Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 41. Berlin, 1. Oktober 1740.[Beginn Spaltensatz]
in seinem Gesallen stellte wie er ihn empfangen wolte, Gelehrte Sachen. Beschluß des Schreiben des Herrn Major Humbert. Damit man nun den Adel hierzu bewegte, so dürfte der Der Eckel ist unbegreiflich. Man glaubt, daß [Beginn Spaltensatz]
in seinem Gesallen stellte wie er ihn empfangen wolte, Gelehrte Sachen. Beschluß des Schreiben des Herrn Major Humbert. Damit man nun den Adel hierzu bewegte, so dürfte der Der Eckel ist unbegreiflich. Man glaubt, daß <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> in seinem Gesallen stellte wie er ihn empfangen wolte,<lb/> daß man ihm aber auf gleiche Art begegnen würde,<lb/> wann er wieder zu dem Marquis käme. Der Groß-<lb/> botschafter, welcher mit dieser Erklärung zufrieden war,<lb/> empfing dem ungeachtet, den Marquis in einer Art<lb/> von Nachtkleidung, wobey er einen Turban auf dem<lb/> Haupte trug, der einer Schlafmütze nicht unähnlich<lb/> sahe. Es ward ferner nur ein Flügel von der Thüre<lb/> geöfnet, durch welche der Marquis gehen sollte, und<lb/> als der Türkische Großbotschafter ihn hinein treten<lb/> sahe, gieng er ihm zwar drey Schritte entgegen, sprang<lb/> aber mit der grösten Geschwindigkeit zurück, um sich zu-<lb/> erst zu setzen, und die <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="10"/>Oberstelle zu gewinnen. An der<lb/> rechten Hand des Türken, stand ein Sopha, der die<lb/> ganze Zeit über ledig blieb, dem Marquis aber, ward<lb/> ein Küssen angewiesen, auf welches Tschaniby Aly den<lb/> Gesandten ohne Umstände zum Sitzen nöthigte Der<lb/> Marquis ließ sich auch wircklich auf dasselbe mit über-<lb/> einander geschlagenen Füssen nieder, so daß sein Man-<lb/> tel auf der Erde schlepte, und daß er auf der einen<lb/> Seite den Großbotschafter, auf der andern aber die<lb/> Thüre des Gemachs im Gesichte hatte. Was hierbey<lb/> noch besonders fürkam war dieses, daß man dem<lb/> französischen Legations=Secretaire einen Lehnstuhl prä-<lb/> sentirte. Als sich der Marquis wieder zurück begeben<lb/> wollte, sagte Tschaniby Aly zu ihm; daß es ihm ange-<lb/> nehm seyn würde wenn der Marquis mit ihm zufrie-<lb/> den wäre, daß ihm aber das Gegentheil leid thun solte.<lb/> Kaum hatte er diese Worte geendigt, so fing er schon<lb/> wieder an zu laufen, um der erste bey der Thüre zu seyn,<lb/> und nachdem er dem Marquis einen Reverenz gemacht,<lb/> kehrte er eben so geschwinde wieder zurück. Am verwi-<lb/> chenen Sonnabend besuchte der Großbotschafter den<lb/> französischen Gesandten wieder, wiewohl mit keiner<lb/> ausserordentlichen Pracht. Er verlangte mit seiner<lb/> türkischen Musik durch die Stadt zu ziehen, welches<lb/> ihm aber abgeschlagen ward.</p><lb/> </div> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head><hi rendition="#fr">Gelehrte Sachen.</hi><lb/> Beschluß des Schreiben des Herrn Major<lb/> Humbert.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>amit man nun den Adel hierzu bewegte, so dürfte der<lb/> Landesherr denselben nur von den Vorurtheil reini-<lb/> gen von welchem er eingenommen ist, daß die Musen, und<lb/> die freyen Künste seinen Stand schimpfen. Eine schäd-<lb/> liche Einbildung! Die gesunde Vernunft überzeugt, daß<lb/> es besser ist, ein reicher Virtnose zu seyn, als den Pflug<lb/> zu führen, oder die Flinte zu ergreifen, um den Hasen<lb/><cb n="2"/> und Endten den Krieg anzukündigen. Eine Beschäf-<lb/> tigung, die man für edel hält, und die man doch für<lb/> nichts anders als einen Zeitvertreib ansehen kann, wodurch<lb/> man sich von der Arbeit erholet. Jch will nicht er-<lb/> wehnen, daß es allemahl ein Vergnügen ist, etwas zu<lb/> wissen, und daß es so gar Gelegenheiten giebt, in wel-<lb/> chen man sich sehr wohl dabey befindet. Die schwedi-<lb/> schen Officier, welchen ehedem Syberien zum Gefäng-<lb/> niß angewiesen war, haben es erfahren. Man treibet<lb/> dieses Vorurtheil, von welchem ich rede, so weit, daß<lb/> man mich versichert hat, daß, als in einer gewissen<lb/> protestantischen Provintz, ein Edelmann aus derselben<lb/> sich dem Predigt=Amte gewidmet hatte, man in einer<lb/> besondern Berathschlagung zu überlegen angefangen:<lb/> ob auch dieser Edelmann, der ein Priester war, künftig<lb/> zu der Versammlung der Edelleute gelassen werden könn-<lb/> te, wenn die Stände zusammen kommen würden.<lb/> Sie sahen die Theologie, als eine Sache an, die sich<lb/> gar nicht mit dem Adel vereinigen liesse. Die Catho-<lb/> licken sind nicht so zärtlich Es ist wahr, daß ihre geist-<lb/> lichen Einkünfte besser sind als die protestantischen, und<lb/> daß sie dieselben als ein sicheres Mittel gebrauchen die<lb/> Familien zu erhalten.</p><lb/> <p>Der Eckel ist unbegreiflich. Man glaubt, daß<lb/> die Beschäftigungen, welche dazu dienen die Menschen zu<lb/> unterrichten, oder die Künste in Flor zu bringen, die der<lb/> bürgerlichen Gesellschaft so nützlich sind, eine hohe Ge-<lb/> burth beschimpfen; da man inzwischen solche Bedie-<lb/> nungen für edel hält, deren ganzes Werck darinn be-<lb/> steht, die Thiere abzurichten, oder die Aufficht über<lb/> sie zu haben. Jch rede hier nicht von den ansehnlichen<lb/> Stellen eines Oberstallmeisters, und eines Oberjäger-<lb/> meisters. Man kennet Personen von grossen Verdien-<lb/> sten, welche dieselbe verwalten. Alles was ich davon<lb/> sage, soll nur bloß dazu dienen, die Torheit des mensch-<lb/> lichen Verstandes zu zeigen, und zu beweisen, daß die<lb/> Einbildung die Welt regieret. Wenn man diese Ein-<lb/> bildung vernünftiger macht, so wird der Adel, den der<lb/> Mangel drückt, Mittel finden, sich dem Elende zu ent-<lb/> reissen Allein ich muß es noch einmahl sagen, der<lb/> Landes Herr allein kann nur eine so glückliche Wür-<lb/> kung zu wege bringen. Man findet eine grosse Men-<lb/> ge Edelleute, welche die Waffen ohne Neigung, und<lb/> ohne die nöthigen Eigenschaften, ergriffen haben, bloß<lb/> ihrer Geburth keinen Abruch zu thun; Nachdem sie<lb/> nun einige Lehrjahre zugebracht, so sehen sie sich zuletzt,<lb/> bey einer verdorbenen Gesundheit mit wenigem, oder<lb/> mit gar keinem Vermögen, die übrige Zeit ihres Lebens<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
in seinem Gesallen stellte wie er ihn empfangen wolte,
daß man ihm aber auf gleiche Art begegnen würde,
wann er wieder zu dem Marquis käme. Der Groß-
botschafter, welcher mit dieser Erklärung zufrieden war,
empfing dem ungeachtet, den Marquis in einer Art
von Nachtkleidung, wobey er einen Turban auf dem
Haupte trug, der einer Schlafmütze nicht unähnlich
sahe. Es ward ferner nur ein Flügel von der Thüre
geöfnet, durch welche der Marquis gehen sollte, und
als der Türkische Großbotschafter ihn hinein treten
sahe, gieng er ihm zwar drey Schritte entgegen, sprang
aber mit der grösten Geschwindigkeit zurück, um sich zu-
erst zu setzen, und die __________Oberstelle zu gewinnen. An der
rechten Hand des Türken, stand ein Sopha, der die
ganze Zeit über ledig blieb, dem Marquis aber, ward
ein Küssen angewiesen, auf welches Tschaniby Aly den
Gesandten ohne Umstände zum Sitzen nöthigte Der
Marquis ließ sich auch wircklich auf dasselbe mit über-
einander geschlagenen Füssen nieder, so daß sein Man-
tel auf der Erde schlepte, und daß er auf der einen
Seite den Großbotschafter, auf der andern aber die
Thüre des Gemachs im Gesichte hatte. Was hierbey
noch besonders fürkam war dieses, daß man dem
französischen Legations=Secretaire einen Lehnstuhl prä-
sentirte. Als sich der Marquis wieder zurück begeben
wollte, sagte Tschaniby Aly zu ihm; daß es ihm ange-
nehm seyn würde wenn der Marquis mit ihm zufrie-
den wäre, daß ihm aber das Gegentheil leid thun solte.
Kaum hatte er diese Worte geendigt, so fing er schon
wieder an zu laufen, um der erste bey der Thüre zu seyn,
und nachdem er dem Marquis einen Reverenz gemacht,
kehrte er eben so geschwinde wieder zurück. Am verwi-
chenen Sonnabend besuchte der Großbotschafter den
französischen Gesandten wieder, wiewohl mit keiner
ausserordentlichen Pracht. Er verlangte mit seiner
türkischen Musik durch die Stadt zu ziehen, welches
ihm aber abgeschlagen ward.
Gelehrte Sachen.
Beschluß des Schreiben des Herrn Major
Humbert.
Damit man nun den Adel hierzu bewegte, so dürfte der
Landesherr denselben nur von den Vorurtheil reini-
gen von welchem er eingenommen ist, daß die Musen, und
die freyen Künste seinen Stand schimpfen. Eine schäd-
liche Einbildung! Die gesunde Vernunft überzeugt, daß
es besser ist, ein reicher Virtnose zu seyn, als den Pflug
zu führen, oder die Flinte zu ergreifen, um den Hasen
und Endten den Krieg anzukündigen. Eine Beschäf-
tigung, die man für edel hält, und die man doch für
nichts anders als einen Zeitvertreib ansehen kann, wodurch
man sich von der Arbeit erholet. Jch will nicht er-
wehnen, daß es allemahl ein Vergnügen ist, etwas zu
wissen, und daß es so gar Gelegenheiten giebt, in wel-
chen man sich sehr wohl dabey befindet. Die schwedi-
schen Officier, welchen ehedem Syberien zum Gefäng-
niß angewiesen war, haben es erfahren. Man treibet
dieses Vorurtheil, von welchem ich rede, so weit, daß
man mich versichert hat, daß, als in einer gewissen
protestantischen Provintz, ein Edelmann aus derselben
sich dem Predigt=Amte gewidmet hatte, man in einer
besondern Berathschlagung zu überlegen angefangen:
ob auch dieser Edelmann, der ein Priester war, künftig
zu der Versammlung der Edelleute gelassen werden könn-
te, wenn die Stände zusammen kommen würden.
Sie sahen die Theologie, als eine Sache an, die sich
gar nicht mit dem Adel vereinigen liesse. Die Catho-
licken sind nicht so zärtlich Es ist wahr, daß ihre geist-
lichen Einkünfte besser sind als die protestantischen, und
daß sie dieselben als ein sicheres Mittel gebrauchen die
Familien zu erhalten.
Der Eckel ist unbegreiflich. Man glaubt, daß
die Beschäftigungen, welche dazu dienen die Menschen zu
unterrichten, oder die Künste in Flor zu bringen, die der
bürgerlichen Gesellschaft so nützlich sind, eine hohe Ge-
burth beschimpfen; da man inzwischen solche Bedie-
nungen für edel hält, deren ganzes Werck darinn be-
steht, die Thiere abzurichten, oder die Aufficht über
sie zu haben. Jch rede hier nicht von den ansehnlichen
Stellen eines Oberstallmeisters, und eines Oberjäger-
meisters. Man kennet Personen von grossen Verdien-
sten, welche dieselbe verwalten. Alles was ich davon
sage, soll nur bloß dazu dienen, die Torheit des mensch-
lichen Verstandes zu zeigen, und zu beweisen, daß die
Einbildung die Welt regieret. Wenn man diese Ein-
bildung vernünftiger macht, so wird der Adel, den der
Mangel drückt, Mittel finden, sich dem Elende zu ent-
reissen Allein ich muß es noch einmahl sagen, der
Landes Herr allein kann nur eine so glückliche Wür-
kung zu wege bringen. Man findet eine grosse Men-
ge Edelleute, welche die Waffen ohne Neigung, und
ohne die nöthigen Eigenschaften, ergriffen haben, bloß
ihrer Geburth keinen Abruch zu thun; Nachdem sie
nun einige Lehrjahre zugebracht, so sehen sie sich zuletzt,
bey einer verdorbenen Gesundheit mit wenigem, oder
mit gar keinem Vermögen, die übrige Zeit ihres Lebens
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