messe, und auch andere Kir-
chenfürsten -- der päpstliche außerordentliche Ge-
sandte, Cardinal Mocenigo, der Patriarch von
Venedig und der Bischof von Scutari -- wohn-
ten dem festlichen Act bei, der in der Weise des
19. Jahrhunderts das Land dem Meere vermählt,
Wien mit Triest, und durch Triest mit Athen,
Konstantinopel und Trapezunt verbindet. Es war,
seit das erste Dampfboot die Triester Rhede ver-
ließ, der bedeutendste Moment in der Geschichte
der ersten Seestadt der Monarchie.

Frankreich.

C Paris, 18. Mai. Gesetzgebende Versamm-
lung Sitzung vom 18. Mai. Den Vorsitz führt
Dupin. Duch e, Testelin, Quinette, Cassal, Del-
b es, A. Thouret, Beaune, Carnot, Baucel, Ch.
Lagrange, Landrin, Bourzat und andere Mon-
tagnards legen Antiwahlreformpetitionen mit zahl-
reichen Unterschriften nieder. Ch. Lagrange und
der Präsident zanken sich wegen einiger Bemerk-
ungen des erstern. -- Wolowski bringt eine Pe-
tition um Organisation des Grundeigenthumscre-
dits ohne Papiergeld und ohne Zwangscours. Der
Finanzminister überreicht einen Gesetzentwurf über
die corsischen Dampfboote und fordert die Dring-
lichkeit. An die Commission verwiesen. -- Der
Kriegsminister bringt einen Gesetzentwurf ein über
Pensionen der Unteroffiziere und Soldaten. Leon
Faucher liest den Rapport über die Wahlreform.
Derselbe erinnert kurz an die zu verschiedenen Zei-
ten geschehenen Erweiterungen und Beschräntungen
des Wahlrechtes. Keine Regierung sei jedoch so
[Spaltenumbruch] weit gegangen, als die Revolution von 1848,
Der Versuch konnte gefährlich erscheinen. Die
Constitution hat daher auch dem Gesetze die Or-
ganisation des allgemeinen Stimmrechtes über-
lassen. Bei jeder Wahl wurde das Resultat im-
mer schärfer, schlagender. Mehrere Repräsentan-
ten ergriffen die Jnitiative. Die Regierung
theilte endlich ihre Furcht und legte einen Ge-
setzentwurf vor. Die Commission hat nach Er-
wägung der Beweggründe, sich der Vorsicht der
Regierung angeschlossen. Sie dachte, das Ge-
setz gebe zu mancherlei Mißbräuchen Anlaß.
Unter Anderm ermöglicht es durch die bloß 6mo-
natliche Aufenthaltsdauer, während einer Legis-
laturperiode an verschiedenen Orten zu stimmen.
Die Commission von 1848 fordert keine andere
Garantie als die Wohnung. Man muß daher
dieser Garantie eine gewisse Basis geben. Die
Constitution spricht auch von der Wahlunfähigkeit.
Der gegenwärtige Entwurf ist in ihrem Geiste
abgefaßt, wenn er Vagabunden, Sträflinge u. Bett
ler von der Wahlurne weist. Wer ins einem Lande
wie ein Fremder herumzieht, ist darum schon mit
Recht verdächtig und kann bei Staatsgeschäften
nicht mit reden. Darin liege nicht nur keine
Constitutionsverletzung, sondern hohe Sittlichkeit,
Gerechtigkeit und Vorsicht. Das Gesetz schließt
die Unfähigen ohne Rücksicht auf ihre bisherige
Zulassung aus. Die Gegner des Entwurfs flüch-
ten sich hinter die organischen Gesetze. Sie woll-
ten für diese gerne die Unverletzlichkeit der Con-
stitution in Anspruch nehmen. Dies System kann
nicht geduldet werden. Nur die Constitution ist
unverletzlich. So setzt die Constitution das er-
forderliche Alter auf 21 Jahre fest. Dem kann
man nicht beikommen. Die aus der Constitution
entspringenden Gesetze haben aber keinen Theil an
dieser Unverletzlichkeit, denn sonst wäre jede ge-
setzgebende Versammlung ohnmächtig. -- Der Be-
richterstatter geht nun zur Untersuchung des Re-
gierungs=Entwurfs über. Die Commission glaubte
einige Abänderungen vorschlagen zu müssen. So
soll die dreijährige Anfenthaltsdauer sich auf den
Kanton ausdehnen. Kann die Einzeichnung in die
Personalstenerrolle nicht nachgewiesen werden, so
kann der Familienwohnsitz oder ein kleines Ge-
werbe dafür gelten. Oeffentliche Beamte sind eben-
falls wahlfähig, wenn sie 3 Jahre im Staatsdienst
stehen. Unter den Unfähigkeitsgründen begreift die
Commission 1 ) die Disciplinarstrafen der Militärs;
2 ) die Gefängnißstrafen für öffentliche Beleidigung
des Schamgefühls; 3 ) Preßvergehen gegen die Reli-
gion, die Familie und das Eigenthum. Die
Commission ist mit der halbjährigen Frist für
Ersatzwahlen einverstanden. Es ist dies ein Mit-
tel, häufige Aufregung zu vermeiden, Aufregun-
gen, deren Uebelstand im Departement der Seine
sich so beweinenswerth geoffenbart. Die Com-
mission ist für die Dringlichkeit. 3 Lesungen
mit Jntervallen zugestehen, hieße den Parteium-
trieben freies Spiel geben. Verletzt das Gesetz
die Constitution? Nein. Aber die Parteien wür-
den dies behaupten, vom Verzuge Nutzen ziehen,
um die gegenwärtige Sachlage hinzuhalten. Wir
stehen einer Krise gegenüber. Die Versammlung
muß ihr eine rasche Lösung geben. -- Der Be-
richterstatter verliest hierauf den Text des modifi-
cirten Gesetzentwurfes, welcher mit dem Berichte
gedruckt wird. Die Debatte wird auf Dienstag
festgesetzt. Man vermißte am Schlusse den Bei-
fall der Majorität. Die Montagne saß schwei-
gend da. -- Tagesordnung. Fortsetzung der
Budgetdebatte. Der gestern von Cremieux ein-
gebrachte Zusatz wird verworfen. Valette zieht
sein Amendement zurück. -- Bei der 5. Klasse
der Patente wird eine geringfügige Abänderung
angenommen. Art. 14 und 15 über Patente
solcher, die mehrere Gewerbe ausüben. Art. 16
und 17 über die hierher gehörigen Ausnahmen
werden ohne Debatte angenommen. Ebenso geht
es mit sämmtlichen folgenden Artikeln Vor der
Abstimmung beschließt über Aufforderung des Prä-
sidenten die Versammlung Montags keine Sitzung
zu halten. Stimmende 653. Dafür 473, da-
gegen 180. Das Einnahmebudget ist angenom-
[Spaltenumbruch] men. -- Die Sitzung wird aufgehoben, Montag
ist keine Sitzung.

C Paris, 18. Mai. Die Assemblee natio-
nale sagt heute, es könne die Geselschaft unter
der Herrschaft revolutionärer Drohungen nicht
länger bestehen. "Frankreich kann seine Ruhe,
seinen Wohlstand, seine Ehre nicht diesen Hand-
lungen aller schlechten Leidenschaften opfern, es
muß alle seine Mittel aufbieten, welche die Noth-
wendigkeit des öffentlichen Wohles ihm empfiehlt.
Wenn die Wühlerei nicht nachläßt, wenn die Ver-
schwörung sich vergrößert, wenn der Rath der ge-
mäßigten Presse, die Klagen der Majorität, die
Warnungen der Regierung nicht ausreichen, so
muß man zu heroischen Mitteln seine Zuflucht
nehmen. Der Gesellschaftskörper kann nicht an
Schwindsucht vergehen, wenn ihm der Ueberfluß
so nahe liegt. Er darf sich nicht vom Brand
verzehren lassen, wenn es so leicht ist, diese Mord-
brenner zu verjagen und zu züchtigen. Jst es
nicht endlich Zeit, die bedrohte Gesellschaft ener-
gisch zu vertheidigen, die Spitzfindigkeiten der
Fronde mit Füßen zu treten, die letzte Formel
caveant consules auszusprechen und einer dicta-
torischen
Gewalt die Vertheidigung des bedroh-
ten Landes, die Wiederherstellung der Ordnung,
die wahre Zukunft der Freiheit anzuvertrauen." --
Der gestrigen Soiree des Präsidenten der Repu-
blik wohnte das ganze diplomatische Corps mit
Ausnahme des Lord Normanby bei. Man be-
merkte auch die Hrn. Thiers, Broglie, Piscatory,
Bedeau und Grammont. -- Dem Dix Decem-
bre zu Folge hat die Polizei gestern Abend in
La Villette bei Paris eine heimliche Pulverfabrik
entdeckt. -- Gestern Abend in der Parteiversamm-
lung der rue Rivoli bestand Berryer auf der
Nothwendigkeit, für die Wahlreform unbedingt zu
stimmen. Es sei einer Maßregel der allgemeinen
Wohlfahrt und dürfe durch kein Amendement ge-
schmälert werden. Ein bestimmter Beschluß ward
nicht gefaßt. Heute Abend aber versammeln sich
alle Fraktionen der Majorität im Staatsraths-
gebäude.

Straßburg, 18. Mai. Es unterliegt nun kei-
nem Zweifel mehr, daß die im Elsaß befindlichen
Regimenter vollstandig auf den Kriegsfuß gesetzt
werden und neue Truppen=Verstärkungen bei uns
eintreffen. Da es in unserer Stadt an einer hin-
länglichen Zahl von Kasernen fehlt und man die
Einquartierungen bei den Bürgern vermeidet, so
werden die umliegenden Ortschaften auf der Linie
zwischen hier und Weissenburg Besatzungen erhal-
ten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Re-
gierung im Hinblick auf die große Militärmacht,
welche sie sowohl in Paris, als auch im Süden
und im südöstlichen Frankreich auf den Beinen
hält, zu einer neuen Aushebung ihre Zuflucht neh-
men muß. Die Bevolkerung wie das Militär
glaubt an Krieg, ohne sich sagen zu können, ge-
gen wen. Die Entwicklung der außerordentlichen
Streitkräfte hält die Ultra=Demokraten im Zaume.
Wird aber dieser halboffizielle Belagerungs=Zustand
auf die Dauer wohl möglich sein? -- Nicht ge-
ringes Aufsehen erregt hier die plötzlich erfolgte
Abberufung unseres Präfekten, des Hrn. Chanal.
Die conservative Partei, und, wie es scheint,
auch die Regierung, beschuldigt denselben, in den
Maßregeln gegen die Flüchtlinge nicht weit genug
gegangen zu sein; die Demokraten klagen ihn da-
gegen der Unmenschlichkeit an, und eines unserer
Lokal=Blätter brachte sogar vor einigen Tagen
die Nachricht, daß er drei Flüchtlinge mit der
Kette um den Hals habe forttransportiren lassen.
Der neu ernannte Präfekt unseres Departements,
Hr. West, welcher bisher an der Spitze der Ver-
waltung des oberrheinischen Departements stand,
gilt für einen monarchisch=gesinnten Beamten. Er
hat bei den letzten Wahlen großen Muth und
Einfluß zu Gunsten der Conservativen gezeigt,
was ihm wahrscheinlich die Beförderung hieher
verschafft hat.

   
Schweiz.

Bern, 15. Mai. Die Narrheit der Ultra-
radicalen, d. h. derjenigen Partei, welche ihren

[Spaltenumbruch] daß selbst aus demjenigen, was eher geeignet
scheint, des Vaterlandes Einigkeit zu spalten und
zu zerstören, dennoch dessen Glück, Kraft und Ei-
nigkeit hervorgehe. Sie werden Mich sehr ver-
binden, wenn Sie Mir auch ferner Jhre Ansich-
ten und Beobachtungen mittheilen wollen, die Jch
je nach Möglichkeit und Umständen gerne zum
Besten unseres Vaterlandes benützen werde.

Jhr aufrichtiger
Erzherzog
Johann.“

Aus Triest wird berichtet: „Auf der öster-
reichischen Marine wird, wie schon erwähnt, eine
Ehrenflagge eingeführt, eine weiße und eine rothe.
Die weiße für solche Capitäne, welche einen
neuen Handelsweg nach entfernten Himmelsgigen-
den eröffnen, oder sich sonst durch Förderung der
Schiffahrt, durch Rettung von Schiffbrüchigen ec.
auszeichneten. Die rothe Flagge, zugleich eine
höhere Klasse, ist für Kapitäne, welche ihr Schiff
gegen Seeräuber oder im Seekriege vertheidigten,
oder der Kriegsflotte erheblichen Beistand leisteten.
Beide Flaggen führen in der Mitte den Doppel-
aar, auf der Rückseite die Worte viribus unitis,
auf der Vorderseite die weiße die Worte merito
navali
, die rothe fortitudini navali. Die
Stadt Triest treibt jetzt Summen zum Bau ei-
ner Dampffregatte auf, die den Namen Radetzky
führen soll. Der Marschall, davon benachrichtigt,
sagte dem Ausschuß, der für diesen Zweck zu-
sammengetreten war, seinen Dank und das be-
zügliche Schreiben, welches jetzt veröffentlicht
wird, schloß mit den Worten: „Sie hätten mich
wahrlich in keiner mehr hervortretender Weise
ehren können, als indem Sie meinen Namen mit
unserer Marine verschmelzen. Die Geschichte un-
serer Tage lehrte uns, daß Oesterreich eine ach-
tunggebietende Marine braucht, um seinen blü-
henden Handel zu beschützen und würdig seinen
Platz in dem europäischen Staatsgebäude ein-
zunehmen. Bald wird diese Jnstitution einen
neuen Aufschwung nehmen. Nicht mehr als Vor-
recht einer Provinz, einer Stadt, sondern als Ei-
genthum der ganzen Monarchie soll Oesterreichs
Flagge auf den Meeren wehen, und kein Fremder
wird unsere Küsten ohne Vertheidigung und un-
sern Handel ohne Schutz finden. Möchte mein
Name Glück und Sieg dem Schiff bringen, das
ihn zu führen bestimmt ist.“

Die neuesten Briefe aus Triest vom 14.
Mai enthalten eine Beschreibung der feierlichen
Grundsteinlegung der Eisenbahn. Der Kaiser
führte Hammer und Kelle, der Bischof von Triest-
Capodistria las die Messe, und auch andere Kir-
chenfürsten -- der päpstliche außerordentliche Ge-
sandte, Cardinal Mocenigo, der Patriarch von
Venedig und der Bischof von Scutari -- wohn-
ten dem festlichen Act bei, der in der Weise des
19. Jahrhunderts das Land dem Meere vermählt,
Wien mit Triest, und durch Triest mit Athen,
Konstantinopel und Trapezunt verbindet. Es war,
seit das erste Dampfboot die Triester Rhede ver-
ließ, der bedeutendste Moment in der Geschichte
der ersten Seestadt der Monarchie.

Frankreich.

C Paris, 18. Mai. Gesetzgebende Versamm-
lung Sitzung vom 18. Mai. Den Vorsitz führt
Dupin. Duch é, Testelin, Quinette, Cassal, Del-
b ès, A. Thouret, Beaune, Carnot, Baucel, Ch.
Lagrange, Landrin, Bourzat und andere Mon-
tagnards legen Antiwahlreformpetitionen mit zahl-
reichen Unterschriften nieder. Ch. Lagrange und
der Präsident zanken sich wegen einiger Bemerk-
ungen des erstern. -- Wolowski bringt eine Pe-
tition um Organisation des Grundeigenthumscre-
dits ohne Papiergeld und ohne Zwangscours. Der
Finanzminister überreicht einen Gesetzentwurf über
die corsischen Dampfboote und fordert die Dring-
lichkeit. An die Commission verwiesen. -- Der
Kriegsminister bringt einen Gesetzentwurf ein über
Pensionen der Unteroffiziere und Soldaten. Léon
Faucher liest den Rapport über die Wahlreform.
Derselbe erinnert kurz an die zu verschiedenen Zei-
ten geschehenen Erweiterungen und Beschräntungen
des Wahlrechtes. Keine Regierung sei jedoch so
[Spaltenumbruch] weit gegangen, als die Revolution von 1848,
Der Versuch konnte gefährlich erscheinen. Die
Constitution hat daher auch dem Gesetze die Or-
ganisation des allgemeinen Stimmrechtes über-
lassen. Bei jeder Wahl wurde das Resultat im-
mer schärfer, schlagender. Mehrere Repräsentan-
ten ergriffen die Jnitiative. Die Regierung
theilte endlich ihre Furcht und legte einen Ge-
setzentwurf vor. Die Commission hat nach Er-
wägung der Beweggründe, sich der Vorsicht der
Regierung angeschlossen. Sie dachte, das Ge-
setz gebe zu mancherlei Mißbräuchen Anlaß.
Unter Anderm ermöglicht es durch die bloß 6mo-
natliche Aufenthaltsdauer, während einer Legis-
laturperiode an verschiedenen Orten zu stimmen.
Die Commission von 1848 fordert keine andere
Garantie als die Wohnung. Man muß daher
dieser Garantie eine gewisse Basis geben. Die
Constitution spricht auch von der Wahlunfähigkeit.
Der gegenwärtige Entwurf ist in ihrem Geiste
abgefaßt, wenn er Vagabunden, Sträflinge u. Bett
ler von der Wahlurne weist. Wer ins einem Lande
wie ein Fremder herumzieht, ist darum schon mit
Recht verdächtig und kann bei Staatsgeschäften
nicht mit reden. Darin liege nicht nur keine
Constitutionsverletzung, sondern hohe Sittlichkeit,
Gerechtigkeit und Vorsicht. Das Gesetz schließt
die Unfähigen ohne Rücksicht auf ihre bisherige
Zulassung aus. Die Gegner des Entwurfs flüch-
ten sich hinter die organischen Gesetze. Sie woll-
ten für diese gerne die Unverletzlichkeit der Con-
stitution in Anspruch nehmen. Dies System kann
nicht geduldet werden. Nur die Constitution ist
unverletzlich. So setzt die Constitution das er-
forderliche Alter auf 21 Jahre fest. Dem kann
man nicht beikommen. Die aus der Constitution
entspringenden Gesetze haben aber keinen Theil an
dieser Unverletzlichkeit, denn sonst wäre jede ge-
setzgebende Versammlung ohnmächtig. -- Der Be-
richterstatter geht nun zur Untersuchung des Re-
gierungs=Entwurfs über. Die Commission glaubte
einige Abänderungen vorschlagen zu müssen. So
soll die dreijährige Anfenthaltsdauer sich auf den
Kanton ausdehnen. Kann die Einzeichnung in die
Personalstenerrolle nicht nachgewiesen werden, so
kann der Familienwohnsitz oder ein kleines Ge-
werbe dafür gelten. Oeffentliche Beamte sind eben-
falls wahlfähig, wenn sie 3 Jahre im Staatsdienst
stehen. Unter den Unfähigkeitsgründen begreift die
Commission 1 ) die Disciplinarstrafen der Militärs;
2 ) die Gefängnißstrafen für öffentliche Beleidigung
des Schamgefühls; 3 ) Preßvergehen gegen die Reli-
gion, die Familie und das Eigenthum. Die
Commission ist mit der halbjährigen Frist für
Ersatzwahlen einverstanden. Es ist dies ein Mit-
tel, häufige Aufregung zu vermeiden, Aufregun-
gen, deren Uebelstand im Departement der Seine
sich so beweinenswerth geoffenbart. Die Com-
mission ist für die Dringlichkeit. 3 Lesungen
mit Jntervallen zugestehen, hieße den Parteium-
trieben freies Spiel geben. Verletzt das Gesetz
die Constitution? Nein. Aber die Parteien wür-
den dies behaupten, vom Verzuge Nutzen ziehen,
um die gegenwärtige Sachlage hinzuhalten. Wir
stehen einer Krise gegenüber. Die Versammlung
muß ihr eine rasche Lösung geben. -- Der Be-
richterstatter verliest hierauf den Text des modifi-
cirten Gesetzentwurfes, welcher mit dem Berichte
gedruckt wird. Die Debatte wird auf Dienstag
festgesetzt. Man vermißte am Schlusse den Bei-
fall der Majorität. Die Montagne saß schwei-
gend da. -- Tagesordnung. Fortsetzung der
Budgetdebatte. Der gestern von Cremieux ein-
gebrachte Zusatz wird verworfen. Valette zieht
sein Amendement zurück. -- Bei der 5. Klasse
der Patente wird eine geringfügige Abänderung
angenommen. Art. 14 und 15 über Patente
solcher, die mehrere Gewerbe ausüben. Art. 16
und 17 über die hierher gehörigen Ausnahmen
werden ohne Debatte angenommen. Ebenso geht
es mit sämmtlichen folgenden Artikeln Vor der
Abstimmung beschließt über Aufforderung des Prä-
sidenten die Versammlung Montags keine Sitzung
zu halten. Stimmende 653. Dafür 473, da-
gegen 180. Das Einnahmebudget ist angenom-
[Spaltenumbruch] men. -- Die Sitzung wird aufgehoben, Montag
ist keine Sitzung.

C Paris, 18. Mai. Die Assemblee natio-
nale sagt heute, es könne die Geselschaft unter
der Herrschaft revolutionärer Drohungen nicht
länger bestehen. „Frankreich kann seine Ruhe,
seinen Wohlstand, seine Ehre nicht diesen Hand-
lungen aller schlechten Leidenschaften opfern, es
muß alle seine Mittel aufbieten, welche die Noth-
wendigkeit des öffentlichen Wohles ihm empfiehlt.
Wenn die Wühlerei nicht nachläßt, wenn die Ver-
schwörung sich vergrößert, wenn der Rath der ge-
mäßigten Presse, die Klagen der Majorität, die
Warnungen der Regierung nicht ausreichen, so
muß man zu heroischen Mitteln seine Zuflucht
nehmen. Der Gesellschaftskörper kann nicht an
Schwindsucht vergehen, wenn ihm der Ueberfluß
so nahe liegt. Er darf sich nicht vom Brand
verzehren lassen, wenn es so leicht ist, diese Mord-
brenner zu verjagen und zu züchtigen. Jst es
nicht endlich Zeit, die bedrohte Gesellschaft ener-
gisch zu vertheidigen, die Spitzfindigkeiten der
Fronde mit Füßen zu treten, die letzte Formel
caveant consules auszusprechen und einer dicta-
torischen
Gewalt die Vertheidigung des bedroh-
ten Landes, die Wiederherstellung der Ordnung,
die wahre Zukunft der Freiheit anzuvertrauen.“ --
Der gestrigen Soirée des Präsidenten der Repu-
blik wohnte das ganze diplomatische Corps mit
Ausnahme des Lord Normanby bei. Man be-
merkte auch die Hrn. Thiers, Broglie, Piscatory,
Bedeau und Grammont. -- Dem Dix Decem-
bre zu Folge hat die Polizei gestern Abend in
La Villette bei Paris eine heimliche Pulverfabrik
entdeckt. -- Gestern Abend in der Parteiversamm-
lung der rue Rivoli bestand Berryer auf der
Nothwendigkeit, für die Wahlreform unbedingt zu
stimmen. Es sei einer Maßregel der allgemeinen
Wohlfahrt und dürfe durch kein Amendement ge-
schmälert werden. Ein bestimmter Beschluß ward
nicht gefaßt. Heute Abend aber versammeln sich
alle Fraktionen der Majorität im Staatsraths-
gebäude.

Straßburg, 18. Mai. Es unterliegt nun kei-
nem Zweifel mehr, daß die im Elsaß befindlichen
Regimenter vollstandig auf den Kriegsfuß gesetzt
werden und neue Truppen=Verstärkungen bei uns
eintreffen. Da es in unserer Stadt an einer hin-
länglichen Zahl von Kasernen fehlt und man die
Einquartierungen bei den Bürgern vermeidet, so
werden die umliegenden Ortschaften auf der Linie
zwischen hier und Weissenburg Besatzungen erhal-
ten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Re-
gierung im Hinblick auf die große Militärmacht,
welche sie sowohl in Paris, als auch im Süden
und im südöstlichen Frankreich auf den Beinen
hält, zu einer neuen Aushebung ihre Zuflucht neh-
men muß. Die Bevolkerung wie das Militär
glaubt an Krieg, ohne sich sagen zu können, ge-
gen wen. Die Entwicklung der außerordentlichen
Streitkräfte hält die Ultra=Demokraten im Zaume.
Wird aber dieser halboffizielle Belagerungs=Zustand
auf die Dauer wohl möglich sein? -- Nicht ge-
ringes Aufsehen erregt hier die plötzlich erfolgte
Abberufung unseres Präfekten, des Hrn. Chanal.
Die conservative Partei, und, wie es scheint,
auch die Regierung, beschuldigt denselben, in den
Maßregeln gegen die Flüchtlinge nicht weit genug
gegangen zu sein; die Demokraten klagen ihn da-
gegen der Unmenschlichkeit an, und eines unserer
Lokal=Blätter brachte sogar vor einigen Tagen
die Nachricht, daß er drei Flüchtlinge mit der
Kette um den Hals habe forttransportiren lassen.
Der neu ernannte Präfekt unseres Departements,
Hr. West, welcher bisher an der Spitze der Ver-
waltung des oberrheinischen Departements stand,
gilt für einen monarchisch=gesinnten Beamten. Er
hat bei den letzten Wahlen großen Muth und
Einfluß zu Gunsten der Conservativen gezeigt,
was ihm wahrscheinlich die Beförderung hieher
verschafft hat.

   
Schweiz.

Bern, 15. Mai. Die Narrheit der Ultra-
radicalen, d. h. derjenigen Partei, welche ihren

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[0003] daß selbst aus demjenigen, was eher geeignet scheint, des Vaterlandes Einigkeit zu spalten und zu zerstören, dennoch dessen Glück, Kraft und Ei- nigkeit hervorgehe. Sie werden Mich sehr ver- binden, wenn Sie Mir auch ferner Jhre Ansich- ten und Beobachtungen mittheilen wollen, die Jch je nach Möglichkeit und Umständen gerne zum Besten unseres Vaterlandes benützen werde. Gratz, am 8. April 1850. Jhr aufrichtiger Erzherzog Johann.“ Aus Triest wird berichtet: „Auf der öster- reichischen Marine wird, wie schon erwähnt, eine Ehrenflagge eingeführt, eine weiße und eine rothe. Die weiße für solche Capitäne, welche einen neuen Handelsweg nach entfernten Himmelsgigen- den eröffnen, oder sich sonst durch Förderung der Schiffahrt, durch Rettung von Schiffbrüchigen ec. auszeichneten. Die rothe Flagge, zugleich eine höhere Klasse, ist für Kapitäne, welche ihr Schiff gegen Seeräuber oder im Seekriege vertheidigten, oder der Kriegsflotte erheblichen Beistand leisteten. Beide Flaggen führen in der Mitte den Doppel- aar, auf der Rückseite die Worte viribus unitis, auf der Vorderseite die weiße die Worte merito navali, die rothe fortitudini navali. Die Stadt Triest treibt jetzt Summen zum Bau ei- ner Dampffregatte auf, die den Namen Radetzky führen soll. Der Marschall, davon benachrichtigt, sagte dem Ausschuß, der für diesen Zweck zu- sammengetreten war, seinen Dank und das be- zügliche Schreiben, welches jetzt veröffentlicht wird, schloß mit den Worten: „Sie hätten mich wahrlich in keiner mehr hervortretender Weise ehren können, als indem Sie meinen Namen mit unserer Marine verschmelzen. Die Geschichte un- serer Tage lehrte uns, daß Oesterreich eine ach- tunggebietende Marine braucht, um seinen blü- henden Handel zu beschützen und würdig seinen Platz in dem europäischen Staatsgebäude ein- zunehmen. Bald wird diese Jnstitution einen neuen Aufschwung nehmen. Nicht mehr als Vor- recht einer Provinz, einer Stadt, sondern als Ei- genthum der ganzen Monarchie soll Oesterreichs Flagge auf den Meeren wehen, und kein Fremder wird unsere Küsten ohne Vertheidigung und un- sern Handel ohne Schutz finden. Möchte mein Name Glück und Sieg dem Schiff bringen, das ihn zu führen bestimmt ist.“ Die neuesten Briefe aus Triest vom 14. Mai enthalten eine Beschreibung der feierlichen Grundsteinlegung der Eisenbahn. Der Kaiser führte Hammer und Kelle, der Bischof von Triest- Capodistria las die Messe, und auch andere Kir- chenfürsten -- der päpstliche außerordentliche Ge- sandte, Cardinal Mocenigo, der Patriarch von Venedig und der Bischof von Scutari -- wohn- ten dem festlichen Act bei, der in der Weise des 19. Jahrhunderts das Land dem Meere vermählt, Wien mit Triest, und durch Triest mit Athen, Konstantinopel und Trapezunt verbindet. Es war, seit das erste Dampfboot die Triester Rhede ver- ließ, der bedeutendste Moment in der Geschichte der ersten Seestadt der Monarchie. Frankreich. C Paris, 18. Mai. Gesetzgebende Versamm- lung Sitzung vom 18. Mai. Den Vorsitz führt Dupin. Duch é, Testelin, Quinette, Cassal, Del- b ès, A. Thouret, Beaune, Carnot, Baucel, Ch. Lagrange, Landrin, Bourzat und andere Mon- tagnards legen Antiwahlreformpetitionen mit zahl- reichen Unterschriften nieder. Ch. Lagrange und der Präsident zanken sich wegen einiger Bemerk- ungen des erstern. -- Wolowski bringt eine Pe- tition um Organisation des Grundeigenthumscre- dits ohne Papiergeld und ohne Zwangscours. Der Finanzminister überreicht einen Gesetzentwurf über die corsischen Dampfboote und fordert die Dring- lichkeit. An die Commission verwiesen. -- Der Kriegsminister bringt einen Gesetzentwurf ein über Pensionen der Unteroffiziere und Soldaten. Léon Faucher liest den Rapport über die Wahlreform. Derselbe erinnert kurz an die zu verschiedenen Zei- ten geschehenen Erweiterungen und Beschräntungen des Wahlrechtes. Keine Regierung sei jedoch so weit gegangen, als die Revolution von 1848, Der Versuch konnte gefährlich erscheinen. Die Constitution hat daher auch dem Gesetze die Or- ganisation des allgemeinen Stimmrechtes über- lassen. Bei jeder Wahl wurde das Resultat im- mer schärfer, schlagender. Mehrere Repräsentan- ten ergriffen die Jnitiative. Die Regierung theilte endlich ihre Furcht und legte einen Ge- setzentwurf vor. Die Commission hat nach Er- wägung der Beweggründe, sich der Vorsicht der Regierung angeschlossen. Sie dachte, das Ge- setz gebe zu mancherlei Mißbräuchen Anlaß. Unter Anderm ermöglicht es durch die bloß 6mo- natliche Aufenthaltsdauer, während einer Legis- laturperiode an verschiedenen Orten zu stimmen. Die Commission von 1848 fordert keine andere Garantie als die Wohnung. Man muß daher dieser Garantie eine gewisse Basis geben. Die Constitution spricht auch von der Wahlunfähigkeit. Der gegenwärtige Entwurf ist in ihrem Geiste abgefaßt, wenn er Vagabunden, Sträflinge u. Bett ler von der Wahlurne weist. Wer ins einem Lande wie ein Fremder herumzieht, ist darum schon mit Recht verdächtig und kann bei Staatsgeschäften nicht mit reden. Darin liege nicht nur keine Constitutionsverletzung, sondern hohe Sittlichkeit, Gerechtigkeit und Vorsicht. Das Gesetz schließt die Unfähigen ohne Rücksicht auf ihre bisherige Zulassung aus. Die Gegner des Entwurfs flüch- ten sich hinter die organischen Gesetze. Sie woll- ten für diese gerne die Unverletzlichkeit der Con- stitution in Anspruch nehmen. Dies System kann nicht geduldet werden. Nur die Constitution ist unverletzlich. So setzt die Constitution das er- forderliche Alter auf 21 Jahre fest. Dem kann man nicht beikommen. Die aus der Constitution entspringenden Gesetze haben aber keinen Theil an dieser Unverletzlichkeit, denn sonst wäre jede ge- setzgebende Versammlung ohnmächtig. -- Der Be- richterstatter geht nun zur Untersuchung des Re- gierungs=Entwurfs über. Die Commission glaubte einige Abänderungen vorschlagen zu müssen. So soll die dreijährige Anfenthaltsdauer sich auf den Kanton ausdehnen. Kann die Einzeichnung in die Personalstenerrolle nicht nachgewiesen werden, so kann der Familienwohnsitz oder ein kleines Ge- werbe dafür gelten. Oeffentliche Beamte sind eben- falls wahlfähig, wenn sie 3 Jahre im Staatsdienst stehen. Unter den Unfähigkeitsgründen begreift die Commission 1 ) die Disciplinarstrafen der Militärs; 2 ) die Gefängnißstrafen für öffentliche Beleidigung des Schamgefühls; 3 ) Preßvergehen gegen die Reli- gion, die Familie und das Eigenthum. Die Commission ist mit der halbjährigen Frist für Ersatzwahlen einverstanden. Es ist dies ein Mit- tel, häufige Aufregung zu vermeiden, Aufregun- gen, deren Uebelstand im Departement der Seine sich so beweinenswerth geoffenbart. Die Com- mission ist für die Dringlichkeit. 3 Lesungen mit Jntervallen zugestehen, hieße den Parteium- trieben freies Spiel geben. Verletzt das Gesetz die Constitution? Nein. Aber die Parteien wür- den dies behaupten, vom Verzuge Nutzen ziehen, um die gegenwärtige Sachlage hinzuhalten. Wir stehen einer Krise gegenüber. Die Versammlung muß ihr eine rasche Lösung geben. -- Der Be- richterstatter verliest hierauf den Text des modifi- cirten Gesetzentwurfes, welcher mit dem Berichte gedruckt wird. Die Debatte wird auf Dienstag festgesetzt. Man vermißte am Schlusse den Bei- fall der Majorität. Die Montagne saß schwei- gend da. -- Tagesordnung. Fortsetzung der Budgetdebatte. Der gestern von Cremieux ein- gebrachte Zusatz wird verworfen. Valette zieht sein Amendement zurück. -- Bei der 5. Klasse der Patente wird eine geringfügige Abänderung angenommen. Art. 14 und 15 über Patente solcher, die mehrere Gewerbe ausüben. Art. 16 und 17 über die hierher gehörigen Ausnahmen werden ohne Debatte angenommen. Ebenso geht es mit sämmtlichen folgenden Artikeln Vor der Abstimmung beschließt über Aufforderung des Prä- sidenten die Versammlung Montags keine Sitzung zu halten. Stimmende 653. Dafür 473, da- gegen 180. Das Einnahmebudget ist angenom- men. -- Die Sitzung wird aufgehoben, Montag ist keine Sitzung. C Paris, 18. Mai. Die Assemblee natio- nale sagt heute, es könne die Geselschaft unter der Herrschaft revolutionärer Drohungen nicht länger bestehen. „Frankreich kann seine Ruhe, seinen Wohlstand, seine Ehre nicht diesen Hand- lungen aller schlechten Leidenschaften opfern, es muß alle seine Mittel aufbieten, welche die Noth- wendigkeit des öffentlichen Wohles ihm empfiehlt. Wenn die Wühlerei nicht nachläßt, wenn die Ver- schwörung sich vergrößert, wenn der Rath der ge- mäßigten Presse, die Klagen der Majorität, die Warnungen der Regierung nicht ausreichen, so muß man zu heroischen Mitteln seine Zuflucht nehmen. Der Gesellschaftskörper kann nicht an Schwindsucht vergehen, wenn ihm der Ueberfluß so nahe liegt. Er darf sich nicht vom Brand verzehren lassen, wenn es so leicht ist, diese Mord- brenner zu verjagen und zu züchtigen. Jst es nicht endlich Zeit, die bedrohte Gesellschaft ener- gisch zu vertheidigen, die Spitzfindigkeiten der Fronde mit Füßen zu treten, die letzte Formel caveant consules auszusprechen und einer dicta- torischen Gewalt die Vertheidigung des bedroh- ten Landes, die Wiederherstellung der Ordnung, die wahre Zukunft der Freiheit anzuvertrauen.“ -- Der gestrigen Soirée des Präsidenten der Repu- blik wohnte das ganze diplomatische Corps mit Ausnahme des Lord Normanby bei. Man be- merkte auch die Hrn. Thiers, Broglie, Piscatory, Bedeau und Grammont. -- Dem Dix Decem- bre zu Folge hat die Polizei gestern Abend in La Villette bei Paris eine heimliche Pulverfabrik entdeckt. -- Gestern Abend in der Parteiversamm- lung der rue Rivoli bestand Berryer auf der Nothwendigkeit, für die Wahlreform unbedingt zu stimmen. Es sei einer Maßregel der allgemeinen Wohlfahrt und dürfe durch kein Amendement ge- schmälert werden. Ein bestimmter Beschluß ward nicht gefaßt. Heute Abend aber versammeln sich alle Fraktionen der Majorität im Staatsraths- gebäude. Straßburg, 18. Mai. Es unterliegt nun kei- nem Zweifel mehr, daß die im Elsaß befindlichen Regimenter vollstandig auf den Kriegsfuß gesetzt werden und neue Truppen=Verstärkungen bei uns eintreffen. Da es in unserer Stadt an einer hin- länglichen Zahl von Kasernen fehlt und man die Einquartierungen bei den Bürgern vermeidet, so werden die umliegenden Ortschaften auf der Linie zwischen hier und Weissenburg Besatzungen erhal- ten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Re- gierung im Hinblick auf die große Militärmacht, welche sie sowohl in Paris, als auch im Süden und im südöstlichen Frankreich auf den Beinen hält, zu einer neuen Aushebung ihre Zuflucht neh- men muß. Die Bevolkerung wie das Militär glaubt an Krieg, ohne sich sagen zu können, ge- gen wen. Die Entwicklung der außerordentlichen Streitkräfte hält die Ultra=Demokraten im Zaume. Wird aber dieser halboffizielle Belagerungs=Zustand auf die Dauer wohl möglich sein? -- Nicht ge- ringes Aufsehen erregt hier die plötzlich erfolgte Abberufung unseres Präfekten, des Hrn. Chanal. Die conservative Partei, und, wie es scheint, auch die Regierung, beschuldigt denselben, in den Maßregeln gegen die Flüchtlinge nicht weit genug gegangen zu sein; die Demokraten klagen ihn da- gegen der Unmenschlichkeit an, und eines unserer Lokal=Blätter brachte sogar vor einigen Tagen die Nachricht, daß er drei Flüchtlinge mit der Kette um den Hals habe forttransportiren lassen. Der neu ernannte Präfekt unseres Departements, Hr. West, welcher bisher an der Spitze der Ver- waltung des oberrheinischen Departements stand, gilt für einen monarchisch=gesinnten Beamten. Er hat bei den letzten Wahlen großen Muth und Einfluß zu Gunsten der Conservativen gezeigt, was ihm wahrscheinlich die Beförderung hieher verschafft hat. ( K. Z. ) Schweiz. Bern, 15. Mai. Die Narrheit der Ultra- radicalen, d. h. derjenigen Partei, welche ihren

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 121. Würzburg, 21. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische121_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.