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Tübinger Chronik. Nr. 82. [Tübingen (Württemberg)], 9. Juli 1845.

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[Beginn Spaltensatz]
Der Wanderer.
Es hängt an einer Hütte
Ein Kranz aus Fichtenreis,
Den jeder durst'ge Wand'rer
Gar wohl zu deuten weiß.
Die Sonne brannte glühend
Und Labung bot der Wein,
Drum trat in jene Hütte
Ein müder Wand'rer ein.
D'rin altes Hausgeräthe
Und angerauchte Wand,
Kein Wunder, wenn dem Fremden
Die Lust zum Trinken schwand.
"Herr Wirth, von eurem Weine
Bringt mir den besten her!
Der Wunsch ist wohl vonnöthen,
Daß er noch besser wär'!"
"Wenn ihr den Wein getrunken,
Dann tadelt ihn, Herr Gast."
So sprach der Wirth und brachte
Den blanken Wein in Hast.
Er hat dem Gast gemundet,
Zwei Flaschen sind geleert,
Doch hat er auch gar seltsam
Des Fremden Sinn verkehrt.
Es hält sich für den Kaiser
Jn seinem Wahn der Gast,
Die nied're schlechte Hütte
Wird jetzt ihm zum Palast.
Zum goldenen Pokale
Wird ihm das grüne Glas,
Er sucht nach einem Throne,
Er findet ihn, - das Faß.
Er hält die alte Wirthin
Für eine schöne Maid,
Für eine Königstochter
Jm goldgestickten Kleid.
Er steigt von seinem Throne,
Sinkt vor ihr auf ein Knie
Und schwört ihr, daß er glühe
Jn Liebe nur für sie.
Es sah das tolle Treiben
Der Wirth und lachte fein
Und denkt: Voreiliges Tadeln
Laß du in Zukunft seyn.


Wie steht's in der Welt aus?

Ueber die große Feuersbrunst zu Quebek geben
die "European Times" nachstehenden Bericht: "Der
unglückliche Brand, welcher zu Quebek 1500 bis 2000
Häuser vernichtet und 12000 Personen obdachlos ge-
[Spaltenumbruch] macht hat, brach am 28. Mai, Vormittags 11 Uhr,
in einer Lohgerberei der Ballierestraße aus. Der Tag
war äußerst warm und die längere Trockne hatte die
Dächer der umliegenden wie der entfernten Gebäude
für die Entzündung höchst empfänglich gemacht. Rasch
standen die anstoßenden und gegenüberliegenden Häuser
in Flammen, und unglaublich schnell entzündeten die
vom starken Winde fortgetragenen Funkenmassen mehrere
vom Ausbruche des Feuers weit entlegene Gebäude bei
der Kirche St. Roch. Der Wind wurde in Kurzem
zum Sturme und man erkannte bald, daß alle mensch-
lichen Anstrengungen das Umsichgreifen des Feuers in
dem größtentheils aus hölzernen und dicht aneinander
gereihten Häusern bestehenden Stadttheile nicht verhin-
dern konnten. Straße auf Straße wurde von dem zer-
störenden Elemente ergriffen und ein gewaltiger Wirbel-
wind trieb die Feuermassen in allen Richtungen, so daß
Orte, welche den erschreckten Flüchtlingen sicheres Asyl
zu bieten schienen, wenige Minuten später schon in
Rauch und Flammen eingehüllt waren. Bis Mitter-
nacht wüthete diese furchtbare Feuersbrunst ohne Nach-
laß und ungehemmt fort; erst an der Karlsstraße, 2400
Schritte von dem Orte des Ausbruches, konnte man
dem Weiterdringen Schranken setzen. Der niederge-
brannte Bezirk ist eine halbe Viertelstunde breit und
dreimal so lang; 12,000 Menschen, welche in diesen
1500 bis 2000 Häusern wohnten und ungefähr ein
Drittel der gesammten Bevölkerung ausmachen, sind
obdachlos und haben größtentheils ihre ganze Habe
eingebüßt, da in den meisten Fällen nichts aus den
Wohnungen gerettet werden konnte und Viele froh waren,
nur mit dem Leben davon zu kommen. Die Kirche
St. Roch liegt in Asche; das Kloster blieb verschont.
Die St. Petreskirche, sowie zwei Methodistenkirchen,
brannten ebenfalls nieder. Gleiches Schicksal hatten
zwei der größten Brauereien und eine Strecke des
Werftes, wo ungeheure Massen Tannenbretter aufge-
stapelt waren. Hier wurde dem Weitergreifen des Bran-
des durch Wegschaffung mehrerer Dielenhaufen und auf
der Stadtseite durch Sprengung zweier Häuser, welche
von der Geniemannschaft bewerkstelligt ward, endlich
ein Ziel gesetzt. Die Artilleriekaserne war dreimal in
Gefahr. Am traurigsten war der Brand des Spitals,
wohin man, da es außerhalb des Bereiches der Flam-
men zu liegen schien, eine Menge von Kranken aller
Klassen geflüchtet hatte. Plötzlich gerieth das große
Gebäude durch die vom Winde hergetragenen Funken
in Brand, und alle die darin befindlichen Personen,
sich selbst zu helfen außer Stande, kamen kläglich in
der Feuermasse um's Leben. Die gewerb= und handel-
treibende Bürgerklasse hat schwer gelitten. Fast alle
Bäcker sind abgebrannt und haben nichts gerettet. Dazu
kommt, daß von zehn Häusern kaum eines versichert
war, die Versicherten aber waren fast alle in einer
Gegenseitigkeits=Gesellschaft versichert, die nur aus Be-
wohnern des abgebrannten Stadttheiles bestand, so daß
daher, da Alle abgebrannt sind, Niemand eine Entschä-
digung erhalten kann. Die Zahl der umgekommenen
Personen wird auf 100 und der Werth des verbrann-
ten Eigenthums, gering gerechnet, 750,000 Pfd. Sterl.
veranschlagt. Es wurden sofort alle Anstrengungen auf-
geboten, um den unglücklichen Abgebrannten beizuspringen,
und in einer öffentlichen Versammlung, der etwa 3000
Personen beiwohnten, brachte man schnell 3 bis 4000 Pfd.
Sterlinge zusammen. Der General=Gouverneur, Lord
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]
Der Wanderer.
Es hängt an einer Hütte
Ein Kranz aus Fichtenreis,
Den jeder durst'ge Wand'rer
Gar wohl zu deuten weiß.
Die Sonne brannte glühend
Und Labung bot der Wein,
Drum trat in jene Hütte
Ein müder Wand'rer ein.
D'rin altes Hausgeräthe
Und angerauchte Wand,
Kein Wunder, wenn dem Fremden
Die Lust zum Trinken schwand.
„Herr Wirth, von eurem Weine
Bringt mir den besten her!
Der Wunsch ist wohl vonnöthen,
Daß er noch besser wär'!“
„Wenn ihr den Wein getrunken,
Dann tadelt ihn, Herr Gast.“
So sprach der Wirth und brachte
Den blanken Wein in Hast.
Er hat dem Gast gemundet,
Zwei Flaschen sind geleert,
Doch hat er auch gar seltsam
Des Fremden Sinn verkehrt.
Es hält sich für den Kaiser
Jn seinem Wahn der Gast,
Die nied're schlechte Hütte
Wird jetzt ihm zum Palast.
Zum goldenen Pokale
Wird ihm das grüne Glas,
Er sucht nach einem Throne,
Er findet ihn, – das Faß.
Er hält die alte Wirthin
Für eine schöne Maid,
Für eine Königstochter
Jm goldgestickten Kleid.
Er steigt von seinem Throne,
Sinkt vor ihr auf ein Knie
Und schwört ihr, daß er glühe
Jn Liebe nur für sie.
Es sah das tolle Treiben
Der Wirth und lachte fein
Und denkt: Voreiliges Tadeln
Laß du in Zukunft seyn.


Wie steht's in der Welt aus?

Ueber die große Feuersbrunst zu Quebek geben
die „European Times“ nachstehenden Bericht: „Der
unglückliche Brand, welcher zu Quebek 1500 bis 2000
Häuser vernichtet und 12000 Personen obdachlos ge-
[Spaltenumbruch] macht hat, brach am 28. Mai, Vormittags 11 Uhr,
in einer Lohgerberei der Ballierestraße aus. Der Tag
war äußerst warm und die längere Trockne hatte die
Dächer der umliegenden wie der entfernten Gebäude
für die Entzündung höchst empfänglich gemacht. Rasch
standen die anstoßenden und gegenüberliegenden Häuser
in Flammen, und unglaublich schnell entzündeten die
vom starken Winde fortgetragenen Funkenmassen mehrere
vom Ausbruche des Feuers weit entlegene Gebäude bei
der Kirche St. Roch. Der Wind wurde in Kurzem
zum Sturme und man erkannte bald, daß alle mensch-
lichen Anstrengungen das Umsichgreifen des Feuers in
dem größtentheils aus hölzernen und dicht aneinander
gereihten Häusern bestehenden Stadttheile nicht verhin-
dern konnten. Straße auf Straße wurde von dem zer-
störenden Elemente ergriffen und ein gewaltiger Wirbel-
wind trieb die Feuermassen in allen Richtungen, so daß
Orte, welche den erschreckten Flüchtlingen sicheres Asyl
zu bieten schienen, wenige Minuten später schon in
Rauch und Flammen eingehüllt waren. Bis Mitter-
nacht wüthete diese furchtbare Feuersbrunst ohne Nach-
laß und ungehemmt fort; erst an der Karlsstraße, 2400
Schritte von dem Orte des Ausbruches, konnte man
dem Weiterdringen Schranken setzen. Der niederge-
brannte Bezirk ist eine halbe Viertelstunde breit und
dreimal so lang; 12,000 Menschen, welche in diesen
1500 bis 2000 Häusern wohnten und ungefähr ein
Drittel der gesammten Bevölkerung ausmachen, sind
obdachlos und haben größtentheils ihre ganze Habe
eingebüßt, da in den meisten Fällen nichts aus den
Wohnungen gerettet werden konnte und Viele froh waren,
nur mit dem Leben davon zu kommen. Die Kirche
St. Roch liegt in Asche; das Kloster blieb verschont.
Die St. Petreskirche, sowie zwei Methodistenkirchen,
brannten ebenfalls nieder. Gleiches Schicksal hatten
zwei der größten Brauereien und eine Strecke des
Werftes, wo ungeheure Massen Tannenbretter aufge-
stapelt waren. Hier wurde dem Weitergreifen des Bran-
des durch Wegschaffung mehrerer Dielenhaufen und auf
der Stadtseite durch Sprengung zweier Häuser, welche
von der Geniemannschaft bewerkstelligt ward, endlich
ein Ziel gesetzt. Die Artilleriekaserne war dreimal in
Gefahr. Am traurigsten war der Brand des Spitals,
wohin man, da es außerhalb des Bereiches der Flam-
men zu liegen schien, eine Menge von Kranken aller
Klassen geflüchtet hatte. Plötzlich gerieth das große
Gebäude durch die vom Winde hergetragenen Funken
in Brand, und alle die darin befindlichen Personen,
sich selbst zu helfen außer Stande, kamen kläglich in
der Feuermasse um's Leben. Die gewerb= und handel-
treibende Bürgerklasse hat schwer gelitten. Fast alle
Bäcker sind abgebrannt und haben nichts gerettet. Dazu
kommt, daß von zehn Häusern kaum eines versichert
war, die Versicherten aber waren fast alle in einer
Gegenseitigkeits=Gesellschaft versichert, die nur aus Be-
wohnern des abgebrannten Stadttheiles bestand, so daß
daher, da Alle abgebrannt sind, Niemand eine Entschä-
digung erhalten kann. Die Zahl der umgekommenen
Personen wird auf 100 und der Werth des verbrann-
ten Eigenthums, gering gerechnet, 750,000 Pfd. Sterl.
veranschlagt. Es wurden sofort alle Anstrengungen auf-
geboten, um den unglücklichen Abgebrannten beizuspringen,
und in einer öffentlichen Versammlung, der etwa 3000
Personen beiwohnten, brachte man schnell 3 bis 4000 Pfd.
Sterlinge zusammen. Der General=Gouverneur, Lord
[Ende Spaltensatz]

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[330/0002] Der Wanderer. Es hängt an einer Hütte Ein Kranz aus Fichtenreis, Den jeder durst'ge Wand'rer Gar wohl zu deuten weiß. Die Sonne brannte glühend Und Labung bot der Wein, Drum trat in jene Hütte Ein müder Wand'rer ein. D'rin altes Hausgeräthe Und angerauchte Wand, Kein Wunder, wenn dem Fremden Die Lust zum Trinken schwand. „Herr Wirth, von eurem Weine Bringt mir den besten her! Der Wunsch ist wohl vonnöthen, Daß er noch besser wär'!“ „Wenn ihr den Wein getrunken, Dann tadelt ihn, Herr Gast.“ So sprach der Wirth und brachte Den blanken Wein in Hast. Er hat dem Gast gemundet, Zwei Flaschen sind geleert, Doch hat er auch gar seltsam Des Fremden Sinn verkehrt. Es hält sich für den Kaiser Jn seinem Wahn der Gast, Die nied're schlechte Hütte Wird jetzt ihm zum Palast. Zum goldenen Pokale Wird ihm das grüne Glas, Er sucht nach einem Throne, Er findet ihn, – das Faß. Er hält die alte Wirthin Für eine schöne Maid, Für eine Königstochter Jm goldgestickten Kleid. Er steigt von seinem Throne, Sinkt vor ihr auf ein Knie Und schwört ihr, daß er glühe Jn Liebe nur für sie. Es sah das tolle Treiben Der Wirth und lachte fein Und denkt: Voreiliges Tadeln Laß du in Zukunft seyn. Wie steht's in der Welt aus? Ueber die große Feuersbrunst zu Quebek geben die „European Times“ nachstehenden Bericht: „Der unglückliche Brand, welcher zu Quebek 1500 bis 2000 Häuser vernichtet und 12000 Personen obdachlos ge- macht hat, brach am 28. Mai, Vormittags 11 Uhr, in einer Lohgerberei der Ballierestraße aus. Der Tag war äußerst warm und die längere Trockne hatte die Dächer der umliegenden wie der entfernten Gebäude für die Entzündung höchst empfänglich gemacht. Rasch standen die anstoßenden und gegenüberliegenden Häuser in Flammen, und unglaublich schnell entzündeten die vom starken Winde fortgetragenen Funkenmassen mehrere vom Ausbruche des Feuers weit entlegene Gebäude bei der Kirche St. Roch. Der Wind wurde in Kurzem zum Sturme und man erkannte bald, daß alle mensch- lichen Anstrengungen das Umsichgreifen des Feuers in dem größtentheils aus hölzernen und dicht aneinander gereihten Häusern bestehenden Stadttheile nicht verhin- dern konnten. Straße auf Straße wurde von dem zer- störenden Elemente ergriffen und ein gewaltiger Wirbel- wind trieb die Feuermassen in allen Richtungen, so daß Orte, welche den erschreckten Flüchtlingen sicheres Asyl zu bieten schienen, wenige Minuten später schon in Rauch und Flammen eingehüllt waren. Bis Mitter- nacht wüthete diese furchtbare Feuersbrunst ohne Nach- laß und ungehemmt fort; erst an der Karlsstraße, 2400 Schritte von dem Orte des Ausbruches, konnte man dem Weiterdringen Schranken setzen. Der niederge- brannte Bezirk ist eine halbe Viertelstunde breit und dreimal so lang; 12,000 Menschen, welche in diesen 1500 bis 2000 Häusern wohnten und ungefähr ein Drittel der gesammten Bevölkerung ausmachen, sind obdachlos und haben größtentheils ihre ganze Habe eingebüßt, da in den meisten Fällen nichts aus den Wohnungen gerettet werden konnte und Viele froh waren, nur mit dem Leben davon zu kommen. Die Kirche St. Roch liegt in Asche; das Kloster blieb verschont. Die St. Petreskirche, sowie zwei Methodistenkirchen, brannten ebenfalls nieder. Gleiches Schicksal hatten zwei der größten Brauereien und eine Strecke des Werftes, wo ungeheure Massen Tannenbretter aufge- stapelt waren. Hier wurde dem Weitergreifen des Bran- des durch Wegschaffung mehrerer Dielenhaufen und auf der Stadtseite durch Sprengung zweier Häuser, welche von der Geniemannschaft bewerkstelligt ward, endlich ein Ziel gesetzt. Die Artilleriekaserne war dreimal in Gefahr. Am traurigsten war der Brand des Spitals, wohin man, da es außerhalb des Bereiches der Flam- men zu liegen schien, eine Menge von Kranken aller Klassen geflüchtet hatte. Plötzlich gerieth das große Gebäude durch die vom Winde hergetragenen Funken in Brand, und alle die darin befindlichen Personen, sich selbst zu helfen außer Stande, kamen kläglich in der Feuermasse um's Leben. Die gewerb= und handel- treibende Bürgerklasse hat schwer gelitten. Fast alle Bäcker sind abgebrannt und haben nichts gerettet. Dazu kommt, daß von zehn Häusern kaum eines versichert war, die Versicherten aber waren fast alle in einer Gegenseitigkeits=Gesellschaft versichert, die nur aus Be- wohnern des abgebrannten Stadttheiles bestand, so daß daher, da Alle abgebrannt sind, Niemand eine Entschä- digung erhalten kann. Die Zahl der umgekommenen Personen wird auf 100 und der Werth des verbrann- ten Eigenthums, gering gerechnet, 750,000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Es wurden sofort alle Anstrengungen auf- geboten, um den unglücklichen Abgebrannten beizuspringen, und in einer öffentlichen Versammlung, der etwa 3000 Personen beiwohnten, brachte man schnell 3 bis 4000 Pfd. Sterlinge zusammen. Der General=Gouverneur, Lord

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Zitationshilfe: Tübinger Chronik. Nr. 82. [Tübingen (Württemberg)], 9. Juli 1845, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik082_1845/2>, abgerufen am 03.12.2024.