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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 5. Burg/Berlin, 1838.

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[Abbildung] CONSTANTINOPEL [Beginn Spaltensatz]

der von schwarzen Eunuchen weit umgebenen heiligen
Stätte und füllen das geweihte Wasser in Violen,
welche der Sultan dann an seine Großen zum Ge-
schenke sendet.



Vergnügungen im Harem.

Das Spazierengehen in den Gärten ist ohne Er-
laubniß des Sultans selbst den Cadinen nicht gestattet.
Auf Verlangen dürfen sie jedoch von Zeit zu Zeit ir-
gend ein Köschk (Lusthaus) am Ufer besuchen. Hierzu
werden große Vorbereitungen getroffen. Die Bostandschis
welche diese bewachen, erhalten Befehl sich zu entfer-
nen, rings wird ein großer Vorhang gezogen und mit
schwarzen Eunuchen umstellt. Die Cadinen begeben sich
schon am Morgen dahin und zum Mittag kommt der
Sultan sie zu besuchen. Bei solchen Gelegenheiten ist
es Sitte, daß der Großwessier seinen Herrn mit einer
großen Fracht von Speisen aufwartet. 21 Plateaus
und 150 kleine Schüsseln werden dann unter allerlei
Ceremonien aufgetragen. Alle Gerichte sind mit einem
rothen Ueberhang bedeckt, der vom Kiaga = Bey in der
Küche des Wessirs versiegelt wurde. Auch die andern
Großen dürfen an solchen Tagen Porcelan = Wasen mit
Früchte senden.

Solche Festlichkeiten, welche Khelvet = Houmajun
(Kaiserliche Erhohlungen) heißen, sind zuweilen von neu-
gierigen Franken durch Perspektive von Para aus be-
[Spaltenumbruch] obachtet, nicht selten entdeckte ein Sultan solche Lau-
scher durch ein noch besseres Perspektio, und ließ sich
dann gewöhnlich den Kopf des Beobachters ausbitten.

Diese Belustigungen fanden jedoch nur 4 bis 5
Mal im Jahre statt, und zuweilen ist der Sultan bei
diesen seinen Erhohlungen gar nicht gegenwärtig, da-
mit die Etikette das Vergnügen der Cadinen nicht zu
langweilig macht.

Den größten Theil der schönen Jahreszeit brin-
gen die Cadinen mit dem Sultan gewöhnlich auf des-
sen Sommerpallast zu Beschiktasch auf dem eüropäischen
Ufer des Bospherus zu. Wenn sie dorthin überschif-
fen, werden die größten Vorsichtsmaßregeln gebraucht,
damit niemand sie erblicke. Vor Sonnenaufgang bre-
chen sie auf und begeben sich in Wagen, die mit Ja-
lousien versehen sind durch das Serai zum Jalö=Köschk
bis wohin auf beiden Seiten Vorhänge ausgespannt
sind. Jn Schwals und Schleier dicht verhüllt und
eingewickelt besteigen sie dort die Barke, wo ein vergit-
tertes Zelt sie mit ihren Kindern und Gefolge auf-
nimmt, während schwarze Eunuchen dasselbe rings um-
geben. Viele bewaffnete Barken umringen das Schiff,
um jedes fremde Fahrzeug entfernt zu halten. Ge-
wöhnlich flieht auch schon Alles aus der Schußweite
und aus den Augen des Sultans.

    (Fortsetzung folgt.)



[Ende Spaltensatz]
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der von schwarzen Eunuchen weit umgebenen heiligen
Stätte und füllen das geweihte Wasser in Violen,
welche der Sultan dann an seine Großen zum Ge-
schenke sendet.



Vergnügungen im Harem.

Das Spazierengehen in den Gärten ist ohne Er-
laubniß des Sultans selbst den Cadinen nicht gestattet.
Auf Verlangen dürfen sie jedoch von Zeit zu Zeit ir-
gend ein Köschk (Lusthaus) am Ufer besuchen. Hierzu
werden große Vorbereitungen getroffen. Die Bostandschis
welche diese bewachen, erhalten Befehl sich zu entfer-
nen, rings wird ein großer Vorhang gezogen und mit
schwarzen Eunuchen umstellt. Die Cadinen begeben sich
schon am Morgen dahin und zum Mittag kommt der
Sultan sie zu besuchen. Bei solchen Gelegenheiten ist
es Sitte, daß der Großwessier seinen Herrn mit einer
großen Fracht von Speisen aufwartet. 21 Plateaus
und 150 kleine Schüsseln werden dann unter allerlei
Ceremonien aufgetragen. Alle Gerichte sind mit einem
rothen Ueberhang bedeckt, der vom Kiaga = Bey in der
Küche des Wessirs versiegelt wurde. Auch die andern
Großen dürfen an solchen Tagen Porcelan = Wasen mit
Früchte senden.

Solche Festlichkeiten, welche Khelvet = Houmajun
(Kaiserliche Erhohlungen) heißen, sind zuweilen von neu-
gierigen Franken durch Perspektive von Para aus be-
[Spaltenumbruch] obachtet, nicht selten entdeckte ein Sultan solche Lau-
scher durch ein noch besseres Perspektio, und ließ sich
dann gewöhnlich den Kopf des Beobachters ausbitten.

Diese Belustigungen fanden jedoch nur 4 bis 5
Mal im Jahre statt, und zuweilen ist der Sultan bei
diesen seinen Erhohlungen gar nicht gegenwärtig, da-
mit die Etikette das Vergnügen der Cadinen nicht zu
langweilig macht.

Den größten Theil der schönen Jahreszeit brin-
gen die Cadinen mit dem Sultan gewöhnlich auf des-
sen Sommerpallast zu Beschiktasch auf dem eüropäischen
Ufer des Bospherus zu. Wenn sie dorthin überschif-
fen, werden die größten Vorsichtsmaßregeln gebraucht,
damit niemand sie erblicke. Vor Sonnenaufgang bre-
chen sie auf und begeben sich in Wagen, die mit Ja-
lousien versehen sind durch das Serai zum Jalö=Köschk
bis wohin auf beiden Seiten Vorhänge ausgespannt
sind. Jn Schwals und Schleier dicht verhüllt und
eingewickelt besteigen sie dort die Barke, wo ein vergit-
tertes Zelt sie mit ihren Kindern und Gefolge auf-
nimmt, während schwarze Eunuchen dasselbe rings um-
geben. Viele bewaffnete Barken umringen das Schiff,
um jedes fremde Fahrzeug entfernt zu halten. Ge-
wöhnlich flieht auch schon Alles aus der Schußweite
und aus den Augen des Sultans.

    (Fortsetzung folgt.)



[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 5. Burg/Berlin, 1838, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt05_1838/4>, abgerufen am 21.11.2024.