Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Bayerische Presse. Nr. 212. Würzburg, 4. September 1850.

Bild:
erste Seite
nächste Seite >>
Die Bayerische Presse.
[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]
Nr. 212.
Würzburg, Mittwoch den 4. September. 1850.

[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 2. Sept. Durch Kriegsministerial-
Erlaß wurde der seitherige zweite Kommandant
der Festung Landau, Oberst v. Purkrat, in Ruhe-
stand versetzt.


Allgemeines Wahlrecht und Chri-
stenthum.
( Schluß. )

Es hat jedoch die Sache noch eine andere
Seite. Staatssachen erfordern genaue Erwägung,
weiten Ueberblick, tiefgehende Kenntniß und Er-
fahrung; es ist keine Wissenschaft so schwer, als
eben die politische und keine leidet unter ober-
flächlicher Behandlung mehr Noth als sie. Je
größer nun die Masse der Wählenden ist, und
je weiter ab die große Mehrzahl derselben von
der Kenntniß und Beurtheilungskraft politischer
Dinge steht, um so näher liegt die Gefahr, daß
nicht die nüchternen und verständigen, sondern
diejenigen Bewerber obsiegen, welche es am be-
sten verstehen, das Mundgerechte und Ohren-
kitzelnde vorzutragen. Und das ist auch in
Deutschland geschehen, es ist eine Zeit lang in
steigender Progression geschehen, und man kann
wohl sagen, unser Volk ist seither mit lauter
Schlagwörtern geleitet worden, es hat sich deren
eine ganze Scala nach und nach gebildet, bis
hinauf zu jenem bekannten "Gut und Blut", das
von seinen eigenen Erfindern so schmählich im
Stiche gelassen worden ist. Aber jene Bewer-
bung unterm Volke mittelst Versprechungen und
Schlagwörtern, das ist -- Volksbetrug und kann
nicht anders als entsittlichend wirken. Unter dem
Scheine von Freiheit und Souveränetät wird das
wählende Volk zum Fußschemmel für ehrgeizige
Verführer und blinde Schwärmer, und die Noth-
wendigkeit sich zu überbieten, führt immer tiefer
hinein in glänzende und luftige Verheißungen.
Auf diesem Wege liegt der Socialismus und
Communismus, die endliche Zerstörung alles
Dessen, was Schranke heißt, im Materiellen und
im Sittlichen. Jn unserer alten Welt gewiß ist
das in ein System gebrachte Gelüsten nach Auf-
hebung des Besitzes, der Ehe, der Sitte und
nach Zerstörung des Christenthums das nothwen-
dige Seitenstück zum allgemeinen Wahlrechte, und
in Deutschland vollends, wo bei dem angebore-
nen Mangel an patriotischem Sinne, bei der
Neigung, Gedankendinge über das Vaterland zu
stellen, und bei dieser traurigen Lage, die uns
bis jetzt nur Bruchstücke eines Vaterlandes gönnt,
auch diese letzte Schranke gegen politische Thor-
heiten fehlt, mußten am Ende die extremsten Fol-
gen eintreten. Folgen, vor welchen die Franzosen
bei ihrer gegenwärtigen Verfassung bis jetzt nur
durch ihren Patriotismus bewahrt geblieben sind.
Man könnte nun freilich sagen, das seien die
Mängel des Anfanges und im Laufe der Zeit
werden die Wähler, durch Erfahrung gewitzigt,
nach besseren und tauglicheren Männern greifen.
Allein für's Erste ist es doch sehr gewagt, die
sittlichen und materiellen Volksinteressen einem
ungewissen Experimente anzuvertrauen, und es
könnte leicht der Fall eintreten, daß die Klug-
[Spaltenumbruch] heit zu spät kommt, nachdem der Schaden un-
heilbar geworden; für's Andere spricht alle Wahr-
scheinlichkeit gegen ein mit der Zeit zu erzielen-
des günstigeres Resultat. Denn zu der oben
genannten sittlichen und intellectuellen Unange-
messenheit kommt noch die ökonomische, das un-
verkennbare Sinken des allgemeinen Wohlstandes,
erst im Handwerkerstande, und nun auch bei der
ackerbauenden Bevölkerung. Auf einen so wan-
kenden Grund den Staat stellen, das heißt in
seinem Falle entgegenführen, und es heißt auch
für die Freiheit schlecht sorgen. Denn wenn der
Schwerpunkt der öffentlichen Macht auf eine
Volksklasse zu liegen kommt, die ihn zu tragen
nicht im Stande ist, so muß nach kurzem Frei-
heits- und Souveränetätstaumel die Demagogen-
wirthschaft einer Gewaltherrschaft den Platz räu-
men; dicht hinter den Rhetoren und Volkstribu-
nen steht der Cäsar oder der Macedonier. Die-
ses sind die von der Geschichte bezeugten und in
sich nothwendigen Folgen davon, wenn wichtige
politische Rechte an Solche fallen, welche sie
auszuüben nicht im Stande sind. Da entsteht
zwischen diesen und ihrer Freiheit jener leere
Raum, der von den demagogischen Eindringlin-
gen auszufüllen gesucht wird; diese aber können
sich nicht halten, außer indem sie die Menge
in immer neue Leidenschaften hetzen und indem
sie gegen Alles, was noch von sittlicher Macht
im Volke übrig ist, einen nach Umständen bald
offenen, bald versteckten Krieg führen. Und hier
steht obenan das Christenthum, gegen welches
jedes frivole Demagogenthum mit innerer Noth-
wendigkeit zu Felde zieht; denn es ist ganz ge-
wiß, daß diese zwei neben einander nicht bestehen.
Der Feldzugsplan wider das Christenthum liegt
auch nunmehr ganz offen zu Tage. Jn Frank-
furt ist es den Demagogen durch Unterstützung
von Seiten der Anhänger einer ungeschichtlichen,
von der Wirklichkeit abstrahirenden Doctrin ge-
lungen, ihre dem Christenthume zugedachten
Schläge auf die bestehenden Kirchen zu führen
und in die Grundrechte Bestimmungen zu brin-
gen, welche, wenn sie wirklich vollzogen und
durchgeführt werden, die bestehenden Kirchen noth-
wendig beeinträchtigen, und hierdurch, wie durch
die schrankenlose Willkür, welche jedem noch so
armseligen Versuch neuer Religionsstiftung ge-
stattet ist, unmittelbar und mittelbar dem Chri-
stenthume schaden. Es ist ferner nur aus dem
entschiedensten Jnstincte, wo nicht aus planmäßi-
ger Uebereinkunft zu erklären, daß jenes große
Heer von revolutionären Winkelblät-
tern die Geringschätzung der bestehenden
Kirchen und den Haß gegen ihre Diener
in alle Hütten tragen, und so die Wirk-
samkeit des geistlichen Amtes durch Predigt und
Seelsorge an manchen Orten fast ganz unmöglich
machen. Und hierbei erfreuen sie sich sogar theil-
weise der Assistenz gutmüthiger Thoren, welche
sich einbilden, es werde das Christenthum in der
Welt desto wirksamer werden, wenn die geschicht-
lichen und gesellschaftlichen Formen, in das es
sich gefaßt hat, zerschlagen seien. Wie wenig
aber Dieselben, welche die Kirche bekämpfen, Nei-
gung zu dem Christenthume selbst an den Tag
legen, das ist offenbar, und wenn sie gegenwär-
[Spaltenumbruch] tig, weil sie durch manche Erfahrungen gewitzigt
wurden, anstatt der directen Angriffe vielmehr
die Kriegslist anwenden, ihre Sache als vom
Christenthum begünstigt darzustellen, so ändert
dies die Sache nicht. Jedenfalls steht fest: es
ist ein und dasselbe Lager, aus welchem die For-
derung allgemeinen Wahlrechtes und der Christen-
haß oder die Christenthumsverfälschung hervor-
geht, und -- was nicht zu übersehen -- aus
diesem Lager werden auch die Wahlen selbst, und
zwar in überwiegender Mehrzahl mit Erfolg ge-
leitet. Man kann keinen Augenblick zweifeln, in
welche Beziehung zum Christenthume sonach die
Gesetzgebung einer solchen Versammlung sich stel-
len wird, und die Rückwirkung einer antichristli-
chen oder widerchristlichen Gesetzgebung auf die
sittlich=religiösen Zustände des Volkes kann un-
möglich ausbleiben; es ist auch bereits durch die
Frankfurter Grundrechte in dieser Beziehung un-
säglich viel Begriffsverwirrung und Störung an-
gerichtet worden. Nimmt man noch hinzu, daß
Dieselben, welche allgemeines Wahlrecht verlan-
gen, in der Regel auch mit dem Alter der
Stimmberechtigten möglichst weit heruntergehen,
und daß sie auch das active Heer mit herein-
ziehen, so hat man zwei weitere Momente des
Berderbens. Es demoralisirt das Heer, mag
dieses nun auf Commando der Offiziere oder
Demagogen stimmen, und es demoralisirt die
Jugend, wenn ihr so frühzeitig ein politisches
Gewicht beigelegt und sie von der Arbeit der ei-
genen Ausbildung in die Leidenschaft der Tages-
fragen hereingezogen wird.

Deutschland.

* Würzburg, 4. Sept. Seit mehren Wochen
erregt eine Sammlung naturwissenschaftlicher und
etheographischer Gegenstände von der bis jetzt von
eigentlichen Forschern noch wenig berührten West-
küste Amerikas die Aufmerksamkeit des gebildeten
Publikums in Nürnberg. Dieselbe befindet sich
in der an Sehenswürdigkeiten überhaupt reichen
Wohnung unseres, der gelehrten Welt auf das
Vortheilhafteste bekannten Landsmannes, des Frei-
herrn von Bibra, welcher nach einem1 1 / 2 jähri-
gen Aufenthalte in Brasilien, Bern und Chili
reich mit wissenschaftlichen Schätzen beladen, glück-
lich zurückgekehrt ist. Der Mineraloge und
Geognost ist erstaunt über die prachtvollen seither
nur als Raritäten geltenden Kupfererze aus den
Minen von Toropilla -- worunter namentlich
mehre Pfund schwere Exemplare von Atocamit
sich auszeichnen -- und die merkwürdigen Forma-
tionen aus der Cordillera. Der Zoologe und
Botaniker findet eine vollständige mit großem
Fleiße gesammelte und gut conservirte Repräsen-
tation der Fauna und Flora jener Gegenden.
Eine reiche Sammlung von Waffen, Kleidungs-
stücken, Geräthen und Luxusgegenständen
fesselt durch die Contraste einheimischer und ein-
gedrungener Kunstelemente. Eine besondere Zierde
dieser Abtheilung ist ein kunstvoll gearbeiteter
Helm, welcher der Form und Arbeit nach werth
wäre, auf dem klassischen Boden Griechenlands
gefunden zu werden. Eine Reihe archäologischer
Gegenstände vervollständiget die Sammlung, welche

Die Bayerische Presse.
[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]
Nr. 212.
Würzburg, Mittwoch den 4. September. 1850.

[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 2. Sept. Durch Kriegsministerial-
Erlaß wurde der seitherige zweite Kommandant
der Festung Landau, Oberst v. Purkrat, in Ruhe-
stand versetzt.


Allgemeines Wahlrecht und Chri-
stenthum.
( Schluß. )

Es hat jedoch die Sache noch eine andere
Seite. Staatssachen erfordern genaue Erwägung,
weiten Ueberblick, tiefgehende Kenntniß und Er-
fahrung; es ist keine Wissenschaft so schwer, als
eben die politische und keine leidet unter ober-
flächlicher Behandlung mehr Noth als sie. Je
größer nun die Masse der Wählenden ist, und
je weiter ab die große Mehrzahl derselben von
der Kenntniß und Beurtheilungskraft politischer
Dinge steht, um so näher liegt die Gefahr, daß
nicht die nüchternen und verständigen, sondern
diejenigen Bewerber obsiegen, welche es am be-
sten verstehen, das Mundgerechte und Ohren-
kitzelnde vorzutragen. Und das ist auch in
Deutschland geschehen, es ist eine Zeit lang in
steigender Progression geschehen, und man kann
wohl sagen, unser Volk ist seither mit lauter
Schlagwörtern geleitet worden, es hat sich deren
eine ganze Scala nach und nach gebildet, bis
hinauf zu jenem bekannten „Gut und Blut“, das
von seinen eigenen Erfindern so schmählich im
Stiche gelassen worden ist. Aber jene Bewer-
bung unterm Volke mittelst Versprechungen und
Schlagwörtern, das ist -- Volksbetrug und kann
nicht anders als entsittlichend wirken. Unter dem
Scheine von Freiheit und Souveränetät wird das
wählende Volk zum Fußschemmel für ehrgeizige
Verführer und blinde Schwärmer, und die Noth-
wendigkeit sich zu überbieten, führt immer tiefer
hinein in glänzende und luftige Verheißungen.
Auf diesem Wege liegt der Socialismus und
Communismus, die endliche Zerstörung alles
Dessen, was Schranke heißt, im Materiellen und
im Sittlichen. Jn unserer alten Welt gewiß ist
das in ein System gebrachte Gelüsten nach Auf-
hebung des Besitzes, der Ehe, der Sitte und
nach Zerstörung des Christenthums das nothwen-
dige Seitenstück zum allgemeinen Wahlrechte, und
in Deutschland vollends, wo bei dem angebore-
nen Mangel an patriotischem Sinne, bei der
Neigung, Gedankendinge über das Vaterland zu
stellen, und bei dieser traurigen Lage, die uns
bis jetzt nur Bruchstücke eines Vaterlandes gönnt,
auch diese letzte Schranke gegen politische Thor-
heiten fehlt, mußten am Ende die extremsten Fol-
gen eintreten. Folgen, vor welchen die Franzosen
bei ihrer gegenwärtigen Verfassung bis jetzt nur
durch ihren Patriotismus bewahrt geblieben sind.
Man könnte nun freilich sagen, das seien die
Mängel des Anfanges und im Laufe der Zeit
werden die Wähler, durch Erfahrung gewitzigt,
nach besseren und tauglicheren Männern greifen.
Allein für's Erste ist es doch sehr gewagt, die
sittlichen und materiellen Volksinteressen einem
ungewissen Experimente anzuvertrauen, und es
könnte leicht der Fall eintreten, daß die Klug-
[Spaltenumbruch] heit zu spät kommt, nachdem der Schaden un-
heilbar geworden; für's Andere spricht alle Wahr-
scheinlichkeit gegen ein mit der Zeit zu erzielen-
des günstigeres Resultat. Denn zu der oben
genannten sittlichen und intellectuellen Unange-
messenheit kommt noch die ökonomische, das un-
verkennbare Sinken des allgemeinen Wohlstandes,
erst im Handwerkerstande, und nun auch bei der
ackerbauenden Bevölkerung. Auf einen so wan-
kenden Grund den Staat stellen, das heißt in
seinem Falle entgegenführen, und es heißt auch
für die Freiheit schlecht sorgen. Denn wenn der
Schwerpunkt der öffentlichen Macht auf eine
Volksklasse zu liegen kommt, die ihn zu tragen
nicht im Stande ist, so muß nach kurzem Frei-
heits- und Souveränetätstaumel die Demagogen-
wirthschaft einer Gewaltherrschaft den Platz räu-
men; dicht hinter den Rhetoren und Volkstribu-
nen steht der Cäsar oder der Macedonier. Die-
ses sind die von der Geschichte bezeugten und in
sich nothwendigen Folgen davon, wenn wichtige
politische Rechte an Solche fallen, welche sie
auszuüben nicht im Stande sind. Da entsteht
zwischen diesen und ihrer Freiheit jener leere
Raum, der von den demagogischen Eindringlin-
gen auszufüllen gesucht wird; diese aber können
sich nicht halten, außer indem sie die Menge
in immer neue Leidenschaften hetzen und indem
sie gegen Alles, was noch von sittlicher Macht
im Volke übrig ist, einen nach Umständen bald
offenen, bald versteckten Krieg führen. Und hier
steht obenan das Christenthum, gegen welches
jedes frivole Demagogenthum mit innerer Noth-
wendigkeit zu Felde zieht; denn es ist ganz ge-
wiß, daß diese zwei neben einander nicht bestehen.
Der Feldzugsplan wider das Christenthum liegt
auch nunmehr ganz offen zu Tage. Jn Frank-
furt ist es den Demagogen durch Unterstützung
von Seiten der Anhänger einer ungeschichtlichen,
von der Wirklichkeit abstrahirenden Doctrin ge-
lungen, ihre dem Christenthume zugedachten
Schläge auf die bestehenden Kirchen zu führen
und in die Grundrechte Bestimmungen zu brin-
gen, welche, wenn sie wirklich vollzogen und
durchgeführt werden, die bestehenden Kirchen noth-
wendig beeinträchtigen, und hierdurch, wie durch
die schrankenlose Willkür, welche jedem noch so
armseligen Versuch neuer Religionsstiftung ge-
stattet ist, unmittelbar und mittelbar dem Chri-
stenthume schaden. Es ist ferner nur aus dem
entschiedensten Jnstincte, wo nicht aus planmäßi-
ger Uebereinkunft zu erklären, daß jenes große
Heer von revolutionären Winkelblät-
tern die Geringschätzung der bestehenden
Kirchen und den Haß gegen ihre Diener
in alle Hütten tragen, und so die Wirk-
samkeit des geistlichen Amtes durch Predigt und
Seelsorge an manchen Orten fast ganz unmöglich
machen. Und hierbei erfreuen sie sich sogar theil-
weise der Assistenz gutmüthiger Thoren, welche
sich einbilden, es werde das Christenthum in der
Welt desto wirksamer werden, wenn die geschicht-
lichen und gesellschaftlichen Formen, in das es
sich gefaßt hat, zerschlagen seien. Wie wenig
aber Dieselben, welche die Kirche bekämpfen, Nei-
gung zu dem Christenthume selbst an den Tag
legen, das ist offenbar, und wenn sie gegenwär-
[Spaltenumbruch] tig, weil sie durch manche Erfahrungen gewitzigt
wurden, anstatt der directen Angriffe vielmehr
die Kriegslist anwenden, ihre Sache als vom
Christenthum begünstigt darzustellen, so ändert
dies die Sache nicht. Jedenfalls steht fest: es
ist ein und dasselbe Lager, aus welchem die For-
derung allgemeinen Wahlrechtes und der Christen-
haß oder die Christenthumsverfälschung hervor-
geht, und -- was nicht zu übersehen -- aus
diesem Lager werden auch die Wahlen selbst, und
zwar in überwiegender Mehrzahl mit Erfolg ge-
leitet. Man kann keinen Augenblick zweifeln, in
welche Beziehung zum Christenthume sonach die
Gesetzgebung einer solchen Versammlung sich stel-
len wird, und die Rückwirkung einer antichristli-
chen oder widerchristlichen Gesetzgebung auf die
sittlich=religiösen Zustände des Volkes kann un-
möglich ausbleiben; es ist auch bereits durch die
Frankfurter Grundrechte in dieser Beziehung un-
säglich viel Begriffsverwirrung und Störung an-
gerichtet worden. Nimmt man noch hinzu, daß
Dieselben, welche allgemeines Wahlrecht verlan-
gen, in der Regel auch mit dem Alter der
Stimmberechtigten möglichst weit heruntergehen,
und daß sie auch das active Heer mit herein-
ziehen, so hat man zwei weitere Momente des
Berderbens. Es demoralisirt das Heer, mag
dieses nun auf Commando der Offiziere oder
Demagogen stimmen, und es demoralisirt die
Jugend, wenn ihr so frühzeitig ein politisches
Gewicht beigelegt und sie von der Arbeit der ei-
genen Ausbildung in die Leidenschaft der Tages-
fragen hereingezogen wird.

Deutschland.

* Würzburg, 4. Sept. Seit mehren Wochen
erregt eine Sammlung naturwissenschaftlicher und
etheographischer Gegenstände von der bis jetzt von
eigentlichen Forschern noch wenig berührten West-
küste Amerikas die Aufmerksamkeit des gebildeten
Publikums in Nürnberg. Dieselbe befindet sich
in der an Sehenswürdigkeiten überhaupt reichen
Wohnung unseres, der gelehrten Welt auf das
Vortheilhafteste bekannten Landsmannes, des Frei-
herrn von Bibra, welcher nach einem1 1 / 2 jähri-
gen Aufenthalte in Brasilien, Bern und Chili
reich mit wissenschaftlichen Schätzen beladen, glück-
lich zurückgekehrt ist. Der Mineraloge und
Geognost ist erstaunt über die prachtvollen seither
nur als Raritäten geltenden Kupfererze aus den
Minen von Toropilla -- worunter namentlich
mehre Pfund schwere Exemplare von Atocamit
sich auszeichnen -- und die merkwürdigen Forma-
tionen aus der Cordillera. Der Zoologe und
Botaniker findet eine vollständige mit großem
Fleiße gesammelte und gut conservirte Repräsen-
tation der Fauna und Flora jener Gegenden.
Eine reiche Sammlung von Waffen, Kleidungs-
stücken, Geräthen und Luxusgegenständen
fesselt durch die Contraste einheimischer und ein-
gedrungener Kunstelemente. Eine besondere Zierde
dieser Abtheilung ist ein kunstvoll gearbeiteter
Helm, welcher der Form und Arbeit nach werth
wäre, auf dem klassischen Boden Griechenlands
gefunden zu werden. Eine Reihe archäologischer
Gegenstände vervollständiget die Sammlung, welche

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001"/>
      <docTitle>
        <titlePart xml:id="tpm1" type="main" next="#tpm2"> <hi rendition="#c #fr">Die Bayerische Presse.</hi> </titlePart><lb/>
        <cb type="start"/>
        <titlePart type="price"><hi rendition="#c">Abonnement: </hi><lb/>
Ganzjährig 6 fl.<lb/>
Halbjährig 3 fl.<lb/>
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.<lb/>
Monatlich für die Stadt 30 kr. </titlePart><lb/>
        <cb/>
        <titlePart type="sub"> <hi rendition="#c #fr">Eine constitutionell-monarchische Zeitung.</hi> </titlePart>
      </docTitle><lb/>
      <cb/>
      <p>Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.<lb/>
Nr. 533.</p><lb/>
      <p>Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-<lb/>
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe<lb/>
und Gelder frei.</p><lb/>
      <cb type="end"/>
      <docTitle>
        <titlePart xml:id="tpm2" prev="#tpm1" type="main"><hi rendition="#aq">Nr</hi>. 212. </titlePart>
      </docTitle>
      <docDate> <hi rendition="#c">Würzburg, Mittwoch den 4. September.</hi> <hi rendition="#right">1850.</hi> </docDate><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </front>
    <body>
      <cb type="start"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#c #fr">Amtliche Nachrichten.</hi> </head><lb/>
        <p>München, 2. Sept. Durch Kriegsministerial-<lb/>
Erlaß wurde der seitherige zweite Kommandant<lb/>
der Festung Landau, Oberst v. Purkrat, in Ruhe-<lb/>
stand versetzt.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jPoliticalNews">
        <div type="jPoliticalNews">
          <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Allgemeines Wahlrecht und Chri-<lb/>
stenthum.</hi><lb/>
( Schluß. ) </hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Es hat jedoch die Sache noch eine andere<lb/>
Seite. Staatssachen erfordern genaue Erwägung,<lb/>
weiten Ueberblick, tiefgehende Kenntniß und Er-<lb/>
fahrung; es ist keine Wissenschaft so schwer, als<lb/>
eben die politische und keine leidet unter ober-<lb/>
flächlicher Behandlung mehr Noth als sie. Je<lb/>
größer nun die Masse der Wählenden ist, und<lb/>
je weiter ab die große Mehrzahl derselben von<lb/>
der Kenntniß und Beurtheilungskraft politischer<lb/>
Dinge steht, um so näher liegt die Gefahr, daß<lb/>
nicht die nüchternen und verständigen, sondern<lb/>
diejenigen Bewerber obsiegen, welche es am be-<lb/>
sten verstehen, das Mundgerechte und Ohren-<lb/>
kitzelnde vorzutragen. Und das ist auch in<lb/>
Deutschland geschehen, es ist eine Zeit lang in<lb/>
steigender Progression geschehen, und man kann<lb/>
wohl sagen, unser Volk ist seither mit lauter<lb/>
Schlagwörtern geleitet worden, es hat sich deren<lb/>
eine ganze Scala nach und nach gebildet, bis<lb/>
hinauf zu jenem bekannten &#x201E;Gut und Blut&#x201C;, das<lb/>
von seinen eigenen Erfindern so schmählich im<lb/>
Stiche gelassen worden ist. Aber jene Bewer-<lb/>
bung unterm Volke mittelst Versprechungen und<lb/>
Schlagwörtern, das ist -- Volksbetrug und kann<lb/>
nicht anders als entsittlichend wirken. Unter dem<lb/>
Scheine von Freiheit und Souveränetät wird das<lb/>
wählende Volk zum Fußschemmel für ehrgeizige<lb/>
Verführer und blinde Schwärmer, und die Noth-<lb/>
wendigkeit sich zu überbieten, führt immer tiefer<lb/>
hinein in glänzende und luftige Verheißungen.<lb/>
Auf diesem Wege liegt der Socialismus und<lb/>
Communismus, die endliche Zerstörung alles<lb/>
Dessen, was Schranke heißt, im Materiellen und<lb/>
im Sittlichen. Jn unserer alten Welt gewiß ist<lb/>
das in ein System gebrachte Gelüsten nach Auf-<lb/>
hebung des Besitzes, der Ehe, der Sitte und<lb/>
nach Zerstörung des Christenthums das nothwen-<lb/>
dige Seitenstück zum allgemeinen Wahlrechte, und<lb/>
in Deutschland vollends, wo bei dem angebore-<lb/>
nen Mangel an patriotischem Sinne, bei der<lb/>
Neigung, Gedankendinge über das Vaterland zu<lb/>
stellen, und bei dieser traurigen Lage, die uns<lb/>
bis jetzt nur Bruchstücke eines Vaterlandes gönnt,<lb/>
auch diese letzte Schranke gegen politische Thor-<lb/>
heiten fehlt, mußten am Ende die extremsten Fol-<lb/>
gen eintreten. Folgen, vor welchen die Franzosen<lb/>
bei ihrer gegenwärtigen Verfassung bis jetzt nur<lb/>
durch ihren Patriotismus bewahrt geblieben sind.<lb/>
Man könnte nun freilich sagen, das seien die<lb/>
Mängel des Anfanges und im Laufe der Zeit<lb/>
werden die Wähler, durch Erfahrung gewitzigt,<lb/>
nach besseren und tauglicheren Männern greifen.<lb/>
Allein für's Erste ist es doch sehr gewagt, die<lb/>
sittlichen und materiellen Volksinteressen einem<lb/>
ungewissen Experimente anzuvertrauen, und es<lb/>
könnte leicht der Fall eintreten, daß die Klug-<lb/><cb/>
heit zu spät kommt, nachdem der Schaden un-<lb/>
heilbar geworden; für's Andere spricht alle Wahr-<lb/>
scheinlichkeit gegen ein mit der Zeit zu erzielen-<lb/>
des günstigeres Resultat. Denn zu der oben<lb/>
genannten sittlichen und intellectuellen Unange-<lb/>
messenheit kommt noch die ökonomische, das un-<lb/>
verkennbare Sinken des allgemeinen Wohlstandes,<lb/>
erst im Handwerkerstande, und nun auch bei der<lb/>
ackerbauenden Bevölkerung. Auf einen so wan-<lb/>
kenden Grund den Staat stellen, das heißt in<lb/>
seinem Falle entgegenführen, und es heißt auch<lb/>
für die Freiheit schlecht sorgen. Denn wenn der<lb/>
Schwerpunkt der öffentlichen Macht auf eine<lb/>
Volksklasse zu liegen kommt, die ihn zu tragen<lb/>
nicht im Stande ist, so muß nach kurzem Frei-<lb/>
heits- und Souveränetätstaumel die Demagogen-<lb/>
wirthschaft einer Gewaltherrschaft den Platz räu-<lb/>
men; dicht hinter den Rhetoren und Volkstribu-<lb/>
nen steht der Cäsar oder der Macedonier. Die-<lb/>
ses sind die von der Geschichte bezeugten und in<lb/>
sich nothwendigen Folgen davon, wenn wichtige<lb/>
politische Rechte an Solche fallen, welche sie<lb/>
auszuüben nicht im Stande sind. Da entsteht<lb/>
zwischen diesen und ihrer Freiheit jener leere<lb/>
Raum, der von den demagogischen Eindringlin-<lb/>
gen auszufüllen gesucht wird; diese aber können<lb/>
sich nicht halten, außer indem sie die Menge<lb/>
in immer neue Leidenschaften hetzen und indem<lb/>
sie gegen Alles, was noch von sittlicher Macht<lb/>
im Volke übrig ist, einen nach Umständen bald<lb/>
offenen, bald versteckten Krieg führen. Und hier<lb/>
steht obenan das Christenthum, gegen welches<lb/>
jedes frivole Demagogenthum mit innerer Noth-<lb/>
wendigkeit zu Felde zieht; denn es ist ganz ge-<lb/>
wiß, daß diese zwei neben einander nicht bestehen.<lb/>
Der Feldzugsplan wider das Christenthum liegt<lb/>
auch nunmehr ganz offen zu Tage. Jn Frank-<lb/>
furt ist es den Demagogen durch Unterstützung<lb/>
von Seiten der Anhänger einer ungeschichtlichen,<lb/>
von der Wirklichkeit abstrahirenden Doctrin ge-<lb/>
lungen, ihre dem Christenthume zugedachten<lb/>
Schläge auf die bestehenden Kirchen zu führen<lb/>
und in die Grundrechte Bestimmungen zu brin-<lb/>
gen, welche, wenn sie wirklich vollzogen und<lb/>
durchgeführt werden, die bestehenden Kirchen noth-<lb/>
wendig beeinträchtigen, und hierdurch, wie durch<lb/>
die schrankenlose Willkür, welche jedem noch so<lb/>
armseligen Versuch neuer Religionsstiftung ge-<lb/>
stattet ist, unmittelbar und mittelbar dem Chri-<lb/>
stenthume schaden. Es ist ferner nur aus dem<lb/>
entschiedensten Jnstincte, wo nicht aus planmäßi-<lb/>
ger Uebereinkunft zu erklären, <hi rendition="#g">daß jenes große<lb/>
Heer von revolutionären Winkelblät-<lb/>
tern die Geringschätzung der bestehenden<lb/>
Kirchen und den Haß gegen ihre Diener<lb/>
in alle Hütten tragen,</hi> und so die Wirk-<lb/>
samkeit des geistlichen Amtes durch Predigt und<lb/>
Seelsorge an manchen Orten fast ganz unmöglich<lb/>
machen. Und hierbei erfreuen sie sich sogar theil-<lb/>
weise der Assistenz gutmüthiger Thoren, welche<lb/>
sich einbilden, es werde das Christenthum in der<lb/>
Welt desto wirksamer werden, wenn die geschicht-<lb/>
lichen und gesellschaftlichen Formen, in das es<lb/>
sich gefaßt hat, zerschlagen seien. Wie wenig<lb/>
aber Dieselben, welche die Kirche bekämpfen, Nei-<lb/>
gung zu dem Christenthume selbst an den Tag<lb/>
legen, das ist offenbar, und wenn sie gegenwär-<lb/><cb/>
tig, weil sie durch manche Erfahrungen gewitzigt<lb/>
wurden, anstatt der directen Angriffe vielmehr<lb/>
die Kriegslist anwenden, ihre Sache als vom<lb/>
Christenthum begünstigt darzustellen, so ändert<lb/>
dies die Sache nicht. Jedenfalls steht fest: es<lb/>
ist ein und dasselbe Lager, aus welchem die For-<lb/>
derung allgemeinen Wahlrechtes und der Christen-<lb/>
haß oder die Christenthumsverfälschung hervor-<lb/>
geht, und -- was nicht zu übersehen -- aus<lb/>
diesem Lager werden auch die Wahlen selbst, und<lb/>
zwar in überwiegender Mehrzahl mit Erfolg ge-<lb/>
leitet. Man kann keinen Augenblick zweifeln, in<lb/>
welche Beziehung zum Christenthume sonach die<lb/>
Gesetzgebung einer solchen Versammlung sich stel-<lb/>
len wird, und die Rückwirkung einer antichristli-<lb/>
chen oder widerchristlichen Gesetzgebung auf die<lb/>
sittlich=religiösen Zustände des Volkes kann un-<lb/>
möglich ausbleiben; es ist auch bereits durch die<lb/>
Frankfurter Grundrechte in dieser Beziehung un-<lb/>
säglich viel Begriffsverwirrung und Störung an-<lb/>
gerichtet worden. Nimmt man noch hinzu, daß<lb/>
Dieselben, welche allgemeines Wahlrecht verlan-<lb/>
gen, in der Regel auch mit dem Alter der<lb/>
Stimmberechtigten möglichst weit heruntergehen,<lb/>
und daß sie auch das active Heer mit herein-<lb/>
ziehen, so hat man zwei weitere Momente des<lb/>
Berderbens. Es demoralisirt das Heer, mag<lb/>
dieses nun auf Commando der Offiziere oder<lb/>
Demagogen stimmen, und es demoralisirt die<lb/>
Jugend, wenn ihr so frühzeitig ein politisches<lb/>
Gewicht beigelegt und sie von der Arbeit der ei-<lb/>
genen Ausbildung in die Leidenschaft der Tages-<lb/>
fragen hereingezogen wird.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div type="jPoliticalNews">
          <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">Deutschland</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p><hi rendition="#sup">*</hi> Würzburg, 4. Sept. Seit mehren Wochen<lb/>
erregt eine Sammlung naturwissenschaftlicher und<lb/>
etheographischer Gegenstände von der bis jetzt von<lb/>
eigentlichen Forschern noch wenig berührten West-<lb/>
küste Amerikas die Aufmerksamkeit des gebildeten<lb/>
Publikums in Nürnberg. Dieselbe befindet sich<lb/>
in der an Sehenswürdigkeiten überhaupt reichen<lb/>
Wohnung unseres, der gelehrten Welt auf das<lb/>
Vortheilhafteste bekannten Landsmannes, des Frei-<lb/>
herrn von Bibra, welcher nach einem1 1 / 2 jähri-<lb/>
gen Aufenthalte in Brasilien, Bern und Chili<lb/>
reich mit wissenschaftlichen Schätzen beladen, glück-<lb/>
lich zurückgekehrt ist. Der Mineraloge und<lb/>
Geognost ist erstaunt über die prachtvollen seither<lb/>
nur als Raritäten geltenden Kupfererze aus den<lb/>
Minen von Toropilla -- worunter namentlich<lb/>
mehre Pfund schwere Exemplare von Atocamit<lb/>
sich auszeichnen -- und die merkwürdigen Forma-<lb/>
tionen aus der Cordillera. Der Zoologe und<lb/>
Botaniker findet eine vollständige mit großem<lb/>
Fleiße gesammelte und gut conservirte Repräsen-<lb/>
tation der Fauna und Flora jener Gegenden.<lb/>
Eine reiche Sammlung von Waffen, Kleidungs-<lb/>
stücken, Geräthen und <hi rendition="#g">Luxusgegenständen</hi><lb/>
fesselt durch die Contraste einheimischer und ein-<lb/>
gedrungener Kunstelemente. Eine besondere Zierde<lb/>
dieser Abtheilung ist ein kunstvoll gearbeiteter<lb/>
Helm, welcher der Form und Arbeit nach werth<lb/>
wäre, auf dem klassischen Boden Griechenlands<lb/>
gefunden zu werden. Eine Reihe archäologischer<lb/>
Gegenstände vervollständiget die Sammlung, welche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 212. Würzburg, Mittwoch den 4. September. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 2. Sept. Durch Kriegsministerial- Erlaß wurde der seitherige zweite Kommandant der Festung Landau, Oberst v. Purkrat, in Ruhe- stand versetzt. Allgemeines Wahlrecht und Chri- stenthum. ( Schluß. ) Es hat jedoch die Sache noch eine andere Seite. Staatssachen erfordern genaue Erwägung, weiten Ueberblick, tiefgehende Kenntniß und Er- fahrung; es ist keine Wissenschaft so schwer, als eben die politische und keine leidet unter ober- flächlicher Behandlung mehr Noth als sie. Je größer nun die Masse der Wählenden ist, und je weiter ab die große Mehrzahl derselben von der Kenntniß und Beurtheilungskraft politischer Dinge steht, um so näher liegt die Gefahr, daß nicht die nüchternen und verständigen, sondern diejenigen Bewerber obsiegen, welche es am be- sten verstehen, das Mundgerechte und Ohren- kitzelnde vorzutragen. Und das ist auch in Deutschland geschehen, es ist eine Zeit lang in steigender Progression geschehen, und man kann wohl sagen, unser Volk ist seither mit lauter Schlagwörtern geleitet worden, es hat sich deren eine ganze Scala nach und nach gebildet, bis hinauf zu jenem bekannten „Gut und Blut“, das von seinen eigenen Erfindern so schmählich im Stiche gelassen worden ist. Aber jene Bewer- bung unterm Volke mittelst Versprechungen und Schlagwörtern, das ist -- Volksbetrug und kann nicht anders als entsittlichend wirken. Unter dem Scheine von Freiheit und Souveränetät wird das wählende Volk zum Fußschemmel für ehrgeizige Verführer und blinde Schwärmer, und die Noth- wendigkeit sich zu überbieten, führt immer tiefer hinein in glänzende und luftige Verheißungen. Auf diesem Wege liegt der Socialismus und Communismus, die endliche Zerstörung alles Dessen, was Schranke heißt, im Materiellen und im Sittlichen. Jn unserer alten Welt gewiß ist das in ein System gebrachte Gelüsten nach Auf- hebung des Besitzes, der Ehe, der Sitte und nach Zerstörung des Christenthums das nothwen- dige Seitenstück zum allgemeinen Wahlrechte, und in Deutschland vollends, wo bei dem angebore- nen Mangel an patriotischem Sinne, bei der Neigung, Gedankendinge über das Vaterland zu stellen, und bei dieser traurigen Lage, die uns bis jetzt nur Bruchstücke eines Vaterlandes gönnt, auch diese letzte Schranke gegen politische Thor- heiten fehlt, mußten am Ende die extremsten Fol- gen eintreten. Folgen, vor welchen die Franzosen bei ihrer gegenwärtigen Verfassung bis jetzt nur durch ihren Patriotismus bewahrt geblieben sind. Man könnte nun freilich sagen, das seien die Mängel des Anfanges und im Laufe der Zeit werden die Wähler, durch Erfahrung gewitzigt, nach besseren und tauglicheren Männern greifen. Allein für's Erste ist es doch sehr gewagt, die sittlichen und materiellen Volksinteressen einem ungewissen Experimente anzuvertrauen, und es könnte leicht der Fall eintreten, daß die Klug- heit zu spät kommt, nachdem der Schaden un- heilbar geworden; für's Andere spricht alle Wahr- scheinlichkeit gegen ein mit der Zeit zu erzielen- des günstigeres Resultat. Denn zu der oben genannten sittlichen und intellectuellen Unange- messenheit kommt noch die ökonomische, das un- verkennbare Sinken des allgemeinen Wohlstandes, erst im Handwerkerstande, und nun auch bei der ackerbauenden Bevölkerung. Auf einen so wan- kenden Grund den Staat stellen, das heißt in seinem Falle entgegenführen, und es heißt auch für die Freiheit schlecht sorgen. Denn wenn der Schwerpunkt der öffentlichen Macht auf eine Volksklasse zu liegen kommt, die ihn zu tragen nicht im Stande ist, so muß nach kurzem Frei- heits- und Souveränetätstaumel die Demagogen- wirthschaft einer Gewaltherrschaft den Platz räu- men; dicht hinter den Rhetoren und Volkstribu- nen steht der Cäsar oder der Macedonier. Die- ses sind die von der Geschichte bezeugten und in sich nothwendigen Folgen davon, wenn wichtige politische Rechte an Solche fallen, welche sie auszuüben nicht im Stande sind. Da entsteht zwischen diesen und ihrer Freiheit jener leere Raum, der von den demagogischen Eindringlin- gen auszufüllen gesucht wird; diese aber können sich nicht halten, außer indem sie die Menge in immer neue Leidenschaften hetzen und indem sie gegen Alles, was noch von sittlicher Macht im Volke übrig ist, einen nach Umständen bald offenen, bald versteckten Krieg führen. Und hier steht obenan das Christenthum, gegen welches jedes frivole Demagogenthum mit innerer Noth- wendigkeit zu Felde zieht; denn es ist ganz ge- wiß, daß diese zwei neben einander nicht bestehen. Der Feldzugsplan wider das Christenthum liegt auch nunmehr ganz offen zu Tage. Jn Frank- furt ist es den Demagogen durch Unterstützung von Seiten der Anhänger einer ungeschichtlichen, von der Wirklichkeit abstrahirenden Doctrin ge- lungen, ihre dem Christenthume zugedachten Schläge auf die bestehenden Kirchen zu führen und in die Grundrechte Bestimmungen zu brin- gen, welche, wenn sie wirklich vollzogen und durchgeführt werden, die bestehenden Kirchen noth- wendig beeinträchtigen, und hierdurch, wie durch die schrankenlose Willkür, welche jedem noch so armseligen Versuch neuer Religionsstiftung ge- stattet ist, unmittelbar und mittelbar dem Chri- stenthume schaden. Es ist ferner nur aus dem entschiedensten Jnstincte, wo nicht aus planmäßi- ger Uebereinkunft zu erklären, daß jenes große Heer von revolutionären Winkelblät- tern die Geringschätzung der bestehenden Kirchen und den Haß gegen ihre Diener in alle Hütten tragen, und so die Wirk- samkeit des geistlichen Amtes durch Predigt und Seelsorge an manchen Orten fast ganz unmöglich machen. Und hierbei erfreuen sie sich sogar theil- weise der Assistenz gutmüthiger Thoren, welche sich einbilden, es werde das Christenthum in der Welt desto wirksamer werden, wenn die geschicht- lichen und gesellschaftlichen Formen, in das es sich gefaßt hat, zerschlagen seien. Wie wenig aber Dieselben, welche die Kirche bekämpfen, Nei- gung zu dem Christenthume selbst an den Tag legen, das ist offenbar, und wenn sie gegenwär- tig, weil sie durch manche Erfahrungen gewitzigt wurden, anstatt der directen Angriffe vielmehr die Kriegslist anwenden, ihre Sache als vom Christenthum begünstigt darzustellen, so ändert dies die Sache nicht. Jedenfalls steht fest: es ist ein und dasselbe Lager, aus welchem die For- derung allgemeinen Wahlrechtes und der Christen- haß oder die Christenthumsverfälschung hervor- geht, und -- was nicht zu übersehen -- aus diesem Lager werden auch die Wahlen selbst, und zwar in überwiegender Mehrzahl mit Erfolg ge- leitet. Man kann keinen Augenblick zweifeln, in welche Beziehung zum Christenthume sonach die Gesetzgebung einer solchen Versammlung sich stel- len wird, und die Rückwirkung einer antichristli- chen oder widerchristlichen Gesetzgebung auf die sittlich=religiösen Zustände des Volkes kann un- möglich ausbleiben; es ist auch bereits durch die Frankfurter Grundrechte in dieser Beziehung un- säglich viel Begriffsverwirrung und Störung an- gerichtet worden. Nimmt man noch hinzu, daß Dieselben, welche allgemeines Wahlrecht verlan- gen, in der Regel auch mit dem Alter der Stimmberechtigten möglichst weit heruntergehen, und daß sie auch das active Heer mit herein- ziehen, so hat man zwei weitere Momente des Berderbens. Es demoralisirt das Heer, mag dieses nun auf Commando der Offiziere oder Demagogen stimmen, und es demoralisirt die Jugend, wenn ihr so frühzeitig ein politisches Gewicht beigelegt und sie von der Arbeit der ei- genen Ausbildung in die Leidenschaft der Tages- fragen hereingezogen wird. Deutschland. * Würzburg, 4. Sept. Seit mehren Wochen erregt eine Sammlung naturwissenschaftlicher und etheographischer Gegenstände von der bis jetzt von eigentlichen Forschern noch wenig berührten West- küste Amerikas die Aufmerksamkeit des gebildeten Publikums in Nürnberg. Dieselbe befindet sich in der an Sehenswürdigkeiten überhaupt reichen Wohnung unseres, der gelehrten Welt auf das Vortheilhafteste bekannten Landsmannes, des Frei- herrn von Bibra, welcher nach einem1 1 / 2 jähri- gen Aufenthalte in Brasilien, Bern und Chili reich mit wissenschaftlichen Schätzen beladen, glück- lich zurückgekehrt ist. Der Mineraloge und Geognost ist erstaunt über die prachtvollen seither nur als Raritäten geltenden Kupfererze aus den Minen von Toropilla -- worunter namentlich mehre Pfund schwere Exemplare von Atocamit sich auszeichnen -- und die merkwürdigen Forma- tionen aus der Cordillera. Der Zoologe und Botaniker findet eine vollständige mit großem Fleiße gesammelte und gut conservirte Repräsen- tation der Fauna und Flora jener Gegenden. Eine reiche Sammlung von Waffen, Kleidungs- stücken, Geräthen und Luxusgegenständen fesselt durch die Contraste einheimischer und ein- gedrungener Kunstelemente. Eine besondere Zierde dieser Abtheilung ist ein kunstvoll gearbeiteter Helm, welcher der Form und Arbeit nach werth wäre, auf dem klassischen Boden Griechenlands gefunden zu werden. Eine Reihe archäologischer Gegenstände vervollständiget die Sammlung, welche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische212_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische212_1850/1
Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 212. Würzburg, 4. September 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische212_1850/1>, abgerufen am 21.11.2024.