Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 31. Berlin, 8. September 1740.[Beginn Spaltensatz]
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Unter den vielen Mängeln, die er uns recht lustig vor- Bey unserer Sprache gehet es ihm wie allen andern Doch er zeigt überall, daß er ein flüchtiger Franzose Es sind uns viele schlechte französische Scribenien in Nechsten Sonnabend wollen wir sehen, wie artig er Bey dem Verleger dieser Zeitungen ist zu haben. I. M. Joh. Gottl. Gleditschii, Consideratio epicriseos Sieges b eckianae in Linnaei Systema Plantarum II. Johann Ernst Schuberts Predigt von der Möglichkeit, Glaubwürdigkeit und Gewisheit der Auferstehung der III. M. Jac. Carpovs Vergleichung der Kunst in Erfindung des Schreibens und der Buchdruckerey, zu feyerlicher Diese Nachrichten werden wöchentlich 3mahl, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem Königl. [Beginn Spaltensatz]
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Unter den vielen Mängeln, die er uns recht lustig vor- Bey unserer Sprache gehet es ihm wie allen andern Doch er zeigt überall, daß er ein flüchtiger Franzose Es sind uns viele schlechte französische Scribenien in Nechsten Sonnabend wollen wir sehen, wie artig er Bey dem Verleger dieser Zeitungen ist zu haben. I. M. Joh. Gottl. Gleditſchii, Conſideratio epicriſeos Sieges b eckianæ in Linnæi Syſtema Plantarum II. Johann Ernst Schuberts Predigt von der Möglichkeit, Glaubwürdigkeit und Gewisheit der Auferstehung der III. M. Jac. Carpovs Vergleichung der Kunst in Erfindung des Schreibens und der Buchdruckerey, zu feyerlicher Diese Nachrichten werden wöchentlich 3mahl, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem Königl. <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <pb facs="#f0004"/> <cb type="start"/> <p>Unter den vielen Mängeln, die er uns recht lustig vor-<lb/> wirft, sind zweene Hauptgebrechen. Nemlich, er ist mit<lb/> unserer Sprache nicht zufrieden, und er will durchaus,<lb/> daß die Dentschen keinen Verstand haben. Dem Be-<lb/> weise des letztern würde gar nichts fehlen, wann er nur<lb/> noch hinzugesetzt hätte, daß ihn der Teufel holen solte,<lb/> wann es nicht wahr wäre; denn so würde er vollends erst<lb/> recht französisch geklungen haben.</p><lb/> <p>Bey unserer Sprache gehet es ihm wie allen andern<lb/> Franzosen, die davon geurtheilet, wie der Blinde von der<lb/> Farbe. Er gibt zwar vor, daß er sich näher mit dersel-<lb/> ben bekannt gemacht, als andere, welche sie verworfen,<lb/> allein man wird in allem was er sagt, nicht die geringste<lb/> Spur davon finden. Drey bis vier Redensarten, die<lb/> er noch dazu ganz zerstümmelt gefaßt, und einige ein-<lb/> zelne Silben, die ihm durchaus wiederlich klingen sollen,<lb/> sind das ganze Kenntniß, welches er sich davon erworben.<lb/> Nach demselben beurtheilet er nun alles übrige, und fin-<lb/> det in der ganzen Deutschen Sprachen nichts als Barba-<lb/> rey und Mängel. Unsere Sprache ist also nichts nütze,<lb/> denn sie gefällt dem Verfasser der Briefe von den Fran-<lb/> zosen und von den Deutschen nicht. Die Wörter Luft,<lb/> und Kinn und kann, taugen nichts, weil sie seinen<lb/> zärtlichen Ohren rauh klingen, und ist dieses nicht genug<lb/> uns auf einmal zu zeigen, daß wir uns unserer Mutter-<lb/> sprache zu schämen haben? Der Franzose hat zwar kein<lb/> einziges von unsern schönen Büchern gelesen, allein er<lb/><cb n="2"/> ist auch nicht geschickt dazu, und es würde etwas überflüs-<lb/> siges seyn, es von ihm zu fordern. Er ist theils zu einer so<lb/> ernsthaften Untersuchung nicht gemacht, theils aber ur-<lb/> theilt er, daß alle Leute verbunden sind, ihm auf sein<lb/> Wort zu glauben. Er geht noch weiter, er giebt uns gar,<lb/> Wörter, die wir niemals gehabt haben, und er meynt<lb/> daß wir das Wort <hi rendition="#aq">Laquais</hi> durch nichts anders als einen<lb/> Nach=Tretter ausdrücken können. Es ist wahr, man<lb/> hätte nicht glauben sollen, daß er so viel schlecht deutsch<lb/> wüste. Seine Landsleute die noch weniger davon ver-<lb/> stehen, als er, werden ihn zu eben der Zeit deswegen<lb/> bewundern, wann wir immer Ursache finden werden,<lb/> über ihn zu lachen.</p><lb/> <p>Doch er zeigt überall, daß er ein flüchtiger Franzose<lb/> ist. Bald finden wir ihn bey einem Prinzen, der ihm<lb/> seine elenden Gedanken vorgesagt haben soll, bald zankt<lb/> er sich mit einem General, der von der Philosophie nichts<lb/> versteht, über die Vorzüge des Cartesins, und endlich<lb/> bringt er sein eignes sinnreiches an, welches aber viel-<lb/> leicht nur deswegen sinnreich ist, weil es in französischer<lb/> Sprache gesagt worden.</p><lb/> <p>Es sind uns viele schlechte französische Scribenien in<lb/> die Hände gerathen, allein die wenigsten haben die Gabe<lb/> gehabt, uns so angenehm zu belustigen als dieser.</p><lb/> <p>Nechsten Sonnabend wollen wir sehen, wie artig er<lb/> uns allen Verstand auf einmal abspricht.</p><lb/> </div> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAn" n="1"> <head>Bey dem Verleger dieser Zeitungen ist zu haben.</head><lb/> <p><hi rendition="#aq">I. M. Joh. Gottl. 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Unter den vielen Mängeln, die er uns recht lustig vor-
wirft, sind zweene Hauptgebrechen. Nemlich, er ist mit
unserer Sprache nicht zufrieden, und er will durchaus,
daß die Dentschen keinen Verstand haben. Dem Be-
weise des letztern würde gar nichts fehlen, wann er nur
noch hinzugesetzt hätte, daß ihn der Teufel holen solte,
wann es nicht wahr wäre; denn so würde er vollends erst
recht französisch geklungen haben.
Bey unserer Sprache gehet es ihm wie allen andern
Franzosen, die davon geurtheilet, wie der Blinde von der
Farbe. Er gibt zwar vor, daß er sich näher mit dersel-
ben bekannt gemacht, als andere, welche sie verworfen,
allein man wird in allem was er sagt, nicht die geringste
Spur davon finden. Drey bis vier Redensarten, die
er noch dazu ganz zerstümmelt gefaßt, und einige ein-
zelne Silben, die ihm durchaus wiederlich klingen sollen,
sind das ganze Kenntniß, welches er sich davon erworben.
Nach demselben beurtheilet er nun alles übrige, und fin-
det in der ganzen Deutschen Sprachen nichts als Barba-
rey und Mängel. Unsere Sprache ist also nichts nütze,
denn sie gefällt dem Verfasser der Briefe von den Fran-
zosen und von den Deutschen nicht. Die Wörter Luft,
und Kinn und kann, taugen nichts, weil sie seinen
zärtlichen Ohren rauh klingen, und ist dieses nicht genug
uns auf einmal zu zeigen, daß wir uns unserer Mutter-
sprache zu schämen haben? Der Franzose hat zwar kein
einziges von unsern schönen Büchern gelesen, allein er
ist auch nicht geschickt dazu, und es würde etwas überflüs-
siges seyn, es von ihm zu fordern. Er ist theils zu einer so
ernsthaften Untersuchung nicht gemacht, theils aber ur-
theilt er, daß alle Leute verbunden sind, ihm auf sein
Wort zu glauben. Er geht noch weiter, er giebt uns gar,
Wörter, die wir niemals gehabt haben, und er meynt
daß wir das Wort Laquais durch nichts anders als einen
Nach=Tretter ausdrücken können. Es ist wahr, man
hätte nicht glauben sollen, daß er so viel schlecht deutsch
wüste. Seine Landsleute die noch weniger davon ver-
stehen, als er, werden ihn zu eben der Zeit deswegen
bewundern, wann wir immer Ursache finden werden,
über ihn zu lachen.
Doch er zeigt überall, daß er ein flüchtiger Franzose
ist. Bald finden wir ihn bey einem Prinzen, der ihm
seine elenden Gedanken vorgesagt haben soll, bald zankt
er sich mit einem General, der von der Philosophie nichts
versteht, über die Vorzüge des Cartesins, und endlich
bringt er sein eignes sinnreiches an, welches aber viel-
leicht nur deswegen sinnreich ist, weil es in französischer
Sprache gesagt worden.
Es sind uns viele schlechte französische Scribenien in
die Hände gerathen, allein die wenigsten haben die Gabe
gehabt, uns so angenehm zu belustigen als dieser.
Nechsten Sonnabend wollen wir sehen, wie artig er
uns allen Verstand auf einmal abspricht.
Bey dem Verleger dieser Zeitungen ist zu haben.
I. M. Joh. Gottl. Gleditſchii, Conſideratio epicriſeos Sieges b eckianæ in Linnæi Syſtema Plantarum
ſexuale, & Methodum Botanicam huic ſuperſtructam, Viro celeberrimo Chriſtiano Wolfic, Verita-
tum Reſtauratori & cujuscunque Generis Scientiarum Promotori communicata. Med 8vo. 8 Gr.
II. Johann Ernst Schuberts Predigt von der Möglichkeit, Glaubwürdigkeit und Gewisheit der Auferstehung der
Todten, welche in dem 4ten Theil der Sammlung auserlesener Canzel= Reden unter dem Nahmen, Druſo, Pru-
thenicus, Weſtens, zuerst bekannt gemacht worden, nebst einem nöthigen Unterricht von der Sittlichkeit der
Predigten dieser Art. 4to. 3 Gr.
III. M. Jac. Carpovs Vergleichung der Kunst in Erfindung des Schreibens und der Buchdruckerey, zu feyerlicher
Begehung sowohl des hoch erfreulichen Geburts= Tages der Herzogin Sophia Charlotten Albertinen, als auch
des 3ten hundertjährigen Jubel= Festes einer wohl löblichen Buchdruckerkunst. 4to. 1 Gr.
Diese Nachrichten werden wöchentlich 3mahl, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem Königl.
und der Societät der Wissenschaften privilegirten Buchhändler, AMBROSIUS HAUDE und dem Königl.
Hof=Post=Amte ausgegeben.
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