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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 116. Berlin, 28. September 1741.

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[Beginn Spaltensatz] heim fast täglich einige grosse Fahrzeuge mit Cano-
nen, Pulver und Kugeln gebracht.

Haag, vom 23. Septembr.

Die bevorstehende Kayser=Wahl in Deutschland,
der Marsch der Frantzösischen Armeen in das Hertz
des Reichs, und die Unruhe, welche der Churfürst
von Cöln, als Bischof von Münster, an den Grän-
tzen unserer Republick erweckt, sind noch immer die
Haupt=Sachen, womit sich die Aufmercksamkeit der
Glieder des Staats beständig beschäftiget. Ein ge-
wisser ungenannter Verfasser urtheilet in einer sehr
wohl gerathenen Schrifft von der Kayser= Wahl fol-
gender gestallt: Die Parthey Sr. Churfürstl. Durchl.
von Bayern hat endlich die Ober=Hand gewonnen.
Vermöge des verabredeten und fest gesetzten Plans
wird hochgedachter Churfürst sich mit Hülffe der
Frantzösischen Truppen vor allen Dingen erst des
Königreichs Böhmen zu bemächtigen suchen, und
vermuthlich kömmt Er ohne eintzigen Wiederstand
nach Praag. Die Oesterreichische Armee, welche
sich bey Pilsen zusammen ziehen soll, um Böhmen
zu bedecken, und zu vertheidigen, dürfte entweder zu
spät erscheinen, oder auch wegen ihrer Schwäche
nicht hinlänglich seyn, die Unternehmungen des Chur-
fürsten zu verhindern. Noch mehr, man hoft von
den Böhmen eine Revolution zum Besten des Chur-
fürsten. Die dortigen Einwohner sind seit der be-
kannten Schlacht auf dem weissen Berge bey Praag
dem Hause Oesterreich meistens aus Furcht und
Zwang, nicht aber aus wahrer Neigung und Liebe,
unterthänig gewesen. Der Churfürst von Bayern
wird sich an dem Königreich Böhmen, wie auch an
einem Theil der Oesterreichischen Staaten in Schwa-
ben, begnügen lassen, und Seine Forderung auf
die Erbschaft des verstorbenen Kaysers nicht weiter
treiben. Es soll zwischen dem künftigen Kayser, dem
Deutschen Reiche, und dem Ertz=Hause Oesterreich,
eine genaue Alliantz errichtet werden, um dieses
letztere wieder alle Anfälle der Pforte nachdrücklich
zu unterstützen. Nach hergestellter Ruhe im Reiche
dürfte es gar nicht schwer seyn, die übrigen An-
sprüche, und besonders die Spanischen, zu reguliren,
als welche ohnedem mit den Bayerischen zu streiten
scheinen; denn entweder der Catholische König, oder
der Churfürst von Bayern, ist rechtmäßiger Erbe.
[Spaltenumbruch] Beyde zugleich können es nicht seyn. Nach Jnhalt
des entworffenen Plans möchte es in Jtalien etwas
setzen. Man will daselbst vor den Spanischen Jnfan-
ten, Don Philipp, einen Thron ausfündig machen,
und Jhn zum König der Lombarday erklären; allein
was wird der Hof zu Turin sprechen? Wird er
nicht diesem Vorhaben die grösten Schwierigkeiten
im Weg legen? Um nun die verschiedenen Entwürfe
zu ihrer Wircklichkeit zu bringen; so ist hauptsächlich
von nöthen, daß man die Alliirten des Wienerischen
Hofes verhindere, die versprochenen Hülfs=Truppen
zu schicken. Der Krieg, in welchen sich Rußland
mit der Cron Schweden verwickelt siehet, und der
Marsch der Frantzösischen Armee gegen Nieder-
Sachsen, sind Beweisthümer genung von den deswe-
gen genommenen Maaßregeln

Sonst trägt man sich hier im Haag mit etlichen
Versen des beruffenen Nostradamus, und man glaubt,
daß selbige jetzo ziemlich in die Erfüllung gehen. Sie
lauten also:

Quand des Jermains l'Aigle ancien tombera,
De son plumage chacun plume tirra,
D'enca discorde entr'eux toujours sera,
Tant que d'Ouest la Paix volera.

Hannover, vom 20. Septembr.

Vor etlichen Tagen ist der General=Major von
Rosencrantz, welchen der regierende Hertzog von
Sachsen=Gotha anhero gesendet hatte, um den Tra-
ctat wegen Ueberlassung eines Corps Gothaischer
Truppen an unsern König vollends zur Richtigkeit
zu bringen, wieder nach Gotha zurück gereiset.
Dieses Corps wird 4000 Mann starck seyn, und
sich ungesäumt auf den Marsch nach hiesigen Landen
begeben. Se. Königl. Majestät möchten auch ver-
muthlich ehestens von den Höfen zu Copenhagen, und
Cassel, noch 2 neue Corps, jedes 6000 Mann starck,
ohne die, welche bereits in Englischem Solde stehen,
übernehmen, daß also Höchstdieselben eine Armee von
60000 Mann in kurtzem an der Weser beysammen
haben dürften. Der Frantzösische Minister, Herr
von Bußy, erwartet den Curier, den er letztens mit
der Antwort unseres Königs auf die im Namen Sr.
Allerchristl. Majest. geschehenen Vorschläge nach
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] heim fast täglich einige grosse Fahrzeuge mit Cano-
nen, Pulver und Kugeln gebracht.

Haag, vom 23. Septembr.

Die bevorstehende Kayser=Wahl in Deutschland,
der Marsch der Frantzösischen Armeen in das Hertz
des Reichs, und die Unruhe, welche der Churfürst
von Cöln, als Bischof von Münster, an den Grän-
tzen unserer Republick erweckt, sind noch immer die
Haupt=Sachen, womit sich die Aufmercksamkeit der
Glieder des Staats beständig beschäftiget. Ein ge-
wisser ungenannter Verfasser urtheilet in einer sehr
wohl gerathenen Schrifft von der Kayser= Wahl fol-
gender gestallt: Die Parthey Sr. Churfürstl. Durchl.
von Bayern hat endlich die Ober=Hand gewonnen.
Vermöge des verabredeten und fest gesetzten Plans
wird hochgedachter Churfürst sich mit Hülffe der
Frantzösischen Truppen vor allen Dingen erst des
Königreichs Böhmen zu bemächtigen suchen, und
vermuthlich kömmt Er ohne eintzigen Wiederstand
nach Praag. Die Oesterreichische Armee, welche
sich bey Pilsen zusammen ziehen soll, um Böhmen
zu bedecken, und zu vertheidigen, dürfte entweder zu
spät erscheinen, oder auch wegen ihrer Schwäche
nicht hinlänglich seyn, die Unternehmungen des Chur-
fürsten zu verhindern. Noch mehr, man hoft von
den Böhmen eine Revolution zum Besten des Chur-
fürsten. Die dortigen Einwohner sind seit der be-
kannten Schlacht auf dem weissen Berge bey Praag
dem Hause Oesterreich meistens aus Furcht und
Zwang, nicht aber aus wahrer Neigung und Liebe,
unterthänig gewesen. Der Churfürst von Bayern
wird sich an dem Königreich Böhmen, wie auch an
einem Theil der Oesterreichischen Staaten in Schwa-
ben, begnügen lassen, und Seine Forderung auf
die Erbschaft des verstorbenen Kaysers nicht weiter
treiben. Es soll zwischen dem künftigen Kayser, dem
Deutschen Reiche, und dem Ertz=Hause Oesterreich,
eine genaue Alliantz errichtet werden, um dieses
letztere wieder alle Anfälle der Pforte nachdrücklich
zu unterstützen. Nach hergestellter Ruhe im Reiche
dürfte es gar nicht schwer seyn, die übrigen An-
sprüche, und besonders die Spanischen, zu reguliren,
als welche ohnedem mit den Bayerischen zu streiten
scheinen; denn entweder der Catholische König, oder
der Churfürst von Bayern, ist rechtmäßiger Erbe.
[Spaltenumbruch] Beyde zugleich können es nicht seyn. Nach Jnhalt
des entworffenen Plans möchte es in Jtalien etwas
setzen. Man will daselbst vor den Spanischen Jnfan-
ten, Don Philipp, einen Thron ausfündig machen,
und Jhn zum König der Lombarday erklären; allein
was wird der Hof zu Turin sprechen? Wird er
nicht diesem Vorhaben die grösten Schwierigkeiten
im Weg legen? Um nun die verschiedenen Entwürfe
zu ihrer Wircklichkeit zu bringen; so ist hauptsächlich
von nöthen, daß man die Alliirten des Wienerischen
Hofes verhindere, die versprochenen Hülfs=Truppen
zu schicken. Der Krieg, in welchen sich Rußland
mit der Cron Schweden verwickelt siehet, und der
Marsch der Frantzösischen Armee gegen Nieder-
Sachsen, sind Beweisthümer genung von den deswe-
gen genommenen Maaßregeln

Sonst trägt man sich hier im Haag mit etlichen
Versen des beruffenen Noſtradamus, und man glaubt,
daß selbige jetzo ziemlich in die Erfüllung gehen. Sie
lauten also:

Quand des Jermains l'Aigle ancien tombera,
De ſon plumage chacun plume tirra,
D'ença discorde entr'eux toujours ſera,
Tant que d'Oueſt la Paix volera.

Hannover, vom 20. Septembr.

Vor etlichen Tagen ist der General=Major von
Rosencrantz, welchen der regierende Hertzog von
Sachsen=Gotha anhero gesendet hatte, um den Tra-
ctat wegen Ueberlassung eines Corps Gothaischer
Truppen an unsern König vollends zur Richtigkeit
zu bringen, wieder nach Gotha zurück gereiset.
Dieses Corps wird 4000 Mann starck seyn, und
sich ungesäumt auf den Marsch nach hiesigen Landen
begeben. Se. Königl. Majestät möchten auch ver-
muthlich ehestens von den Höfen zu Copenhagen, und
Cassel, noch 2 neue Corps, jedes 6000 Mann starck,
ohne die, welche bereits in Englischem Solde stehen,
übernehmen, daß also Höchstdieselben eine Armee von
60000 Mann in kurtzem an der Weser beysammen
haben dürften. Der Frantzösische Minister, Herr
von Bußy, erwartet den Curier, den er letztens mit
der Antwort unseres Königs auf die im Namen Sr.
Allerchristl. Majest. geschehenen Vorschläge nach
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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 116. Berlin, 28. September 1741, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin116_1741/3>, abgerufen am 10.06.2024.