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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 4. Burg/Berlin, 1838.

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63 Conversations=Blatt. 64

[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]
Geistesgegenwart.

Der Fürst Theobald hatte gehört, daß der liebens-
würdige, zuweilen aber etwas satirische Kammerherr,
Graf Rosen, sein seltenes Talent "Jedem in der
Sprache, ja sogar im Aeußern, nachzuahmen," - so
sehr mißbrauche, daß er und seine hohe Familie sogar
zur Zielscheibe der majestätsverbrecherischen Jronie dien-
ten, und dies sehr ungnädig aufgenommen. Er sah eine
Verletzung der schuldigen Ehrerbietung darin, und fand
bald die Gelegenheit in einem Hofzirkel dem Grafen
Rosen zu bemerken: "Jch habe vernommen, Herr Graf!
daß Sie mich so trefflich kopiren; berauben Sie mich
dieses Genusses nicht; ahmen Sie mir einmal nach mit
dem Lichte der Lächerlichkeit, womit Sie so hell leuch-
ten." Vergebens entschuldigte sich der Graf mit tota-
ler Unfähigkeit, die geheiligte Person des Regenten dar-
stellen zu können, - der Fürst wurde dringender. "Wie
können Sie sich genirt fühlen, in so guter Gesellschaft
Jhre Talentproben zu zeigen?" rief der beleidigte Herr-
scher, "da Sie es nicht verschmäht haben, dieselben an
öffentlichen Orten auszukramen!?" -

"Gnädigster Herr!" stammelte der peinlich Befragte.

"Keine Widerrede, Herr Graf!" fuhr der Regent
fort: "Reden Sie mich an in meiner Manier. Denken
Sie ich sei der Graf Rosen und Sie der Fürst."

"Jetzt, dachte ich, es muß halten oder brechen,"
hat der geängstigte Kammerherr oft nachher erzählt,
"und mit fester Stimme gab ich meinem Landesherrn
wieder, indem ich ihn also anredete:

"Jch höre, Graf Rosen, daß Sie es sich un-
"terstehen Jhren Souverain zuweilen zu kopiren;
"geschieht dies unter ihren vertrauten Freunden,
"so mag dieser schlechte Scherz hingehen; erlauben
"Sie sich aber dergleichen Dreistigkeiten an öffent-
"lichen Orten, so ist das gegen den Respekt, den
"Sie als Unterthan Jhrem Regenten schuldig sind.
"Nur in Erwägung, Jhres gutmüthigen harmlo-
[Spaltenumbruch] "sen Charakters und weil ich weiß, daß Sie mich
"von ganzer Seele lieben, will ich Jhnen Jhre
"unbesonnenen Reden vergeben und in das Meer
"ewiger Vergessenheit werfen. Aber kein Rückfall,
"bei Strafe meiner höchsten Ungnade! Verstanden,
"Graf Rosen?"

Bei diesen Worten ging der Kammerherr, dessen
Witzblitze schon die fürstlichen Lachmuskeln verzerrten,
als grand seigneur mit einer nachlässigen souverainen
Verbeugung in das Nebenzimmer. Der Fürst hatte an-
fangs etwas verlegen dagestanden, unwillkürlich den ver-
blüfften Grafen, wie derselbe vor zwei Minuten sich
zeigte, kopirend. Dann aber siegte sein gutes Naturell,
er lachte und vergab.

Der Fürst hat seitdem eine Sonderbarkeit, die ihn
immer mit der Säbelscheide klappern ließ, abgelegt.



Mädchenverkauf bei den Babyloniern.

Bei den alten Babyloniern wurden alle Jahre an
einem gewissen Tage alle mannbaren Mädchen an einem
Orte versammelt, wo sich denn auch die ledigen Jüng-
linge einfanden. Hier wurden zuerst die schönsten an
Meistbietenden gegen baares Geld zugeschlagen, und
dies baare Geld wurde hernach den Mädchen, die Nie-
mand kaufen wollte, zur Aussteuer gegeben, und auf
diese Art blieb keine unverheirathet.



Verbrauch der Lebensmittel in London.

Jn London werden jährlich verbraucht: 150,000
Ochsen, 50,000 Kälber, 700,000 Hammel, 250,000
Schafe, 200,000 Ferkel; der Werth des in einem
Jahre verbrauchten Schlachtfleisches würde sich also auf
etwa 8,500,000 Pf. Sterl. belaufen; und nun die un-
geheure Menge von Fischen, welche sowohl zu Lande als
auch zu Wasser noch dorthin gebracht werden.



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63 Conversations=Blatt. 64

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Geistesgegenwart.

Der Fürst Theobald hatte gehört, daß der liebens-
würdige, zuweilen aber etwas satirische Kammerherr,
Graf Rosen, sein seltenes Talent „Jedem in der
Sprache, ja sogar im Aeußern, nachzuahmen,“ – so
sehr mißbrauche, daß er und seine hohe Familie sogar
zur Zielscheibe der majestätsverbrecherischen Jronie dien-
ten, und dies sehr ungnädig aufgenommen. Er sah eine
Verletzung der schuldigen Ehrerbietung darin, und fand
bald die Gelegenheit in einem Hofzirkel dem Grafen
Rosen zu bemerken: „Jch habe vernommen, Herr Graf!
daß Sie mich so trefflich kopiren; berauben Sie mich
dieses Genusses nicht; ahmen Sie mir einmal nach mit
dem Lichte der Lächerlichkeit, womit Sie so hell leuch-
ten.“ Vergebens entschuldigte sich der Graf mit tota-
ler Unfähigkeit, die geheiligte Person des Regenten dar-
stellen zu können, – der Fürst wurde dringender. „Wie
können Sie sich genirt fühlen, in so guter Gesellschaft
Jhre Talentproben zu zeigen?“ rief der beleidigte Herr-
scher, „da Sie es nicht verschmäht haben, dieselben an
öffentlichen Orten auszukramen!?“ –

„Gnädigster Herr!“ stammelte der peinlich Befragte.

„Keine Widerrede, Herr Graf!“ fuhr der Regent
fort: „Reden Sie mich an in meiner Manier. Denken
Sie ich sei der Graf Rosen und Sie der Fürst.“

„Jetzt, dachte ich, es muß halten oder brechen,“
hat der geängstigte Kammerherr oft nachher erzählt,
„und mit fester Stimme gab ich meinem Landesherrn
wieder, indem ich ihn also anredete:

„Jch höre, Graf Rosen, daß Sie es sich un-
„terstehen Jhren Souverain zuweilen zu kopiren;
„geschieht dies unter ihren vertrauten Freunden,
„so mag dieser schlechte Scherz hingehen; erlauben
„Sie sich aber dergleichen Dreistigkeiten an öffent-
„lichen Orten, so ist das gegen den Respekt, den
„Sie als Unterthan Jhrem Regenten schuldig sind.
„Nur in Erwägung, Jhres gutmüthigen harmlo-
[Spaltenumbruch] „sen Charakters und weil ich weiß, daß Sie mich
„von ganzer Seele lieben, will ich Jhnen Jhre
„unbesonnenen Reden vergeben und in das Meer
„ewiger Vergessenheit werfen. Aber kein Rückfall,
„bei Strafe meiner höchsten Ungnade! Verstanden,
„Graf Rosen?“

Bei diesen Worten ging der Kammerherr, dessen
Witzblitze schon die fürstlichen Lachmuskeln verzerrten,
als grand seigneur mit einer nachlässigen souverainen
Verbeugung in das Nebenzimmer. Der Fürst hatte an-
fangs etwas verlegen dagestanden, unwillkürlich den ver-
blüfften Grafen, wie derselbe vor zwei Minuten sich
zeigte, kopirend. Dann aber siegte sein gutes Naturell,
er lachte und vergab.

Der Fürst hat seitdem eine Sonderbarkeit, die ihn
immer mit der Säbelscheide klappern ließ, abgelegt.



Mädchenverkauf bei den Babyloniern.

Bei den alten Babyloniern wurden alle Jahre an
einem gewissen Tage alle mannbaren Mädchen an einem
Orte versammelt, wo sich denn auch die ledigen Jüng-
linge einfanden. Hier wurden zuerst die schönsten an
Meistbietenden gegen baares Geld zugeschlagen, und
dies baare Geld wurde hernach den Mädchen, die Nie-
mand kaufen wollte, zur Aussteuer gegeben, und auf
diese Art blieb keine unverheirathet.



Verbrauch der Lebensmittel in London.

Jn London werden jährlich verbraucht: 150,000
Ochsen, 50,000 Kälber, 700,000 Hammel, 250,000
Schafe, 200,000 Ferkel; der Werth des in einem
Jahre verbrauchten Schlachtfleisches würde sich also auf
etwa 8,500,000 Pf. Sterl. belaufen; und nun die un-
geheure Menge von Fischen, welche sowohl zu Lande als
auch zu Wasser noch dorthin gebracht werden.



[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 4. Burg/Berlin, 1838, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt04_1838/8>, abgerufen am 23.11.2024.