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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 30. Burg/Berlin, 1837.

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475 Conversations=Blatt. 476
[Abbildung] Eisenbahn von Leipzig bis Althen.
[Beginn Spaltensatz]
Miscellen.
Eröffnung der Eisenbahn.

Der 24. April war der für Leipzig, für Sachsen,
für Deutschland denkwürdige Tag, an welchem - ein klei-
ner Anfang zu großem Fortschritt - die Eisenbahn-
strecke von Leipzig bis zum Dorfe Althen (2 1 / 4 Stunden
Weges) dem Publikum zum ersten Male eröffnet wurde.
Schon am frühen Morgen stand die versammelte Menge
erwartungsvoll da; Tausende von nah und fern, wie
sie der Orient und Occident zur Jubilatemesse zusam-
mengetrieben, wogten zu beiden Seiten der Linie hin
und her; die Anwesenheit eines Prinzen des Königl.
Hauses erhöhte die Festlichkeit des Ereignisses oder diente
zum Beleg, wie willig die Fürsten den großen Jnter-
essen der bürgerlichen Gesellschaft ihren Antheil schenken.
Ein Musikkorps jubelte, Kanonen signalisirten, die weiß-
grünen Nationalflaggen waren aufgesteckt, die blau und
schwarzen Fahnen der Kompagnie wehten, und " der
Blitz
" (Name der Locomotive) flog mit den fünf Wa-
gen hin und zurück. Die Fahrten wurden an demselben
und an dem folgenden Tage rasch und mit bestem Glück
mehrmals wiederholt. Ungefähr 230 Personen fuhren
jedesmal, bald schneller, bald langsamer, je nachdem man
die Dampfkraft verstärkte oder schwächte. Dem Con-
dukteur, einem Quäker aus England, kam es darauf an,
sich ganz als Herrn seiner Locomotive in jedem Bewe-
gungsakte zu zeigen; man fuhr die2 1 / 4 Stunden We-
ges bald in 14, bald in 17 Minuten. Bei einem grö-
ßeren Wagenzug wäre für die Kompagnie die Einnahme
bedeutender geworden; man hatte nur vier oder fünf
[Spaltenumbruch] Wagen angehängt, die Einnahme des Tags konnte nicht
über 400 Rthlr. betragen. Das auf beiden Seiten der
Bahnstrecke versammelte Publikum, war anfangs, wie
alle Deutschen, erwartungsvoll still, das großartige Schau-
spiel hatte auf die Menge fast eine drückende Wirkung;
nach und nach erholte man sich vom Staunen und ju-
belte laut. Alles hatte seine Meßstände verlassen, Jung
und Alt starrte dem Blitze nach, dessen Rauchsäule brau-
send in die Luft stieg. Es war ein kleiner Anfang zu
einer großen Nationalsache. "Wenn's einer sieht: gleich
hat er's weg!" sagte Göthe, und die Meßfremden wer-
den in ihrer Heimath zu erzählen wissen. Das schöne
Gelingen der Fahrt wird den Eifer der Eisenbahnbau-
ten in ganz Deutschland beleben. Die nürnberg=fürther
Bahn ist eine zu isolirte; die Wichtigkeit erwächst erst
durch das Jneinandergreifen von mehren Seiten. Man
spricht davon, daß die Bahn von Leipzig nach Halle
lebhaft betrieben werden soll.



Der Professor Taubmann zu Wittenberg gab einem
Studenten den Rath, wie er mit einem mäßigen Fuder
Holz den ganzen Winter auskommen könnte. Wenn Sie
ein Fuder haben, sagte er, so lassen Sie es unten im
Hofe liegen, wenn Sie nun zu frieren anfängt, so tra-
gen Sie ein Scheit nach dem andern auf den Boden,
bis Jhnen warm ist; wenn Sie darnach wieder friert,
so tragen Sie es wieder herunter in den Hof, bis Jh-
nen warm ist, auf solche Art können Sie sich mit einem
Fuder Holz den ganzen Winter hindurch erwärmen,
ohne ein Stück davon verbrannt zu haben.



[Ende Spaltensatz]
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[Abbildung] Eisenbahn von Leipzig bis Althen.
[Beginn Spaltensatz]
Miscellen.
Eröffnung der Eisenbahn.

Der 24. April war der für Leipzig, für Sachsen,
für Deutschland denkwürdige Tag, an welchem – ein klei-
ner Anfang zu großem Fortschritt – die Eisenbahn-
strecke von Leipzig bis zum Dorfe Althen (2 1 / 4 Stunden
Weges) dem Publikum zum ersten Male eröffnet wurde.
Schon am frühen Morgen stand die versammelte Menge
erwartungsvoll da; Tausende von nah und fern, wie
sie der Orient und Occident zur Jubilatemesse zusam-
mengetrieben, wogten zu beiden Seiten der Linie hin
und her; die Anwesenheit eines Prinzen des Königl.
Hauses erhöhte die Festlichkeit des Ereignisses oder diente
zum Beleg, wie willig die Fürsten den großen Jnter-
essen der bürgerlichen Gesellschaft ihren Antheil schenken.
Ein Musikkorps jubelte, Kanonen signalisirten, die weiß-
grünen Nationalflaggen waren aufgesteckt, die blau und
schwarzen Fahnen der Kompagnie wehten, und „ der
Blitz
“ (Name der Locomotive) flog mit den fünf Wa-
gen hin und zurück. Die Fahrten wurden an demselben
und an dem folgenden Tage rasch und mit bestem Glück
mehrmals wiederholt. Ungefähr 230 Personen fuhren
jedesmal, bald schneller, bald langsamer, je nachdem man
die Dampfkraft verstärkte oder schwächte. Dem Con-
dukteur, einem Quäker aus England, kam es darauf an,
sich ganz als Herrn seiner Locomotive in jedem Bewe-
gungsakte zu zeigen; man fuhr die2 1 / 4 Stunden We-
ges bald in 14, bald in 17 Minuten. Bei einem grö-
ßeren Wagenzug wäre für die Kompagnie die Einnahme
bedeutender geworden; man hatte nur vier oder fünf
[Spaltenumbruch] Wagen angehängt, die Einnahme des Tags konnte nicht
über 400 Rthlr. betragen. Das auf beiden Seiten der
Bahnstrecke versammelte Publikum, war anfangs, wie
alle Deutschen, erwartungsvoll still, das großartige Schau-
spiel hatte auf die Menge fast eine drückende Wirkung;
nach und nach erholte man sich vom Staunen und ju-
belte laut. Alles hatte seine Meßstände verlassen, Jung
und Alt starrte dem Blitze nach, dessen Rauchsäule brau-
send in die Luft stieg. Es war ein kleiner Anfang zu
einer großen Nationalsache. „Wenn's einer sieht: gleich
hat er's weg!“ sagte Göthe, und die Meßfremden wer-
den in ihrer Heimath zu erzählen wissen. Das schöne
Gelingen der Fahrt wird den Eifer der Eisenbahnbau-
ten in ganz Deutschland beleben. Die nürnberg=fürther
Bahn ist eine zu isolirte; die Wichtigkeit erwächst erst
durch das Jneinandergreifen von mehren Seiten. Man
spricht davon, daß die Bahn von Leipzig nach Halle
lebhaft betrieben werden soll.



Der Professor Taubmann zu Wittenberg gab einem
Studenten den Rath, wie er mit einem mäßigen Fuder
Holz den ganzen Winter auskommen könnte. Wenn Sie
ein Fuder haben, sagte er, so lassen Sie es unten im
Hofe liegen, wenn Sie nun zu frieren anfängt, so tra-
gen Sie ein Scheit nach dem andern auf den Boden,
bis Jhnen warm ist; wenn Sie darnach wieder friert,
so tragen Sie es wieder herunter in den Hof, bis Jh-
nen warm ist, auf solche Art können Sie sich mit einem
Fuder Holz den ganzen Winter hindurch erwärmen,
ohne ein Stück davon verbrannt zu haben.



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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 30. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt30_1837/8>, abgerufen am 23.11.2024.