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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 29. Burg/Berlin, 1837.

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459 Conversations=Blatt. 460

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Miscellen.
Standhaftigkeit eines Kommandanten.

General Fairfax, der unter Cromwell die Armee
der Mißvergnügten in England kommandirte, hatte die
Stadt Glocester angegriffen. Sie war wohl befestigt,
und ihr muthiger Kommandant, Baron Capel, schlug
alle Angriffe des Feindes mit unerschütterlicher Stand-
haftigkeit ab.

Selbst als sein Sohn bei einem kühnen Ausfalle
gefangen wurde, bot er zwar dem General Fairfax ein
ansehnliches Lösegeld für dessen Freiheit, doch ihm an-
dere Vortheile, welche seiner Pflicht und Ehre zuwider
waren, einzuräumen, dazu ließ sich der seinen Sohn so
zärtlich liebende Vater durchaus nicht bewegen. - Da
rief Fairfax wuthentbrannt: "Wart', Graukopf! deinen
Starrsinn will ich beugen" - und zu einer Unterredung
mit ihm ward der tapfere Capel eingeladen, unter dem
Vorwande, General Fairfax habe ihm Dinge von Wich-
tigkeit mitzutheilen.

Nichts Arges ahndend erschien der Kommandant
im feindlichen Lager; aber welch ein Anblick, als er in
Fairfax Zelt trat und seinen Sohn vor sich sah -
entblößt bis auf den Gürtel, die Hände auf den Rük-
ken gebunden, und vor ihm vier Soldaten, deren zwei
ihm Dolche auf seine Brust zückten, die andern Beiden
mit gespannten Pistolen nach seinem Kopfe zielten. Er
stand starr und unbeweglich; Schrecken und Zorn raub-
ten ihm die Sprache. "Nun junger Held," höhnte Fair-
[Spaltenumbruch] fax, indem er sich gemächlich von seinem Feldstuhle er-
hob - "sagt Eurem Vater, wenn er Euch das Leben
erhalten wollte, so müßte er sich ergeben."

"Mein Vater," antwortete der junge Krieger stolz,
"ist zu verständig, als daß er meinen Rath bedürfte."

"Nun wohlan," sprach Fairfax, sich zu diesem
wendend, "entweder ergebt Euch auf rühmliche Bedin-
gungen, oder das Leben Eures Sohnes wird durch Eure
Hartnäckigkeit vor Euren Augen aufgeopfert."

Doch der edle Capel erhob mit Hoheit und Würde
sein gesenktes Haupt, und sprach mit herzerschütternder
Festigkeit: "Bedenke, mein Sohn, was du Gott und
dem Könige schuldig bist!" - Diese Worte wieder-
holte er mit Nachdruck noch einmal, schritt dann rasch
aus dem Zelte, und begab sich mit seinem Gefolge in
die Stadt zurück. -

Jetzt fühlte General Fairfax erst die Schändlichkeit
seines Benehmens. Schaamroth zerschnitt er selbst die
Bande seines Gefangenen, und schickte ihn ohne Löse-
geld dem Vater zurück.

Mit Freuden umarmte General Capel den wieder-
geschenkten Sohn; Glocester vertheidigte er aber so lange
vorsichtig und herzhaft, bis die Verstärkung, welche man
ihm senden wollte, von Cromwell geschlagen war, und
gänzlicher Mangel an Lebensmitteln ihn zur Uebergabe
nöthigten.



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459 Conversations=Blatt. 460

[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]
Miscellen.
Standhaftigkeit eines Kommandanten.

General Fairfax, der unter Cromwell die Armee
der Mißvergnügten in England kommandirte, hatte die
Stadt Glocester angegriffen. Sie war wohl befestigt,
und ihr muthiger Kommandant, Baron Capel, schlug
alle Angriffe des Feindes mit unerschütterlicher Stand-
haftigkeit ab.

Selbst als sein Sohn bei einem kühnen Ausfalle
gefangen wurde, bot er zwar dem General Fairfax ein
ansehnliches Lösegeld für dessen Freiheit, doch ihm an-
dere Vortheile, welche seiner Pflicht und Ehre zuwider
waren, einzuräumen, dazu ließ sich der seinen Sohn so
zärtlich liebende Vater durchaus nicht bewegen. – Da
rief Fairfax wuthentbrannt: „Wart', Graukopf! deinen
Starrsinn will ich beugen“ – und zu einer Unterredung
mit ihm ward der tapfere Capel eingeladen, unter dem
Vorwande, General Fairfax habe ihm Dinge von Wich-
tigkeit mitzutheilen.

Nichts Arges ahndend erschien der Kommandant
im feindlichen Lager; aber welch ein Anblick, als er in
Fairfax Zelt trat und seinen Sohn vor sich sah –
entblößt bis auf den Gürtel, die Hände auf den Rük-
ken gebunden, und vor ihm vier Soldaten, deren zwei
ihm Dolche auf seine Brust zückten, die andern Beiden
mit gespannten Pistolen nach seinem Kopfe zielten. Er
stand starr und unbeweglich; Schrecken und Zorn raub-
ten ihm die Sprache. „Nun junger Held,“ höhnte Fair-
[Spaltenumbruch] fax, indem er sich gemächlich von seinem Feldstuhle er-
hob – „sagt Eurem Vater, wenn er Euch das Leben
erhalten wollte, so müßte er sich ergeben.“

„Mein Vater,“ antwortete der junge Krieger stolz,
„ist zu verständig, als daß er meinen Rath bedürfte.“

„Nun wohlan,“ sprach Fairfax, sich zu diesem
wendend, „entweder ergebt Euch auf rühmliche Bedin-
gungen, oder das Leben Eures Sohnes wird durch Eure
Hartnäckigkeit vor Euren Augen aufgeopfert.“

Doch der edle Capel erhob mit Hoheit und Würde
sein gesenktes Haupt, und sprach mit herzerschütternder
Festigkeit: „Bedenke, mein Sohn, was du Gott und
dem Könige schuldig bist!“ – Diese Worte wieder-
holte er mit Nachdruck noch einmal, schritt dann rasch
aus dem Zelte, und begab sich mit seinem Gefolge in
die Stadt zurück. –

Jetzt fühlte General Fairfax erst die Schändlichkeit
seines Benehmens. Schaamroth zerschnitt er selbst die
Bande seines Gefangenen, und schickte ihn ohne Löse-
geld dem Vater zurück.

Mit Freuden umarmte General Capel den wieder-
geschenkten Sohn; Glocester vertheidigte er aber so lange
vorsichtig und herzhaft, bis die Verstärkung, welche man
ihm senden wollte, von Cromwell geschlagen war, und
gänzlicher Mangel an Lebensmitteln ihn zur Uebergabe
nöthigten.



[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 29. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt29_1837/8>, abgerufen am 21.11.2024.