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Die Bayerische Presse. Nr. 192. Würzburg, 12. August 1850.

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Die Bayerische Presse.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 192.
Würzburg, Montag den 12. August. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

Würzburg. Die kgl. Regierung von Unter-
franken und Aschaffenburg erläßt im Jntelligenzblatt
folgende Bekanntmachung: "Die Nothstände der
ärmeren Volksklassen betreffend:" Die gegenwär-
tigen Nothstände der ärmeren, besitzlosen, arbei-
tenden Volksklassen haben nach den jüngsten Er-
fahrungen, wie in Deutschland überhaupt, so ins-
besondere auch in vielen Theilen des Königreichs
Bayern, namentlich aber im Kreise Unterfranken
und Aschaffenburg einen Grad erreicht, welcher
die volle Aufmerksamkeit der Staatsregierung und
Staats = Angehörigen in Anspruch nimmt, eine
wahre Lebensfrage für alle Stände bildet, und
gleich einem mächtig anschwellenden Strome, schnelle
wirksame, allseitige Hülfe gebietet. Die Quellen
liegen in einer vieljährigen Vergangenheit, und
sind so mannigfaltig als das Leben selbst. Es
würde deshalb ein arges Mißkennen der wahren
Lage der Dinge verrathen, sowie es andererseits
keineswegs für eine kluge Berechnung der Mög-
lichkeiten und Kräfte sprechen würde, wenn die so-
fortige Heilung tiefwurzelnder Schäden schon in
der nächsten Zukunft in sichere Aussicht gestellt
werden wollte. Allein es darf keine Zeit mehr
verloren, es muß rasch Hand an das Werk ge-
legt, und wenigstens für den Augenblick das Uebel
da angegriffen werden, wo die Hülfe am meisten
Noth thut und am ehesten gewährt werden kann.
Als die hervorragendsten Ursachen unserer derma-
ligen Nothstände dürfen indessen gewiß bezeichnet
werden: eine durch alle Stände fortwuchernde Ge-
nußsucht, Ungenügsamkeit, Sittenverderniß, un-
christliches Wesen, verwahrloste Kinder=Erziehung,
Ueberhandnahme außerehelichen Geburten, Losrei-
ßen der Dienstboten, Handwerksgesellen und Lehr-
linge von der Familie der Dienstherrschaften, Ar-
beitsscheue einerseits, sowie Mangel an Arbeits-
gelegenheiten andererseits, relative Uebervölkerung,
d. h. Mißverhältniß in manchen Gegenden zwi-
schen Subsistenz=Mitteln und der Menschenzahl,
Verrückung der natürlichen Grenzen zwischen dem
einfachen Gewerbsbetriebe und der Fabrikation im
Großen, endlich heillose Begriffs=Verwirrung hin-
sichtlich der natürlichen Gleichheitsrechte der Men-
schen.    ( Schluß f. )



Die radikale Partei.

( Schluß. ) Es ist wahr, dieselben Volksver-
führer, welche also das Volk an den Bettelstab
bringen möchten, reden viel von Ersparnissen aller
Art, welche sie in den Staatshaushalt einführen
möchten, von der Wohlfeilheit einer demokratischen
oder republikanischen Regierung, von Erniedrigung
der Besoldungen und Pensionen und damit von
Ermäßigung der Steuern und Abgaben; -- aber
das Wohlfeilste ist eben nicht immer das Beste,
und würde man diese Finanzausschüßler gewäh-
ren lassen, so käme es allerdings so weit, daß
am Ende gar keine Steuern mehr erhoben wür-
den, denn wo nichts ist, da hat der Kaiser selbst
das Recht verloren! Die Verwaltung mancher
Gemeinden unseres Landes ist seit dem Märzsturm
in die Hände der Radikalen übergegangen; diese
Gemeinden haben unterdessen ihre Erfahrungen
gemacht, und sehen wenigstens so viel ein, daß
[Spaltenumbruch] die Gemeinden dabei keine Ersparnisse, -- aber
Schulden gemacht haben! Wer aber das Wenige,
über das er gesetzt ist, schlecht verwaltet, sollte
der im Stande sein, über Vieles gesetzt zu wer-
den, ohne hier noch viel größeren Schaden anzu-
richten? -- Die Radikalen erkennen das Recht
der Mehrzahl an! Zwar sagt man: so viel
Köpfe, so viele Meinungen! und wenn man ge-
genwärtig Umfrage hält, selbst im demokratischen
Heerlager, so findet man auch in ihm, daß, bei
aller Uebereinstimmung im Zwecke, über die Mit-
tel, welche zu ihm führen, eine wilde Anarchie
herrscht. Jeden drückt der Schuh an einer andern
Stelle, und Jeder wünscht zunächst und vor Al-
lem Abhilfe seines Drucks! Aber wie wird nun
mit diesem Rechte der Mehrzahl selbst verfahren?
Man erklärt es aus der Mündigkeit und politi-
schen Reife des Volkes, welches auf der hohen
Stufe der Entwicklung angelangt sei, wo es sich
selbst regieren könne und müsse. Es ist schwer,
keine Satyre zu schreiben über diese Mündigkeits-
erklärung! Die Radikalen halten allerdings das
Volk für mündig, um es zu beschwatzen, zu be-
lügen und zu verblenden; sie halten es für mün-
dig, so lange es nach seiner Pfeife tanzt, und sich
von ihnen bevormunden läßt! Man höre, wie
bitter sie über diese Mündigkeit des Volkes hinter
den Coulissen spassen, wie sie über die Dummheit
und Leichtgläubigkeit des deutschen Michel spotten!
Doch nein, man muß nicht einmal der Vertraute
jener radikalen Leiter sein und an ihren speziellen
Berathungen bei verschlossener Thüren Theil neh-
men, um zu wissen, was sie unter der Mündigkeit
des Volkes verstehen. Warum schmeicheln sie dem
Volk? Weil sie es nicht für mündig halten!
Warum machen sie dem Volke Vorspiegelungen
von einer Zeit des Wohllebens, wo ihm gebratene
Tauben in den Mund fliegen werden? Weil sie
das Volk verachten und für einfältig halten!
Warum suchen sie das Volk zu bestechen, seine
Stimmen mit klingender oder schäumender Münze
zu erkaufen? Weil sie es für feil halten! Warum
kommt die konservative Partei zum Volke nicht
mit diesen maßlosen Versprechungen, nicht mit die-
sen Schmeichelworten, noch mit diesen Spenden?
Weil sie das Volk achtet, in Jedem des Volkes
einen Bruder kennt und seine Rechte nicht auf
dem Wahlmarkte feil bieten und versteigern lassen
will! Wir achten im Volke sittliche Wesen, deren
Glück und Wohlfahrt sich nur im gleichen Maße,
in welchem sich ihre Sittlichkeit hebt, heben kann.
Und diese Sittlichkeit ist für uns nicht das Werk
der Menschen; der modernen Bewegung, des neuen
Maßstabes, welchen der März und die Grund-
rechte an die Handlungen der Menschen gelegt
haben! sie ist für uns nicht jener vage Humani-
tarismus, jene selbstgemachte und sich akkommodi-
rende Moral unserer Tage, sondern die christliche
Moral, die Nachfolge in den Fußtapfen des äch-
ten Volksfreundes und Menschenfreundes, unseres
Herrn Jesu Christi! Gegenüber von jenen gleiß-
nerischen Mündigkeitserklärungen des Volkes ha-
ben wir einen untrüglichen Maßstab, der uns
sagt, wer frei sei, denn es steht geschrieben: Wen
der Sohn frei macht, der ist frei! Darum ken-
nen wir auch kein anderes Mittel, der Noth zu
steuern, kein besseres und sicheres Mittel, das
[Spaltenumbruch] Volk zu befreien und glücklich zu machen, als ein
ächtes lebendiges Christenthum, ein christliches Re-
giment und ein christliches Wohlleben. Was uns
von den Radikalen trennt, ist nicht bloß eine po-
litische Meinungsverschiedenheit; es ist nichts mehr
und nichts weniger, als andere Grundsätze der
Sittlichkeit und der Religion.

   
Landtagsabschied.

München, 29. Juli. ( Forts. ) §. 36. Aufhebung
der Ansprüche des Staats auf Alluvionen betr.
Auf den Uns von den beiden Kammern des Land-
tags vorgelegten Antrag um Vorlage eines Ge-
setzesentwurfs hinsichtlich der Aufhebung des dem
Staate zustehenden Rechts auf Alluvionen erwi-
dern Wir: daß eine solche Vorlage bisher noch
nicht erfolgen konnte, weil der inzwischen von Un-
serem Staatsministerium der Justiz hierüber vor-
bereitete Gesetzesentwurf noch der Berathung mit
Unsern übrigen einschlägigen Staatsministerien zu
unterliegen hat. §. 37. Verfahren in Heimaths=,
Ansäßigmachungs= und Gewerbssachen. Wir ha-
ben durch Unsere Entschließung vom 2. Juli l. J.
( Regier.=Bl. Nro. 38 ) angeordnet: daß 1 ) alle
nach §. 8, Abs. I. des Gesetzes vom 11. Sept.
1825 über die Heimath; 2 ) alle nach §. 9 des
Gesetzes vom 11. Septbr. 1825 und 11. Juli
1834 über Ansäßigmachung und Verehelichung;
endlich 3 ) alle nach Art. 10 Nr. 1, dann Nr. 10
Satz 1 und Abs. 3 des Gesetzes vom 11. Sept.
1825 über die Grundbestimmungen für das Ge-
werbswesen bei den Kreisregierungen zu erlassen-
den Beschlüsse in Zukunft collegial zu berathen
sind. Dem deßfalls an Uns gebrachten Wunsche
des Landtags ist hierdurch die vollste Rücksicht-
nahme zu Theil geworden. §. 38. Vollzug des
Gesetzes vom 4. Juni 1848 über die Aufhebung
der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, dann die Auf-
hebung, Fixirung und Ablösung von Grundlasten.
Auf die an Uns gebrachten Wünsche und Anträge
hinsichtlich des Vollzugs des Gesetzes vom 4. Juni
1848 über die Aufhebung der standes= und guts-
herrlichen Gerichtsbarkeit, die Aufhebung, Fixirung
und Ablösung von Grundlasten betr., erwidern
Wir: 1 ) Dem Antrag, daß zur Sicherung und
Erleichterung des Vollzugs von Art. 5 dieses Ge-
setzes ein Gesetzesentwurf in Ansehung der Weide-
rechte den Kammern vorgelegt werden möge, beab-
sichtigen Wir die sorgfältigste Würdigung und Be-
rücksichtigung zuzuwenden. 2 ) Wir weisen die mit
der Ueberwachung des Vollzugs des Grundlasten-
Ablösungsgesetzes beauftragten Staatsministerien
des Jnnern und der Finanzen, dann jenes des
Handels und der öffentlichen Arbeiten an, diejeni-
gen Wünsche und Anträge, welche sich auf die
Auslegung und Handhabung der gesetzlichen Be-
stimmungen beziehen, sorgfältigst zu beachten, den
ihnen mitgetheilten einzelnen Vorstellungen und
Beschwerden auf den Grund zu sehen, und für
die unverzügliche Abstellung der sich als gegrün-
det darstellenden Mißgriffe und Unzukömmlichkei-
ten Sorge zu tragen, so wie die sämmtlichen Ein-
gaben und Anträge nach genauer Prüfung bei der
Revision der Vorschriften über den Vollzug des
gedachten Gesetzes entsprechend zu benützen. §. 39.
Die Regulirung des Biersatzes und die Verhält-

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Würzburg, Montag den 12. August. 1850.


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franken und Aschaffenburg erläßt im Jntelligenzblatt
folgende Bekanntmachung: „Die Nothstände der
ärmeren Volksklassen betreffend:“ Die gegenwär-
tigen Nothstände der ärmeren, besitzlosen, arbei-
tenden Volksklassen haben nach den jüngsten Er-
fahrungen, wie in Deutschland überhaupt, so ins-
besondere auch in vielen Theilen des Königreichs
Bayern, namentlich aber im Kreise Unterfranken
und Aschaffenburg einen Grad erreicht, welcher
die volle Aufmerksamkeit der Staatsregierung und
Staats = Angehörigen in Anspruch nimmt, eine
wahre Lebensfrage für alle Stände bildet, und
gleich einem mächtig anschwellenden Strome, schnelle
wirksame, allseitige Hülfe gebietet. Die Quellen
liegen in einer vieljährigen Vergangenheit, und
sind so mannigfaltig als das Leben selbst. Es
würde deshalb ein arges Mißkennen der wahren
Lage der Dinge verrathen, sowie es andererseits
keineswegs für eine kluge Berechnung der Mög-
lichkeiten und Kräfte sprechen würde, wenn die so-
fortige Heilung tiefwurzelnder Schäden schon in
der nächsten Zukunft in sichere Aussicht gestellt
werden wollte. Allein es darf keine Zeit mehr
verloren, es muß rasch Hand an das Werk ge-
legt, und wenigstens für den Augenblick das Uebel
da angegriffen werden, wo die Hülfe am meisten
Noth thut und am ehesten gewährt werden kann.
Als die hervorragendsten Ursachen unserer derma-
ligen Nothstände dürfen indessen gewiß bezeichnet
werden: eine durch alle Stände fortwuchernde Ge-
nußsucht, Ungenügsamkeit, Sittenverderniß, un-
christliches Wesen, verwahrloste Kinder=Erziehung,
Ueberhandnahme außerehelichen Geburten, Losrei-
ßen der Dienstboten, Handwerksgesellen und Lehr-
linge von der Familie der Dienstherrschaften, Ar-
beitsscheue einerseits, sowie Mangel an Arbeits-
gelegenheiten andererseits, relative Uebervölkerung,
d. h. Mißverhältniß in manchen Gegenden zwi-
schen Subsistenz=Mitteln und der Menschenzahl,
Verrückung der natürlichen Grenzen zwischen dem
einfachen Gewerbsbetriebe und der Fabrikation im
Großen, endlich heillose Begriffs=Verwirrung hin-
sichtlich der natürlichen Gleichheitsrechte der Men-
schen.    ( Schluß f. )



Die radikale Partei.

( Schluß. ) Es ist wahr, dieselben Volksver-
führer, welche also das Volk an den Bettelstab
bringen möchten, reden viel von Ersparnissen aller
Art, welche sie in den Staatshaushalt einführen
möchten, von der Wohlfeilheit einer demokratischen
oder republikanischen Regierung, von Erniedrigung
der Besoldungen und Pensionen und damit von
Ermäßigung der Steuern und Abgaben; -- aber
das Wohlfeilste ist eben nicht immer das Beste,
und würde man diese Finanzausschüßler gewäh-
ren lassen, so käme es allerdings so weit, daß
am Ende gar keine Steuern mehr erhoben wür-
den, denn wo nichts ist, da hat der Kaiser selbst
das Recht verloren! Die Verwaltung mancher
Gemeinden unseres Landes ist seit dem Märzsturm
in die Hände der Radikalen übergegangen; diese
Gemeinden haben unterdessen ihre Erfahrungen
gemacht, und sehen wenigstens so viel ein, daß
[Spaltenumbruch] die Gemeinden dabei keine Ersparnisse, -- aber
Schulden gemacht haben! Wer aber das Wenige,
über das er gesetzt ist, schlecht verwaltet, sollte
der im Stande sein, über Vieles gesetzt zu wer-
den, ohne hier noch viel größeren Schaden anzu-
richten? -- Die Radikalen erkennen das Recht
der Mehrzahl an! Zwar sagt man: so viel
Köpfe, so viele Meinungen! und wenn man ge-
genwärtig Umfrage hält, selbst im demokratischen
Heerlager, so findet man auch in ihm, daß, bei
aller Uebereinstimmung im Zwecke, über die Mit-
tel, welche zu ihm führen, eine wilde Anarchie
herrscht. Jeden drückt der Schuh an einer andern
Stelle, und Jeder wünscht zunächst und vor Al-
lem Abhilfe seines Drucks! Aber wie wird nun
mit diesem Rechte der Mehrzahl selbst verfahren?
Man erklärt es aus der Mündigkeit und politi-
schen Reife des Volkes, welches auf der hohen
Stufe der Entwicklung angelangt sei, wo es sich
selbst regieren könne und müsse. Es ist schwer,
keine Satyre zu schreiben über diese Mündigkeits-
erklärung! Die Radikalen halten allerdings das
Volk für mündig, um es zu beschwatzen, zu be-
lügen und zu verblenden; sie halten es für mün-
dig, so lange es nach seiner Pfeife tanzt, und sich
von ihnen bevormunden läßt! Man höre, wie
bitter sie über diese Mündigkeit des Volkes hinter
den Coulissen spassen, wie sie über die Dummheit
und Leichtgläubigkeit des deutschen Michel spotten!
Doch nein, man muß nicht einmal der Vertraute
jener radikalen Leiter sein und an ihren speziellen
Berathungen bei verschlossener Thüren Theil neh-
men, um zu wissen, was sie unter der Mündigkeit
des Volkes verstehen. Warum schmeicheln sie dem
Volk? Weil sie es nicht für mündig halten!
Warum machen sie dem Volke Vorspiegelungen
von einer Zeit des Wohllebens, wo ihm gebratene
Tauben in den Mund fliegen werden? Weil sie
das Volk verachten und für einfältig halten!
Warum suchen sie das Volk zu bestechen, seine
Stimmen mit klingender oder schäumender Münze
zu erkaufen? Weil sie es für feil halten! Warum
kommt die konservative Partei zum Volke nicht
mit diesen maßlosen Versprechungen, nicht mit die-
sen Schmeichelworten, noch mit diesen Spenden?
Weil sie das Volk achtet, in Jedem des Volkes
einen Bruder kennt und seine Rechte nicht auf
dem Wahlmarkte feil bieten und versteigern lassen
will! Wir achten im Volke sittliche Wesen, deren
Glück und Wohlfahrt sich nur im gleichen Maße,
in welchem sich ihre Sittlichkeit hebt, heben kann.
Und diese Sittlichkeit ist für uns nicht das Werk
der Menschen; der modernen Bewegung, des neuen
Maßstabes, welchen der März und die Grund-
rechte an die Handlungen der Menschen gelegt
haben! sie ist für uns nicht jener vage Humani-
tarismus, jene selbstgemachte und sich akkommodi-
rende Moral unserer Tage, sondern die christliche
Moral, die Nachfolge in den Fußtapfen des äch-
ten Volksfreundes und Menschenfreundes, unseres
Herrn Jesu Christi! Gegenüber von jenen gleiß-
nerischen Mündigkeitserklärungen des Volkes ha-
ben wir einen untrüglichen Maßstab, der uns
sagt, wer frei sei, denn es steht geschrieben: Wen
der Sohn frei macht, der ist frei! Darum ken-
nen wir auch kein anderes Mittel, der Noth zu
steuern, kein besseres und sicheres Mittel, das
[Spaltenumbruch] Volk zu befreien und glücklich zu machen, als ein
ächtes lebendiges Christenthum, ein christliches Re-
giment und ein christliches Wohlleben. Was uns
von den Radikalen trennt, ist nicht bloß eine po-
litische Meinungsverschiedenheit; es ist nichts mehr
und nichts weniger, als andere Grundsätze der
Sittlichkeit und der Religion.

   
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München, 29. Juli. ( Forts. ) §. 36. Aufhebung
der Ansprüche des Staats auf Alluvionen betr.
Auf den Uns von den beiden Kammern des Land-
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setzesentwurfs hinsichtlich der Aufhebung des dem
Staate zustehenden Rechts auf Alluvionen erwi-
dern Wir: daß eine solche Vorlage bisher noch
nicht erfolgen konnte, weil der inzwischen von Un-
serem Staatsministerium der Justiz hierüber vor-
bereitete Gesetzesentwurf noch der Berathung mit
Unsern übrigen einschlägigen Staatsministerien zu
unterliegen hat. §. 37. Verfahren in Heimaths=,
Ansäßigmachungs= und Gewerbssachen. Wir ha-
ben durch Unsere Entschließung vom 2. Juli l. J.
( Regier.=Bl. Nro. 38 ) angeordnet: daß 1 ) alle
nach §. 8, Abs. I. des Gesetzes vom 11. Sept.
1825 über die Heimath; 2 ) alle nach §. 9 des
Gesetzes vom 11. Septbr. 1825 und 11. Juli
1834 über Ansäßigmachung und Verehelichung;
endlich 3 ) alle nach Art. 10 Nr. 1, dann Nr. 10
Satz 1 und Abs. 3 des Gesetzes vom 11. Sept.
1825 über die Grundbestimmungen für das Ge-
werbswesen bei den Kreisregierungen zu erlassen-
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sind. Dem deßfalls an Uns gebrachten Wunsche
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Gesetzes vom 4. Juni 1848 über die Aufhebung
der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, dann die Auf-
hebung, Fixirung und Ablösung von Grundlasten.
Auf die an Uns gebrachten Wünsche und Anträge
hinsichtlich des Vollzugs des Gesetzes vom 4. Juni
1848 über die Aufhebung der standes= und guts-
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und Ablösung von Grundlasten betr., erwidern
Wir: 1 ) Dem Antrag, daß zur Sicherung und
Erleichterung des Vollzugs von Art. 5 dieses Ge-
setzes ein Gesetzesentwurf in Ansehung der Weide-
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Auslegung und Handhabung der gesetzlichen Be-
stimmungen beziehen, sorgfältigst zu beachten, den
ihnen mitgetheilten einzelnen Vorstellungen und
Beschwerden auf den Grund zu sehen, und für
die unverzügliche Abstellung der sich als gegrün-
det darstellenden Mißgriffe und Unzukömmlichkei-
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gaben und Anträge nach genauer Prüfung bei der
Revision der Vorschriften über den Vollzug des
gedachten Gesetzes entsprechend zu benützen. §. 39.
Die Regulirung des Biersatzes und die Verhält-

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 192. Würzburg, Montag den 12. August. 1850. Amtliche Nachrichten. Würzburg. Die kgl. Regierung von Unter- franken und Aschaffenburg erläßt im Jntelligenzblatt folgende Bekanntmachung: „Die Nothstände der ärmeren Volksklassen betreffend:“ Die gegenwär- tigen Nothstände der ärmeren, besitzlosen, arbei- tenden Volksklassen haben nach den jüngsten Er- fahrungen, wie in Deutschland überhaupt, so ins- besondere auch in vielen Theilen des Königreichs Bayern, namentlich aber im Kreise Unterfranken und Aschaffenburg einen Grad erreicht, welcher die volle Aufmerksamkeit der Staatsregierung und Staats = Angehörigen in Anspruch nimmt, eine wahre Lebensfrage für alle Stände bildet, und gleich einem mächtig anschwellenden Strome, schnelle wirksame, allseitige Hülfe gebietet. Die Quellen liegen in einer vieljährigen Vergangenheit, und sind so mannigfaltig als das Leben selbst. Es würde deshalb ein arges Mißkennen der wahren Lage der Dinge verrathen, sowie es andererseits keineswegs für eine kluge Berechnung der Mög- lichkeiten und Kräfte sprechen würde, wenn die so- fortige Heilung tiefwurzelnder Schäden schon in der nächsten Zukunft in sichere Aussicht gestellt werden wollte. Allein es darf keine Zeit mehr verloren, es muß rasch Hand an das Werk ge- legt, und wenigstens für den Augenblick das Uebel da angegriffen werden, wo die Hülfe am meisten Noth thut und am ehesten gewährt werden kann. Als die hervorragendsten Ursachen unserer derma- ligen Nothstände dürfen indessen gewiß bezeichnet werden: eine durch alle Stände fortwuchernde Ge- nußsucht, Ungenügsamkeit, Sittenverderniß, un- christliches Wesen, verwahrloste Kinder=Erziehung, Ueberhandnahme außerehelichen Geburten, Losrei- ßen der Dienstboten, Handwerksgesellen und Lehr- linge von der Familie der Dienstherrschaften, Ar- beitsscheue einerseits, sowie Mangel an Arbeits- gelegenheiten andererseits, relative Uebervölkerung, d. h. Mißverhältniß in manchen Gegenden zwi- schen Subsistenz=Mitteln und der Menschenzahl, Verrückung der natürlichen Grenzen zwischen dem einfachen Gewerbsbetriebe und der Fabrikation im Großen, endlich heillose Begriffs=Verwirrung hin- sichtlich der natürlichen Gleichheitsrechte der Men- schen. ( Schluß f. ) Die radikale Partei. ( Schluß. ) Es ist wahr, dieselben Volksver- führer, welche also das Volk an den Bettelstab bringen möchten, reden viel von Ersparnissen aller Art, welche sie in den Staatshaushalt einführen möchten, von der Wohlfeilheit einer demokratischen oder republikanischen Regierung, von Erniedrigung der Besoldungen und Pensionen und damit von Ermäßigung der Steuern und Abgaben; -- aber das Wohlfeilste ist eben nicht immer das Beste, und würde man diese Finanzausschüßler gewäh- ren lassen, so käme es allerdings so weit, daß am Ende gar keine Steuern mehr erhoben wür- den, denn wo nichts ist, da hat der Kaiser selbst das Recht verloren! Die Verwaltung mancher Gemeinden unseres Landes ist seit dem Märzsturm in die Hände der Radikalen übergegangen; diese Gemeinden haben unterdessen ihre Erfahrungen gemacht, und sehen wenigstens so viel ein, daß die Gemeinden dabei keine Ersparnisse, -- aber Schulden gemacht haben! Wer aber das Wenige, über das er gesetzt ist, schlecht verwaltet, sollte der im Stande sein, über Vieles gesetzt zu wer- den, ohne hier noch viel größeren Schaden anzu- richten? -- Die Radikalen erkennen das Recht der Mehrzahl an! Zwar sagt man: so viel Köpfe, so viele Meinungen! und wenn man ge- genwärtig Umfrage hält, selbst im demokratischen Heerlager, so findet man auch in ihm, daß, bei aller Uebereinstimmung im Zwecke, über die Mit- tel, welche zu ihm führen, eine wilde Anarchie herrscht. Jeden drückt der Schuh an einer andern Stelle, und Jeder wünscht zunächst und vor Al- lem Abhilfe seines Drucks! Aber wie wird nun mit diesem Rechte der Mehrzahl selbst verfahren? Man erklärt es aus der Mündigkeit und politi- schen Reife des Volkes, welches auf der hohen Stufe der Entwicklung angelangt sei, wo es sich selbst regieren könne und müsse. Es ist schwer, keine Satyre zu schreiben über diese Mündigkeits- erklärung! Die Radikalen halten allerdings das Volk für mündig, um es zu beschwatzen, zu be- lügen und zu verblenden; sie halten es für mün- dig, so lange es nach seiner Pfeife tanzt, und sich von ihnen bevormunden läßt! Man höre, wie bitter sie über diese Mündigkeit des Volkes hinter den Coulissen spassen, wie sie über die Dummheit und Leichtgläubigkeit des deutschen Michel spotten! Doch nein, man muß nicht einmal der Vertraute jener radikalen Leiter sein und an ihren speziellen Berathungen bei verschlossener Thüren Theil neh- men, um zu wissen, was sie unter der Mündigkeit des Volkes verstehen. Warum schmeicheln sie dem Volk? Weil sie es nicht für mündig halten! Warum machen sie dem Volke Vorspiegelungen von einer Zeit des Wohllebens, wo ihm gebratene Tauben in den Mund fliegen werden? Weil sie das Volk verachten und für einfältig halten! Warum suchen sie das Volk zu bestechen, seine Stimmen mit klingender oder schäumender Münze zu erkaufen? Weil sie es für feil halten! Warum kommt die konservative Partei zum Volke nicht mit diesen maßlosen Versprechungen, nicht mit die- sen Schmeichelworten, noch mit diesen Spenden? Weil sie das Volk achtet, in Jedem des Volkes einen Bruder kennt und seine Rechte nicht auf dem Wahlmarkte feil bieten und versteigern lassen will! Wir achten im Volke sittliche Wesen, deren Glück und Wohlfahrt sich nur im gleichen Maße, in welchem sich ihre Sittlichkeit hebt, heben kann. Und diese Sittlichkeit ist für uns nicht das Werk der Menschen; der modernen Bewegung, des neuen Maßstabes, welchen der März und die Grund- rechte an die Handlungen der Menschen gelegt haben! sie ist für uns nicht jener vage Humani- tarismus, jene selbstgemachte und sich akkommodi- rende Moral unserer Tage, sondern die christliche Moral, die Nachfolge in den Fußtapfen des äch- ten Volksfreundes und Menschenfreundes, unseres Herrn Jesu Christi! Gegenüber von jenen gleiß- nerischen Mündigkeitserklärungen des Volkes ha- ben wir einen untrüglichen Maßstab, der uns sagt, wer frei sei, denn es steht geschrieben: Wen der Sohn frei macht, der ist frei! Darum ken- nen wir auch kein anderes Mittel, der Noth zu steuern, kein besseres und sicheres Mittel, das Volk zu befreien und glücklich zu machen, als ein ächtes lebendiges Christenthum, ein christliches Re- giment und ein christliches Wohlleben. Was uns von den Radikalen trennt, ist nicht bloß eine po- litische Meinungsverschiedenheit; es ist nichts mehr und nichts weniger, als andere Grundsätze der Sittlichkeit und der Religion. ( W. St. A. ) Landtagsabschied. München, 29. Juli. ( Forts. ) §. 36. Aufhebung der Ansprüche des Staats auf Alluvionen betr. Auf den Uns von den beiden Kammern des Land- tags vorgelegten Antrag um Vorlage eines Ge- setzesentwurfs hinsichtlich der Aufhebung des dem Staate zustehenden Rechts auf Alluvionen erwi- dern Wir: daß eine solche Vorlage bisher noch nicht erfolgen konnte, weil der inzwischen von Un- serem Staatsministerium der Justiz hierüber vor- bereitete Gesetzesentwurf noch der Berathung mit Unsern übrigen einschlägigen Staatsministerien zu unterliegen hat. §. 37. Verfahren in Heimaths=, Ansäßigmachungs= und Gewerbssachen. Wir ha- ben durch Unsere Entschließung vom 2. Juli l. J. ( Regier.=Bl. Nro. 38 ) angeordnet: daß 1 ) alle nach §. 8, Abs. I. des Gesetzes vom 11. Sept. 1825 über die Heimath; 2 ) alle nach §. 9 des Gesetzes vom 11. Septbr. 1825 und 11. Juli 1834 über Ansäßigmachung und Verehelichung; endlich 3 ) alle nach Art. 10 Nr. 1, dann Nr. 10 Satz 1 und Abs. 3 des Gesetzes vom 11. Sept. 1825 über die Grundbestimmungen für das Ge- werbswesen bei den Kreisregierungen zu erlassen- den Beschlüsse in Zukunft collegial zu berathen sind. Dem deßfalls an Uns gebrachten Wunsche des Landtags ist hierdurch die vollste Rücksicht- nahme zu Theil geworden. §. 38. Vollzug des Gesetzes vom 4. Juni 1848 über die Aufhebung der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, dann die Auf- hebung, Fixirung und Ablösung von Grundlasten. Auf die an Uns gebrachten Wünsche und Anträge hinsichtlich des Vollzugs des Gesetzes vom 4. Juni 1848 über die Aufhebung der standes= und guts- herrlichen Gerichtsbarkeit, die Aufhebung, Fixirung und Ablösung von Grundlasten betr., erwidern Wir: 1 ) Dem Antrag, daß zur Sicherung und Erleichterung des Vollzugs von Art. 5 dieses Ge- setzes ein Gesetzesentwurf in Ansehung der Weide- rechte den Kammern vorgelegt werden möge, beab- sichtigen Wir die sorgfältigste Würdigung und Be- rücksichtigung zuzuwenden. 2 ) Wir weisen die mit der Ueberwachung des Vollzugs des Grundlasten- Ablösungsgesetzes beauftragten Staatsministerien des Jnnern und der Finanzen, dann jenes des Handels und der öffentlichen Arbeiten an, diejeni- gen Wünsche und Anträge, welche sich auf die Auslegung und Handhabung der gesetzlichen Be- stimmungen beziehen, sorgfältigst zu beachten, den ihnen mitgetheilten einzelnen Vorstellungen und Beschwerden auf den Grund zu sehen, und für die unverzügliche Abstellung der sich als gegrün- det darstellenden Mißgriffe und Unzukömmlichkei- ten Sorge zu tragen, so wie die sämmtlichen Ein- gaben und Anträge nach genauer Prüfung bei der Revision der Vorschriften über den Vollzug des gedachten Gesetzes entsprechend zu benützen. §. 39. Die Regulirung des Biersatzes und die Verhält-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 192. Würzburg, 12. August 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische192_1850/1>, abgerufen am 21.11.2024.