Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 1. Burg/Berlin, 1836.11 Conversations=Blatt. 12 [Beginn Spaltensatz]
Albrecht's des Bären, von Neuem die markgräflicheWürde in der Lausitz erhielt. Albrecht, von diesem Augenblicke an nur auf seine Stammbesitzungen ange- wiesen, konnte fernerhin nicht mit Erfolg dem Kaiser Trotz bieten, und scheint sich deshalb, sogar während des Zuges, den Lothar nach Jtalien unternahm, ruhig verhalten zu haben. Jndeß den Kaiser gereuete selbst die Schmach, die über seinen treuen Waffengefährten gekommen, und kaum war demnach die Nordmark durch den frühen Tod Konrads von Plötzkau erledigt, so be- eilte sich Lothar gleich nach seiner Rückkehr in Deutsch- land, Albrecht den Bären durch die Belehnung mit der Nordmark für alle erlittenen Verluste zu entschä- digen. Dies geschah zu Halberstadt im Jahre 1134. - Bald nachdem Albrecht das Regiment über die Nordmark erhalten, empörten sich, vielleicht angereizt von den Mitgliedern des städtischen Hauses, die Sla- ven an der Mittelelbe, überschritten den Strom und verheerten das sächsische Gebiet. Allein schwer mußten sie für diesen räuberischen Einfall büßen; denn Albrecht der Bär trieb sie nicht nur über den Elbstrom zurück, sondern er brachte ihnen auch in ihrem eigenen Lande, in den Jahren 1136 und 1137, so bedeutende Nie- derlagen bei, daß wahrscheinlich jetzt schon das Ansehen der deutschen Waffen auf dem östlichen Elbufer wieder- hergestellt worden wäre, hätte nicht der Tod des Kai- sers Lothar eine gänzliche Umwandlung in den Verhält- nissen Sachsens und überhaupt des deutschen Reichs hervorgebracht. Schon mächtig durch den Besitz zweier Her- Sachsen, gänzlich zerrüttet durch den blutigen Von diesem Augenblicke an beginnt das glorreiche 11 Conversations=Blatt. 12 [Beginn Spaltensatz]
Albrecht's des Bären, von Neuem die markgräflicheWürde in der Lausitz erhielt. Albrecht, von diesem Augenblicke an nur auf seine Stammbesitzungen ange- wiesen, konnte fernerhin nicht mit Erfolg dem Kaiser Trotz bieten, und scheint sich deshalb, sogar während des Zuges, den Lothar nach Jtalien unternahm, ruhig verhalten zu haben. Jndeß den Kaiser gereuete selbst die Schmach, die über seinen treuen Waffengefährten gekommen, und kaum war demnach die Nordmark durch den frühen Tod Konrads von Plötzkau erledigt, so be- eilte sich Lothar gleich nach seiner Rückkehr in Deutsch- land, Albrecht den Bären durch die Belehnung mit der Nordmark für alle erlittenen Verluste zu entschä- digen. Dies geschah zu Halberstadt im Jahre 1134. – Bald nachdem Albrecht das Regiment über die Nordmark erhalten, empörten sich, vielleicht angereizt von den Mitgliedern des städtischen Hauses, die Sla- ven an der Mittelelbe, überschritten den Strom und verheerten das sächsische Gebiet. Allein schwer mußten sie für diesen räuberischen Einfall büßen; denn Albrecht der Bär trieb sie nicht nur über den Elbstrom zurück, sondern er brachte ihnen auch in ihrem eigenen Lande, in den Jahren 1136 und 1137, so bedeutende Nie- derlagen bei, daß wahrscheinlich jetzt schon das Ansehen der deutschen Waffen auf dem östlichen Elbufer wieder- hergestellt worden wäre, hätte nicht der Tod des Kai- sers Lothar eine gänzliche Umwandlung in den Verhält- nissen Sachsens und überhaupt des deutschen Reichs hervorgebracht. Schon mächtig durch den Besitz zweier Her- Sachsen, gänzlich zerrüttet durch den blutigen Von diesem Augenblicke an beginnt das glorreiche <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0006"/><fw type="header" place="top">11 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">12</hi></fw><cb type="start" n="11"/> Albrecht's des Bären, von Neuem die markgräfliche<lb/> Würde in der Lausitz erhielt. 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Allein schwer mußten<lb/> sie für diesen räuberischen Einfall büßen; denn Albrecht<lb/> der Bär trieb sie nicht nur über den Elbstrom zurück,<lb/> sondern er brachte ihnen auch in ihrem eigenen Lande,<lb/> in den Jahren 1136 und 1137, so bedeutende Nie-<lb/> derlagen bei, daß wahrscheinlich jetzt schon das Ansehen<lb/> der deutschen Waffen auf dem östlichen Elbufer wieder-<lb/> hergestellt worden wäre, hätte nicht der Tod des Kai-<lb/> sers Lothar eine gänzliche Umwandlung in den Verhält-<lb/> nissen Sachsens und überhaupt des deutschen Reichs<lb/> hervorgebracht.</p><lb/> <p>Schon mächtig durch den Besitz zweier Her-<lb/> zogthümer, verhehlte Herzog Heinrich der Stolze nach<lb/> dem Ableben seines kaiserlichen Schwiegervaters nicht<lb/> länger sein herrschsüchtiges Streben nach der Kai-<lb/> serkrone, während sowohl die deutschen Reichsfür-<lb/> sten, wie auch vorzüglich Albrecht der Bär, der<lb/> den Verlust Sachsens trotz der erhaltenen Entschä-<lb/> digungen noch nicht verschmerzt hatte, die größten<lb/> Anstrengungen machten, um nicht nur jene Bestrebun-<lb/> gen Heinrichs des Stolzen zu vereiteln, sondern ihn<lb/> auch seiner Macht berauben. 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Jndeß<lb/> gleich darauf entbrannte der wüthendste Kampf zwischen<lb/> Albrecht dem Bären und Herzog Heinrich dem Stolzen,<lb/> an welchem, auch nach dem Tode des letztern im Jahre<lb/> 1139, nicht nur die meisten Fürsten, sondern auch<lb/> die höhere Geistlichkeit Sachsens zu Gunsten des min-<lb/> derjährigen Sohnes Heinrichs des Stolzen, des nach-<lb/> mals so berühmten Heinrichs des Löwen, Theil nah-<lb/><cb n="12"/> men. Vergebens stritt der Kaiser mit Heeresmacht für<lb/> Albrecht den Bären; vergebens bot dieser alle nur<lb/> möglichen Hülfsmittel auf, um dem gegen ihn heran-<lb/> ziehenden Ungewitter Trotz zu bieten. Das Glück<lb/> kehrte dem tapfern Albrecht den Rücken; bald sah er<lb/> sich bis in seine Stammburg zurückgedrängt; auch diese<lb/> erlag im Jahre 1140 der Uebermacht seiner Feinde<lb/> und ward dem Erdboden gleich gemacht. Aller seiner<lb/> Familiengüter beraubt, mußte Albrecht die Heimath der<lb/> Väter fliehen.</p><lb/> <p>Sachsen, gänzlich zerrüttet durch den blutigen<lb/> Bürgerkrieg, wurde von den Anhängern des welfischen<lb/> Hauses behauptet, und hiermit noch nicht zufrieden,<lb/> setzten sie es auch durch, daß ein Mitglied des Hauses<lb/> Stade, Graf Rudolph, der zweite Sohn jenes im<lb/> Jahre 1124 verstorbenen vormundschaftlichen Regenten<lb/> gleiches Namens, die markgräfliche Würde über die<lb/> Nordmark erhielt. Obgleich durch die Uebermacht der<lb/> Welfen eingesetzt, behauptete sich Rudolph doch nur<lb/> kurze Zeit in seiner Stellung, denn schon im Jahre<lb/> 1141 wurden Unterhandlungen mit Albrecht dem Bä-<lb/> ren angeknüpft, die, wenn sie auch jetzt noch kein<lb/> bestimmtes Resultat herbeiführten, doch wahrscheinlich<lb/> den Grafen Rudolph von Stade veranlaßten, seine<lb/> Würde freiwillig niederzulegen. Er zog sich auf seine<lb/> Stammbesitzungen zurück und fand nicht lange darauf,<lb/> wahrscheinlich um das Jahr 1145, im Kampfe gegen<lb/> die Ditmarsen den Tod. Gleich nach der Abdankung<lb/> Rudolphs gestalteten sich die Angelegenheiten Albrechts<lb/> des Bären günstiger. Auf Vermittlung des Kaisers<lb/> kam im Jahre 1142 auf dem Reichstage zu Frankfurt<lb/> am Main zwischen den feindlichen Parteien ein Vergleich<lb/> zu Stande, der dem blutigen Hader ein Ende machte.<lb/> Jn diesem Vergleiche verzichtete Albrecht der Bär zu<lb/> Gunsten des welfischen Hauses auf das Herzogthum<lb/> Sachsen und ward dafür nicht nur in seinen väterlichen<lb/> Erbbesitzungen, sondern auch in der markgräflichen<lb/> Würde über die Nordmark wiederhergestellt. Siegreich<lb/> hervorgegangen aus der Schule der Leiden, ergriff<lb/> Albrecht der Bär, begeistert für die Lehre des Evan-<lb/> geliums, das ihm übergebene Zepter, und da er wahr-<lb/> scheinlich noch in demselben Jahre, in welchem er mit<lb/> seinen väterlichen Gütern auch die Nordmark zurück-<lb/> erhielt, durch glückliche Umstände zu dem wirklichen<lb/> Besitze des Zauchelandes gelangte und Herr der Stadt<lb/> und Festung Brandenburg wurde, jenes Kampfpreises,<lb/> nach welchem seit zwei Jahrhunderten unter unaussprech-<lb/> lichen Anstrengungen gerungen worden: so nahm er<lb/> zum Gedächtniß dieses merkwürdigen Ereignisses den<lb/> Namen „ <hi rendition="#g">Markgraf von Brandenburg</hi> “ an,<lb/> mit kühner Zuversicht darauf hindeutend, daß er sei-<lb/> nem Geschlechte hier eine Heimath zu erwerben gedenke,<lb/> an die es immerdar gefesselt sein solle durch die Bande<lb/> des Glaubens.</p><lb/> <p>Von diesem Augenblicke an beginnt das glorreiche<lb/> Regiment der Ballenstädter, von der Vorsehung dazu<lb/> berufen, in den Landen zwischen der Elbe und Oder,<lb/> welche seit Jahrhunderten unter dem Schutze slavischer<lb/> Götter gestanden, über dem Grabe des untergegangenen<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0006]
11 Conversations=Blatt. 12
Albrecht's des Bären, von Neuem die markgräfliche
Würde in der Lausitz erhielt. Albrecht, von diesem
Augenblicke an nur auf seine Stammbesitzungen ange-
wiesen, konnte fernerhin nicht mit Erfolg dem Kaiser
Trotz bieten, und scheint sich deshalb, sogar während
des Zuges, den Lothar nach Jtalien unternahm, ruhig
verhalten zu haben. Jndeß den Kaiser gereuete selbst
die Schmach, die über seinen treuen Waffengefährten
gekommen, und kaum war demnach die Nordmark durch
den frühen Tod Konrads von Plötzkau erledigt, so be-
eilte sich Lothar gleich nach seiner Rückkehr in Deutsch-
land, Albrecht den Bären durch die Belehnung mit
der Nordmark für alle erlittenen Verluste zu entschä-
digen. Dies geschah zu Halberstadt im Jahre 1134.
– Bald nachdem Albrecht das Regiment über die
Nordmark erhalten, empörten sich, vielleicht angereizt
von den Mitgliedern des städtischen Hauses, die Sla-
ven an der Mittelelbe, überschritten den Strom und
verheerten das sächsische Gebiet. Allein schwer mußten
sie für diesen räuberischen Einfall büßen; denn Albrecht
der Bär trieb sie nicht nur über den Elbstrom zurück,
sondern er brachte ihnen auch in ihrem eigenen Lande,
in den Jahren 1136 und 1137, so bedeutende Nie-
derlagen bei, daß wahrscheinlich jetzt schon das Ansehen
der deutschen Waffen auf dem östlichen Elbufer wieder-
hergestellt worden wäre, hätte nicht der Tod des Kai-
sers Lothar eine gänzliche Umwandlung in den Verhält-
nissen Sachsens und überhaupt des deutschen Reichs
hervorgebracht.
Schon mächtig durch den Besitz zweier Her-
zogthümer, verhehlte Herzog Heinrich der Stolze nach
dem Ableben seines kaiserlichen Schwiegervaters nicht
länger sein herrschsüchtiges Streben nach der Kai-
serkrone, während sowohl die deutschen Reichsfür-
sten, wie auch vorzüglich Albrecht der Bär, der
den Verlust Sachsens trotz der erhaltenen Entschä-
digungen noch nicht verschmerzt hatte, die größten
Anstrengungen machten, um nicht nur jene Bestrebun-
gen Heinrichs des Stolzen zu vereiteln, sondern ihn
auch seiner Macht berauben. Vor allen andern Fürsten
aber war es Albrecht der Bär, der dem Herzoge von
Baiern und Sachsen als der heftigste Widersacher ent-
gegentrat, und vornehmlich seinen Bemühungen ver-
dankte es der Herzog Konrad von Schwaben aus dem
Hause der Hohenstaufen, daß er als Konrad III. zum
deutschen Kaiser erwählt ward. Der Kaiser erkannte
die ihm von Albrecht dem Bären geleisteten Dienste an
und ernannte ihn zum Herzoge von Sachsen, in wel-
cher Eigenschaft auch dieser seit dem Jahre 1138 er-
scheint. Sofort setzte sich Albrecht der Bär in den
Besitz des Landes und bediente sich aller Rechte, die
mit der herzoglichen Würde verbunden waren. Jndeß
gleich darauf entbrannte der wüthendste Kampf zwischen
Albrecht dem Bären und Herzog Heinrich dem Stolzen,
an welchem, auch nach dem Tode des letztern im Jahre
1139, nicht nur die meisten Fürsten, sondern auch
die höhere Geistlichkeit Sachsens zu Gunsten des min-
derjährigen Sohnes Heinrichs des Stolzen, des nach-
mals so berühmten Heinrichs des Löwen, Theil nah-
men. Vergebens stritt der Kaiser mit Heeresmacht für
Albrecht den Bären; vergebens bot dieser alle nur
möglichen Hülfsmittel auf, um dem gegen ihn heran-
ziehenden Ungewitter Trotz zu bieten. Das Glück
kehrte dem tapfern Albrecht den Rücken; bald sah er
sich bis in seine Stammburg zurückgedrängt; auch diese
erlag im Jahre 1140 der Uebermacht seiner Feinde
und ward dem Erdboden gleich gemacht. Aller seiner
Familiengüter beraubt, mußte Albrecht die Heimath der
Väter fliehen.
Sachsen, gänzlich zerrüttet durch den blutigen
Bürgerkrieg, wurde von den Anhängern des welfischen
Hauses behauptet, und hiermit noch nicht zufrieden,
setzten sie es auch durch, daß ein Mitglied des Hauses
Stade, Graf Rudolph, der zweite Sohn jenes im
Jahre 1124 verstorbenen vormundschaftlichen Regenten
gleiches Namens, die markgräfliche Würde über die
Nordmark erhielt. Obgleich durch die Uebermacht der
Welfen eingesetzt, behauptete sich Rudolph doch nur
kurze Zeit in seiner Stellung, denn schon im Jahre
1141 wurden Unterhandlungen mit Albrecht dem Bä-
ren angeknüpft, die, wenn sie auch jetzt noch kein
bestimmtes Resultat herbeiführten, doch wahrscheinlich
den Grafen Rudolph von Stade veranlaßten, seine
Würde freiwillig niederzulegen. Er zog sich auf seine
Stammbesitzungen zurück und fand nicht lange darauf,
wahrscheinlich um das Jahr 1145, im Kampfe gegen
die Ditmarsen den Tod. Gleich nach der Abdankung
Rudolphs gestalteten sich die Angelegenheiten Albrechts
des Bären günstiger. Auf Vermittlung des Kaisers
kam im Jahre 1142 auf dem Reichstage zu Frankfurt
am Main zwischen den feindlichen Parteien ein Vergleich
zu Stande, der dem blutigen Hader ein Ende machte.
Jn diesem Vergleiche verzichtete Albrecht der Bär zu
Gunsten des welfischen Hauses auf das Herzogthum
Sachsen und ward dafür nicht nur in seinen väterlichen
Erbbesitzungen, sondern auch in der markgräflichen
Würde über die Nordmark wiederhergestellt. Siegreich
hervorgegangen aus der Schule der Leiden, ergriff
Albrecht der Bär, begeistert für die Lehre des Evan-
geliums, das ihm übergebene Zepter, und da er wahr-
scheinlich noch in demselben Jahre, in welchem er mit
seinen väterlichen Gütern auch die Nordmark zurück-
erhielt, durch glückliche Umstände zu dem wirklichen
Besitze des Zauchelandes gelangte und Herr der Stadt
und Festung Brandenburg wurde, jenes Kampfpreises,
nach welchem seit zwei Jahrhunderten unter unaussprech-
lichen Anstrengungen gerungen worden: so nahm er
zum Gedächtniß dieses merkwürdigen Ereignisses den
Namen „ Markgraf von Brandenburg “ an,
mit kühner Zuversicht darauf hindeutend, daß er sei-
nem Geschlechte hier eine Heimath zu erwerben gedenke,
an die es immerdar gefesselt sein solle durch die Bande
des Glaubens.
Von diesem Augenblicke an beginnt das glorreiche
Regiment der Ballenstädter, von der Vorsehung dazu
berufen, in den Landen zwischen der Elbe und Oder,
welche seit Jahrhunderten unter dem Schutze slavischer
Götter gestanden, über dem Grabe des untergegangenen
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