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Die Bayerische Presse. Nr. 210. Würzburg, 2. September 1850.

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Die Bayerische Presse.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 210.
Würzburg, Montag den 2. September. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 31. August. Se. Maj. der König
haben allergnädigst geruht den Appellationsgerichts-
rath Philipp Then zu Aschaffenburg wegen seiner
durch physische Gebrechlichkeit herbeigefuhrten Dienst-
unfähigkeit nach § 22 lit D der Beilage IX zur
Verfassungs=Urkunde auf die Dauer von zwei
Jahren mit Belassung seines Gesammtgehalts,
Titels und Funktionszeichens in den Ruhestand
zu versetzen und demselben hiebei die allerhöchste
besondere Zufriedenheit mit seinen bisher treu und
eifrig geleisteten Diensten zu bezeigen.

München, 1. Sept. Se. Maj. der König
haben Sich bewogen gefunden, die Wahl des or-
dentlichen Professors des Kriminalrechts und Kri-
minalprozesses, dann des Polizeirechtes und der
Polizeiwissenschaft Dr. Karl Edel in Würzburg,
zum Rektor der Universität daselbst für das Stu-
dienjahr 1850/51; dann die Wahl des ordentli-
chen Professors Dr. Deppisch von der theologi-
schen Fakultät, des ordentlichen Professors Dr.
Albrecht von der juridischen, des ordentlichen Pro-
fessors Dr. Scherer von der medizinischen, und
des ordentlichen Professors Dr. Hoffmann von
der philosophischen Fakultät zu Senatoren für die
Studienjahre 1850/51 zu genehmigen.



Oesterreichs und Preußens Stellung.

Wenn zwei Menschen lange Zeit in einem
Wortstreite begriffen sind, so ist es beinahe un-
vermeidlich, daß allmählig die Behauptungen von
einer und der andern Seite einen schrofferen Cha-
rakter annehmen. Man faßt bald diesen, bald je-
nen Nebenpunkt, bald diese, bald jene Schwäche
in den Behauptungen des Gegners auf, und so
geschieht es leicht, daß am Ende die Streitenden
auf ganz andere Sätze gerathen sind, als diejeni-
gen, die anfangs den Gegenstand der Discussion
ausmachten. Jn Welthändeln ist das auch der
Fall, und die alte Lehre, daß man unaufhörlich
sich wieder an den Punkt zurückwenden soll, von
dem man ausgegangen war, darf nie vergessen
werden. So wird es denn auch nicht ohne Nu-
tzen sein, in der Discussion, die gegenwärtig zwi-
schen Oesterreich und Preußen geführt wird, die
Ausgangspunkte wieder aufzusuchen und von da
ab den weiteren Weg zu verfolgen. Der Streit
hat sich hier eigenthümlich genug gewandt und
die Behauptungen sind oft genug verschoben, um
davon eine Lehre zu nehmen. Leider liegt der
Anfang im Dunkeln. Er fällt in den December
und Januar 1848 und 1849. Die öffentlichen
Nachrichten haben wenig davon mitgetheilt; erst
Jürgens hat in seinem Buche zur Geschichte des
dentschen Verfassungswerks II. p. 457 ec. den
Versuch gemacht, Licht in dieses Dunkel zu brin-
gen. Oesterreich und Preußen waren damals beide
mit Mühe wieder Herr ihrer Hauptstädte gewor-
gen; noch standen die Gewitter am Horizonte,
noch war Deutschland in stürmischer Bewegung,
beherrscht von Clubbs, Märzvereinen, demokrati-
schen, vaterländischen Vereinen, und wie sie hei-
ßen, die alle mehr galten und mehr vermochten,
als die Regierungen. Jn Frankfurt braute man
das "Rattengift der Grundrechte", um den Re-
[Spaltenumbruch] gierungen das Vereinbaren auszutreiben. Da
fühlte man in Wien und Berlin, daß man nicht
sicher sei, so lange dieser Zustand Deutschlands
daure. Man wollte sich einigen über die Grund-
sätze der Verfassung, und ohne Zweifel hätte eine
Einigung die Stimmen aller Fürsten für sich ge-
wonnen. Einer solchen Kraft hätte sich Frankfurt
nicht entziehen können, und Deutschland wären die
schmählichsten Erscheinungen vom 12. März bis
18. Juni erspart. Gesandte gingen zwischen Ber-
lin und Olmütz hin und her. Man glaubte an
Einigung. Oesterreich hatte eine Kreiseinrichtung
vorgeschlagen, Preußen war darauf eingegangen;
man hatte über die Frage, ob sechs oder sieben
Kreise, verhandelt. Am 19. December 1848 hatte
Preußen Vorschläge gemacht; am 7. Januar 1849
Oesterreich erwidert; am 11. war Graf Brühl in
Olmütz. Man war ziemlich einig. Die österrei-
chische Note vom 17. Januar wiederholte die
Punkte, und beantragte die Aufstellung von 40,000
Mann in der Nähe von Frankfurt. Allein am
10. Januar war Bunsen nach Berlin gekommen;
und Mecklenburg, Darmstadt, Gotha, Meiningen,
Altenburg, Braunschweig, erklärten nach der Reihe
ihre Unterwerfung unter Preußen. Da erschien
die Note vom 23. Januar 1849, in der Preußen
sich von Oesterreich lossagte, einen engern Bund
in dem weitern Bunde nach Gagern=Bunsen'schem
System aufstelle und der Frankfurter Versamm-
lung das Compliment machte, nicht auf Verein-
barung zu bestehen, sondern sich mit Verständigung
zu begnügen. Oesterreich, beleidigt, erklärte sich
am 4. Februar gegen diesen engern Bundesstaat,
suchte sich auch Frankfurt zu nähern; aber es for-
derte Vereinbarung. Das war nicht der Weg,
Preußen den Rang abzugewinnen, zumal Camp-
hausen damals nach biegsamen Jnstruktionen in
voller "Verständigung" begriffen war. Am 27.
Februar proponirte Oesterreich nochmals ein Di-
rectorium von neun Stimmen. Preußen schien in
der Note vom 10. März auch darauf einzugehen.
Allein nun kam am 12. der tolle Welkersche An-
trag, und Alles fiel über einander. Auch in der
Berliner Nationalversammlung erregte jene Note
vom 10. März einen Sturm; die Kaiserwahl mit
ihren Verwirrungen kam dazu; man schien Oe-
sterreich ganz zu vergessen. Aber die Berliner
Nationalversammlung mußte aufgelöst werden;
man kam auf das Gebiet der Einigung
mit allen Regierungen, namentlich mit Oesterreich
zurück; allein vorab, ehe man sich darüber mit
irgend Jemand verständigt, machte man Oesterreich
den Vorschlag zu der "Union", denn es hieß da-
mals der Bund Deutschlangs mit Oesterreich den
Hr. v. Radowitz aus dem Gagern = Bunsen'schen
Projekte gemacht hatte, gegenüber dem "deutschen
Bundesstaate". Oesterreich wies dieses Ansinnen
zurück, und am 25. Mai erklärte nun Preußen:
"Wir glaubten darin nicht eine Störung, sondern
nur eine naturgemäße und den Umständen ange-
messene Entwickelung des heilig gehaltenen alten
Bundes zu sehen. -- Sollte die k. k. Regierung
nicht geneigt sein, Vorschläge zu machen, so wird
alsdann noch immer der einfache und verbürgte
Rechtsboden des Bundes von 1815 übrig bleiben,
auf welchem wir uns mit Oesterreich die Hand
reichen würden. Wir sind eben so verpflichtet als
[Spaltenumbruch] berechtigt, die durch die Bundesakte bezeichneten
Theile der österreichischen Monarchie als die in-
tegrirenden Theile dieses Bundes anzusehen, und
wir zweifeln nicht, daß die k. k. Regierung von
demselben Gesichtspunkte ausgehe. Jhr gegenüber
werden wir mit unverbrüchlicher Treue an dem
alten Bundesverhältnisse festhalten und alle dar-
aus entspringenden Verpflichtungen im vollsten
Umfange erfüllen. -- Wir sind willig -- in Be-
ziehung auf Oesterreich wie auf jeden anderen
Staat -- nur an dem Bundesverhältniß von
1815 festzuhalten. Wir haben hiermit unsere
Stellung klar bezeichnet. Während wir bereit sind,
mit der k. k. Regierung, über eine mögliche Basis
der Zukunft zu unterhandeln, stehen wir vorerst
für uns selbst und mit den uns angeschlossenen
Regierungen, oder dem aus diesen gebildeten Bun-
desstaate auf dem Boden des Bundes von 1815."
Das war deutlich gesprochen, das stimmte mit
dem Vertrage, den man am folgenden Tage in
Gemäßheit des Art. 11 der Bundesakte schloß;
die hannoversche Denkschrift vom 1. Juni com-
mentirte das noch weiter und bewies, daß der
Durchführung der Verfassung nothwendig die Zu-
stimmung des Bundes, also Oesterreichs, vorher-
gehen müsse, namentlich sollte das aus der Ab-
stimmungsordnung folgen. Die Denkschrift vom
11. Juni dagegen enthielt die bekannte geschraubte
Stelle, aus der die Hrn. Radowitz, Vollpracht u.
s. w. die Verpflichtung Hannovers und Sachsens
deducirten, in einem Bund "mit Wenigen" zu
bleiben. Jm Uebrigen wiederholte man die Ti-
rade von Oesterreichs Verpflichtung. Man glaubte
damals aber nicht, daß Oesterreich den alten Bund
wolle; man klagte, daß es -- im Kampf um die
Existenz begriffen -- die "Bundespflichten" nicht
erfülle; man wollte eben durch das Bestehen auf
dem alten Bunde ihm eine Concession abdringen.
Oesterreich wollte auch wirklich den alten Bund
nicht, sondern irgend ein Directorium in anderer
Form. So ging die Sache; man verfeindete sich,
wies am 24. Juli im Vewaltungsrath alle wei-
tere Verhandlung von sich; aber nun siegte Oe-
sterreich in Ungarn, und man schloß am 30. Sep-
tember das Jnterim, das die Bundesgeschäfte be-
sorgen sollte, der bestehenden Bundesgesetzgebung
und insbesondere der Bundeskriegsverfassung ge-
mäß ( §. 6 ) und zwar innerhalb der Competenz
des engern Bundesraths ( §. 5 ) . Aber Herr
Vollpracht hatte schon am 30. August beantragt,
den Erfurter Reichstag zu berufen, und am 25.
August hatte Herr v. Radowitz den Bundesstaat
mit Wenigen proclamirt; im Verwaltungsrath
kam's zur Contestation und am 17. Okt. fing Hr.
v. Bodelschwingh an zu distinguiren. Nun war
die Bundesverfassung untergegangen, aber die
Rechte und Pflichten bestanden noch; nur diese
hatte man zu erfüllen gelobt u. s. w.; damit
wurde Hannover und Sachsen aus dem Verwal-
tungsrath glücklich hinaus deducirt. Die Beru-
fung des Erfurter Reichstags wurde beschlossen
( hatte aber freilich noch Zeit bis zum April ) .
Oesterreich aber, das inzwischen mit dem Mün-
chener Projekte auch gescheitert war, kam nun
seinerseits auf den Standpunkt des alten Bundes
zurück. Es berief das Plenum. Preußen argu-
mentirte mit Recht aus der Bundesverfassung ( die

Die Bayerische Presse.

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Würzburg, Montag den 2. September. 1850.


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haben allergnädigst geruht den Appellationsgerichts-
rath Philipp Then zu Aschaffenburg wegen seiner
durch physische Gebrechlichkeit herbeigefuhrten Dienst-
unfähigkeit nach § 22 lit D der Beilage IX zur
Verfassungs=Urkunde auf die Dauer von zwei
Jahren mit Belassung seines Gesammtgehalts,
Titels und Funktionszeichens in den Ruhestand
zu versetzen und demselben hiebei die allerhöchste
besondere Zufriedenheit mit seinen bisher treu und
eifrig geleisteten Diensten zu bezeigen.

München, 1. Sept. Se. Maj. der König
haben Sich bewogen gefunden, die Wahl des or-
dentlichen Professors des Kriminalrechts und Kri-
minalprozesses, dann des Polizeirechtes und der
Polizeiwissenschaft Dr. Karl Edel in Würzburg,
zum Rektor der Universität daselbst für das Stu-
dienjahr 1850/51; dann die Wahl des ordentli-
chen Professors Dr. Deppisch von der theologi-
schen Fakultät, des ordentlichen Professors Dr.
Albrecht von der juridischen, des ordentlichen Pro-
fessors Dr. Scherer von der medizinischen, und
des ordentlichen Professors Dr. Hoffmann von
der philosophischen Fakultät zu Senatoren für die
Studienjahre 1850/51 zu genehmigen.



Oesterreichs und Preußens Stellung.

Wenn zwei Menschen lange Zeit in einem
Wortstreite begriffen sind, so ist es beinahe un-
vermeidlich, daß allmählig die Behauptungen von
einer und der andern Seite einen schrofferen Cha-
rakter annehmen. Man faßt bald diesen, bald je-
nen Nebenpunkt, bald diese, bald jene Schwäche
in den Behauptungen des Gegners auf, und so
geschieht es leicht, daß am Ende die Streitenden
auf ganz andere Sätze gerathen sind, als diejeni-
gen, die anfangs den Gegenstand der Discussion
ausmachten. Jn Welthändeln ist das auch der
Fall, und die alte Lehre, daß man unaufhörlich
sich wieder an den Punkt zurückwenden soll, von
dem man ausgegangen war, darf nie vergessen
werden. So wird es denn auch nicht ohne Nu-
tzen sein, in der Discussion, die gegenwärtig zwi-
schen Oesterreich und Preußen geführt wird, die
Ausgangspunkte wieder aufzusuchen und von da
ab den weiteren Weg zu verfolgen. Der Streit
hat sich hier eigenthümlich genug gewandt und
die Behauptungen sind oft genug verschoben, um
davon eine Lehre zu nehmen. Leider liegt der
Anfang im Dunkeln. Er fällt in den December
und Januar 1848 und 1849. Die öffentlichen
Nachrichten haben wenig davon mitgetheilt; erst
Jürgens hat in seinem Buche zur Geschichte des
dentschen Verfassungswerks II. p. 457 ec. den
Versuch gemacht, Licht in dieses Dunkel zu brin-
gen. Oesterreich und Preußen waren damals beide
mit Mühe wieder Herr ihrer Hauptstädte gewor-
gen; noch standen die Gewitter am Horizonte,
noch war Deutschland in stürmischer Bewegung,
beherrscht von Clubbs, Märzvereinen, demokrati-
schen, vaterländischen Vereinen, und wie sie hei-
ßen, die alle mehr galten und mehr vermochten,
als die Regierungen. Jn Frankfurt braute man
das „Rattengift der Grundrechte“, um den Re-
[Spaltenumbruch] gierungen das Vereinbaren auszutreiben. Da
fühlte man in Wien und Berlin, daß man nicht
sicher sei, so lange dieser Zustand Deutschlands
daure. Man wollte sich einigen über die Grund-
sätze der Verfassung, und ohne Zweifel hätte eine
Einigung die Stimmen aller Fürsten für sich ge-
wonnen. Einer solchen Kraft hätte sich Frankfurt
nicht entziehen können, und Deutschland wären die
schmählichsten Erscheinungen vom 12. März bis
18. Juni erspart. Gesandte gingen zwischen Ber-
lin und Olmütz hin und her. Man glaubte an
Einigung. Oesterreich hatte eine Kreiseinrichtung
vorgeschlagen, Preußen war darauf eingegangen;
man hatte über die Frage, ob sechs oder sieben
Kreise, verhandelt. Am 19. December 1848 hatte
Preußen Vorschläge gemacht; am 7. Januar 1849
Oesterreich erwidert; am 11. war Graf Brühl in
Olmütz. Man war ziemlich einig. Die österrei-
chische Note vom 17. Januar wiederholte die
Punkte, und beantragte die Aufstellung von 40,000
Mann in der Nähe von Frankfurt. Allein am
10. Januar war Bunsen nach Berlin gekommen;
und Mecklenburg, Darmstadt, Gotha, Meiningen,
Altenburg, Braunschweig, erklärten nach der Reihe
ihre Unterwerfung unter Preußen. Da erschien
die Note vom 23. Januar 1849, in der Preußen
sich von Oesterreich lossagte, einen engern Bund
in dem weitern Bunde nach Gagern=Bunsen'schem
System aufstelle und der Frankfurter Versamm-
lung das Compliment machte, nicht auf Verein-
barung zu bestehen, sondern sich mit Verständigung
zu begnügen. Oesterreich, beleidigt, erklärte sich
am 4. Februar gegen diesen engern Bundesstaat,
suchte sich auch Frankfurt zu nähern; aber es for-
derte Vereinbarung. Das war nicht der Weg,
Preußen den Rang abzugewinnen, zumal Camp-
hausen damals nach biegsamen Jnstruktionen in
voller „Verständigung“ begriffen war. Am 27.
Februar proponirte Oesterreich nochmals ein Di-
rectorium von neun Stimmen. Preußen schien in
der Note vom 10. März auch darauf einzugehen.
Allein nun kam am 12. der tolle Welkersche An-
trag, und Alles fiel über einander. Auch in der
Berliner Nationalversammlung erregte jene Note
vom 10. März einen Sturm; die Kaiserwahl mit
ihren Verwirrungen kam dazu; man schien Oe-
sterreich ganz zu vergessen. Aber die Berliner
Nationalversammlung mußte aufgelöst werden;
man kam auf das Gebiet der Einigung
mit allen Regierungen, namentlich mit Oesterreich
zurück; allein vorab, ehe man sich darüber mit
irgend Jemand verständigt, machte man Oesterreich
den Vorschlag zu der „Union“, denn es hieß da-
mals der Bund Deutschlangs mit Oesterreich den
Hr. v. Radowitz aus dem Gagern = Bunsen'schen
Projekte gemacht hatte, gegenüber dem „deutschen
Bundesstaate“. Oesterreich wies dieses Ansinnen
zurück, und am 25. Mai erklärte nun Preußen:
„Wir glaubten darin nicht eine Störung, sondern
nur eine naturgemäße und den Umständen ange-
messene Entwickelung des heilig gehaltenen alten
Bundes zu sehen. -- Sollte die k. k. Regierung
nicht geneigt sein, Vorschläge zu machen, so wird
alsdann noch immer der einfache und verbürgte
Rechtsboden des Bundes von 1815 übrig bleiben,
auf welchem wir uns mit Oesterreich die Hand
reichen würden. Wir sind eben so verpflichtet als
[Spaltenumbruch] berechtigt, die durch die Bundesakte bezeichneten
Theile der österreichischen Monarchie als die in-
tegrirenden Theile dieses Bundes anzusehen, und
wir zweifeln nicht, daß die k. k. Regierung von
demselben Gesichtspunkte ausgehe. Jhr gegenüber
werden wir mit unverbrüchlicher Treue an dem
alten Bundesverhältnisse festhalten und alle dar-
aus entspringenden Verpflichtungen im vollsten
Umfange erfüllen. -- Wir sind willig -- in Be-
ziehung auf Oesterreich wie auf jeden anderen
Staat -- nur an dem Bundesverhältniß von
1815 festzuhalten. Wir haben hiermit unsere
Stellung klar bezeichnet. Während wir bereit sind,
mit der k. k. Regierung, über eine mögliche Basis
der Zukunft zu unterhandeln, stehen wir vorerst
für uns selbst und mit den uns angeschlossenen
Regierungen, oder dem aus diesen gebildeten Bun-
desstaate auf dem Boden des Bundes von 1815.“
Das war deutlich gesprochen, das stimmte mit
dem Vertrage, den man am folgenden Tage in
Gemäßheit des Art. 11 der Bundesakte schloß;
die hannoversche Denkschrift vom 1. Juni com-
mentirte das noch weiter und bewies, daß der
Durchführung der Verfassung nothwendig die Zu-
stimmung des Bundes, also Oesterreichs, vorher-
gehen müsse, namentlich sollte das aus der Ab-
stimmungsordnung folgen. Die Denkschrift vom
11. Juni dagegen enthielt die bekannte geschraubte
Stelle, aus der die Hrn. Radowitz, Vollpracht u.
s. w. die Verpflichtung Hannovers und Sachsens
deducirten, in einem Bund „mit Wenigen“ zu
bleiben. Jm Uebrigen wiederholte man die Ti-
rade von Oesterreichs Verpflichtung. Man glaubte
damals aber nicht, daß Oesterreich den alten Bund
wolle; man klagte, daß es -- im Kampf um die
Existenz begriffen -- die „Bundespflichten“ nicht
erfülle; man wollte eben durch das Bestehen auf
dem alten Bunde ihm eine Concession abdringen.
Oesterreich wollte auch wirklich den alten Bund
nicht, sondern irgend ein Directorium in anderer
Form. So ging die Sache; man verfeindete sich,
wies am 24. Juli im Vewaltungsrath alle wei-
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tember das Jnterim, das die Bundesgeschäfte be-
sorgen sollte, der bestehenden Bundesgesetzgebung
und insbesondere der Bundeskriegsverfassung ge-
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August hatte Herr v. Radowitz den Bundesstaat
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v. Bodelschwingh an zu distinguiren. Nun war
die Bundesverfassung untergegangen, aber die
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hatte man zu erfüllen gelobt u. s. w.; damit
wurde Hannover und Sachsen aus dem Verwal-
tungsrath glücklich hinaus deducirt. Die Beru-
fung des Erfurter Reichstags wurde beschlossen
( hatte aber freilich noch Zeit bis zum April ) .
Oesterreich aber, das inzwischen mit dem Mün-
chener Projekte auch gescheitert war, kam nun
seinerseits auf den Standpunkt des alten Bundes
zurück. Es berief das Plenum. Preußen argu-
mentirte mit Recht aus der Bundesverfassung ( die

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 210. Würzburg, Montag den 2. September. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 31. August. Se. Maj. der König haben allergnädigst geruht den Appellationsgerichts- rath Philipp Then zu Aschaffenburg wegen seiner durch physische Gebrechlichkeit herbeigefuhrten Dienst- unfähigkeit nach § 22 lit D der Beilage IX zur Verfassungs=Urkunde auf die Dauer von zwei Jahren mit Belassung seines Gesammtgehalts, Titels und Funktionszeichens in den Ruhestand zu versetzen und demselben hiebei die allerhöchste besondere Zufriedenheit mit seinen bisher treu und eifrig geleisteten Diensten zu bezeigen. München, 1. Sept. Se. Maj. der König haben Sich bewogen gefunden, die Wahl des or- dentlichen Professors des Kriminalrechts und Kri- minalprozesses, dann des Polizeirechtes und der Polizeiwissenschaft Dr. Karl Edel in Würzburg, zum Rektor der Universität daselbst für das Stu- dienjahr 1850/51; dann die Wahl des ordentli- chen Professors Dr. Deppisch von der theologi- schen Fakultät, des ordentlichen Professors Dr. Albrecht von der juridischen, des ordentlichen Pro- fessors Dr. Scherer von der medizinischen, und des ordentlichen Professors Dr. Hoffmann von der philosophischen Fakultät zu Senatoren für die Studienjahre 1850/51 zu genehmigen. Oesterreichs und Preußens Stellung. Wenn zwei Menschen lange Zeit in einem Wortstreite begriffen sind, so ist es beinahe un- vermeidlich, daß allmählig die Behauptungen von einer und der andern Seite einen schrofferen Cha- rakter annehmen. Man faßt bald diesen, bald je- nen Nebenpunkt, bald diese, bald jene Schwäche in den Behauptungen des Gegners auf, und so geschieht es leicht, daß am Ende die Streitenden auf ganz andere Sätze gerathen sind, als diejeni- gen, die anfangs den Gegenstand der Discussion ausmachten. Jn Welthändeln ist das auch der Fall, und die alte Lehre, daß man unaufhörlich sich wieder an den Punkt zurückwenden soll, von dem man ausgegangen war, darf nie vergessen werden. So wird es denn auch nicht ohne Nu- tzen sein, in der Discussion, die gegenwärtig zwi- schen Oesterreich und Preußen geführt wird, die Ausgangspunkte wieder aufzusuchen und von da ab den weiteren Weg zu verfolgen. Der Streit hat sich hier eigenthümlich genug gewandt und die Behauptungen sind oft genug verschoben, um davon eine Lehre zu nehmen. Leider liegt der Anfang im Dunkeln. Er fällt in den December und Januar 1848 und 1849. Die öffentlichen Nachrichten haben wenig davon mitgetheilt; erst Jürgens hat in seinem Buche zur Geschichte des dentschen Verfassungswerks II. p. 457 ec. den Versuch gemacht, Licht in dieses Dunkel zu brin- gen. Oesterreich und Preußen waren damals beide mit Mühe wieder Herr ihrer Hauptstädte gewor- gen; noch standen die Gewitter am Horizonte, noch war Deutschland in stürmischer Bewegung, beherrscht von Clubbs, Märzvereinen, demokrati- schen, vaterländischen Vereinen, und wie sie hei- ßen, die alle mehr galten und mehr vermochten, als die Regierungen. Jn Frankfurt braute man das „Rattengift der Grundrechte“, um den Re- gierungen das Vereinbaren auszutreiben. Da fühlte man in Wien und Berlin, daß man nicht sicher sei, so lange dieser Zustand Deutschlands daure. Man wollte sich einigen über die Grund- sätze der Verfassung, und ohne Zweifel hätte eine Einigung die Stimmen aller Fürsten für sich ge- wonnen. Einer solchen Kraft hätte sich Frankfurt nicht entziehen können, und Deutschland wären die schmählichsten Erscheinungen vom 12. März bis 18. Juni erspart. Gesandte gingen zwischen Ber- lin und Olmütz hin und her. Man glaubte an Einigung. Oesterreich hatte eine Kreiseinrichtung vorgeschlagen, Preußen war darauf eingegangen; man hatte über die Frage, ob sechs oder sieben Kreise, verhandelt. Am 19. December 1848 hatte Preußen Vorschläge gemacht; am 7. Januar 1849 Oesterreich erwidert; am 11. war Graf Brühl in Olmütz. Man war ziemlich einig. Die österrei- chische Note vom 17. Januar wiederholte die Punkte, und beantragte die Aufstellung von 40,000 Mann in der Nähe von Frankfurt. Allein am 10. Januar war Bunsen nach Berlin gekommen; und Mecklenburg, Darmstadt, Gotha, Meiningen, Altenburg, Braunschweig, erklärten nach der Reihe ihre Unterwerfung unter Preußen. Da erschien die Note vom 23. Januar 1849, in der Preußen sich von Oesterreich lossagte, einen engern Bund in dem weitern Bunde nach Gagern=Bunsen'schem System aufstelle und der Frankfurter Versamm- lung das Compliment machte, nicht auf Verein- barung zu bestehen, sondern sich mit Verständigung zu begnügen. Oesterreich, beleidigt, erklärte sich am 4. Februar gegen diesen engern Bundesstaat, suchte sich auch Frankfurt zu nähern; aber es for- derte Vereinbarung. Das war nicht der Weg, Preußen den Rang abzugewinnen, zumal Camp- hausen damals nach biegsamen Jnstruktionen in voller „Verständigung“ begriffen war. Am 27. Februar proponirte Oesterreich nochmals ein Di- rectorium von neun Stimmen. Preußen schien in der Note vom 10. März auch darauf einzugehen. Allein nun kam am 12. der tolle Welkersche An- trag, und Alles fiel über einander. Auch in der Berliner Nationalversammlung erregte jene Note vom 10. März einen Sturm; die Kaiserwahl mit ihren Verwirrungen kam dazu; man schien Oe- sterreich ganz zu vergessen. Aber die Berliner Nationalversammlung mußte aufgelöst werden; man kam auf das Gebiet der Einigung mit allen Regierungen, namentlich mit Oesterreich zurück; allein vorab, ehe man sich darüber mit irgend Jemand verständigt, machte man Oesterreich den Vorschlag zu der „Union“, denn es hieß da- mals der Bund Deutschlangs mit Oesterreich den Hr. v. Radowitz aus dem Gagern = Bunsen'schen Projekte gemacht hatte, gegenüber dem „deutschen Bundesstaate“. Oesterreich wies dieses Ansinnen zurück, und am 25. Mai erklärte nun Preußen: „Wir glaubten darin nicht eine Störung, sondern nur eine naturgemäße und den Umständen ange- messene Entwickelung des heilig gehaltenen alten Bundes zu sehen. -- Sollte die k. k. Regierung nicht geneigt sein, Vorschläge zu machen, so wird alsdann noch immer der einfache und verbürgte Rechtsboden des Bundes von 1815 übrig bleiben, auf welchem wir uns mit Oesterreich die Hand reichen würden. Wir sind eben so verpflichtet als berechtigt, die durch die Bundesakte bezeichneten Theile der österreichischen Monarchie als die in- tegrirenden Theile dieses Bundes anzusehen, und wir zweifeln nicht, daß die k. k. Regierung von demselben Gesichtspunkte ausgehe. Jhr gegenüber werden wir mit unverbrüchlicher Treue an dem alten Bundesverhältnisse festhalten und alle dar- aus entspringenden Verpflichtungen im vollsten Umfange erfüllen. -- Wir sind willig -- in Be- ziehung auf Oesterreich wie auf jeden anderen Staat -- nur an dem Bundesverhältniß von 1815 festzuhalten. Wir haben hiermit unsere Stellung klar bezeichnet. Während wir bereit sind, mit der k. k. Regierung, über eine mögliche Basis der Zukunft zu unterhandeln, stehen wir vorerst für uns selbst und mit den uns angeschlossenen Regierungen, oder dem aus diesen gebildeten Bun- desstaate auf dem Boden des Bundes von 1815.“ Das war deutlich gesprochen, das stimmte mit dem Vertrage, den man am folgenden Tage in Gemäßheit des Art. 11 der Bundesakte schloß; die hannoversche Denkschrift vom 1. Juni com- mentirte das noch weiter und bewies, daß der Durchführung der Verfassung nothwendig die Zu- stimmung des Bundes, also Oesterreichs, vorher- gehen müsse, namentlich sollte das aus der Ab- stimmungsordnung folgen. Die Denkschrift vom 11. Juni dagegen enthielt die bekannte geschraubte Stelle, aus der die Hrn. Radowitz, Vollpracht u. s. w. die Verpflichtung Hannovers und Sachsens deducirten, in einem Bund „mit Wenigen“ zu bleiben. Jm Uebrigen wiederholte man die Ti- rade von Oesterreichs Verpflichtung. Man glaubte damals aber nicht, daß Oesterreich den alten Bund wolle; man klagte, daß es -- im Kampf um die Existenz begriffen -- die „Bundespflichten“ nicht erfülle; man wollte eben durch das Bestehen auf dem alten Bunde ihm eine Concession abdringen. Oesterreich wollte auch wirklich den alten Bund nicht, sondern irgend ein Directorium in anderer Form. So ging die Sache; man verfeindete sich, wies am 24. Juli im Vewaltungsrath alle wei- tere Verhandlung von sich; aber nun siegte Oe- sterreich in Ungarn, und man schloß am 30. Sep- tember das Jnterim, das die Bundesgeschäfte be- sorgen sollte, der bestehenden Bundesgesetzgebung und insbesondere der Bundeskriegsverfassung ge- mäß ( §. 6 ) und zwar innerhalb der Competenz des engern Bundesraths ( §. 5 ) . Aber Herr Vollpracht hatte schon am 30. August beantragt, den Erfurter Reichstag zu berufen, und am 25. August hatte Herr v. Radowitz den Bundesstaat mit Wenigen proclamirt; im Verwaltungsrath kam's zur Contestation und am 17. Okt. fing Hr. v. Bodelschwingh an zu distinguiren. Nun war die Bundesverfassung untergegangen, aber die Rechte und Pflichten bestanden noch; nur diese hatte man zu erfüllen gelobt u. s. w.; damit wurde Hannover und Sachsen aus dem Verwal- tungsrath glücklich hinaus deducirt. Die Beru- fung des Erfurter Reichstags wurde beschlossen ( hatte aber freilich noch Zeit bis zum April ) . Oesterreich aber, das inzwischen mit dem Mün- chener Projekte auch gescheitert war, kam nun seinerseits auf den Standpunkt des alten Bundes zurück. Es berief das Plenum. Preußen argu- mentirte mit Recht aus der Bundesverfassung ( die

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 210. Würzburg, 2. September 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische210_1850/1>, abgerufen am 21.11.2024.