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Die Bayerische Presse. Nr. 201. Würzburg, 22. August 1850.

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[Spaltenumbruch] Blatt die Frage: "Was wir wollen?" in folgen-
der Weise: "Man fragt uns, was wir wollen?
Wir wollen es aufrichtig sagen: Wir wollen, was
das Land will, wenn es auf loyale Weise befragt
wird; wenn es sich selbst überlassen, ohne Clubbs
und ohne Wahlcommissare zu 10 Fr. täglich, ab-
stimmt. Wir sind überzeugt, daß das Volk, sei-
nen eigenen Gefühlen überlassen und in Berück-
sichtigung seiner wahren Bedürfnisse eine gute
Wahl treffen wird, der zu folgen wir entschlossen
sind. Wenn man das Kaiserthum annimmt, über
welches Frankreich befragt wurde, so waren seit
60 Jahren alle Regierungen nur von einer ge-
wissen Zahl Führer gegründet, welche die Nation
mit schönen Worten nach sich zogen, und Frank-
reich, das sich frei nannte, war in Wirklichkeit
nur das Eigenthum, die Sache, die Beute einiger
Parteien und einiger Zeitungen, die nach ihren
Leidenschaften oder nach ihrer Phantasie darüber
verfügten. Wenn diese friedlich miteinander leb-
ten, so hatte man Frieden; zankten sie sich, so
entstanden Unruhen, manchmal Revolutionen. Das
Land selbst wurde für nichts gerechnet und bildete
nur einen wesentlichen Theil des Gepäcks des
Ueberwundenen... Eine Verlängerung der Ge-
walt des Präsidenten der Republik ist in diesem
Augenblick eine aus dem Jnnersten des Landes
hervorgehende Nothwendigkeit. Zeit, Erfahrung,
Ueberlegung können Frankreich dahin bringen, nach-
her noch etwas Anderes zu wollen, dies ist aber
Sache der Zukunft; wir beschäftigen uns nur mit
der Gegenwart und mit dem, was uns die öffent-
liche Meinung unumwunden auszudrücken scheint.
Dies ist es, was wir wollen. Wir wollen es
ernstlich, weil es uns klar dargethan ist, daß das
Land es auch will; weil wir innig überzeugt sind,
daß in unserer Zeit dasselbe das einzige Mittel
ist, den demagogischen und communistischen Lehren
zu widerstehen und Frankreich zu retten.

C Paris, 18. August. "Bulletin de Paris"
veröffentlicht über den Aufenthalt des Präsidenten
Ludwig Bonaparte in Lyon folgenden Bericht:
Um11 1 / 2 Uhr begab er sich in den Wintergar-
ten, wo der Handelsstand ein Frühstück von 1200
Gedecken hatte bereiten lassen. Auf die an ihn
gerichtete Rede entgegnete der Präsident: Jch
danke dem Handel und der Jndustrie für die mir
gebrachten Glückwünsche und stimme ganz den
ausgedrückten Wünschen bei. Ordnung und Ver-
trauen wieder herstellen, baldmöglichst unsere gro-
ßen Eisenbahnlinien beendigen: dieß ist das Ziel
meiner Bestrebungen. Wenn bis jeßt keine glück-
licheren Ergebnisse erreicht wurden, so liegt die
Schuld, Sie wissen es, nicht an meiner Regie-
rung; je schneller Frankreich aber die regelmäßige
Bahn wieder betritt, desto schneller wird auch der
Wohlstand wiederkehren; denn die materiellen Jn-
teressen gedeihen nur durch die Entwickelung der
moralischen. Die Seele ist es, welche den Leib
regiert. Eine Regierung, welche ihre Politik auf
Habsucht, Selbstsucht und Furcht gründen wollte,
könnte nicht bestehen. Nein, nur im großartigen
Schutz der verschiedenen Zweige des öffentlichen
Reichthums, in Vertheidigung unserer Verbündeten
im Ausland, und indem wir die Fahne Frankreichs
hochflattern lassen, ist die Quelle der größten
Vortheile für ein ackerbau= und handeltreibendes,
industrielles Land. Ein solches System hat die
Ehre zur Grundlage, und die Ehre ist immer der
beste Führer." -- Dann fügte er mit gerührter
Stimme hinzu: Auf dem Punkte, abzureisen, er-
lauben Sie mir, Sie an berühmte Worte zu er-
innern. Doch nein, es wäre zu stolz von mir,
wollte ich sagen, wie der Kaiser: "Lyoner, ich
liebe Euch," das aber werden Sie mir gestatten,
von Grund meines Herzens zu sprechen: "Lyoner,
liebt mich!"

Schweiz.

Der "Tessiner Republicano" erinnert an die
zwei jungen Mädchen aus dem Kreise Bellinzona,
die im Jahre 1848 plötzlich verschwanden, ohne
daß man trotz allen Nachforschungen eine sichere
Spur von ihnen gefunden. Man hat nun in
neuerer Zeit eine Secte entdeckt und in der-
[Spaltenumbruch] selben eine der beiden Töchter wieder aufgefunden,
während die andere in Paris gestorben sein soll.
Der Patriarch dieser Secte heißt Giuseppe Ro-
mano und ist im Lombardischen eingesteckt. Er
spielte unter seinen Jüngern den Stellvertreter
Gottes auf Erden und forderte unbedingten Ge-
horsam von den Gläubigen. Unter den Glau-
bensartikeln will einer, daß von 12 reinen Jung-
frauen 12 Sterne oder rettende Engel der Welt
hervorgehen müssen. Dieses Werk der Weltver-
jüngung hat sich der h. Romano selbst vorbehal-
ten, und auch die beiden Mädchen von Bellinzona
haben Gnade vor seinem Auge gefunden. Die
würdig erachteten Jungfrauen folgten ihm auf al-
len seinen Reisen, und die Gesellschaft war in
letzter Zeit von Lyon her in Morbio angekom-
men. Der Tessiner Staatsrath hat über dieses
Weglocken seiner Mitbürgerinnen eine Untersu-
chung anbefohlen.

Jtalien.

Die "Jtalia" bringt fortwährend die gehäs-
sigsten Jnsinuationen gegen die Kirche; die " Con-
cordia ", die "Frusta", die "Opinione" ec. greisen
auf die unverschämteste Weise ihre Jnstitutionen
an, ohne daß es Jemand wagen darf, diesen
Schaudblättern zu nahe zu treten; wenn sie nur
Siccardi beloben, dann dürfen sie sagen, was sie
immer wollen. Mit den ministeriellen Organen
gehen sie soweit Hand in Hand, und sind ihre
getreuen Bundesgenossen. Was die ministeriellen
Organe von Piemont zu sagen sich nicht getrauen,
was die demagogischen Blätter nur als Gerücht
mitgetheilt haben, wird der "Kölnischen Zeitung"
von ihrem rothen Berichterstatter sogar " bestä-
tigt ". Wir können nicht umhin, dieses perfide
Gewebe hier wörtlich mitzutheilen: "Jch wollte
Jhnen in meinem letzten Berichte die mir mitge-
theilte Thatsache, daß man im Hause des Hrn.
Erzbischofes Fransoni Briefe und Pläne vorge-
funden habe, aus welchen hervorgehe, daß er in
einer gesetzlich straffälligen Correspondenz mit aus-
wärtigen absolutistischen Faktions=Häuptern gestan-
den und das Gelingen seiner Sache auf politische
Conjecturen gegründet habe, nicht verbürgen. Ein
offizieller Weise veröffentlichter Bericht belehrt
mich, daß diese Thatsache authentisch. ( Ein Be-
richt der amtlichen "Gazetta piemontese", bestimmt,
um die Handlungsweise des Ministeriums gegen
Msgr. Fransoni zu rechtfertigen, erwähnt mit kei-
ner Sylbe davon. Nachdem darin das Verfah-
ren des Erzbischofs in der Angelegenheit des ver-
storbenen Ministers Santa Rosa auf eine nicht
eben wahrheitsgetreue Weise erzählt und dieses
als Grund der Verhaftung ec. angeführt worden,
heißt es darin wörtlich: "Diese, so wie auch noch
ernstere Thatsachen, welche sich in der ganzen
Handlungsweise des Erzbischofs von Turin offen-
baren, erlauben der Regierung nicht, zu glauben,
daß das religiöse Prinzip den Msgr. Fransoni
allein zum Handeln verleitet habe. Diese Akte
waren solcher Natur, daß sie als eine Aufforde-
rung zur Unterordnung und zur Anarchie dienen
konnten, indem sie das Land in seinen liebsten
Gefühlen der Religion tief verletzten." ) Mit zwei-
felloser Bestimmtheit läßt sich schon jetzt erkennen,
daß sein Plan darauf hinauslief, einen so hefti-
gen Zwiespalt im Lande zu erregen, daß der Vor-
wand zu einer Jntervention von auswärts nicht
mehr fehlen konnte und damit ein Kabinetswechsel
im retrograden Sinne mit Sicherheit in Aussicht
stand. So bedauerlich die Thatsache ist, so sehr
sie geeignet scheint, das unbefangene gläubige Ge-
müth schmerzhaft zu berühren, so darf sich der
Berichterstatter dadurch doch nicht abhalten lassen,
sie auszusprechen und zu constatiren. Die Sprache
der hiesigen Presse, selbst der von der gemäßigten
anticlericalen Tendenz, ist eine von lebhafter Ent-
rüstung und leidenschaftlichem Unwillen diktirte.
Jch meinerseits begnüge mich, Jhnen das Fakti-
sche in seiner einfachen Sachlage mitzutheilen.
Das öffentliche Ministerium besann sich keinen
Augenblick, auf Grund der ihm mitgetheilten Da-
ten und Papiere den Prozeß gegen den Erzbischof
einzuleiten. ( Hatte doch das Ministerium die
[Spaltenumbruch] Verhaftung und Abführung des Erzbischofs nach
Fenestrelle schon längst vorher dekretirt, als die
Haussuchung vorgenommen war, wie die "Köln.
Ztg." in ihrer Nummer vom 15. August selbst
gesteht. ) Seine Anklage gegen denselben lautet
auf Felonie. ( Wer wird hier nicht an die Ge-
schichte des großen Clemens August erinnert. Die
sardinische Regierung und ihre Berichterstatter für
die "Köln. Ztg." scheinen sich Notiz davon ge-
nommen zu haben. ) Wie schwach übrigens die
Clerical=Partei in numerischer Beziehung in Pie-
mont ist, stellt sich klar heraus. ( Diese kennen
wir nicht; die Anzahl derjenigen, die in Piemont
noch gute Katholiken sind, ist nicht schwach: das
wird sich bei der nächsten Gelegenheit zeigen. ) Jn
den größeren Städten behauptet sie ein völlig
unbedeutendes Terrain, und nur auf dem platten
Lande ist sie compacter und von Einfluß. Jn
Turin selbst hat sie schon längst jede festere Stel-
lung aufgeben müssen. Die entschieden anticleri-
cale Partei dringt in die Regierung, dieses Mal
zu ganzen Maßregeln zu greifen. Als solche be-
zeichnet sie: sofortige Aufhebung derjenigen geist-
lichen Orden, welche sich gegen die Staatsgesetze
auflehnen; ( welcher Unsinn!! ) Einziehung der
Kirchengüter und Dotation der Geistlichkeit aus
Staatsmitteln; ( das ist es, was man in Piemont
eigentlich bezweckt; könnte doch nur etwas in den
Bentel des Berichterstatters der "Köln. Ztg."
fließen; ) rücksichtslose Strenge des Gesetzes bei
Verfolgung des Prozesses Fransoni. Gestern be-
gaben sich die Redakteure der hiesigen Opposi-
tions=Journale ( gewiß auch dieser Berichterstatter )
zum Minister des Jnnern, um ihn ihrer Unter-
stützung in dem ausgebrochenen Conflicte durch
die Presse zu versichern. Der Minister dankte
thnen für dieses Zeichen des Vertrauens und er-
klärte, daß die Regierung entschlossen sei, mit
Energie dem Gesetze und dem Staate Genugthu-
ung zu schaffen. Jn der That ist dieß die un-
getheilte Erwartung des ganzen Landes. -- Jn
Nr. 198 der "Köln. Ztg." heißt es dann: "Der
Minister des Jnnern hat heute Morgens die Re-
dakteure der der Regierung ergebenen Journale
in seinem Hotel zu erscheinen eingeladen, um ih-
nen eine vertrauliche Mittheilung zu machen. "Es
gilt, meine Herren," -- sprach er zu ihnen --
"die Blitze zu entkräften, welche in den nächsten
Tagen von Rom aus gegen Sardinien werden
geschleudert werden. Mir und Jhnen, und Allen,
die es in Sardinien ehrlich ( ?! ) mit dem Gesetze
und der veröffentlichten Sache des Staates mei-
nen, steht vielleicht in sehr kurzer Zeit Excommu-
nication aus dem Verbande der katholischen Kirche
bevor. Jch will mich keineswegs zum Organe
Jhrer Meinung über eine solche Maßregel ma-
chen; doch ersuche ich Sie, die Gemüther schon
jetzt darauf durch die Presse vorzubereiten und die
Bedeutung oder Bedeutungslosigkeit des Kirchen-
banners ( !? ) in einer Zeit, wie die unsrige, aus
einander zu setzen." Der Hr. Minister bemerkte,
daß die römischen Blitze in den Städten des Lan-
des allerdings nichts weniger als zünden würden,
daß dagegen ein großer Theil der Bevölkerung
des platten Landes, welcher dem Einflusse des
widerspenstigen Clerus ( Heißt das widerspenstig,
sich nach dem Ausspruche des h. Stuhles und des
ganzen piemontesischen Episcopates, nach den Vor-
schriften der Kirchengesetze, einem menschlichen
Machwerke,
welches auch einer schwarzen Fe-
lonie, aus der Verletzung der heiligsten Verträge,
mit einem Worte, aus der Revolution hervorge-
gangen ist, nach Umständen nicht fügen wollen
und können?? Dann wäre es auch Widerspen-
stigkeit Gott mehr zu gehorchen als den Menschen!
Mögen gewisse Zeitungen so denken, die überaus
große Mehrheit der Menschheit denkt jedenfalls
nicht so ) ergeben sei, von diesem leicht fanatisirt
werden könnte. Es komme also hauptsächlich dar-
auf an, diesen Theil der Landbevölkerung über
den Stand der Dinge aufzuklären und auf ihn
einzuwirken, daß er den verderblichen Einflüsterun-
gen der staatlichen und Gesetzesfeinde nicht sein
Ohr leihe. Die Vermuthung des Hrn. Ministers
wird hier ziemlich allgemein getheilt. Bei der

[Spaltenumbruch] Blatt die Frage: „Was wir wollen?“ in folgen-
der Weise: „Man fragt uns, was wir wollen?
Wir wollen es aufrichtig sagen: Wir wollen, was
das Land will, wenn es auf loyale Weise befragt
wird; wenn es sich selbst überlassen, ohne Clubbs
und ohne Wahlcommissare zu 10 Fr. täglich, ab-
stimmt. Wir sind überzeugt, daß das Volk, sei-
nen eigenen Gefühlen überlassen und in Berück-
sichtigung seiner wahren Bedürfnisse eine gute
Wahl treffen wird, der zu folgen wir entschlossen
sind. Wenn man das Kaiserthum annimmt, über
welches Frankreich befragt wurde, so waren seit
60 Jahren alle Regierungen nur von einer ge-
wissen Zahl Führer gegründet, welche die Nation
mit schönen Worten nach sich zogen, und Frank-
reich, das sich frei nannte, war in Wirklichkeit
nur das Eigenthum, die Sache, die Beute einiger
Parteien und einiger Zeitungen, die nach ihren
Leidenschaften oder nach ihrer Phantasie darüber
verfügten. Wenn diese friedlich miteinander leb-
ten, so hatte man Frieden; zankten sie sich, so
entstanden Unruhen, manchmal Revolutionen. Das
Land selbst wurde für nichts gerechnet und bildete
nur einen wesentlichen Theil des Gepäcks des
Ueberwundenen... Eine Verlängerung der Ge-
walt des Präsidenten der Republik ist in diesem
Augenblick eine aus dem Jnnersten des Landes
hervorgehende Nothwendigkeit. Zeit, Erfahrung,
Ueberlegung können Frankreich dahin bringen, nach-
her noch etwas Anderes zu wollen, dies ist aber
Sache der Zukunft; wir beschäftigen uns nur mit
der Gegenwart und mit dem, was uns die öffent-
liche Meinung unumwunden auszudrücken scheint.
Dies ist es, was wir wollen. Wir wollen es
ernstlich, weil es uns klar dargethan ist, daß das
Land es auch will; weil wir innig überzeugt sind,
daß in unserer Zeit dasselbe das einzige Mittel
ist, den demagogischen und communistischen Lehren
zu widerstehen und Frankreich zu retten.

C Paris, 18. August. „Bulletin de Paris“
veröffentlicht über den Aufenthalt des Präsidenten
Ludwig Bonaparte in Lyon folgenden Bericht:
Um11 1 / 2 Uhr begab er sich in den Wintergar-
ten, wo der Handelsstand ein Frühstück von 1200
Gedecken hatte bereiten lassen. Auf die an ihn
gerichtete Rede entgegnete der Präsident: Jch
danke dem Handel und der Jndustrie für die mir
gebrachten Glückwünsche und stimme ganz den
ausgedrückten Wünschen bei. Ordnung und Ver-
trauen wieder herstellen, baldmöglichst unsere gro-
ßen Eisenbahnlinien beendigen: dieß ist das Ziel
meiner Bestrebungen. Wenn bis jeßt keine glück-
licheren Ergebnisse erreicht wurden, so liegt die
Schuld, Sie wissen es, nicht an meiner Regie-
rung; je schneller Frankreich aber die regelmäßige
Bahn wieder betritt, desto schneller wird auch der
Wohlstand wiederkehren; denn die materiellen Jn-
teressen gedeihen nur durch die Entwickelung der
moralischen. Die Seele ist es, welche den Leib
regiert. Eine Regierung, welche ihre Politik auf
Habsucht, Selbstsucht und Furcht gründen wollte,
könnte nicht bestehen. Nein, nur im großartigen
Schutz der verschiedenen Zweige des öffentlichen
Reichthums, in Vertheidigung unserer Verbündeten
im Ausland, und indem wir die Fahne Frankreichs
hochflattern lassen, ist die Quelle der größten
Vortheile für ein ackerbau= und handeltreibendes,
industrielles Land. Ein solches System hat die
Ehre zur Grundlage, und die Ehre ist immer der
beste Führer.“ -- Dann fügte er mit gerührter
Stimme hinzu: Auf dem Punkte, abzureisen, er-
lauben Sie mir, Sie an berühmte Worte zu er-
innern. Doch nein, es wäre zu stolz von mir,
wollte ich sagen, wie der Kaiser: „Lyoner, ich
liebe Euch,“ das aber werden Sie mir gestatten,
von Grund meines Herzens zu sprechen: „Lyoner,
liebt mich!“

Schweiz.

Der „Tessiner Republicano“ erinnert an die
zwei jungen Mädchen aus dem Kreise Bellinzona,
die im Jahre 1848 plötzlich verschwanden, ohne
daß man trotz allen Nachforschungen eine sichere
Spur von ihnen gefunden. Man hat nun in
neuerer Zeit eine Secte entdeckt und in der-
[Spaltenumbruch] selben eine der beiden Töchter wieder aufgefunden,
während die andere in Paris gestorben sein soll.
Der Patriarch dieser Secte heißt Giuseppe Ro-
mano und ist im Lombardischen eingesteckt. Er
spielte unter seinen Jüngern den Stellvertreter
Gottes auf Erden und forderte unbedingten Ge-
horsam von den Gläubigen. Unter den Glau-
bensartikeln will einer, daß von 12 reinen Jung-
frauen 12 Sterne oder rettende Engel der Welt
hervorgehen müssen. Dieses Werk der Weltver-
jüngung hat sich der h. Romano selbst vorbehal-
ten, und auch die beiden Mädchen von Bellinzona
haben Gnade vor seinem Auge gefunden. Die
würdig erachteten Jungfrauen folgten ihm auf al-
len seinen Reisen, und die Gesellschaft war in
letzter Zeit von Lyon her in Morbio angekom-
men. Der Tessiner Staatsrath hat über dieses
Weglocken seiner Mitbürgerinnen eine Untersu-
chung anbefohlen.

Jtalien.

Die „Jtalia“ bringt fortwährend die gehäs-
sigsten Jnsinuationen gegen die Kirche; die „ Con-
cordia “, die „Frusta“, die „Opinione“ ec. greisen
auf die unverschämteste Weise ihre Jnstitutionen
an, ohne daß es Jemand wagen darf, diesen
Schaudblättern zu nahe zu treten; wenn sie nur
Siccardi beloben, dann dürfen sie sagen, was sie
immer wollen. Mit den ministeriellen Organen
gehen sie soweit Hand in Hand, und sind ihre
getreuen Bundesgenossen. Was die ministeriellen
Organe von Piemont zu sagen sich nicht getrauen,
was die demagogischen Blätter nur als Gerücht
mitgetheilt haben, wird der „Kölnischen Zeitung“
von ihrem rothen Berichterstatter sogar „ bestä-
tigt “. Wir können nicht umhin, dieses perfide
Gewebe hier wörtlich mitzutheilen: „Jch wollte
Jhnen in meinem letzten Berichte die mir mitge-
theilte Thatsache, daß man im Hause des Hrn.
Erzbischofes Fransoni Briefe und Pläne vorge-
funden habe, aus welchen hervorgehe, daß er in
einer gesetzlich straffälligen Correspondenz mit aus-
wärtigen absolutistischen Faktions=Häuptern gestan-
den und das Gelingen seiner Sache auf politische
Conjecturen gegründet habe, nicht verbürgen. Ein
offizieller Weise veröffentlichter Bericht belehrt
mich, daß diese Thatsache authentisch. ( Ein Be-
richt der amtlichen „Gazetta piemontese“, bestimmt,
um die Handlungsweise des Ministeriums gegen
Msgr. Fransoni zu rechtfertigen, erwähnt mit kei-
ner Sylbe davon. Nachdem darin das Verfah-
ren des Erzbischofs in der Angelegenheit des ver-
storbenen Ministers Santa Rosa auf eine nicht
eben wahrheitsgetreue Weise erzählt und dieses
als Grund der Verhaftung ec. angeführt worden,
heißt es darin wörtlich: „Diese, so wie auch noch
ernstere Thatsachen, welche sich in der ganzen
Handlungsweise des Erzbischofs von Turin offen-
baren, erlauben der Regierung nicht, zu glauben,
daß das religiöse Prinzip den Msgr. Fransoni
allein zum Handeln verleitet habe. Diese Akte
waren solcher Natur, daß sie als eine Aufforde-
rung zur Unterordnung und zur Anarchie dienen
konnten, indem sie das Land in seinen liebsten
Gefühlen der Religion tief verletzten.“ ) Mit zwei-
felloser Bestimmtheit läßt sich schon jetzt erkennen,
daß sein Plan darauf hinauslief, einen so hefti-
gen Zwiespalt im Lande zu erregen, daß der Vor-
wand zu einer Jntervention von auswärts nicht
mehr fehlen konnte und damit ein Kabinetswechsel
im retrograden Sinne mit Sicherheit in Aussicht
stand. So bedauerlich die Thatsache ist, so sehr
sie geeignet scheint, das unbefangene gläubige Ge-
müth schmerzhaft zu berühren, so darf sich der
Berichterstatter dadurch doch nicht abhalten lassen,
sie auszusprechen und zu constatiren. Die Sprache
der hiesigen Presse, selbst der von der gemäßigten
anticlericalen Tendenz, ist eine von lebhafter Ent-
rüstung und leidenschaftlichem Unwillen diktirte.
Jch meinerseits begnüge mich, Jhnen das Fakti-
sche in seiner einfachen Sachlage mitzutheilen.
Das öffentliche Ministerium besann sich keinen
Augenblick, auf Grund der ihm mitgetheilten Da-
ten und Papiere den Prozeß gegen den Erzbischof
einzuleiten. ( Hatte doch das Ministerium die
[Spaltenumbruch] Verhaftung und Abführung des Erzbischofs nach
Fenestrelle schon längst vorher dekretirt, als die
Haussuchung vorgenommen war, wie die „Köln.
Ztg.“ in ihrer Nummer vom 15. August selbst
gesteht. ) Seine Anklage gegen denselben lautet
auf Felonie. ( Wer wird hier nicht an die Ge-
schichte des großen Clemens August erinnert. Die
sardinische Regierung und ihre Berichterstatter für
die „Köln. Ztg.“ scheinen sich Notiz davon ge-
nommen zu haben. ) Wie schwach übrigens die
Clerical=Partei in numerischer Beziehung in Pie-
mont ist, stellt sich klar heraus. ( Diese kennen
wir nicht; die Anzahl derjenigen, die in Piemont
noch gute Katholiken sind, ist nicht schwach: das
wird sich bei der nächsten Gelegenheit zeigen. ) Jn
den größeren Städten behauptet sie ein völlig
unbedeutendes Terrain, und nur auf dem platten
Lande ist sie compacter und von Einfluß. Jn
Turin selbst hat sie schon längst jede festere Stel-
lung aufgeben müssen. Die entschieden anticleri-
cale Partei dringt in die Regierung, dieses Mal
zu ganzen Maßregeln zu greifen. Als solche be-
zeichnet sie: sofortige Aufhebung derjenigen geist-
lichen Orden, welche sich gegen die Staatsgesetze
auflehnen; ( welcher Unsinn!! ) Einziehung der
Kirchengüter und Dotation der Geistlichkeit aus
Staatsmitteln; ( das ist es, was man in Piemont
eigentlich bezweckt; könnte doch nur etwas in den
Bentel des Berichterstatters der „Köln. Ztg.“
fließen; ) rücksichtslose Strenge des Gesetzes bei
Verfolgung des Prozesses Fransoni. Gestern be-
gaben sich die Redakteure der hiesigen Opposi-
tions=Journale ( gewiß auch dieser Berichterstatter )
zum Minister des Jnnern, um ihn ihrer Unter-
stützung in dem ausgebrochenen Conflicte durch
die Presse zu versichern. Der Minister dankte
thnen für dieses Zeichen des Vertrauens und er-
klärte, daß die Regierung entschlossen sei, mit
Energie dem Gesetze und dem Staate Genugthu-
ung zu schaffen. Jn der That ist dieß die un-
getheilte Erwartung des ganzen Landes. -- Jn
Nr. 198 der „Köln. Ztg.“ heißt es dann: „Der
Minister des Jnnern hat heute Morgens die Re-
dakteure der der Regierung ergebenen Journale
in seinem Hotel zu erscheinen eingeladen, um ih-
nen eine vertrauliche Mittheilung zu machen. „Es
gilt, meine Herren,“ -- sprach er zu ihnen --
„die Blitze zu entkräften, welche in den nächsten
Tagen von Rom aus gegen Sardinien werden
geschleudert werden. Mir und Jhnen, und Allen,
die es in Sardinien ehrlich ( ?! ) mit dem Gesetze
und der veröffentlichten Sache des Staates mei-
nen, steht vielleicht in sehr kurzer Zeit Excommu-
nication aus dem Verbande der katholischen Kirche
bevor. Jch will mich keineswegs zum Organe
Jhrer Meinung über eine solche Maßregel ma-
chen; doch ersuche ich Sie, die Gemüther schon
jetzt darauf durch die Presse vorzubereiten und die
Bedeutung oder Bedeutungslosigkeit des Kirchen-
banners ( !? ) in einer Zeit, wie die unsrige, aus
einander zu setzen.“ Der Hr. Minister bemerkte,
daß die römischen Blitze in den Städten des Lan-
des allerdings nichts weniger als zünden würden,
daß dagegen ein großer Theil der Bevölkerung
des platten Landes, welcher dem Einflusse des
widerspenstigen Clerus ( Heißt das widerspenstig,
sich nach dem Ausspruche des h. Stuhles und des
ganzen piemontesischen Episcopates, nach den Vor-
schriften der Kirchengesetze, einem menschlichen
Machwerke,
welches auch einer schwarzen Fe-
lonie, aus der Verletzung der heiligsten Verträge,
mit einem Worte, aus der Revolution hervorge-
gangen ist, nach Umständen nicht fügen wollen
und können?? Dann wäre es auch Widerspen-
stigkeit Gott mehr zu gehorchen als den Menschen!
Mögen gewisse Zeitungen so denken, die überaus
große Mehrheit der Menschheit denkt jedenfalls
nicht so ) ergeben sei, von diesem leicht fanatisirt
werden könnte. Es komme also hauptsächlich dar-
auf an, diesen Theil der Landbevölkerung über
den Stand der Dinge aufzuklären und auf ihn
einzuwirken, daß er den verderblichen Einflüsterun-
gen der staatlichen und Gesetzesfeinde nicht sein
Ohr leihe. Die Vermuthung des Hrn. Ministers
wird hier ziemlich allgemein getheilt. Bei der

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[0003] Blatt die Frage: „Was wir wollen?“ in folgen- der Weise: „Man fragt uns, was wir wollen? Wir wollen es aufrichtig sagen: Wir wollen, was das Land will, wenn es auf loyale Weise befragt wird; wenn es sich selbst überlassen, ohne Clubbs und ohne Wahlcommissare zu 10 Fr. täglich, ab- stimmt. Wir sind überzeugt, daß das Volk, sei- nen eigenen Gefühlen überlassen und in Berück- sichtigung seiner wahren Bedürfnisse eine gute Wahl treffen wird, der zu folgen wir entschlossen sind. Wenn man das Kaiserthum annimmt, über welches Frankreich befragt wurde, so waren seit 60 Jahren alle Regierungen nur von einer ge- wissen Zahl Führer gegründet, welche die Nation mit schönen Worten nach sich zogen, und Frank- reich, das sich frei nannte, war in Wirklichkeit nur das Eigenthum, die Sache, die Beute einiger Parteien und einiger Zeitungen, die nach ihren Leidenschaften oder nach ihrer Phantasie darüber verfügten. Wenn diese friedlich miteinander leb- ten, so hatte man Frieden; zankten sie sich, so entstanden Unruhen, manchmal Revolutionen. Das Land selbst wurde für nichts gerechnet und bildete nur einen wesentlichen Theil des Gepäcks des Ueberwundenen... Eine Verlängerung der Ge- walt des Präsidenten der Republik ist in diesem Augenblick eine aus dem Jnnersten des Landes hervorgehende Nothwendigkeit. Zeit, Erfahrung, Ueberlegung können Frankreich dahin bringen, nach- her noch etwas Anderes zu wollen, dies ist aber Sache der Zukunft; wir beschäftigen uns nur mit der Gegenwart und mit dem, was uns die öffent- liche Meinung unumwunden auszudrücken scheint. Dies ist es, was wir wollen. Wir wollen es ernstlich, weil es uns klar dargethan ist, daß das Land es auch will; weil wir innig überzeugt sind, daß in unserer Zeit dasselbe das einzige Mittel ist, den demagogischen und communistischen Lehren zu widerstehen und Frankreich zu retten. C Paris, 18. August. „Bulletin de Paris“ veröffentlicht über den Aufenthalt des Präsidenten Ludwig Bonaparte in Lyon folgenden Bericht: Um11 1 / 2 Uhr begab er sich in den Wintergar- ten, wo der Handelsstand ein Frühstück von 1200 Gedecken hatte bereiten lassen. Auf die an ihn gerichtete Rede entgegnete der Präsident: Jch danke dem Handel und der Jndustrie für die mir gebrachten Glückwünsche und stimme ganz den ausgedrückten Wünschen bei. Ordnung und Ver- trauen wieder herstellen, baldmöglichst unsere gro- ßen Eisenbahnlinien beendigen: dieß ist das Ziel meiner Bestrebungen. Wenn bis jeßt keine glück- licheren Ergebnisse erreicht wurden, so liegt die Schuld, Sie wissen es, nicht an meiner Regie- rung; je schneller Frankreich aber die regelmäßige Bahn wieder betritt, desto schneller wird auch der Wohlstand wiederkehren; denn die materiellen Jn- teressen gedeihen nur durch die Entwickelung der moralischen. Die Seele ist es, welche den Leib regiert. Eine Regierung, welche ihre Politik auf Habsucht, Selbstsucht und Furcht gründen wollte, könnte nicht bestehen. Nein, nur im großartigen Schutz der verschiedenen Zweige des öffentlichen Reichthums, in Vertheidigung unserer Verbündeten im Ausland, und indem wir die Fahne Frankreichs hochflattern lassen, ist die Quelle der größten Vortheile für ein ackerbau= und handeltreibendes, industrielles Land. Ein solches System hat die Ehre zur Grundlage, und die Ehre ist immer der beste Führer.“ -- Dann fügte er mit gerührter Stimme hinzu: Auf dem Punkte, abzureisen, er- lauben Sie mir, Sie an berühmte Worte zu er- innern. Doch nein, es wäre zu stolz von mir, wollte ich sagen, wie der Kaiser: „Lyoner, ich liebe Euch,“ das aber werden Sie mir gestatten, von Grund meines Herzens zu sprechen: „Lyoner, liebt mich!“ Schweiz. Der „Tessiner Republicano“ erinnert an die zwei jungen Mädchen aus dem Kreise Bellinzona, die im Jahre 1848 plötzlich verschwanden, ohne daß man trotz allen Nachforschungen eine sichere Spur von ihnen gefunden. Man hat nun in neuerer Zeit eine Secte entdeckt und in der- selben eine der beiden Töchter wieder aufgefunden, während die andere in Paris gestorben sein soll. Der Patriarch dieser Secte heißt Giuseppe Ro- mano und ist im Lombardischen eingesteckt. Er spielte unter seinen Jüngern den Stellvertreter Gottes auf Erden und forderte unbedingten Ge- horsam von den Gläubigen. Unter den Glau- bensartikeln will einer, daß von 12 reinen Jung- frauen 12 Sterne oder rettende Engel der Welt hervorgehen müssen. Dieses Werk der Weltver- jüngung hat sich der h. Romano selbst vorbehal- ten, und auch die beiden Mädchen von Bellinzona haben Gnade vor seinem Auge gefunden. Die würdig erachteten Jungfrauen folgten ihm auf al- len seinen Reisen, und die Gesellschaft war in letzter Zeit von Lyon her in Morbio angekom- men. Der Tessiner Staatsrath hat über dieses Weglocken seiner Mitbürgerinnen eine Untersu- chung anbefohlen. Jtalien. Die „Jtalia“ bringt fortwährend die gehäs- sigsten Jnsinuationen gegen die Kirche; die „ Con- cordia “, die „Frusta“, die „Opinione“ ec. greisen auf die unverschämteste Weise ihre Jnstitutionen an, ohne daß es Jemand wagen darf, diesen Schaudblättern zu nahe zu treten; wenn sie nur Siccardi beloben, dann dürfen sie sagen, was sie immer wollen. Mit den ministeriellen Organen gehen sie soweit Hand in Hand, und sind ihre getreuen Bundesgenossen. Was die ministeriellen Organe von Piemont zu sagen sich nicht getrauen, was die demagogischen Blätter nur als Gerücht mitgetheilt haben, wird der „Kölnischen Zeitung“ von ihrem rothen Berichterstatter sogar „ bestä- tigt “. Wir können nicht umhin, dieses perfide Gewebe hier wörtlich mitzutheilen: „Jch wollte Jhnen in meinem letzten Berichte die mir mitge- theilte Thatsache, daß man im Hause des Hrn. Erzbischofes Fransoni Briefe und Pläne vorge- funden habe, aus welchen hervorgehe, daß er in einer gesetzlich straffälligen Correspondenz mit aus- wärtigen absolutistischen Faktions=Häuptern gestan- den und das Gelingen seiner Sache auf politische Conjecturen gegründet habe, nicht verbürgen. Ein offizieller Weise veröffentlichter Bericht belehrt mich, daß diese Thatsache authentisch. ( Ein Be- richt der amtlichen „Gazetta piemontese“, bestimmt, um die Handlungsweise des Ministeriums gegen Msgr. Fransoni zu rechtfertigen, erwähnt mit kei- ner Sylbe davon. Nachdem darin das Verfah- ren des Erzbischofs in der Angelegenheit des ver- storbenen Ministers Santa Rosa auf eine nicht eben wahrheitsgetreue Weise erzählt und dieses als Grund der Verhaftung ec. angeführt worden, heißt es darin wörtlich: „Diese, so wie auch noch ernstere Thatsachen, welche sich in der ganzen Handlungsweise des Erzbischofs von Turin offen- baren, erlauben der Regierung nicht, zu glauben, daß das religiöse Prinzip den Msgr. Fransoni allein zum Handeln verleitet habe. Diese Akte waren solcher Natur, daß sie als eine Aufforde- rung zur Unterordnung und zur Anarchie dienen konnten, indem sie das Land in seinen liebsten Gefühlen der Religion tief verletzten.“ ) Mit zwei- felloser Bestimmtheit läßt sich schon jetzt erkennen, daß sein Plan darauf hinauslief, einen so hefti- gen Zwiespalt im Lande zu erregen, daß der Vor- wand zu einer Jntervention von auswärts nicht mehr fehlen konnte und damit ein Kabinetswechsel im retrograden Sinne mit Sicherheit in Aussicht stand. So bedauerlich die Thatsache ist, so sehr sie geeignet scheint, das unbefangene gläubige Ge- müth schmerzhaft zu berühren, so darf sich der Berichterstatter dadurch doch nicht abhalten lassen, sie auszusprechen und zu constatiren. Die Sprache der hiesigen Presse, selbst der von der gemäßigten anticlericalen Tendenz, ist eine von lebhafter Ent- rüstung und leidenschaftlichem Unwillen diktirte. Jch meinerseits begnüge mich, Jhnen das Fakti- sche in seiner einfachen Sachlage mitzutheilen. Das öffentliche Ministerium besann sich keinen Augenblick, auf Grund der ihm mitgetheilten Da- ten und Papiere den Prozeß gegen den Erzbischof einzuleiten. ( Hatte doch das Ministerium die Verhaftung und Abführung des Erzbischofs nach Fenestrelle schon längst vorher dekretirt, als die Haussuchung vorgenommen war, wie die „Köln. Ztg.“ in ihrer Nummer vom 15. August selbst gesteht. ) Seine Anklage gegen denselben lautet auf Felonie. ( Wer wird hier nicht an die Ge- schichte des großen Clemens August erinnert. Die sardinische Regierung und ihre Berichterstatter für die „Köln. Ztg.“ scheinen sich Notiz davon ge- nommen zu haben. ) Wie schwach übrigens die Clerical=Partei in numerischer Beziehung in Pie- mont ist, stellt sich klar heraus. ( Diese kennen wir nicht; die Anzahl derjenigen, die in Piemont noch gute Katholiken sind, ist nicht schwach: das wird sich bei der nächsten Gelegenheit zeigen. ) Jn den größeren Städten behauptet sie ein völlig unbedeutendes Terrain, und nur auf dem platten Lande ist sie compacter und von Einfluß. Jn Turin selbst hat sie schon längst jede festere Stel- lung aufgeben müssen. Die entschieden anticleri- cale Partei dringt in die Regierung, dieses Mal zu ganzen Maßregeln zu greifen. 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Minister bemerkte, daß die römischen Blitze in den Städten des Lan- des allerdings nichts weniger als zünden würden, daß dagegen ein großer Theil der Bevölkerung des platten Landes, welcher dem Einflusse des widerspenstigen Clerus ( Heißt das widerspenstig, sich nach dem Ausspruche des h. Stuhles und des ganzen piemontesischen Episcopates, nach den Vor- schriften der Kirchengesetze, einem menschlichen Machwerke, welches auch einer schwarzen Fe- lonie, aus der Verletzung der heiligsten Verträge, mit einem Worte, aus der Revolution hervorge- gangen ist, nach Umständen nicht fügen wollen und können?? Dann wäre es auch Widerspen- stigkeit Gott mehr zu gehorchen als den Menschen! Mögen gewisse Zeitungen so denken, die überaus große Mehrheit der Menschheit denkt jedenfalls nicht so ) ergeben sei, von diesem leicht fanatisirt werden könnte. Es komme also hauptsächlich dar- auf an, diesen Theil der Landbevölkerung über den Stand der Dinge aufzuklären und auf ihn einzuwirken, daß er den verderblichen Einflüsterun- gen der staatlichen und Gesetzesfeinde nicht sein Ohr leihe. Die Vermuthung des Hrn. Ministers wird hier ziemlich allgemein getheilt. Bei der

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 201. Würzburg, 22. August 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische201_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.