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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 19. Berlin, 11. August 1740.

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[Beginn Spaltensatz] Jndessen verlautet nunmehro, daß die Cardinäle Rivi-
era und Tenein eine Parthey für den Cardinal Lam-
bertini formirt, welchem der Kämmerling und Aqua-
viva beystimmen sollen. Man weiß aber, daß die ver-
schiedenen Absichten dieser uneinigen Jünger Christi sich
so leicht wieder trennen, als sie sich vereinigen können.

Wien, vom 28. Julii.

Der Prinz von Lichtenstein hat von Paris geschrie-
ben, daß der französische Hof zufrieden wäre, wann der
Kaiser nur 4000. Mann an statt der 6000. welche
erst bestimmt gewesen, nach Corsica schicken wollte.
Wann es nun mit diesen 4000. Mann seine Richtig-
keit hat, so werden zu Bestreitung der Unkosten die man
zu ihrer Uberfarth anwenden muß, 300000. Gulden er-
fordert, und diese hat man bey einem Banquier auf
den Credit aller Kaiserlichen Regiments= Cassen zu ne-
gotiiren suchen wollen. Allein da der Vice= Präsident
im Kriegsrath der Graf von Khevenhüller gezeigt, daß
man den Credit der Regiments= Cassen aus vielen Ur-
sachen hierzu nicht gebrauchen könnte, so ist man gegen-
wärtig auf ein ander Mittel bedacht, zu dieser Summe
Rath zu schaffen. Der türkische Gesandte ist ehegestern in
einem kleinen Flecken eine halbe Meile von hier ange-
kommen. Weil er die Beobachtung der Gewonheit
verbeten, kraft welcher man auf den Grenzen wegen
der austeckenden Seuche alles zu untersuchen und zu be-
räuchern pflegt, so hat man ihn ungehindert fortreisen
lassen. Als er nicht weit von Presburg auf das Gut
des Feldmarschalls Grafen von Palfy eintraf, welcher
sich eben daselbst aufhielt, so ward er von demselben
als von ungefehr besucht. Der Gesandte, dem diese
Höflichkeit ungemein gefiel, lies sein ganzes Gefolge zu-
sammen rufen, und zog auf eben die Art für ihm über,
wie er hier seinen Einzug halten wird. Dieser Einzug
aber, zu welchem von allen Seiten die prächtigsten Zu-
rüstungen gemacht werden, dürfte wohl noch über acht
Tage ausgesetzt bleiben Gestern übte sich die Bürger-
schaft, welche ihn einholen soll, in Gegenwart des Kai-
serlichen Hauses bey der sogenannten Riegenstange im
Gewehr. Der Kaiserliche Oberhofmarschall wird ihm
entgegen gehen, und ihn in einem Staatswagen in die
Stadt begleiten.



Gelehrte Sachen

Unter den Büchern, welche zu unsern Zeiten zum Vor-
schein gekommen, hat dieses einen ganz besondern
[Spaltenumbruch] Vorzug, welches im vorigen Jahre zu Leiden an das
Licht getreten, und das den Titel führet: Institution
d'un Prince, ou Traite des Qualitez des vertus & des
Devoirs d'un Souverain
. Der Verfasser dieses Werks
ist Herr Düguet ein Mann von bekannter Gelehrsam-
keit, und von grosser Einsicht, der es für den Prinzen von
Piemont aufgesetzt hat. Es bestehet aus vier Bänden
in Octav, aus welchen wir nach und nach die beträcht-
lichsten Stellen mittheilen wollen.

Gleich Anfangs zeigt er, daß ein guter Fürst das kost-
barste Geschenk ist, welches die Vorsehung geben kann.
Die Ungläubigen, setzt er, haben dieses selbst gestanden,
und die Finsterniß ihrer falschen Religion hat ihnen diese
Warheiten nicht verstecken können, daß GOtt allein die
guten Könige giebt, und daß diese Gabe noch viele an-
dere in sich fasst, weil nichts herrlicher ist, als was GOtt
am vollkommensten gleicht, und weil ein gerechter und
mässiger Prinz, der nur regiert der Tugend aufzuhelfen,
das edelste Bildniß von der Gottheit bleibt. Hierauf
zeigt er den grossen Unterschied zwischen einem Fürsten,
den GOtt einem Volke schenkt, das er liebt, und zwischen
einem andern, dem er nur darum seine Gewalt leihet
die Menschen zu strafen. Den erstern, heißt es, giebt
er aus Güte, den andern im Zorn. Den einen erfüllet
er mit Weisheit und Gerechtigkeit, und dem andern läßt
er nach seiner tiefen Beurtheilung zu, daß er seinen Nei-
gungen und der Finsterniß folgt. Beyde haben eine
rechtmässige Gewalt, welche der eine recht zu gebrauchen
weiß, da der andere sie mißbraucht. Der eine ist die
allgemeine Glückseligkeit, und der andere das allgemeine
Unglück. Die Regierung des erstern wird von allen
Vortheilen und von allen Tugenden begleitet, und alles
Unglück und alle Laster sind die Strafen und die Folgen
des andern.

Nach diesem untersuchter, warum die guten Fürsten
so selten gefunden werden. Es ist erstaunlich schreibt er,
daß man bey zweenen Theilen, von welchen die eine so
liebenswürdig und so gerecht, und die andere so verhaßt
und lasterhaft ist sich noch besinnen kann, zu welcher man
sich schlagen will. Es ist erstaunlich, daß es Unterwei-
sungen und Erinnerungen braucht, eine gute Wahl zu
treffen, und sich in derselben zu befestigen, und man muß
sich wundern, daß die Exempel dererjenigen Prinzen,
welche gut angefangen, und die bis an das Ende ihres
Lebens mit einer unveränderlichen Gerechtigkeit und
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Jndessen verlautet nunmehro, daß die Cardinäle Rivi-
era und Tenein eine Parthey für den Cardinal Lam-
bertini formirt, welchem der Kämmerling und Aqua-
viva beystimmen sollen. Man weiß aber, daß die ver-
schiedenen Absichten dieser uneinigen Jünger Christi sich
so leicht wieder trennen, als sie sich vereinigen können.

Wien, vom 28. Julii.

Der Prinz von Lichtenstein hat von Paris geschrie-
ben, daß der französische Hof zufrieden wäre, wann der
Kaiser nur 4000. Mann an statt der 6000. welche
erst bestimmt gewesen, nach Corsica schicken wollte.
Wann es nun mit diesen 4000. Mann seine Richtig-
keit hat, so werden zu Bestreitung der Unkosten die man
zu ihrer Uberfarth anwenden muß, 300000. Gulden er-
fordert, und diese hat man bey einem Banquier auf
den Credit aller Kaiserlichen Regiments= Cassen zu ne-
gotiiren suchen wollen. Allein da der Vice= Präsident
im Kriegsrath der Graf von Khevenhüller gezeigt, daß
man den Credit der Regiments= Cassen aus vielen Ur-
sachen hierzu nicht gebrauchen könnte, so ist man gegen-
wärtig auf ein ander Mittel bedacht, zu dieser Summe
Rath zu schaffen. Der türkische Gesandte ist ehegestern in
einem kleinen Flecken eine halbe Meile von hier ange-
kommen. Weil er die Beobachtung der Gewonheit
verbeten, kraft welcher man auf den Grenzen wegen
der austeckenden Seuche alles zu untersuchen und zu be-
räuchern pflegt, so hat man ihn ungehindert fortreisen
lassen. Als er nicht weit von Presburg auf das Gut
des Feldmarschalls Grafen von Palfy eintraf, welcher
sich eben daselbst aufhielt, so ward er von demselben
als von ungefehr besucht. Der Gesandte, dem diese
Höflichkeit ungemein gefiel, lies sein ganzes Gefolge zu-
sammen rufen, und zog auf eben die Art für ihm über,
wie er hier seinen Einzug halten wird. Dieser Einzug
aber, zu welchem von allen Seiten die prächtigsten Zu-
rüstungen gemacht werden, dürfte wohl noch über acht
Tage ausgesetzt bleiben Gestern übte sich die Bürger-
schaft, welche ihn einholen soll, in Gegenwart des Kai-
serlichen Hauses bey der sogenannten Riegenstange im
Gewehr. Der Kaiserliche Oberhofmarschall wird ihm
entgegen gehen, und ihn in einem Staatswagen in die
Stadt begleiten.



Gelehrte Sachen

Unter den Büchern, welche zu unsern Zeiten zum Vor-
schein gekommen, hat dieses einen ganz besondern
[Spaltenumbruch] Vorzug, welches im vorigen Jahre zu Leiden an das
Licht getreten, und das den Titel führet: Inſtitution
d'un Prince, ou Traité des Qualitez des vertus & des
Devoirs d'un Souverain
. Der Verfasser dieses Werks
ist Herr Düguet ein Mann von bekannter Gelehrsam-
keit, und von grosser Einsicht, der es für den Prinzen von
Piemont aufgesetzt hat. Es bestehet aus vier Bänden
in Octav, aus welchen wir nach und nach die beträcht-
lichsten Stellen mittheilen wollen.

Gleich Anfangs zeigt er, daß ein guter Fürst das kost-
barste Geschenk ist, welches die Vorsehung geben kann.
Die Ungläubigen, setzt er, haben dieses selbst gestanden,
und die Finsterniß ihrer falschen Religion hat ihnen diese
Warheiten nicht verstecken können, daß GOtt allein die
guten Könige giebt, und daß diese Gabe noch viele an-
dere in sich fasst, weil nichts herrlicher ist, als was GOtt
am vollkommensten gleicht, und weil ein gerechter und
mässiger Prinz, der nur regiert der Tugend aufzuhelfen,
das edelste Bildniß von der Gottheit bleibt. Hierauf
zeigt er den grossen Unterschied zwischen einem Fürsten,
den GOtt einem Volke schenkt, das er liebt, und zwischen
einem andern, dem er nur darum seine Gewalt leihet
die Menschen zu strafen. Den erstern, heißt es, giebt
er aus Güte, den andern im Zorn. Den einen erfüllet
er mit Weisheit und Gerechtigkeit, und dem andern läßt
er nach seiner tiefen Beurtheilung zu, daß er seinen Nei-
gungen und der Finsterniß folgt. Beyde haben eine
rechtmässige Gewalt, welche der eine recht zu gebrauchen
weiß, da der andere sie mißbraucht. Der eine ist die
allgemeine Glückseligkeit, und der andere das allgemeine
Unglück. Die Regierung des erstern wird von allen
Vortheilen und von allen Tugenden begleitet, und alles
Unglück und alle Laster sind die Strafen und die Folgen
des andern.

Nach diesem untersuchter, warum die guten Fürsten
so selten gefunden werden. Es ist erstaunlich schreibt er,
daß man bey zweenen Theilen, von welchen die eine so
liebenswürdig und so gerecht, und die andere so verhaßt
und lasterhaft ist sich noch besinnen kann, zu welcher man
sich schlagen will. Es ist erstaunlich, daß es Unterwei-
sungen und Erinnerungen braucht, eine gute Wahl zu
treffen, und sich in derselben zu befestigen, und man muß
sich wundern, daß die Exempel dererjenigen Prinzen,
welche gut angefangen, und die bis an das Ende ihres
Lebens mit einer unveränderlichen Gerechtigkeit und
[Ende Spaltensatz]

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[0003] Jndessen verlautet nunmehro, daß die Cardinäle Rivi- era und Tenein eine Parthey für den Cardinal Lam- bertini formirt, welchem der Kämmerling und Aqua- viva beystimmen sollen. Man weiß aber, daß die ver- schiedenen Absichten dieser uneinigen Jünger Christi sich so leicht wieder trennen, als sie sich vereinigen können. Wien, vom 28. Julii. Der Prinz von Lichtenstein hat von Paris geschrie- ben, daß der französische Hof zufrieden wäre, wann der Kaiser nur 4000. Mann an statt der 6000. welche erst bestimmt gewesen, nach Corsica schicken wollte. Wann es nun mit diesen 4000. Mann seine Richtig- keit hat, so werden zu Bestreitung der Unkosten die man zu ihrer Uberfarth anwenden muß, 300000. Gulden er- fordert, und diese hat man bey einem Banquier auf den Credit aller Kaiserlichen Regiments= Cassen zu ne- gotiiren suchen wollen. Allein da der Vice= Präsident im Kriegsrath der Graf von Khevenhüller gezeigt, daß man den Credit der Regiments= Cassen aus vielen Ur- sachen hierzu nicht gebrauchen könnte, so ist man gegen- wärtig auf ein ander Mittel bedacht, zu dieser Summe Rath zu schaffen. Der türkische Gesandte ist ehegestern in einem kleinen Flecken eine halbe Meile von hier ange- kommen. Weil er die Beobachtung der Gewonheit verbeten, kraft welcher man auf den Grenzen wegen der austeckenden Seuche alles zu untersuchen und zu be- räuchern pflegt, so hat man ihn ungehindert fortreisen lassen. Als er nicht weit von Presburg auf das Gut des Feldmarschalls Grafen von Palfy eintraf, welcher sich eben daselbst aufhielt, so ward er von demselben als von ungefehr besucht. Der Gesandte, dem diese Höflichkeit ungemein gefiel, lies sein ganzes Gefolge zu- sammen rufen, und zog auf eben die Art für ihm über, wie er hier seinen Einzug halten wird. Dieser Einzug aber, zu welchem von allen Seiten die prächtigsten Zu- rüstungen gemacht werden, dürfte wohl noch über acht Tage ausgesetzt bleiben Gestern übte sich die Bürger- schaft, welche ihn einholen soll, in Gegenwart des Kai- serlichen Hauses bey der sogenannten Riegenstange im Gewehr. Der Kaiserliche Oberhofmarschall wird ihm entgegen gehen, und ihn in einem Staatswagen in die Stadt begleiten. Gelehrte Sachen Unter den Büchern, welche zu unsern Zeiten zum Vor- schein gekommen, hat dieses einen ganz besondern Vorzug, welches im vorigen Jahre zu Leiden an das Licht getreten, und das den Titel führet: Inſtitution d'un Prince, ou Traité des Qualitez des vertus & des Devoirs d'un Souverain. Der Verfasser dieses Werks ist Herr Düguet ein Mann von bekannter Gelehrsam- keit, und von grosser Einsicht, der es für den Prinzen von Piemont aufgesetzt hat. Es bestehet aus vier Bänden in Octav, aus welchen wir nach und nach die beträcht- lichsten Stellen mittheilen wollen. Gleich Anfangs zeigt er, daß ein guter Fürst das kost- barste Geschenk ist, welches die Vorsehung geben kann. Die Ungläubigen, setzt er, haben dieses selbst gestanden, und die Finsterniß ihrer falschen Religion hat ihnen diese Warheiten nicht verstecken können, daß GOtt allein die guten Könige giebt, und daß diese Gabe noch viele an- dere in sich fasst, weil nichts herrlicher ist, als was GOtt am vollkommensten gleicht, und weil ein gerechter und mässiger Prinz, der nur regiert der Tugend aufzuhelfen, das edelste Bildniß von der Gottheit bleibt. Hierauf zeigt er den grossen Unterschied zwischen einem Fürsten, den GOtt einem Volke schenkt, das er liebt, und zwischen einem andern, dem er nur darum seine Gewalt leihet die Menschen zu strafen. Den erstern, heißt es, giebt er aus Güte, den andern im Zorn. Den einen erfüllet er mit Weisheit und Gerechtigkeit, und dem andern läßt er nach seiner tiefen Beurtheilung zu, daß er seinen Nei- gungen und der Finsterniß folgt. Beyde haben eine rechtmässige Gewalt, welche der eine recht zu gebrauchen weiß, da der andere sie mißbraucht. Der eine ist die allgemeine Glückseligkeit, und der andere das allgemeine Unglück. Die Regierung des erstern wird von allen Vortheilen und von allen Tugenden begleitet, und alles Unglück und alle Laster sind die Strafen und die Folgen des andern. Nach diesem untersuchter, warum die guten Fürsten so selten gefunden werden. Es ist erstaunlich schreibt er, daß man bey zweenen Theilen, von welchen die eine so liebenswürdig und so gerecht, und die andere so verhaßt und lasterhaft ist sich noch besinnen kann, zu welcher man sich schlagen will. Es ist erstaunlich, daß es Unterwei- sungen und Erinnerungen braucht, eine gute Wahl zu treffen, und sich in derselben zu befestigen, und man muß sich wundern, daß die Exempel dererjenigen Prinzen, welche gut angefangen, und die bis an das Ende ihres Lebens mit einer unveränderlichen Gerechtigkeit und

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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 19. Berlin, 11. August 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin019_1740/3>, abgerufen am 01.06.2024.