Tübinger Chronik. Nr. 84. [Tübingen (Württemberg)], 14. Juli 1845.[Beginn Spaltensatz]
Dieses Blatt erscheint wö- Tübinger
[Abbildung]
Chronik. Briefkästen sind aufgestellt: - in der Neckarhalde, in Eine Zeitschrift für Stadt und Land. Nro 84. Montag den 14. Juli. 1845. [Beginn Spaltensatz]
Louise Dalmar. Fortsetzung. Sie setzte sich an die Seite ihres Mannes und "Jch bin so glücklich, daß ich Dich bei mir "Ein Trost?" wiederholte die junge Frau trau- Der Bankier antwortete nicht. "Du leidest also?" Jhre Frage wurde nicht beantwortet; der Greis "Ja Louise," rief Granville endlich, "ich leide, "Mein Gott!" antwortete sie, "so habe ich mich "Es ist uns vielleicht ein großes Unglück sehr "Du erschreckst mich." "Ein entsetzliches Unglück, Louise," wiederholte Er hielt einen Augenblick an, dann fuhr er mit "Du, die Du so jung, so unerfahren in dieser "Entehrung!" wiederholte Louise und hob ihr "Nein, meine Louise, denn ich würde sie nicht Louise warf sich weinend in die Arme ihres "Ach! sprich nicht so, bester Granville, ich bitte [Beginn Spaltensatz]
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Chronik. Briefkästen sind aufgestellt: – in der Neckarhalde, in Eine Zeitschrift für Stadt und Land. Nro 84. Montag den 14. Juli. 1845. [Beginn Spaltensatz]
Louise Dalmar. Fortsetzung. Sie setzte sich an die Seite ihres Mannes und „Jch bin so glücklich, daß ich Dich bei mir „Ein Trost?“ wiederholte die junge Frau trau- Der Bankier antwortete nicht. „Du leidest also?“ Jhre Frage wurde nicht beantwortet; der Greis „Ja Louise,“ rief Granville endlich, „ich leide, „Mein Gott!“ antwortete sie, „so habe ich mich „Es ist uns vielleicht ein großes Unglück sehr „Du erschreckst mich.“ „Ein entsetzliches Unglück, Louise,“ wiederholte Er hielt einen Augenblick an, dann fuhr er mit „Du, die Du so jung, so unerfahren in dieser „Entehrung!“ wiederholte Louise und hob ihr „Nein, meine Louise, denn ich würde sie nicht Louise warf sich weinend in die Arme ihres „Ach! sprich nicht so, bester Granville, ich bitte <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[337]"/> <cb type="start"/> <div> <p>Dieses Blatt erscheint wö-<lb/> chentl. 3mal, Montag, Mitt-<lb/> woch u. Freitag u. kostet hier<lb/> und durch Boten bezogen mo-<lb/> natlich 9 kr. 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chentl. 3mal, Montag, Mitt-
woch u. Freitag u. kostet hier
und durch Boten bezogen mo-
natlich 9 kr. Durch die Post
bezogen halbjährlich 1 fl. Ein-
rückungsgebühr f. 1 Linie aus
gewöhnlicher Schrift 1 kr. Für
Tübingen u. Umgegend abon-
nirt man bei d. Redaction in d.
langen Gasse nächst d. Stifts-
kirche, wo auch Ankündigun-
gen und Aufsätze aller Art
abgegeben werden können.
Tübinger
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Chronik.
Briefkästen sind aufgestellt:
bei Hrn. Messerschmidt Busse
nächst d. Rathhaus, bei Hrn.
Bürstenfabrikant Klein beim
Hirsch, bei Fr. Messrschm_ Wlh_ . Fack in d. neuen Straße
bei Hrn. – – am
Neckarsthor u. bei Hrn –
– in der Neckarhalde, in
welche Ankündigungen aller
Art eingelegt werden können.
Diese Briefkästen werden je-
den Tag geleert.
Eine Zeitschrift für Stadt und Land.
Nro 84. Montag den 14. Juli. 1845.
Louise Dalmar.
Fortsetzung.
Sie setzte sich an die Seite ihres Mannes und
nahm eine seiner Hände in die ihre, die sie zärtlich
drückte. Granville betrachtete sie einen Augenblick,
dann zog er sie noch näher zu sich und sagte leise:
„Jch bin so glücklich, daß ich Dich bei mir
habe, das ist wenigstens ein Trost.“
„Ein Trost?“ wiederholte die junge Frau trau-
rig und in den großen blauen Augen, welche den
Greis anblickten, sah man eine Thräne, – nur
der bedarf des Trostes, der da leidet.
Der Bankier antwortete nicht.
„Du leidest also?“
Jhre Frage wurde nicht beantwortet; der Greis
schien sich zu fürchten, dem Schmerz Worte zu ge-
ben, damit er nicht noch lebendiger würde. – Louise
senkte das Haupt und ohne die Hand ihres Mannes
loszulassen, wandte sie sich fort, vielleicht um ihre
Thränen zu trocknen.
„Ja Louise,“ rief Granville endlich, „ich leide,
ich leide entsetzlich!“
„Mein Gott!“ antwortete sie, „so habe ich mich
nicht getäuscht.“
„Es ist uns vielleicht ein großes Unglück sehr
nahe.“
„Du erschreckst mich.“
„Ein entsetzliches Unglück, Louise,“ wiederholte
der Greis, und seine zitternde Hand fuhr nach der
Stirn, „ein Unglück, dem wir nicht vorbeugen kön-
nen, dem oft Ehre, Vermögen und Leben zum
Opfer werden. Du zitterst, mich so sprechen zu
hören und Du verstehst mich nicht, mein armes
Kind. Verzeihe mir, aber es kommt mir vor, als
fände ich in etwas meine Ruhe wieder, wenn ich
Dir sage, wie ich leide.“
Er hielt einen Augenblick an, dann fuhr er mit
ruhiger Stimme fort:
„Du, die Du so jung, so unerfahren in dieser
Welt, und so glücklich in dieser Unerfahrenheit bist,
Du weißt nicht, wie fürchterlich die Begebenheiten
des letzten Jahres gewesen sind, wie das öffentliche
Leben durch den blutigen Stoß erschüttert ist, der
einen Thron umwarf, und wie oft das Verderben
und mehr als das, meine Louise, – die Entehrung
seit jener Zeit in die Mitte der geachtetsten Familien
getreten ist.“
„Entehrung!“ wiederholte Louise und hob ihr
Haupt empor, indem sie einen ängstlichen Blick
auf ihren Gatten heftete, – „o sprich nicht so!
Du machst mir Furcht, die Entehrung, könnte sie
Dich je erreichen?“
„Nein, meine Louise, denn ich würde sie nicht
überleben; Revolutionen, mein Kind, sind Stürme,
welche Wogen erregen, die lange Zeit gebrauchen,
um sich zu beruhigen. Gott hat es gewollt, daß
ich zwei in meinem Leben sehen sollte; möchte er
mir die Gnade erzeigen, mich vor einer dritten zu
bewahren. Seit jenem schrecklichen Jahre, wo die
letzte stattfand, sind viele Handlungshäuser, welche
früher zu den blühenösten gehörten, genöthigt ge-
wesen, ihre Zahlungen einzustellen. Louise, und ich
bin mit einem dieser Häuser in genauer Verbindung,
ich bin bei einem Bankrott, mit 800,000 Frcs. be-
theiligt. Binnen vier und einigen Tagen werden
mir die nicht bezahlten Wechsel zurückgehen, und
ich habe nicht das nöthige Geld! – ich kann höch-
stens über 600,000 Frcs. verfügen. Louise, selbst
wenn ich alle diese Möbel verkaufe, wenn Du das
Kleid ausziehst, das Du trägst, werde ich dennoch
nicht im Stande seyn, zu zahlen; und dann wird
man in dieser Stadt, wo ich immer in der größten
Achtung, in dem allgemeinsten Ansehen gestanden
habe, sagen: Das Haus Granville hat seine Zah-
lungen eingestellt. O mein Gott! seine Zahlungen
eingestellt! Du weißt nicht, was für einen fürchter-
lichen Klang dies Wort hat. Du weißt nicht, daß
es ein Fleck auf unser ganzes Leben wirft, den
nichts auszulöschen vermag, nein nichts, selbst nicht
der Tod.“
Louise warf sich weinend in die Arme ihres
Gatten.
„Ach! sprich nicht so, bester Granville, ich bitte
Dich. Kann es denn etwas geben, das Deinen
Ruf bei diesen Leuten, die Dich seit 60 Jahren
kennen, zu beflecken vermöchte? Jst der Name Gran-
ville nicht der des achtbarsten Mannes in ganz
Marseille. Wenn es eine Stimme geben sollte,
welche es wagte, Dich anzugreifen, so würden hun-
dert andere dagegen aufstehen, um ihr zu antwor-
ten; hundert jener Unglücklichen, die durch Deine
Wohlthaten, Deine Unterstützung leben. Nein,
nein! Täusche Dich nicht. Es gibt achtbare Na-
men, die sich eine so allgemeine Verehrung erwor-
ben haben, daß sie nichts zu fürchten brauchen. –
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung
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