Die Bayerische Presse. Nr. 213. Würzburg, 5. September 1850.[Spaltenumbruch]
Flüchtlinge zur Aufgabe gestellt, der österreichischen Berlin, 2. Sept. Die vorgestrige Sitzung Frankreich. Paris, 31. August. Die Journale sind seit -- Am Bastillenplatze rettete gestern ein Hund Schweiz. Chur, 2. September. Jn Felsberg ist in der [Spaltenumbruch]
Flüchtlinge zur Aufgabe gestellt, der österreichischen Berlin, 2. Sept. Die vorgestrige Sitzung Frankreich. Paris, 31. August. Die Journale sind seit -- Am Bastillenplatze rettete gestern ein Hund Schweiz. Chur, 2. September. Jn Felsberg ist in der <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003"/><cb/> Flüchtlinge zur Aufgabe gestellt, der österreichischen<lb/> Regierung bei Handhabung der Justiz gegen die<lb/> ungarischen Hochverräther und gegen meineidige,<lb/> pflichtvergessene Offiziere der Armee eine gran-<lb/> same Strenge zum Vorwurf zu machen, und da-<lb/> gegen die Humanität, mit der die magyarische<lb/> Gewaltherrschaft geführt wurde, preisend hervor-<lb/> zuheben. Es sind aber nun ausführliche, umständ-<lb/> liche, gerichtlich bestätigte Verzeichnisse eingegan-<lb/> gen über die Personen, welche in der Zeit des<lb/> Krieges von 1848 und 1849 in fast allen Thei-<lb/> len von Ungarn und Siebenbürgen auf Befehl<lb/> der magyarischen Provinzial=Commissäre durch von<lb/> ihnen eingesetzte Martial= und Standgerichte, so-<lb/> wie durch sonst willkürliche Verfügungen zum Tode<lb/> verurtheilt und hingerichtet worden. Die Zahl<lb/> dieser unglücklichen, unter dem magyarischen Ter-<lb/> rorismus gefallenen Opfer hat hiernach in Wahr-<lb/> heit eine erschreckende Höhe erreicht. Diese Ver-<lb/> zeichnisse nennen alle Personen, welche dieses Schick-<lb/> sal betroffen hat, und ihre Zahl steigt vorläufig<lb/> bis zu 487 Namen. Die nachfolgende Bekannt-<lb/> machung dieser Verzeichnisse dürfte demnach die<lb/> gründlichste Beantwortung aller der Schmähschrif-<lb/> ten und lügenhaften Zeitungsartikel sein, welche<lb/> so zahlreich über diesen Gegenstand erschienen sind.“<lb/> -- Wir bedauern, das ganze Verzeichniß nicht<lb/> abdrucken u. uns auf die nachfolgenden Auszüge be-<lb/> schränken zu müssen: „Militärdistrikt Großwardein.<lb/> Johann Duncs<hi rendition="#aq">à</hi>k, 47 Jahre alt, verehelicht,<lb/> Oberstuhlrichter zu Donau=Pentele im Tolnaer<lb/> Comitate. Derselbe wurde, weil er im April<lb/> 1849 von der k. k. Regierung ein Amt ange-<lb/> nommen, von den eindringenden Rebellen gefan-<lb/> gen genommen, vor das Szegediner Blutgericht<lb/> gestellt, und obschon keine belastenden Anzeigen<lb/> gegen ihn vorlagen, als dasjenige, was er selbst<lb/> freilich mit Offenherzigkeit gestand, daß er näm-<lb/> lich das obenbezeichnete Amt bekleidet und den<lb/> Befehlen der österreichischen Regierung gemäß ge-<lb/> führt habe, am 23. April zum Tode durch Pul-<lb/> ver und Blei verurtheilt, und dieses Urtheil auch<lb/> nach 3 Stunden vollstreckt. Der Verurtheilte<lb/> ging mit der größten Entschlossenheit zur Richt-<lb/> stätte, indem er den Priester, welcher ihm den<lb/> letzten Trost zu spenden hatte, lateinisch begrüßte<lb/> und ihn bat, ihm nur einen kurzen Segen zu er-<lb/> theilen. Nachdem dies geschehen, legte er seine<lb/> Kleider einzeln ab, kniete, ohne ein Wort zu sa-<lb/> gen, nieder, worauf ihm, nachdem er auf die er-<lb/> sten drei Schüsse zusammengebrochen, durch zwei<lb/> nachfolgende der Kopf zerschmettert wurde. --<lb/> Johann Perisitis, 26 Jahre alt, v. Sz. Miklos<lb/> im Torontaler Comitat gebürtig. Es hatte der-<lb/> selbe in den ersten Monaten des Jahres 1849<lb/> von der k. k. Regierung, der Letztere ein Geschwor-<lb/> nenamt angenommen und im Jntetesse derselben<lb/> gewirkt, die Verfassung vom 4. März verkündet,<lb/> Gottesdienst abhalten lassen, und die Conscription<lb/> für die k. k. Armee vorgenommen. Ungeachtet<lb/> seiner Berufung auf die vom Rebellengeneral<lb/> Versey kundgemachte Amnestie wurde derselbe am<lb/> 8. Mai durch Pulver und Blei vom Leben zum<lb/> Tode gebracht. Er wendete Alles an, um sein<lb/> Leben zu erhalten, aber vergebens. Als er auf<lb/> den Richtplatz geführt wurde, zeigte er die größte<lb/> Entschlossenheit. -- Pavel Borlye, von Vilagos,<lb/> wurde wegen Sturmläuten beim Einzuge der Re-<lb/> bellen in das Dorf mittelst Stranges hingerichtet<lb/> den 25. Oktober 1848. -- Simon Grozar, grie-<lb/> chisch nicht unirter Geistlicher von G. Stanez im<lb/> Arader Comitate, wegen Verlesung einer Prokla-<lb/> mation Jarkus vor der Kirche, dann den Buducza,<lb/> Richter von Szatura im Arader Comitat, und<lb/> Wau Stanila, Richter von Madrist im Arader<lb/> Comitat, wegen Verbreitung dieser Proklamation,<lb/> wurden im Herbste 1848 über Urtheil des Mili-<lb/> tär=Standrechtes zu Joszas durch Pulver und<lb/> Blei hingerichtet. -- Militärdistrikt Ofen=Pesth.<lb/> Gregor Petra, ein Edelmann aus Gelaj im Bor-<lb/> soder Comitat, wurde wegen der Aeußerung, daß<lb/> Borsods Adel auf Verlangen für seinen König in<lb/> Masse die Waffen zu ergreifen bereit sei, mit dem<lb/> Strange hingerichtet. -- Was das Aufhängen be-<lb/> trifft, so hat dies ein Neu=Ungar=Honved ( Zigeu-<lb/><cb/> ner ) um 10 fl. C. Mze. vollzogen. -- Nach der<lb/> Aussage der Stadt=Vorsteher hing der Leichnam<lb/> des Gregor Petra 6 Tage lang an dem Galgen.<lb/> -- ( Militärdistrikt Ofen=Pesth. ) Graf Engen<lb/> Zichy, Administrator des Stuhlweißenburger Co-<lb/> mitats, wurde am 30. September 1848 in das<lb/> Lager der Jnsurgenten bei Lore abgeführt, und<lb/> daselbst von dem Kriegsgerichte unter Vorsitz des<lb/> Majors Arthur Görgey zum Tode durch den<lb/> Strang verurtheilt, welches Urtheil auch noch am<lb/> selben Abend bei Fackelschein vollzogen wurde. --<lb/> Der edle Graf begab sich mit der größten Ent-<lb/> schlossenheit auf den Richtplatz. Seine letzten<lb/> Worte waren: „Unter dieser Regierung wird das<lb/> Vaterland nicht glücklich, Gott gebe, daß ich das<lb/> letzte Opfer sein möge.“ -- Militärdistrikt Oe-<lb/> denburg. Anna Valentak, über 70 Jahre alt, über<lb/> welche Briefe von den Jnsurgenten aufgefangen<lb/> wurden, in welchem sie ihrem Onkel, einen Dom-<lb/> herrn tröstet, daß die k. k. Truppen das ganze<lb/> Land bald wieder besetzen werden, wurden am 20.<lb/> August 1840 von Stuhlweißenburg nach Veszprim<lb/> geschleppt, und daselbst über Antrag des Guerilla-<lb/> Anführers Mednyansky erschossen. -- Carl Mül-<lb/> ler, Graf Lamberg'scher Jäger, zu Weleg im<lb/> Stuhlweißenburger Comitat, wurde über Befehl<lb/> des Rebellenanführers Km<hi rendition="#aq">é</hi>thy am 4. Juni 1849<lb/> zu Stuhlweißenburg durch Pulver und Blei hin-<lb/> gerichtet. -- 103--127. 25 ( benannte ) , Lands-<lb/> leute wurden nach der Einnahme von Berbaez<lb/><hi rendition="#aq">en Front</hi> aufgestellt und arquebuzirt. -- Vasa<lb/> Stojacskovich, Jurist und Theolog, wurde, wegen<lb/> Anhänglichkeit an das Kaiserhaus, im Aug. 1848<lb/> in Berbaez aufgehängt. -- Allexa Allexiewich,<lb/> Kaufmann, wurde, wegen Anhänglichkeit an das<lb/> Kaiserhaus, im August 1848 in Berbacz aufge-<lb/> hängt. -- Paul Mravich, Vasa Stanisich, Adam<lb/> Könyvich, Jefta Gjalin<hi rendition="#aq">é</hi>z, Arsa Sremasev, Lands-<lb/> leute, wurden, weil ihre Sohne in der österreich. -<lb/> serbischen Armee gegen die Rebellen bei Sz. To-<lb/> mas gefochten, durchs Standrecht zu O=Kanizsa<lb/> verurtheilt, und am 30. Oktober 1848 zu O-<lb/> Kanizsa hingerichtet. -- 150--194. 44 ( benannte )<lb/> Landsleute wurden, durch das vom Rebellenführer<lb/> Perezel eingesetzte Blutgericht zu Szenta am 22.<lb/> März 1849 standrechtlich erschossen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>Berlin, 2. Sept. Die vorgestrige Sitzung<lb/> des provisorischen Fürsten=Collegiums unter dem<lb/> Vorsitz des Herrn von Radowitz ist nur von kur-<lb/> zer Dauer gewesen. Es wurde die erst jetzt er-<lb/> folgte Austrittsanzeige des Freih. v. Meyseburg<lb/> mitgetheilt und dann ein von Dänemark gemach-<lb/> ter Vorschlag zur Kenntniß der Mitglieder des<lb/> Kollegiums gebracht, nach welchem sämmtliche<lb/> Regierungen Deutschlands aufgefordert werden,<lb/> den Frieden vorläufig zu ratificiren, bis dem-<lb/> nächst eine einheitliche Regierung für ganz Deutsch-<lb/> land eingesetzt sein würde. Zum Schluß erging<lb/> sich das Fürsten=Collegium in vertraulichen Mit-<lb/> theilungen, die auf den gegenwärtigen Stand der<lb/> deutschen Frage Bezug hatten.</p> <space dim="horizontal"/> <byline>( C. B. )</byline> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">Frankreich</hi>.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle"> <p>Paris, 31. August. Die Journale sind seit<lb/> einigen Tagen von allerlei Gerüchten über die Po-<lb/> litik angefüllt, die der Präsident der Republik in<lb/> Zukunft und nach den gemachten Erfahrungen be-<lb/> folgen wird. Es scheint uns aber eine höchst un-<lb/> dankbare Arbeit, auch nur ein Wort darüber zu<lb/> verlieren. Lamartine drückt sich in der neuen un-<lb/> ter der Presse sich befindenden Nummer seines<lb/> „Conseiller du peuple“ über diese Gerüchte, be-<lb/> sonders über die Militärrevolte, vermittelst wel-<lb/> cher sich L. Napoleon des Kaiserthums zu bemäch-<lb/> tigen suchen soll, folgendermaßen aus: „Jch<lb/> glaube nicht daran, und zwar aus drei Gründen.<lb/> Erstens glaube ich die französische Nation nicht<lb/> tief genug von ihren intellectuellen Rang herab-<lb/> gesunken, um sich vor einem Lager von Prätoria-<lb/> nern ohne Ruhme und Glanz in den Staub zu<lb/> werfen und sich in eine Knechtschaft zu begeben,<lb/> die nicht einmal die Verblendung durch den Ruhm<lb/> zur Entschuldigung haben würde. Der zweite ist,<lb/> daß ich die Armee aus Bürgern und nicht aus<lb/> Söldlingen bestehend glaube, und daß ihr Beneh-<lb/><cb/> men, das seit Februar zugleich patriotisch, republi-<lb/> kanisch und gemäßigt gegen alle Fraktionen war,<lb/> Niemanden das Recht gibt, sie im Voraus durch<lb/> die Unterstellung zu entehren, daß sie das Schwert,<lb/> das Frankreich ihr in die Hand gegeben hat, ge-<lb/> gen die Jnstitutionen Frankreichs kehren würde.<lb/> Der dritte endlich ist, daß ich in dem Präsidenten<lb/> der Republik einen gefährlichen Namen, aber ei-<lb/> nen rechtschaffenen Mann erblicke, und daß ich<lb/> nicht nur ihn, sondern die menschliche Natur zu<lb/> beleidigen glauben würde, wenn ich annähme, daß<lb/> ein rechtschaffener Mann, ein Mann mit einem so<lb/> schönen Namen die Rolle eines Verräthers der<lb/> Rolle eines Bewahrers der Freiheit seines Vater-<lb/> landes vorziehen und die Geschichte eines Tages<lb/> sagen lassen könnte: „Der erste Beamte, dem<lb/> das Volk seine Jnstitutionen anvertraute, war der<lb/> erste Verräther an der Republik und dieser Mann<lb/> hieß Napoleon! Die Freiheit hat keinen recht-<lb/> schaffenen Mann auf dem Boden der Revolution<lb/> finden können! Die Ehre ist ein Wort, die<lb/> menschliche Natur verdorben, Frankreich verfault!“<lb/> -- Nein, ich werde niemals an ein solches Her-<lb/> unterkommen meines Vaterlandes glauben, und<lb/> wenn ich für meine Ungläubigkeit gestraft werden<lb/> soll, so werde ich auf meine Ungläubigeit stolz<lb/> sein. Sie wird der Eigensinn der Achtung vor<lb/> dem Menschengeschlecht gewesen sein.“ -- Man<lb/> sieht, Lamartine ist noch immer derselbe: die sen-<lb/> timentale Reflexion auf's Jch krönt Alles, was<lb/> er sagt. -- Das „Journal des Debats“ bringt<lb/> ein Manifest über die Stellung der orleanistischen<lb/> Partei gegen die Republik, in welchem es u. A.<lb/> heißt: Die orleanistische Partei conspirirt gegen-<lb/> wärtig gerade so, wie sie im Jahre 1848 con-<lb/> spirirte. Sie conspirirt am hellen Tage gegen<lb/> die Anarchie und den Socialismus; sie conspirirt<lb/> für die Wiederherstellung der Ordnung und die<lb/> Vertheidigung der Civilisation gegen die verderb-<lb/> lichen Lehren, welche die Februarrevolution in un-<lb/> ser unglückliches Land gesäet hat. Dies ist die<lb/> Wahrheit und die ganze Wahrheit. -- Von einer<lb/> Versöhnung zwischen den Orleanisten und den Le-<lb/> gitimisten, die fremde Correspondenten so schnell<lb/> und so leicht durch Hrn. v. Salvandy in Wies-<lb/> baden abschließen lassen, merkt man hier nicht<lb/> viel. Nach der „Gazette de France“ ist es die<lb/> Politik des Handelns, die in Wiesbaden den Sieg<lb/> errungen hat. „Die legitimistische Partei,“ heißt<lb/> es u. A., „hat nun ihre eigene Existenz, das Jn-<lb/> teresse ihrer Grundsätze wird sie einzig und allein<lb/> leiten.“ Der „Union“ zufolge sind die vom Gra-<lb/> fen von Chambord ausgesprochenen Prinzipien die<lb/> einer weiten und gemäßigten Politik, welche zu<lb/> vertreten, einflußreiche Personen berufen sind. --<lb/> Mehrere der heutigen Journale enthalten bereits<lb/> die Reiseroute des Präsidenten der Republik nach<lb/> Cherbourg.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>-- Am Bastillenplatze rettete gestern ein Hund<lb/> einen Knaben aus dem Kanale. Es ist dieß das<lb/><hi rendition="#g">siebente</hi> Menschenleben, welches man dem klu-<lb/> gen Thiere verdankt. Während der Ueberschwem-<lb/> mung durch die Loire im Jahre 1845 rettete das<lb/> Thier zwei Menschen hinter einander. Der Mu-<lb/> nicipalrath von Orleans dotirte ihm damals ein<lb/> Halsband, welches eine silberne Platte mit den<lb/> eingrawirten Namen der Geretteten trägt.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">Schweiz</hi>.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle"> <p>Chur, 2. September. Jn Felsberg ist in der<lb/> Nacht auf heute um halb zwei Uhr ein bedeuten-<lb/> der Felssturz erfolgt. Schon zu Anfang des<lb/> Sommers bemerkte man ein vermehrtes Weichen<lb/> des sogenannten „Haasen“, das in der Mitte des<lb/> Monats Juni bis auf 19 Linien in einer Woche<lb/> stieg. Hierauf trat wieder beinahe Stillstand ein,<lb/> bis in den letzten drei Wochen plötzlich die Ge-<lb/> fahr des Sturzes sich vergrößerte. Jn der letzt-<lb/> vergangenen Woche erweiterte sich der Riß um<lb/> ungesähr drei Fuß, und fortwährend lößten sich<lb/> kleinere Massen und fielen in die Tiefe, so daß<lb/> man den Sturz dieser Felsenmassen mit Gewiß-<lb/> heit erwartete. Wer oben war, vernahm öfters<lb/> einen unterirdischen Donner, der unheimlich und<lb/> gefahrdrohend rollte und grollte. Am 31. August<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
Flüchtlinge zur Aufgabe gestellt, der österreichischen
Regierung bei Handhabung der Justiz gegen die
ungarischen Hochverräther und gegen meineidige,
pflichtvergessene Offiziere der Armee eine gran-
same Strenge zum Vorwurf zu machen, und da-
gegen die Humanität, mit der die magyarische
Gewaltherrschaft geführt wurde, preisend hervor-
zuheben. Es sind aber nun ausführliche, umständ-
liche, gerichtlich bestätigte Verzeichnisse eingegan-
gen über die Personen, welche in der Zeit des
Krieges von 1848 und 1849 in fast allen Thei-
len von Ungarn und Siebenbürgen auf Befehl
der magyarischen Provinzial=Commissäre durch von
ihnen eingesetzte Martial= und Standgerichte, so-
wie durch sonst willkürliche Verfügungen zum Tode
verurtheilt und hingerichtet worden. Die Zahl
dieser unglücklichen, unter dem magyarischen Ter-
rorismus gefallenen Opfer hat hiernach in Wahr-
heit eine erschreckende Höhe erreicht. Diese Ver-
zeichnisse nennen alle Personen, welche dieses Schick-
sal betroffen hat, und ihre Zahl steigt vorläufig
bis zu 487 Namen. Die nachfolgende Bekannt-
machung dieser Verzeichnisse dürfte demnach die
gründlichste Beantwortung aller der Schmähschrif-
ten und lügenhaften Zeitungsartikel sein, welche
so zahlreich über diesen Gegenstand erschienen sind.“
-- Wir bedauern, das ganze Verzeichniß nicht
abdrucken u. uns auf die nachfolgenden Auszüge be-
schränken zu müssen: „Militärdistrikt Großwardein.
Johann Duncsàk, 47 Jahre alt, verehelicht,
Oberstuhlrichter zu Donau=Pentele im Tolnaer
Comitate. Derselbe wurde, weil er im April
1849 von der k. k. Regierung ein Amt ange-
nommen, von den eindringenden Rebellen gefan-
gen genommen, vor das Szegediner Blutgericht
gestellt, und obschon keine belastenden Anzeigen
gegen ihn vorlagen, als dasjenige, was er selbst
freilich mit Offenherzigkeit gestand, daß er näm-
lich das obenbezeichnete Amt bekleidet und den
Befehlen der österreichischen Regierung gemäß ge-
führt habe, am 23. April zum Tode durch Pul-
ver und Blei verurtheilt, und dieses Urtheil auch
nach 3 Stunden vollstreckt. Der Verurtheilte
ging mit der größten Entschlossenheit zur Richt-
stätte, indem er den Priester, welcher ihm den
letzten Trost zu spenden hatte, lateinisch begrüßte
und ihn bat, ihm nur einen kurzen Segen zu er-
theilen. Nachdem dies geschehen, legte er seine
Kleider einzeln ab, kniete, ohne ein Wort zu sa-
gen, nieder, worauf ihm, nachdem er auf die er-
sten drei Schüsse zusammengebrochen, durch zwei
nachfolgende der Kopf zerschmettert wurde. --
Johann Perisitis, 26 Jahre alt, v. Sz. Miklos
im Torontaler Comitat gebürtig. Es hatte der-
selbe in den ersten Monaten des Jahres 1849
von der k. k. Regierung, der Letztere ein Geschwor-
nenamt angenommen und im Jntetesse derselben
gewirkt, die Verfassung vom 4. März verkündet,
Gottesdienst abhalten lassen, und die Conscription
für die k. k. Armee vorgenommen. Ungeachtet
seiner Berufung auf die vom Rebellengeneral
Versey kundgemachte Amnestie wurde derselbe am
8. Mai durch Pulver und Blei vom Leben zum
Tode gebracht. Er wendete Alles an, um sein
Leben zu erhalten, aber vergebens. Als er auf
den Richtplatz geführt wurde, zeigte er die größte
Entschlossenheit. -- Pavel Borlye, von Vilagos,
wurde wegen Sturmläuten beim Einzuge der Re-
bellen in das Dorf mittelst Stranges hingerichtet
den 25. Oktober 1848. -- Simon Grozar, grie-
chisch nicht unirter Geistlicher von G. Stanez im
Arader Comitate, wegen Verlesung einer Prokla-
mation Jarkus vor der Kirche, dann den Buducza,
Richter von Szatura im Arader Comitat, und
Wau Stanila, Richter von Madrist im Arader
Comitat, wegen Verbreitung dieser Proklamation,
wurden im Herbste 1848 über Urtheil des Mili-
tär=Standrechtes zu Joszas durch Pulver und
Blei hingerichtet. -- Militärdistrikt Ofen=Pesth.
Gregor Petra, ein Edelmann aus Gelaj im Bor-
soder Comitat, wurde wegen der Aeußerung, daß
Borsods Adel auf Verlangen für seinen König in
Masse die Waffen zu ergreifen bereit sei, mit dem
Strange hingerichtet. -- Was das Aufhängen be-
trifft, so hat dies ein Neu=Ungar=Honved ( Zigeu-
ner ) um 10 fl. C. Mze. vollzogen. -- Nach der
Aussage der Stadt=Vorsteher hing der Leichnam
des Gregor Petra 6 Tage lang an dem Galgen.
-- ( Militärdistrikt Ofen=Pesth. ) Graf Engen
Zichy, Administrator des Stuhlweißenburger Co-
mitats, wurde am 30. September 1848 in das
Lager der Jnsurgenten bei Lore abgeführt, und
daselbst von dem Kriegsgerichte unter Vorsitz des
Majors Arthur Görgey zum Tode durch den
Strang verurtheilt, welches Urtheil auch noch am
selben Abend bei Fackelschein vollzogen wurde. --
Der edle Graf begab sich mit der größten Ent-
schlossenheit auf den Richtplatz. Seine letzten
Worte waren: „Unter dieser Regierung wird das
Vaterland nicht glücklich, Gott gebe, daß ich das
letzte Opfer sein möge.“ -- Militärdistrikt Oe-
denburg. Anna Valentak, über 70 Jahre alt, über
welche Briefe von den Jnsurgenten aufgefangen
wurden, in welchem sie ihrem Onkel, einen Dom-
herrn tröstet, daß die k. k. Truppen das ganze
Land bald wieder besetzen werden, wurden am 20.
August 1840 von Stuhlweißenburg nach Veszprim
geschleppt, und daselbst über Antrag des Guerilla-
Anführers Mednyansky erschossen. -- Carl Mül-
ler, Graf Lamberg'scher Jäger, zu Weleg im
Stuhlweißenburger Comitat, wurde über Befehl
des Rebellenanführers Kméthy am 4. Juni 1849
zu Stuhlweißenburg durch Pulver und Blei hin-
gerichtet. -- 103--127. 25 ( benannte ) , Lands-
leute wurden nach der Einnahme von Berbaez
en Front aufgestellt und arquebuzirt. -- Vasa
Stojacskovich, Jurist und Theolog, wurde, wegen
Anhänglichkeit an das Kaiserhaus, im Aug. 1848
in Berbaez aufgehängt. -- Allexa Allexiewich,
Kaufmann, wurde, wegen Anhänglichkeit an das
Kaiserhaus, im August 1848 in Berbacz aufge-
hängt. -- Paul Mravich, Vasa Stanisich, Adam
Könyvich, Jefta Gjalinéz, Arsa Sremasev, Lands-
leute, wurden, weil ihre Sohne in der österreich. -
serbischen Armee gegen die Rebellen bei Sz. To-
mas gefochten, durchs Standrecht zu O=Kanizsa
verurtheilt, und am 30. Oktober 1848 zu O-
Kanizsa hingerichtet. -- 150--194. 44 ( benannte )
Landsleute wurden, durch das vom Rebellenführer
Perezel eingesetzte Blutgericht zu Szenta am 22.
März 1849 standrechtlich erschossen.
Berlin, 2. Sept. Die vorgestrige Sitzung
des provisorischen Fürsten=Collegiums unter dem
Vorsitz des Herrn von Radowitz ist nur von kur-
zer Dauer gewesen. Es wurde die erst jetzt er-
folgte Austrittsanzeige des Freih. v. Meyseburg
mitgetheilt und dann ein von Dänemark gemach-
ter Vorschlag zur Kenntniß der Mitglieder des
Kollegiums gebracht, nach welchem sämmtliche
Regierungen Deutschlands aufgefordert werden,
den Frieden vorläufig zu ratificiren, bis dem-
nächst eine einheitliche Regierung für ganz Deutsch-
land eingesetzt sein würde. Zum Schluß erging
sich das Fürsten=Collegium in vertraulichen Mit-
theilungen, die auf den gegenwärtigen Stand der
deutschen Frage Bezug hatten.
( C. B. )
Frankreich.
Paris, 31. August. Die Journale sind seit
einigen Tagen von allerlei Gerüchten über die Po-
litik angefüllt, die der Präsident der Republik in
Zukunft und nach den gemachten Erfahrungen be-
folgen wird. Es scheint uns aber eine höchst un-
dankbare Arbeit, auch nur ein Wort darüber zu
verlieren. Lamartine drückt sich in der neuen un-
ter der Presse sich befindenden Nummer seines
„Conseiller du peuple“ über diese Gerüchte, be-
sonders über die Militärrevolte, vermittelst wel-
cher sich L. Napoleon des Kaiserthums zu bemäch-
tigen suchen soll, folgendermaßen aus: „Jch
glaube nicht daran, und zwar aus drei Gründen.
Erstens glaube ich die französische Nation nicht
tief genug von ihren intellectuellen Rang herab-
gesunken, um sich vor einem Lager von Prätoria-
nern ohne Ruhme und Glanz in den Staub zu
werfen und sich in eine Knechtschaft zu begeben,
die nicht einmal die Verblendung durch den Ruhm
zur Entschuldigung haben würde. Der zweite ist,
daß ich die Armee aus Bürgern und nicht aus
Söldlingen bestehend glaube, und daß ihr Beneh-
men, das seit Februar zugleich patriotisch, republi-
kanisch und gemäßigt gegen alle Fraktionen war,
Niemanden das Recht gibt, sie im Voraus durch
die Unterstellung zu entehren, daß sie das Schwert,
das Frankreich ihr in die Hand gegeben hat, ge-
gen die Jnstitutionen Frankreichs kehren würde.
Der dritte endlich ist, daß ich in dem Präsidenten
der Republik einen gefährlichen Namen, aber ei-
nen rechtschaffenen Mann erblicke, und daß ich
nicht nur ihn, sondern die menschliche Natur zu
beleidigen glauben würde, wenn ich annähme, daß
ein rechtschaffener Mann, ein Mann mit einem so
schönen Namen die Rolle eines Verräthers der
Rolle eines Bewahrers der Freiheit seines Vater-
landes vorziehen und die Geschichte eines Tages
sagen lassen könnte: „Der erste Beamte, dem
das Volk seine Jnstitutionen anvertraute, war der
erste Verräther an der Republik und dieser Mann
hieß Napoleon! Die Freiheit hat keinen recht-
schaffenen Mann auf dem Boden der Revolution
finden können! Die Ehre ist ein Wort, die
menschliche Natur verdorben, Frankreich verfault!“
-- Nein, ich werde niemals an ein solches Her-
unterkommen meines Vaterlandes glauben, und
wenn ich für meine Ungläubigkeit gestraft werden
soll, so werde ich auf meine Ungläubigeit stolz
sein. Sie wird der Eigensinn der Achtung vor
dem Menschengeschlecht gewesen sein.“ -- Man
sieht, Lamartine ist noch immer derselbe: die sen-
timentale Reflexion auf's Jch krönt Alles, was
er sagt. -- Das „Journal des Debats“ bringt
ein Manifest über die Stellung der orleanistischen
Partei gegen die Republik, in welchem es u. A.
heißt: Die orleanistische Partei conspirirt gegen-
wärtig gerade so, wie sie im Jahre 1848 con-
spirirte. Sie conspirirt am hellen Tage gegen
die Anarchie und den Socialismus; sie conspirirt
für die Wiederherstellung der Ordnung und die
Vertheidigung der Civilisation gegen die verderb-
lichen Lehren, welche die Februarrevolution in un-
ser unglückliches Land gesäet hat. Dies ist die
Wahrheit und die ganze Wahrheit. -- Von einer
Versöhnung zwischen den Orleanisten und den Le-
gitimisten, die fremde Correspondenten so schnell
und so leicht durch Hrn. v. Salvandy in Wies-
baden abschließen lassen, merkt man hier nicht
viel. Nach der „Gazette de France“ ist es die
Politik des Handelns, die in Wiesbaden den Sieg
errungen hat. „Die legitimistische Partei,“ heißt
es u. A., „hat nun ihre eigene Existenz, das Jn-
teresse ihrer Grundsätze wird sie einzig und allein
leiten.“ Der „Union“ zufolge sind die vom Gra-
fen von Chambord ausgesprochenen Prinzipien die
einer weiten und gemäßigten Politik, welche zu
vertreten, einflußreiche Personen berufen sind. --
Mehrere der heutigen Journale enthalten bereits
die Reiseroute des Präsidenten der Republik nach
Cherbourg.
-- Am Bastillenplatze rettete gestern ein Hund
einen Knaben aus dem Kanale. Es ist dieß das
siebente Menschenleben, welches man dem klu-
gen Thiere verdankt. Während der Ueberschwem-
mung durch die Loire im Jahre 1845 rettete das
Thier zwei Menschen hinter einander. Der Mu-
nicipalrath von Orleans dotirte ihm damals ein
Halsband, welches eine silberne Platte mit den
eingrawirten Namen der Geretteten trägt.
Schweiz.
Chur, 2. September. Jn Felsberg ist in der
Nacht auf heute um halb zwei Uhr ein bedeuten-
der Felssturz erfolgt. Schon zu Anfang des
Sommers bemerkte man ein vermehrtes Weichen
des sogenannten „Haasen“, das in der Mitte des
Monats Juni bis auf 19 Linien in einer Woche
stieg. Hierauf trat wieder beinahe Stillstand ein,
bis in den letzten drei Wochen plötzlich die Ge-
fahr des Sturzes sich vergrößerte. Jn der letzt-
vergangenen Woche erweiterte sich der Riß um
ungesähr drei Fuß, und fortwährend lößten sich
kleinere Massen und fielen in die Tiefe, so daß
man den Sturz dieser Felsenmassen mit Gewiß-
heit erwartete. Wer oben war, vernahm öfters
einen unterirdischen Donner, der unheimlich und
gefahrdrohend rollte und grollte. Am 31. August
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI
Transkription
Peter Fankhauser:
Transformation von TUSTEP nach TEI P5.
Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.
Weitere Informationen:Siehe Dokumentation
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |