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Die Bayerische Presse. Nr. 270. Würzburg, 11. November 1850.

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[Spaltenumbruch] gestern hier eingetroffen. Wie man von Außen
her vernimmt, wäre derselbe der Ueberbringer der
neuesten preußischen Vorschläge, gestützt auf die
Ergebnisse der Warschauer Conferenz, und wenn
namentlich der "Neu Preußischen Zeitung" zu
trauen ist, so bezögen sich dieselben zunächst auf
die Eröffnung sogenannter freier Conferenzen.
Wenn indessen wahr wäre, was hinzugefügt wird,
daß nämlich Oesterreich aufgefordert werden solle,
seine Rüstungen einzustellen, so müssen wir dem
entgegen bemerken, daß es die gewöhnlichste Pflicht
der Vorsicht erheischt, sich bei mangelnden Ga-
rantien jedenfalls sicher zu stellen, eine Pflicht,
welche unsere umsichtige Regierung bestimmt nicht
aus den Augen verlieren wird. Preußen hat eine
so lange und kostbare Zeit mit leeren Verhand-
lungen vergeudet, daß wir uns nicht enthalten
könnten, den Gang neuer schleppender Verhand-
lungen mit einer gewissen Scheu zu betrachten.
Nicht an Oesterreich -- an Preußen liegt es
jetzt, den Beweis zu liefern, daß es die Verstän-
digung im Jnteresse des Friedens ernst und auf-
richtig will. -- Der Marsch des vorarlbergischen
Armeekorps wird nicht verfehlen, Sensation zu
erregen, und die Spannung der politischen Lage
zu erhöhen. So friedlich wir gesinnt sind, so
können wir doch nicht verhehlen, daß die bloße
Kunde des Marsches der österreichischen Armee,
daß die Entfaltung ihrer ruhmvollen Fahne unser
Herz höher schlagen macht. -- Glück, Ehre und
Gelingen begleite diese treuen, kriegserprobten
Schaaren. Möge ihr Beruf ein friedlicher sein.
Möge ihnen in allen deutschen Landen derselbe
Ruf der Eintracht und brüderlichen Freundschaft
entgegentönen, der sie in dem wackern Bayerlande
aus allen Herzen empfängt. Sollte aber das
Schicksal es anders fügen, sollten in unglücklicher
Stunde des deutschen Bundes und Oesterreichs
Rechte gewaltsam verletzt, und die Armee zu ih-
rer Vertheidigung berufen werden, so möge Gott
der Allmächtige mit ihr sein!

   

Wien, 6. Nov. Radetzky fuhr gestern Nach-
mittag vom Gloggnitzer Bahnhof in einem Hof-
wagen zur kais. Burg. An seiner Seite im Wa-
gen saßen F.=Z.=M. v. Heß und Ban Jellachich.
Er stattete noch an demselben Abend Sr. Maj.
dem Kaiser einen Besuch ab, und hatte eine Un-
terredung mit dem Fürsten v. Schwarzenberg und
dem Kriegsminister, diesen Morgen mit dem Fi-
nanzminister. Die Berufung des greisen Mar-
schalls nach Wien hat einen doppelten Zweck.
Man will nicht nur in möglichen Fällen von sei-
ner Kriegserfahrung Nutzen ziehen, sondern auch
durch seine Gegenwart der hier, um Olmütz und
in Böhmen versammelten Armee einen Führer
zeigen, dessen Name alle mit Begeisterung erfüllt.
Außerdem will man den Marschall wegen der be-
absichtigten Eintreibung der italienischen Zwangs-
anleihe zu Rathe ziehen. Man versichert übri-
gens, daß der alte Feldherr nicht mehr nach
Jtalien zurückkehren werde. Die kriegerischen
Besorgnisse sind noch keineswegs gänzlich ver-
schwunden. Dies beweis't schon der Stand
des Silberagio. Auch wird unsere Diploma-
tie höhere Forderungen stellen, als man sich
auswärts, besonders in Berlin denkt. Der Glaube
an Oesterreichs militärischer Ueberlegenheit herrscht
in hohen Regionen ebenso fest wie im Heer, das
zwar im allgemeinen um die hessische Frage und
was daran hängt unbekümmert, aber von Ehrfurcht
vor dem Ruf des Kaisers, zugleich von Durst
nach Thaten, Auszeichnung und Beförderung durch-
drungen ist. Sie werden sehen, daß es nicht so
leicht sein wird durch diplomatische Mittel hell-
gezogene Schwerter wieder in die Scheide zurück-
zustoßen.

   

Prag, 4. Nov. Heute wird im Amtsblatt
der Prager Zeitung vom böhmischen Kriegscom-
mando bekannt gegeben, daß sowohl für die schwere
als für die leichte Cavallerie, ferner zur Artillerie-
bespannung Pferde angekauft werden. Aus Ungarn
und Polen werden in wenigen Tagen 14 Ba-
taillone Jnfanterie und Cavallerie zur Verstär-
kung des böhmischen Armeekorps eintreffen. Das
böhmische Armeecorps ist jetzt 60,000 Mann
[Spaltenumbruch] stark und wird mit den Verstärkungen 80,000
Mann zählen. Die Prager Besatzung selbst
zählt 10,000 Mann. Es scheint, daß auch diese
Besatzung verstärkt werden soll, da ein hiesiger
Eisenwaarenhändler plötzlich mit der Lieserung
von 2000 eisernen Bettgestellen beauftragt wurde.
Die neuankommenden Bataillone werden vorerst
bei Jungbunzlau ein Lager beziehen, weßhalb auch
die Lieferung von 1000 Centnern Mehl von hier
nach Jungbunzlau bereits eingeleitet ist. Die
Truppen werden jedoch erst in der zweiten No-
vemberwoche eintreffen, was daraus zu schließen
ist, daß vom 9. Nov. an auf der Prag=Olmützer
und Prag=Wiener Strecke der Verkehr der Last-
züge amtlich eingestellt wurde. Jn den letzten
Tagen wurden 120 Wagen von hier nach Ol-
mütz geschafft um zum Truppentransport verwen-
det zu werden. Heute gingen 40 Kanonen von
hier nach Theresienstadt ab. Jn Prag erwartet
man in den folgenden zwei Tagen 3000 Mann
Einquartierung durchziehender Truppen.

Berlin, 7. Nov. Die Berl. Ztg. meldet:
Nach glaubhaften Mittheilungen hat der zeitige
Dirigent der auswärtigen Augelegenheiten, Mi-
nister v. Manteufel, eine Notisication an die Ge-
sandten der auswärtigen Mächte gerichtet, worin
er sich über den Stand der Angelegenheiten und
die diesseitigen Ansichten darüber ausspricht. Das
preußische Cabinet sei geneigt, den Frieden zu er-
halten; es wolle den Krieg nicht und täusche
sich nicht über die Gefahren, welche derselbe mit
sich bringen würde; aber es würde der Ehre und
Selbständigkeit Preußens nicht vergeben, um den
Frieden zu erhalten, und jeden Angriff mit Ent-
schiedenheit und Kraft zu begegnen wissen. --
Der Jnhalt der am Sonntage nach Wien abge-
sandten Note ist gleichzeitig von hier aus nach
Petersburg gemeldet worden. -- Zum Oberbe-
fehlshaber sämmtlicher kurhessischer Besatzungs-
truppen ist der General von Strotha ernannt,
der vor einigen Tagen in Kreuzenach eingetroffen ist.
-- Der russische Gesandte, Hr. v. Budberg, hat
heute die bestimmte Forderung an unsere Regier-
ung gestellt,, sich über den Sinn und Zweck der
preußischen Rüstungen zu erklären.

Berlin, 7. Nov. Die "Deutsche Ref." ent-
hält heute folgenden offiziösen Artikel: Der inte-
rimistische Vorsitz im Staatsministerium ist nun-
mehr dem Minister der geistlichen ec. Angelegen-
heiten, Hrn. v. Ladenberg, welcher gestern Abend
zu Sr. Maj. nach Sansouci befohlen war, über-
tragen worden. Die heutige Sitzung des Staats-
ministeriums fand bereits unter dem Vorsitze des
Hrn. v. Ladenberg statt. Wir freuen uns, mit-
theilen zu können, daß auch diese Sitzung unter
den Mitgliedern des Ministeriums die Zuversich.
auf ein durchaus einmüthiges Wirken gestärkt hat.
Besonders scheinen die beiden Mitglieder des Ka-
binets, welche im Vereine mit dem Grafen Bran-
denburg im November 1848 für die Rettung des
Thrones und des Vaterlandes eintraten, nach dem
Hingange des Ministerpräsidenten sich zu um so
festerem Zusammenwirken an einander zu schließen.

Berlin, 7. Nov. Hr. v. Prokesch, der öster.
Gesandte, hat vorgestern ein vorläufiges und ge-
stern das bestimmte Verlangen gestellt, daß die
preußischen Truppen unverzüglich vom kurhessischen
Gebiete zurückgezogen würden, sowie daß Preußen
der Pacifikation von Schleswig = Holstein in der
vom Bundestage beschlossenen Art und Weise seine
Unterstützung leihe.

   

Berlin, 8. Nov. Der Nachfolger des Hrn.
v. Sydow im Präsidium des Fürstenkollegiums
wird der Herr Geh. Rath v. Bülom sein. Den
Oberbefehl über die preußischen Operationstruppen
wird nach der "D. Ref." der Prinz von Preußen
übernehmen. Jhm zur Seite wird der General
v. Prittwitz stehen. Die Truppen in Baden sollen
theils nach Kreuznach, theils nach Wetzlar kom-
mandirt sein. -- Se. k. Hoheit der Prinz Alb-
recht werden in diesen Tagen zurückerwartet. Er
wie Prinz Karl werden Commandos übernehmen.
-- Wie es heißt, würde der Prinz von Preußen
kgl. Hoheit den Befehl des Gardekorps überneh-
men. Se. Maj. der König sollen ebenfalls sich
[Spaltenumbruch] persönlich an die Spitze der Armee stellen wollen
-- Der kurhessische Gesandte, Freiherr v. Dörn-
berg, hat den Protest des Kurfürsten von Hessen
gegen den Einmarsch preußischer Truppen über-
reicht. Es wurde ihm darauf notifizirt, daß die
preußische Regierung auf den Protest keine weitere
Rücksicht nehmen könne und werde. Der kurhess.
Gesandte wird dieser Tage Berlin verlassen.

Jtalien.

Nach einem Briefe in dem "Salut public"
von Lyon sollen zur Beilegung des Zwiespaltes
zwischen Piemont und Rom friedliche Unterhand-
lungen eingeleitet worden sein. "Von der ge-
schickten Jntervention des Fürsten Esterhazy, heißt
es in diesem Schreiben unter Anderem, um zwi-
schen Turin und dem heiligen Stuhle eine Ver-
söhnung zu bewerkstelligen, erwartet man sehr viel.
Der Fürst hat sich zu dem Fürsten von Schwar-
zenberg begeben müssen, um einen für beide Theile
ehrenvollen Vergleich zu Stande zu bringen. Die
letzten Depeschen, welche zwischen dem österreich.
Gesandten und dem Minister des Aeußern zu
Turin gewechselt wurden, sollen die Versicherung
geben, daß die sardinische Regierung gesonnen ist,
die Feindseligkeiten einzustellen. Man will einen
Mittelweg einschlagen. Die Erzbischöfe von Cag-
liari und Turin sollen zurückkehren dürfen: ihre
Diözesen sollen sie als Titulare behalten, aber
während eines gewissen von den vermittelnden
Mächten näher zu bestimmenden Zeitraums Coad-
jutoren zur Seite haben, um den politischen Lei-
denschaften Zeit zu lassen, sich zu beruhigen."

Vermischte Nachrichten.

Jn dem, wenige Jahre nach der Julirevolu-
tion erschienenen Werke des ehemaligen nassau'schen
später niederländischen Ministers v. Gagern ( Va-
ters Heinrich's v. Gagern ) , betitelt "Mein An-
theil an der Politik", sind auch einige Briefe des
Ministers Frhrn. v. Stein an den Herausgeber
abgedruckt, in deren einem folgende denkwürdige
Stelle, bezüglich auf den Mißbrauch des Steuer-
bewilligungsrechts der Kammern, -- wodurch in
der neuesten Zeit wieder in den hessischen Staa-
ten die beklagenswerthen Conflikte und Verwir-
rungen herbeigeführt worden sind, -- enthalten
ist. Er schreibt: "Mit der unbedingten Behaup-
tung, ein mißfälliges Ministerium durch Verwei-
gerung der Abgaben verdrängen zu dürfen, stürzt
man jede bestehende Verfassung, sie sei monar-
chisch, aristokratisch, demokratisch; es dauert der
revolutionäre Zustand fort. Denn kann jede Op-
position Gehorsam und Abgabenzahlung zur Be-
dingung der Entfernung oder der Anstellung ge-
wisser Personen machen, so hat aller Gehorsam
ein Ende. -- Die Bewilligung oder Verweige-
rung von Abgaben ist nichts Willkürlicheres; es
kann dies Recht nur nach bestimmten Grundsätzen,
mit Beobachtung großer heiliger Pflichten, aus-
geübt werden."

" Fraser's Magazine " macht bei Gelegenheit
einer Kritik des Buches; "Ueber den Verfall Eng-
lands ", welches der große französische Agitator
Ledru=Rollin zum Dank für die in London ge-
fundeu Freistadt geschrieben hat, folgende Enthül-
lung über dessen Abkunft: Hr. Ledru=Rollin ist
jetzt 44 oder 46 Jahre alt, da er 1806 oder
1808 geboren ward. Er ist der Enkel jenes be-
rühmten Taschenspielers oder Magiers, der unter
dem angenommenen Namen Comus zu Anfang
dieses Jahrhunderts seine Kunststücke machte. Un-
ter der Konsultats=Regierung und zur Zeit Na-
poleon 's machte Comus Kunstreisen durch alle
Departements von Frankreich und auch über des-
sen Grenzen hinaus. Er war von allen Eska-
moteurs seiner Zeit der berühmteste und glück-
lichste, mit Ausnahme etwa des großen korsischen
Magiers, der damals Frankreich und ganz Europa
in Erstaunen setzte. Die Comte, die Alexandre,
die Bosco sind Stümper gegen ihn. Kein Wun-
der also, wenn er sich ein beträchtliches Vermö-
gen zusammen spielte, zu dessen Erben er Ledru-
Rollin, seinen Lieblings=Enkel, einsetzte. Und wäh-

[Spaltenumbruch] gestern hier eingetroffen. Wie man von Außen
her vernimmt, wäre derselbe der Ueberbringer der
neuesten preußischen Vorschläge, gestützt auf die
Ergebnisse der Warschauer Conferenz, und wenn
namentlich der „Neu Preußischen Zeitung“ zu
trauen ist, so bezögen sich dieselben zunächst auf
die Eröffnung sogenannter freier Conferenzen.
Wenn indessen wahr wäre, was hinzugefügt wird,
daß nämlich Oesterreich aufgefordert werden solle,
seine Rüstungen einzustellen, so müssen wir dem
entgegen bemerken, daß es die gewöhnlichste Pflicht
der Vorsicht erheischt, sich bei mangelnden Ga-
rantien jedenfalls sicher zu stellen, eine Pflicht,
welche unsere umsichtige Regierung bestimmt nicht
aus den Augen verlieren wird. Preußen hat eine
so lange und kostbare Zeit mit leeren Verhand-
lungen vergeudet, daß wir uns nicht enthalten
könnten, den Gang neuer schleppender Verhand-
lungen mit einer gewissen Scheu zu betrachten.
Nicht an Oesterreich -- an Preußen liegt es
jetzt, den Beweis zu liefern, daß es die Verstän-
digung im Jnteresse des Friedens ernst und auf-
richtig will. -- Der Marsch des vorarlbergischen
Armeekorps wird nicht verfehlen, Sensation zu
erregen, und die Spannung der politischen Lage
zu erhöhen. So friedlich wir gesinnt sind, so
können wir doch nicht verhehlen, daß die bloße
Kunde des Marsches der österreichischen Armee,
daß die Entfaltung ihrer ruhmvollen Fahne unser
Herz höher schlagen macht. -- Glück, Ehre und
Gelingen begleite diese treuen, kriegserprobten
Schaaren. Möge ihr Beruf ein friedlicher sein.
Möge ihnen in allen deutschen Landen derselbe
Ruf der Eintracht und brüderlichen Freundschaft
entgegentönen, der sie in dem wackern Bayerlande
aus allen Herzen empfängt. Sollte aber das
Schicksal es anders fügen, sollten in unglücklicher
Stunde des deutschen Bundes und Oesterreichs
Rechte gewaltsam verletzt, und die Armee zu ih-
rer Vertheidigung berufen werden, so möge Gott
der Allmächtige mit ihr sein!

   

Wien, 6. Nov. Radetzky fuhr gestern Nach-
mittag vom Gloggnitzer Bahnhof in einem Hof-
wagen zur kais. Burg. An seiner Seite im Wa-
gen saßen F.=Z.=M. v. Heß und Ban Jellachich.
Er stattete noch an demselben Abend Sr. Maj.
dem Kaiser einen Besuch ab, und hatte eine Un-
terredung mit dem Fürsten v. Schwarzenberg und
dem Kriegsminister, diesen Morgen mit dem Fi-
nanzminister. Die Berufung des greisen Mar-
schalls nach Wien hat einen doppelten Zweck.
Man will nicht nur in möglichen Fällen von sei-
ner Kriegserfahrung Nutzen ziehen, sondern auch
durch seine Gegenwart der hier, um Olmütz und
in Böhmen versammelten Armee einen Führer
zeigen, dessen Name alle mit Begeisterung erfüllt.
Außerdem will man den Marschall wegen der be-
absichtigten Eintreibung der italienischen Zwangs-
anleihe zu Rathe ziehen. Man versichert übri-
gens, daß der alte Feldherr nicht mehr nach
Jtalien zurückkehren werde. Die kriegerischen
Besorgnisse sind noch keineswegs gänzlich ver-
schwunden. Dies beweis't schon der Stand
des Silberagio. Auch wird unsere Diploma-
tie höhere Forderungen stellen, als man sich
auswärts, besonders in Berlin denkt. Der Glaube
an Oesterreichs militärischer Ueberlegenheit herrscht
in hohen Regionen ebenso fest wie im Heer, das
zwar im allgemeinen um die hessische Frage und
was daran hängt unbekümmert, aber von Ehrfurcht
vor dem Ruf des Kaisers, zugleich von Durst
nach Thaten, Auszeichnung und Beförderung durch-
drungen ist. Sie werden sehen, daß es nicht so
leicht sein wird durch diplomatische Mittel hell-
gezogene Schwerter wieder in die Scheide zurück-
zustoßen.

   

Prag, 4. Nov. Heute wird im Amtsblatt
der Prager Zeitung vom böhmischen Kriegscom-
mando bekannt gegeben, daß sowohl für die schwere
als für die leichte Cavallerie, ferner zur Artillerie-
bespannung Pferde angekauft werden. Aus Ungarn
und Polen werden in wenigen Tagen 14 Ba-
taillone Jnfanterie und Cavallerie zur Verstär-
kung des böhmischen Armeekorps eintreffen. Das
böhmische Armeecorps ist jetzt 60,000 Mann
[Spaltenumbruch] stark und wird mit den Verstärkungen 80,000
Mann zählen. Die Prager Besatzung selbst
zählt 10,000 Mann. Es scheint, daß auch diese
Besatzung verstärkt werden soll, da ein hiesiger
Eisenwaarenhändler plötzlich mit der Lieserung
von 2000 eisernen Bettgestellen beauftragt wurde.
Die neuankommenden Bataillone werden vorerst
bei Jungbunzlau ein Lager beziehen, weßhalb auch
die Lieferung von 1000 Centnern Mehl von hier
nach Jungbunzlau bereits eingeleitet ist. Die
Truppen werden jedoch erst in der zweiten No-
vemberwoche eintreffen, was daraus zu schließen
ist, daß vom 9. Nov. an auf der Prag=Olmützer
und Prag=Wiener Strecke der Verkehr der Last-
züge amtlich eingestellt wurde. Jn den letzten
Tagen wurden 120 Wagen von hier nach Ol-
mütz geschafft um zum Truppentransport verwen-
det zu werden. Heute gingen 40 Kanonen von
hier nach Theresienstadt ab. Jn Prag erwartet
man in den folgenden zwei Tagen 3000 Mann
Einquartierung durchziehender Truppen.

Berlin, 7. Nov. Die Berl. Ztg. meldet:
Nach glaubhaften Mittheilungen hat der zeitige
Dirigent der auswärtigen Augelegenheiten, Mi-
nister v. Manteufel, eine Notisication an die Ge-
sandten der auswärtigen Mächte gerichtet, worin
er sich über den Stand der Angelegenheiten und
die diesseitigen Ansichten darüber ausspricht. Das
preußische Cabinet sei geneigt, den Frieden zu er-
halten; es wolle den Krieg nicht und täusche
sich nicht über die Gefahren, welche derselbe mit
sich bringen würde; aber es würde der Ehre und
Selbständigkeit Preußens nicht vergeben, um den
Frieden zu erhalten, und jeden Angriff mit Ent-
schiedenheit und Kraft zu begegnen wissen. --
Der Jnhalt der am Sonntage nach Wien abge-
sandten Note ist gleichzeitig von hier aus nach
Petersburg gemeldet worden. -- Zum Oberbe-
fehlshaber sämmtlicher kurhessischer Besatzungs-
truppen ist der General von Strotha ernannt,
der vor einigen Tagen in Kreuzenach eingetroffen ist.
-- Der russische Gesandte, Hr. v. Budberg, hat
heute die bestimmte Forderung an unsere Regier-
ung gestellt,, sich über den Sinn und Zweck der
preußischen Rüstungen zu erklären.

Berlin, 7. Nov. Die „Deutsche Ref.“ ent-
hält heute folgenden offiziösen Artikel: Der inte-
rimistische Vorsitz im Staatsministerium ist nun-
mehr dem Minister der geistlichen ec. Angelegen-
heiten, Hrn. v. Ladenberg, welcher gestern Abend
zu Sr. Maj. nach Sansouci befohlen war, über-
tragen worden. Die heutige Sitzung des Staats-
ministeriums fand bereits unter dem Vorsitze des
Hrn. v. Ladenberg statt. Wir freuen uns, mit-
theilen zu können, daß auch diese Sitzung unter
den Mitgliedern des Ministeriums die Zuversich.
auf ein durchaus einmüthiges Wirken gestärkt hat.
Besonders scheinen die beiden Mitglieder des Ka-
binets, welche im Vereine mit dem Grafen Bran-
denburg im November 1848 für die Rettung des
Thrones und des Vaterlandes eintraten, nach dem
Hingange des Ministerpräsidenten sich zu um so
festerem Zusammenwirken an einander zu schließen.

Berlin, 7. Nov. Hr. v. Prokesch, der öster.
Gesandte, hat vorgestern ein vorläufiges und ge-
stern das bestimmte Verlangen gestellt, daß die
preußischen Truppen unverzüglich vom kurhessischen
Gebiete zurückgezogen würden, sowie daß Preußen
der Pacifikation von Schleswig = Holstein in der
vom Bundestage beschlossenen Art und Weise seine
Unterstützung leihe.

   

Berlin, 8. Nov. Der Nachfolger des Hrn.
v. Sydow im Präsidium des Fürstenkollegiums
wird der Herr Geh. Rath v. Bülom sein. Den
Oberbefehl über die preußischen Operationstruppen
wird nach der „D. Ref.“ der Prinz von Preußen
übernehmen. Jhm zur Seite wird der General
v. Prittwitz stehen. Die Truppen in Baden sollen
theils nach Kreuznach, theils nach Wetzlar kom-
mandirt sein. -- Se. k. Hoheit der Prinz Alb-
recht werden in diesen Tagen zurückerwartet. Er
wie Prinz Karl werden Commandos übernehmen.
-- Wie es heißt, würde der Prinz von Preußen
kgl. Hoheit den Befehl des Gardekorps überneh-
men. Se. Maj. der König sollen ebenfalls sich
[Spaltenumbruch] persönlich an die Spitze der Armee stellen wollen
-- Der kurhessische Gesandte, Freiherr v. Dörn-
berg, hat den Protest des Kurfürsten von Hessen
gegen den Einmarsch preußischer Truppen über-
reicht. Es wurde ihm darauf notifizirt, daß die
preußische Regierung auf den Protest keine weitere
Rücksicht nehmen könne und werde. Der kurhess.
Gesandte wird dieser Tage Berlin verlassen.

Jtalien.

Nach einem Briefe in dem „Salut public“
von Lyon sollen zur Beilegung des Zwiespaltes
zwischen Piemont und Rom friedliche Unterhand-
lungen eingeleitet worden sein. „Von der ge-
schickten Jntervention des Fürsten Esterhazy, heißt
es in diesem Schreiben unter Anderem, um zwi-
schen Turin und dem heiligen Stuhle eine Ver-
söhnung zu bewerkstelligen, erwartet man sehr viel.
Der Fürst hat sich zu dem Fürsten von Schwar-
zenberg begeben müssen, um einen für beide Theile
ehrenvollen Vergleich zu Stande zu bringen. Die
letzten Depeschen, welche zwischen dem österreich.
Gesandten und dem Minister des Aeußern zu
Turin gewechselt wurden, sollen die Versicherung
geben, daß die sardinische Regierung gesonnen ist,
die Feindseligkeiten einzustellen. Man will einen
Mittelweg einschlagen. Die Erzbischöfe von Cag-
liari und Turin sollen zurückkehren dürfen: ihre
Diözesen sollen sie als Titulare behalten, aber
während eines gewissen von den vermittelnden
Mächten näher zu bestimmenden Zeitraums Coad-
jutoren zur Seite haben, um den politischen Lei-
denschaften Zeit zu lassen, sich zu beruhigen.“

Vermischte Nachrichten.

Jn dem, wenige Jahre nach der Julirevolu-
tion erschienenen Werke des ehemaligen nassau'schen
später niederländischen Ministers v. Gagern ( Va-
ters Heinrich's v. Gagern ) , betitelt „Mein An-
theil an der Politik“, sind auch einige Briefe des
Ministers Frhrn. v. Stein an den Herausgeber
abgedruckt, in deren einem folgende denkwürdige
Stelle, bezüglich auf den Mißbrauch des Steuer-
bewilligungsrechts der Kammern, -- wodurch in
der neuesten Zeit wieder in den hessischen Staa-
ten die beklagenswerthen Conflikte und Verwir-
rungen herbeigeführt worden sind, -- enthalten
ist. Er schreibt: „Mit der unbedingten Behaup-
tung, ein mißfälliges Ministerium durch Verwei-
gerung der Abgaben verdrängen zu dürfen, stürzt
man jede bestehende Verfassung, sie sei monar-
chisch, aristokratisch, demokratisch; es dauert der
revolutionäre Zustand fort. Denn kann jede Op-
position Gehorsam und Abgabenzahlung zur Be-
dingung der Entfernung oder der Anstellung ge-
wisser Personen machen, so hat aller Gehorsam
ein Ende. -- Die Bewilligung oder Verweige-
rung von Abgaben ist nichts Willkürlicheres; es
kann dies Recht nur nach bestimmten Grundsätzen,
mit Beobachtung großer heiliger Pflichten, aus-
geübt werden.“

Fraser's Magazine “ macht bei Gelegenheit
einer Kritik des Buches; „Ueber den Verfall Eng-
lands “, welches der große französische Agitator
Ledru=Rollin zum Dank für die in London ge-
fundeu Freistadt geschrieben hat, folgende Enthül-
lung über dessen Abkunft: Hr. Ledru=Rollin ist
jetzt 44 oder 46 Jahre alt, da er 1806 oder
1808 geboren ward. Er ist der Enkel jenes be-
rühmten Taschenspielers oder Magiers, der unter
dem angenommenen Namen Comus zu Anfang
dieses Jahrhunderts seine Kunststücke machte. Un-
ter der Konsultats=Regierung und zur Zeit Na-
poleon 's machte Comus Kunstreisen durch alle
Departements von Frankreich und auch über des-
sen Grenzen hinaus. Er war von allen Eska-
moteurs seiner Zeit der berühmteste und glück-
lichste, mit Ausnahme etwa des großen korsischen
Magiers, der damals Frankreich und ganz Europa
in Erstaunen setzte. Die Comte, die Alexandre,
die Bosco sind Stümper gegen ihn. Kein Wun-
der also, wenn er sich ein beträchtliches Vermö-
gen zusammen spielte, zu dessen Erben er Ledru-
Rollin, seinen Lieblings=Enkel, einsetzte. Und wäh-

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[0003] gestern hier eingetroffen. Wie man von Außen her vernimmt, wäre derselbe der Ueberbringer der neuesten preußischen Vorschläge, gestützt auf die Ergebnisse der Warschauer Conferenz, und wenn namentlich der „Neu Preußischen Zeitung“ zu trauen ist, so bezögen sich dieselben zunächst auf die Eröffnung sogenannter freier Conferenzen. Wenn indessen wahr wäre, was hinzugefügt wird, daß nämlich Oesterreich aufgefordert werden solle, seine Rüstungen einzustellen, so müssen wir dem entgegen bemerken, daß es die gewöhnlichste Pflicht der Vorsicht erheischt, sich bei mangelnden Ga- rantien jedenfalls sicher zu stellen, eine Pflicht, welche unsere umsichtige Regierung bestimmt nicht aus den Augen verlieren wird. Preußen hat eine so lange und kostbare Zeit mit leeren Verhand- lungen vergeudet, daß wir uns nicht enthalten könnten, den Gang neuer schleppender Verhand- lungen mit einer gewissen Scheu zu betrachten. Nicht an Oesterreich -- an Preußen liegt es jetzt, den Beweis zu liefern, daß es die Verstän- digung im Jnteresse des Friedens ernst und auf- richtig will. -- Der Marsch des vorarlbergischen Armeekorps wird nicht verfehlen, Sensation zu erregen, und die Spannung der politischen Lage zu erhöhen. So friedlich wir gesinnt sind, so können wir doch nicht verhehlen, daß die bloße Kunde des Marsches der österreichischen Armee, daß die Entfaltung ihrer ruhmvollen Fahne unser Herz höher schlagen macht. -- Glück, Ehre und Gelingen begleite diese treuen, kriegserprobten Schaaren. Möge ihr Beruf ein friedlicher sein. Möge ihnen in allen deutschen Landen derselbe Ruf der Eintracht und brüderlichen Freundschaft entgegentönen, der sie in dem wackern Bayerlande aus allen Herzen empfängt. Sollte aber das Schicksal es anders fügen, sollten in unglücklicher Stunde des deutschen Bundes und Oesterreichs Rechte gewaltsam verletzt, und die Armee zu ih- rer Vertheidigung berufen werden, so möge Gott der Allmächtige mit ihr sein! ( O. C. ) Wien, 6. Nov. Radetzky fuhr gestern Nach- mittag vom Gloggnitzer Bahnhof in einem Hof- wagen zur kais. Burg. An seiner Seite im Wa- gen saßen F.=Z.=M. v. Heß und Ban Jellachich. Er stattete noch an demselben Abend Sr. Maj. dem Kaiser einen Besuch ab, und hatte eine Un- terredung mit dem Fürsten v. Schwarzenberg und dem Kriegsminister, diesen Morgen mit dem Fi- nanzminister. Die Berufung des greisen Mar- schalls nach Wien hat einen doppelten Zweck. Man will nicht nur in möglichen Fällen von sei- ner Kriegserfahrung Nutzen ziehen, sondern auch durch seine Gegenwart der hier, um Olmütz und in Böhmen versammelten Armee einen Führer zeigen, dessen Name alle mit Begeisterung erfüllt. Außerdem will man den Marschall wegen der be- absichtigten Eintreibung der italienischen Zwangs- anleihe zu Rathe ziehen. Man versichert übri- gens, daß der alte Feldherr nicht mehr nach Jtalien zurückkehren werde. Die kriegerischen Besorgnisse sind noch keineswegs gänzlich ver- schwunden. Dies beweis't schon der Stand des Silberagio. Auch wird unsere Diploma- tie höhere Forderungen stellen, als man sich auswärts, besonders in Berlin denkt. Der Glaube an Oesterreichs militärischer Ueberlegenheit herrscht in hohen Regionen ebenso fest wie im Heer, das zwar im allgemeinen um die hessische Frage und was daran hängt unbekümmert, aber von Ehrfurcht vor dem Ruf des Kaisers, zugleich von Durst nach Thaten, Auszeichnung und Beförderung durch- drungen ist. Sie werden sehen, daß es nicht so leicht sein wird durch diplomatische Mittel hell- gezogene Schwerter wieder in die Scheide zurück- zustoßen. ( A. Z. ) Prag, 4. Nov. Heute wird im Amtsblatt der Prager Zeitung vom böhmischen Kriegscom- mando bekannt gegeben, daß sowohl für die schwere als für die leichte Cavallerie, ferner zur Artillerie- bespannung Pferde angekauft werden. Aus Ungarn und Polen werden in wenigen Tagen 14 Ba- taillone Jnfanterie und Cavallerie zur Verstär- kung des böhmischen Armeekorps eintreffen. Das böhmische Armeecorps ist jetzt 60,000 Mann stark und wird mit den Verstärkungen 80,000 Mann zählen. Die Prager Besatzung selbst zählt 10,000 Mann. Es scheint, daß auch diese Besatzung verstärkt werden soll, da ein hiesiger Eisenwaarenhändler plötzlich mit der Lieserung von 2000 eisernen Bettgestellen beauftragt wurde. Die neuankommenden Bataillone werden vorerst bei Jungbunzlau ein Lager beziehen, weßhalb auch die Lieferung von 1000 Centnern Mehl von hier nach Jungbunzlau bereits eingeleitet ist. Die Truppen werden jedoch erst in der zweiten No- vemberwoche eintreffen, was daraus zu schließen ist, daß vom 9. Nov. an auf der Prag=Olmützer und Prag=Wiener Strecke der Verkehr der Last- züge amtlich eingestellt wurde. Jn den letzten Tagen wurden 120 Wagen von hier nach Ol- mütz geschafft um zum Truppentransport verwen- det zu werden. Heute gingen 40 Kanonen von hier nach Theresienstadt ab. Jn Prag erwartet man in den folgenden zwei Tagen 3000 Mann Einquartierung durchziehender Truppen. Berlin, 7. Nov. Die Berl. Ztg. meldet: Nach glaubhaften Mittheilungen hat der zeitige Dirigent der auswärtigen Augelegenheiten, Mi- nister v. Manteufel, eine Notisication an die Ge- sandten der auswärtigen Mächte gerichtet, worin er sich über den Stand der Angelegenheiten und die diesseitigen Ansichten darüber ausspricht. Das preußische Cabinet sei geneigt, den Frieden zu er- halten; es wolle den Krieg nicht und täusche sich nicht über die Gefahren, welche derselbe mit sich bringen würde; aber es würde der Ehre und Selbständigkeit Preußens nicht vergeben, um den Frieden zu erhalten, und jeden Angriff mit Ent- schiedenheit und Kraft zu begegnen wissen. -- Der Jnhalt der am Sonntage nach Wien abge- sandten Note ist gleichzeitig von hier aus nach Petersburg gemeldet worden. -- Zum Oberbe- fehlshaber sämmtlicher kurhessischer Besatzungs- truppen ist der General von Strotha ernannt, der vor einigen Tagen in Kreuzenach eingetroffen ist. -- Der russische Gesandte, Hr. v. Budberg, hat heute die bestimmte Forderung an unsere Regier- ung gestellt,, sich über den Sinn und Zweck der preußischen Rüstungen zu erklären. Berlin, 7. Nov. Die „Deutsche Ref.“ ent- hält heute folgenden offiziösen Artikel: Der inte- rimistische Vorsitz im Staatsministerium ist nun- mehr dem Minister der geistlichen ec. Angelegen- heiten, Hrn. v. Ladenberg, welcher gestern Abend zu Sr. Maj. nach Sansouci befohlen war, über- tragen worden. Die heutige Sitzung des Staats- ministeriums fand bereits unter dem Vorsitze des Hrn. v. Ladenberg statt. Wir freuen uns, mit- theilen zu können, daß auch diese Sitzung unter den Mitgliedern des Ministeriums die Zuversich. auf ein durchaus einmüthiges Wirken gestärkt hat. Besonders scheinen die beiden Mitglieder des Ka- binets, welche im Vereine mit dem Grafen Bran- denburg im November 1848 für die Rettung des Thrones und des Vaterlandes eintraten, nach dem Hingange des Ministerpräsidenten sich zu um so festerem Zusammenwirken an einander zu schließen. Berlin, 7. Nov. Hr. v. Prokesch, der öster. Gesandte, hat vorgestern ein vorläufiges und ge- stern das bestimmte Verlangen gestellt, daß die preußischen Truppen unverzüglich vom kurhessischen Gebiete zurückgezogen würden, sowie daß Preußen der Pacifikation von Schleswig = Holstein in der vom Bundestage beschlossenen Art und Weise seine Unterstützung leihe. ( C. Z. ) Berlin, 8. Nov. Der Nachfolger des Hrn. v. Sydow im Präsidium des Fürstenkollegiums wird der Herr Geh. Rath v. Bülom sein. Den Oberbefehl über die preußischen Operationstruppen wird nach der „D. Ref.“ der Prinz von Preußen übernehmen. Jhm zur Seite wird der General v. Prittwitz stehen. Die Truppen in Baden sollen theils nach Kreuznach, theils nach Wetzlar kom- mandirt sein. -- Se. k. Hoheit der Prinz Alb- recht werden in diesen Tagen zurückerwartet. Er wie Prinz Karl werden Commandos übernehmen. -- Wie es heißt, würde der Prinz von Preußen kgl. Hoheit den Befehl des Gardekorps überneh- men. Se. Maj. der König sollen ebenfalls sich persönlich an die Spitze der Armee stellen wollen -- Der kurhessische Gesandte, Freiherr v. Dörn- berg, hat den Protest des Kurfürsten von Hessen gegen den Einmarsch preußischer Truppen über- reicht. Es wurde ihm darauf notifizirt, daß die preußische Regierung auf den Protest keine weitere Rücksicht nehmen könne und werde. Der kurhess. Gesandte wird dieser Tage Berlin verlassen. Jtalien. Nach einem Briefe in dem „Salut public“ von Lyon sollen zur Beilegung des Zwiespaltes zwischen Piemont und Rom friedliche Unterhand- lungen eingeleitet worden sein. „Von der ge- schickten Jntervention des Fürsten Esterhazy, heißt es in diesem Schreiben unter Anderem, um zwi- schen Turin und dem heiligen Stuhle eine Ver- söhnung zu bewerkstelligen, erwartet man sehr viel. Der Fürst hat sich zu dem Fürsten von Schwar- zenberg begeben müssen, um einen für beide Theile ehrenvollen Vergleich zu Stande zu bringen. Die letzten Depeschen, welche zwischen dem österreich. Gesandten und dem Minister des Aeußern zu Turin gewechselt wurden, sollen die Versicherung geben, daß die sardinische Regierung gesonnen ist, die Feindseligkeiten einzustellen. Man will einen Mittelweg einschlagen. Die Erzbischöfe von Cag- liari und Turin sollen zurückkehren dürfen: ihre Diözesen sollen sie als Titulare behalten, aber während eines gewissen von den vermittelnden Mächten näher zu bestimmenden Zeitraums Coad- jutoren zur Seite haben, um den politischen Lei- denschaften Zeit zu lassen, sich zu beruhigen.“ Vermischte Nachrichten. Jn dem, wenige Jahre nach der Julirevolu- tion erschienenen Werke des ehemaligen nassau'schen später niederländischen Ministers v. Gagern ( Va- ters Heinrich's v. Gagern ) , betitelt „Mein An- theil an der Politik“, sind auch einige Briefe des Ministers Frhrn. v. Stein an den Herausgeber abgedruckt, in deren einem folgende denkwürdige Stelle, bezüglich auf den Mißbrauch des Steuer- bewilligungsrechts der Kammern, -- wodurch in der neuesten Zeit wieder in den hessischen Staa- ten die beklagenswerthen Conflikte und Verwir- rungen herbeigeführt worden sind, -- enthalten ist. Er schreibt: „Mit der unbedingten Behaup- tung, ein mißfälliges Ministerium durch Verwei- gerung der Abgaben verdrängen zu dürfen, stürzt man jede bestehende Verfassung, sie sei monar- chisch, aristokratisch, demokratisch; es dauert der revolutionäre Zustand fort. Denn kann jede Op- position Gehorsam und Abgabenzahlung zur Be- dingung der Entfernung oder der Anstellung ge- wisser Personen machen, so hat aller Gehorsam ein Ende. -- Die Bewilligung oder Verweige- rung von Abgaben ist nichts Willkürlicheres; es kann dies Recht nur nach bestimmten Grundsätzen, mit Beobachtung großer heiliger Pflichten, aus- geübt werden.“ „ Fraser's Magazine “ macht bei Gelegenheit einer Kritik des Buches; „Ueber den Verfall Eng- lands “, welches der große französische Agitator Ledru=Rollin zum Dank für die in London ge- fundeu Freistadt geschrieben hat, folgende Enthül- lung über dessen Abkunft: Hr. Ledru=Rollin ist jetzt 44 oder 46 Jahre alt, da er 1806 oder 1808 geboren ward. Er ist der Enkel jenes be- rühmten Taschenspielers oder Magiers, der unter dem angenommenen Namen Comus zu Anfang dieses Jahrhunderts seine Kunststücke machte. Un- ter der Konsultats=Regierung und zur Zeit Na- poleon 's machte Comus Kunstreisen durch alle Departements von Frankreich und auch über des- sen Grenzen hinaus. Er war von allen Eska- moteurs seiner Zeit der berühmteste und glück- lichste, mit Ausnahme etwa des großen korsischen Magiers, der damals Frankreich und ganz Europa in Erstaunen setzte. Die Comte, die Alexandre, die Bosco sind Stümper gegen ihn. Kein Wun- der also, wenn er sich ein beträchtliches Vermö- gen zusammen spielte, zu dessen Erben er Ledru- Rollin, seinen Lieblings=Enkel, einsetzte. Und wäh-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 270. Würzburg, 11. November 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische270_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.