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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 1. Burg/Berlin, 1836.

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3 Conversations=Blatt. 4
[Beginn Spaltensatz] bruch erfolgt, wobei ein Theil der im Jnnern kochenden
Massen, sei es aus dem Krater, sei es aus einer sich
plötzlich bildenden Seitenöffnung des Berges, mit furcht-
barer Gewalt, einem glühenden Ströme ähnlich, sich er-
gießt. Heftige Erschütterungen des Berges, mächtige
Rauch= und Feuersäulen pflegen den Ausbruch zu be-
gleiten, wobei bald ein starker Aschenregen, bald einzelne
Steine oft mehre Meilen weit, bald Ströme Wassers
aus dem Krater geworfen werden. Die glühende, flie-
ßende Masse, Lava genannt, fließt nun, wenn gleich
langsam, doch mit unwiderstehlicher Gewalt den Berg
hinab, bis sie entweder das Meer erreicht, in welches
sie sich mit furchtbarem Brausen ergießt, oder in sich
selbst erstarrt und still steht. Ein solcher Lavastrom
fließt oft einige Meilen weit, verbrennt und vernichtet
Alles, was er berührt, und erscheint wenigstens bei Nacht
als ein glühender Strom. Allmälig erkaltet die Ober-
fläche und bildet eine schlackige Brücke, unter welcher
die noch flüssige Masse sich fortwälzt. Oft vergehen
mehre Monate, ehe der Lavastrom nur einigermaßen sich
abkühlt, und manchmal Jahrhunderte, ehe seine Rinde
für die Vegetation wieder empfänglich wird. Die erhär-
tete Lava gleicht einer bald dichtern, bald löchrigen, bla-
sigen Schlacke, und wird zum Bauen, zum Straßen-
pflastern, und wenn sie dicht genug ist, zu allerlei Ge-
räth verarbeitet.

Die jetzt Feuer speienden Berge sind nicht immer Vul-
kane gewesen; von einigen weiß man die Zeit ihres er-
sten Ausbruches, andere ehemals furchtbare sind es jetzt
weniger und scheinen besänftigt, andere sind völlig aus-
gebrannt und schon seit Jahrhunderten ruhig. Die mei-
sten Vulkane befinden sich auf Jnseln oder doch in der
Nähe des Meeres, so daß es scheint, dies sei eine we-
sentliche Bedingung ihrer Entstehung und Thätigkeit: ja
es giebt selbst Vulkane unter dem Meere, die wahr-
scheinlich mit der Zeit Jnseln bilden werden, wie denn
viele Jnseln auf diese Art entstanden zu sein scheinen.

Unter den Vulkanen ist der Vesuv in der Nähe
von Neapel sehr bekannt. Kegelförmig steigt er, 3696
Fuß hoch, aus den Ebene empor, und sein mit Städ-
ten, Dörfern, Landhäusern und Wein= und Oelpflanzun-
gen bedeckter, sanft ansteigender Fuß mag etwa einen
Umfang von 4 bis 5 Meilen haben, der eigentliche Ke-
gel aber, aus Schlacken, Lava, Asche und Bimsstein be-
stehend, ist steil und ziemlich schwer zu besteigen. Oben
dehnt sich eine etwa eine Viertelmeile im Umfange hal-
tende 2 bis 300 Fuß sich senkende Fläche, der eigent-
liche Krater, aus, welche aus unzähligen Spalten und
Rissen überall Schwefeldämpfe sendet und alle Gegen-
stände mit einem rothen, gelben und grünen Schwefel-
überzug bedeckt. Mitten in diesem Kessel erhebt sich ein
kleiner gewöhnlich ganz glühender Aschenhügel, auf dessen
Spitze die eigentliche Oeffnung oder die Bocca (Mund)
des Vulkans sich befindet. Diese Gegenstände verändern
aber häufig ihre Gestalt und Lage: bald hat der Berg
nur eine, bald mehre Bocche, und auch wenn er ruht,
speit er unter fürchterlichem Geräusch und Krachen von
Zeit zu Zeit Dampfsäulen und glühende Steine aus.
Wenn er aber in voller Thätigkeit ist und ein Ausbruch
[Spaltenumbruch] bevorsteht, sind alle diese Erscheinungen ungleich häufiger
und furchtbarer; der Ausbruch selbst und die Lavaströ-
me, die sich dann ergießen und oft eine Viertelmeile
breit Alles weit umher verwüsten, brechen gewöhnlich
aus einer sich neu eröffnenden meistens Seitenspalte des
Berges hervor. Jahrtausende mochte der Berg geruht
haben, und war daher mit den herrlichsten Anpflanzun-
gen bedeckt, als er im Jahre 79 nach Christus zum er-
sten Male seine Wuth äußerte und damals Pompeji,
Herkulanum und Stabiä bedeckte. Seitdem sind unauf-
hörlich in längern und kürzern Zwischenräumen neue
Ausbrüche erfolgt, welche häufig die äußere Gestalt des
Berges sehr wesentlich verändert haben. So nahm er
1730 bedeutend an Höhe zu und ist 1794 bedeutend
wieder gesunken; so hat sich in einem frühern Ausbruch
sein Gipfel gespalten, und ein wüstes mit Lava und
Asche erfülltes Thal trennt jetzt seinen eigentlichen Gip-
fel von dem Monte somma in seiner Nähe. Der ge-
wöhnlichste Weg führt von Resina hinauf, und man
pflegt dann in der Einsiedelei S. Salvatore, am Fuß
der steilsten Höhe, zu rasten. - Unsere Abbildung ist
nach einem Gemälde des berühmten Salvator Rosa (geb.
1615 + 1673) ausgeführt.



Die Negerkinder.

Bei einer jener Sklavenempörungen, welche noch vor
einigen Jahren in Westindien so heimisch waren, wie
das gelbe Fieber und alljährlich wiederkehrten, war auch
die schöne Pflanzung des Herrn Hercourt auf Martini-
que von Grund aus zerstört worden. Nicht zufrieden
mit der Verwüstung der schönen Plantage und dem Ab-
brennen der Wohnungen, kehrten die wüthenden Neger
Aexte und Messer gegen ihre weißen Herrschaften
und mordeten ohne Unterschied, wen sie fanden. Her-
court sah vor seinen Augen Weib und Kind ermorden.
Jhn selbst schien man zu einem qualvollen Martertode
aufbewahren zu wollen, denn er ward geknebelt und ge-
bunden. Zwei verwaiste Negerkinder, welche er mit der
größten Liebe und Sorgfalt erzogen hatte, die Kinder
seiner Amme, ein Mädchen von 14 und ein Knabe von
16 Jahren, waren gerade von allen die geschäftigsten,
ihren Herrn und Wohlthäter zu fesseln. Seine dro-
henden Worte wurden mit noch stärkeren Drohungen
erwiedert, seinen flehenden Blicken folgte der schimpflichste
Hohn. Endlich wurde er unter kanibalischem Gesange
einem alten Neger auf die Schultern geladen und fort-
geschleppt. Bald ward er diesem zu schwer, da pack-
ten ihn Naimi und Joseph, die beiden Kinder seiner
Amme, und trugen ihn mit unerhörter Anstrengung weiter.

Es war Nacht, die Expedition ging rasch, bald
hatte man den nahen Wald erreicht. Bis hierher hatte
die brennende Plantage geleuchtet. Jetzt, in dem Dik-
kicht, hielt sich die berauschte Rotte durch das laute Ge-
brüll ihrer barbarischen Lieder zusammen. Auf einmal
ließen ihn seine Träger fallen und folgten singend und
schreiend dem Zuge; er selbst gebunden und geknebelt,
in jeder Hinsicht hülflos und unvermögend, einen Ton
[Ende Spaltensatz]

3 Conversations=Blatt. 4
[Beginn Spaltensatz] bruch erfolgt, wobei ein Theil der im Jnnern kochenden
Massen, sei es aus dem Krater, sei es aus einer sich
plötzlich bildenden Seitenöffnung des Berges, mit furcht-
barer Gewalt, einem glühenden Ströme ähnlich, sich er-
gießt. Heftige Erschütterungen des Berges, mächtige
Rauch= und Feuersäulen pflegen den Ausbruch zu be-
gleiten, wobei bald ein starker Aschenregen, bald einzelne
Steine oft mehre Meilen weit, bald Ströme Wassers
aus dem Krater geworfen werden. Die glühende, flie-
ßende Masse, Lava genannt, fließt nun, wenn gleich
langsam, doch mit unwiderstehlicher Gewalt den Berg
hinab, bis sie entweder das Meer erreicht, in welches
sie sich mit furchtbarem Brausen ergießt, oder in sich
selbst erstarrt und still steht. Ein solcher Lavastrom
fließt oft einige Meilen weit, verbrennt und vernichtet
Alles, was er berührt, und erscheint wenigstens bei Nacht
als ein glühender Strom. Allmälig erkaltet die Ober-
fläche und bildet eine schlackige Brücke, unter welcher
die noch flüssige Masse sich fortwälzt. Oft vergehen
mehre Monate, ehe der Lavastrom nur einigermaßen sich
abkühlt, und manchmal Jahrhunderte, ehe seine Rinde
für die Vegetation wieder empfänglich wird. Die erhär-
tete Lava gleicht einer bald dichtern, bald löchrigen, bla-
sigen Schlacke, und wird zum Bauen, zum Straßen-
pflastern, und wenn sie dicht genug ist, zu allerlei Ge-
räth verarbeitet.

Die jetzt Feuer speienden Berge sind nicht immer Vul-
kane gewesen; von einigen weiß man die Zeit ihres er-
sten Ausbruches, andere ehemals furchtbare sind es jetzt
weniger und scheinen besänftigt, andere sind völlig aus-
gebrannt und schon seit Jahrhunderten ruhig. Die mei-
sten Vulkane befinden sich auf Jnseln oder doch in der
Nähe des Meeres, so daß es scheint, dies sei eine we-
sentliche Bedingung ihrer Entstehung und Thätigkeit: ja
es giebt selbst Vulkane unter dem Meere, die wahr-
scheinlich mit der Zeit Jnseln bilden werden, wie denn
viele Jnseln auf diese Art entstanden zu sein scheinen.

Unter den Vulkanen ist der Vesuv in der Nähe
von Neapel sehr bekannt. Kegelförmig steigt er, 3696
Fuß hoch, aus den Ebene empor, und sein mit Städ-
ten, Dörfern, Landhäusern und Wein= und Oelpflanzun-
gen bedeckter, sanft ansteigender Fuß mag etwa einen
Umfang von 4 bis 5 Meilen haben, der eigentliche Ke-
gel aber, aus Schlacken, Lava, Asche und Bimsstein be-
stehend, ist steil und ziemlich schwer zu besteigen. Oben
dehnt sich eine etwa eine Viertelmeile im Umfange hal-
tende 2 bis 300 Fuß sich senkende Fläche, der eigent-
liche Krater, aus, welche aus unzähligen Spalten und
Rissen überall Schwefeldämpfe sendet und alle Gegen-
stände mit einem rothen, gelben und grünen Schwefel-
überzug bedeckt. Mitten in diesem Kessel erhebt sich ein
kleiner gewöhnlich ganz glühender Aschenhügel, auf dessen
Spitze die eigentliche Oeffnung oder die Bocca (Mund)
des Vulkans sich befindet. Diese Gegenstände verändern
aber häufig ihre Gestalt und Lage: bald hat der Berg
nur eine, bald mehre Bocche, und auch wenn er ruht,
speit er unter fürchterlichem Geräusch und Krachen von
Zeit zu Zeit Dampfsäulen und glühende Steine aus.
Wenn er aber in voller Thätigkeit ist und ein Ausbruch
[Spaltenumbruch] bevorsteht, sind alle diese Erscheinungen ungleich häufiger
und furchtbarer; der Ausbruch selbst und die Lavaströ-
me, die sich dann ergießen und oft eine Viertelmeile
breit Alles weit umher verwüsten, brechen gewöhnlich
aus einer sich neu eröffnenden meistens Seitenspalte des
Berges hervor. Jahrtausende mochte der Berg geruht
haben, und war daher mit den herrlichsten Anpflanzun-
gen bedeckt, als er im Jahre 79 nach Christus zum er-
sten Male seine Wuth äußerte und damals Pompeji,
Herkulanum und Stabiä bedeckte. Seitdem sind unauf-
hörlich in längern und kürzern Zwischenräumen neue
Ausbrüche erfolgt, welche häufig die äußere Gestalt des
Berges sehr wesentlich verändert haben. So nahm er
1730 bedeutend an Höhe zu und ist 1794 bedeutend
wieder gesunken; so hat sich in einem frühern Ausbruch
sein Gipfel gespalten, und ein wüstes mit Lava und
Asche erfülltes Thal trennt jetzt seinen eigentlichen Gip-
fel von dem Monte somma in seiner Nähe. Der ge-
wöhnlichste Weg führt von Resina hinauf, und man
pflegt dann in der Einsiedelei S. Salvatore, am Fuß
der steilsten Höhe, zu rasten. – Unsere Abbildung ist
nach einem Gemälde des berühmten Salvator Rosa (geb.
1615 † 1673) ausgeführt.



Die Negerkinder.

Bei einer jener Sklavenempörungen, welche noch vor
einigen Jahren in Westindien so heimisch waren, wie
das gelbe Fieber und alljährlich wiederkehrten, war auch
die schöne Pflanzung des Herrn Hercourt auf Martini-
que von Grund aus zerstört worden. Nicht zufrieden
mit der Verwüstung der schönen Plantage und dem Ab-
brennen der Wohnungen, kehrten die wüthenden Neger
Aexte und Messer gegen ihre weißen Herrschaften
und mordeten ohne Unterschied, wen sie fanden. Her-
court sah vor seinen Augen Weib und Kind ermorden.
Jhn selbst schien man zu einem qualvollen Martertode
aufbewahren zu wollen, denn er ward geknebelt und ge-
bunden. Zwei verwaiste Negerkinder, welche er mit der
größten Liebe und Sorgfalt erzogen hatte, die Kinder
seiner Amme, ein Mädchen von 14 und ein Knabe von
16 Jahren, waren gerade von allen die geschäftigsten,
ihren Herrn und Wohlthäter zu fesseln. Seine dro-
henden Worte wurden mit noch stärkeren Drohungen
erwiedert, seinen flehenden Blicken folgte der schimpflichste
Hohn. Endlich wurde er unter kanibalischem Gesange
einem alten Neger auf die Schultern geladen und fort-
geschleppt. Bald ward er diesem zu schwer, da pack-
ten ihn Naïmi und Joseph, die beiden Kinder seiner
Amme, und trugen ihn mit unerhörter Anstrengung weiter.

Es war Nacht, die Expedition ging rasch, bald
hatte man den nahen Wald erreicht. Bis hierher hatte
die brennende Plantage geleuchtet. Jetzt, in dem Dik-
kicht, hielt sich die berauschte Rotte durch das laute Ge-
brüll ihrer barbarischen Lieder zusammen. Auf einmal
ließen ihn seine Träger fallen und folgten singend und
schreiend dem Zuge; er selbst gebunden und geknebelt,
in jeder Hinsicht hülflos und unvermögend, einen Ton
[Ende Spaltensatz]

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Her- court sah vor seinen Augen Weib und Kind ermorden. Jhn selbst schien man zu einem qualvollen Martertode aufbewahren zu wollen, denn er ward geknebelt und ge- bunden. Zwei verwaiste Negerkinder, welche er mit der größten Liebe und Sorgfalt erzogen hatte, die Kinder seiner Amme, ein Mädchen von 14 und ein Knabe von 16 Jahren, waren gerade von allen die geschäftigsten, ihren Herrn und Wohlthäter zu fesseln. Seine dro- henden Worte wurden mit noch stärkeren Drohungen erwiedert, seinen flehenden Blicken folgte der schimpflichste Hohn. Endlich wurde er unter kanibalischem Gesange einem alten Neger auf die Schultern geladen und fort- geschleppt. Bald ward er diesem zu schwer, da pack- ten ihn Naïmi und Joseph, die beiden Kinder seiner Amme, und trugen ihn mit unerhörter Anstrengung weiter. Es war Nacht, die Expedition ging rasch, bald hatte man den nahen Wald erreicht. Bis hierher hatte die brennende Plantage geleuchtet. 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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 1. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt01_1836/2>, abgerufen am 21.11.2024.