Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.Bei der Auflösung des großen fränk. Reichs wurde Ober- und Mittel-I. in dieselbe Verwirrung wie Frankreich und Deutschland gestürzt; von 843 bis 875 herrschten die Karolinger Lothar I. und dessen Sohn Ludwig I., der letzte ital. Karolinger, worauf sich die franz. und deutschen Karolinger um die Krone stritten, langobard. u. fränkische Herzoge und Grafen sich unabhängig machten u. nach der Königskrone strebten, ohne daß jedoch ein einheimisches Haus eine Oberherrschaft begründen konnte. König Otto I. von Deutschland gründete von 951-961 die Herrschaft der deutschen Könige, indem er ihnen die Kaiserkrone erwarb und damit begannen die Anstrengungen der deutschen Könige, sich die Oberherrschaft über I. dauernd zu erwerben. Die Herrscher aus dem sächs. und salischen Hause kamen diesem Ziele nahe, obwohl die ital. Großen und Städte ihnen nur so lange anhingen, als sie die deutsche Hilfe gegen ihre einheimischen Feinde gebrauchen wollten, sonst aber sich mit Saracenen u. mit deren Besiegern, den Normannen sowie mit den Griechen, verbanden. Unter Kaiser Heinrich IV. brach die deutsche Macht in I. zusammen, die größeren Vasallen machten sich unabhängig, Unter-I. wurde ein normann. Königreich, welches die blühenden Handelsrepubliken Neapel, Gaeta u. Amalfi stürzte. In Ober-I. aber wurden Genua, Pisa und Venedig selbständige Republiken, welche sich statt der südital. des levantischen Handels bemächtigten, u. in der Lombardei errang sich die ganze Reihe der großen Städte republikanische Freiheit. Die größeren derselben suchten die kleineren zu unterwerfen, stärkten sich jedoch auch manchmal durch Bündnisse; den Adel nahmen sie in ihre Mitte auf, mit od. gegen dessen Willen, räumten ihm indessen anfänglich bedeutende Vorrechte ein. Diese Städte waren der Sitz der Industrie u. des größern Handels, welche im damaligen Europa einzig von I. betrieben wurden und deßwegen um so einträglicher sein mußten. Friedrich I., der Hohenstaufe, machte die größten Anstrengungen, I. der kaiserl. Herrschaft zu unterwerfen, scheiterte aber an dem lombard. Städtebunde, welcher von dem Papste unterstützt wurde und obwohl sein Sohn Heinrich VI. Neapel unterwarf u. Friedrich II. hauptsächlich mit ital. Streitkräften den Krieg gegen Papst und Lombarden führte, so ging doch das Geschlecht der Hohenstaufen in dem Kampfe unter. Nach der Eroberung Neapels durch Karl von Anjou u. dem Untergange Ezzelinos (s. d.) in der Lombardei war der letzte Haltpunkt der Ghibellinen (Anhänger des Kaisers in I.) verloren, der Sieg der Städte und des Guelfischen Adels (Guelfen hießen die Gegner des Kaisers) entschieden. Nun war aber auch von keinem gemeinschaftlichen Zusammenhalten mehr die Rede; in den Städten bekämpften sich Aristokraten und Demokraten und aus diesen Kämpfen gingen (wie im alten Griechenland Tyrannen) Fürsten hervor, z. B. die Visconti in Mailand, die Castrucci in Lucca, die Gonzaga in Mantua, die Este in Ferrara, die Polenta in Ravenna, die Scala in Verona u. s. w.; in Venedig bildete sich die rein aristokrat. Verfassung aus, Florenz wurde demokratisch u. in Mittel-I. übermächtig, s. Florenz. Die ital. Staaten beobachteten einander mit der größten Eifersucht, so daß keiner das Uebergewicht erlangte; Genua, Savoyen, Venedig, Mailand, Este, Florenz, der Papst und Neapel standen in der Vorderreihe und stellten durch Bündnisse u. Gegenbündnisse ein ital. Gleichgewicht her. Gleichzeitig blühte das mannigfaltige Gewerbe herrlicher als je, I. war der Mittelpunkt aller größeren Finanzoperationen jener Zeit, Venedig und Genua hatten den Handel mit der Levante und Ostindien durch ihre Verbindungen mit Aegypten und den Häfen des schwarzen Meeres in Händen (vergl. Genua). Während dieser Zeit erschlaffte aber der kriegerische Geist fast überall, Fürsten und Städte nahmen fremde, besonders deutsche und span. Söldner in Dienst, die für den Meistbietenden fochten, später, jedoch immer nur theilweise, von ital. Söldnerheeren ersetzt wurden (vgl. Condottieri). Die Ansprüche des franz. Königshauses auf Mailand und Neapel führten einen Krieg zwischen Frankreich, Spanien und Bei der Auflösung des großen fränk. Reichs wurde Ober- und Mittel-I. in dieselbe Verwirrung wie Frankreich und Deutschland gestürzt; von 843 bis 875 herrschten die Karolinger Lothar I. und dessen Sohn Ludwig I., der letzte ital. Karolinger, worauf sich die franz. und deutschen Karolinger um die Krone stritten, langobard. u. fränkische Herzoge und Grafen sich unabhängig machten u. nach der Königskrone strebten, ohne daß jedoch ein einheimisches Haus eine Oberherrschaft begründen konnte. König Otto I. von Deutschland gründete von 951–961 die Herrschaft der deutschen Könige, indem er ihnen die Kaiserkrone erwarb und damit begannen die Anstrengungen der deutschen Könige, sich die Oberherrschaft über I. dauernd zu erwerben. Die Herrscher aus dem sächs. und salischen Hause kamen diesem Ziele nahe, obwohl die ital. Großen und Städte ihnen nur so lange anhingen, als sie die deutsche Hilfe gegen ihre einheimischen Feinde gebrauchen wollten, sonst aber sich mit Saracenen u. mit deren Besiegern, den Normannen sowie mit den Griechen, verbanden. Unter Kaiser Heinrich IV. brach die deutsche Macht in I. zusammen, die größeren Vasallen machten sich unabhängig, Unter-I. wurde ein normann. Königreich, welches die blühenden Handelsrepubliken Neapel, Gaëta u. Amalfi stürzte. In Ober-I. aber wurden Genua, Pisa und Venedig selbständige Republiken, welche sich statt der südital. des levantischen Handels bemächtigten, u. in der Lombardei errang sich die ganze Reihe der großen Städte republikanische Freiheit. Die größeren derselben suchten die kleineren zu unterwerfen, stärkten sich jedoch auch manchmal durch Bündnisse; den Adel nahmen sie in ihre Mitte auf, mit od. gegen dessen Willen, räumten ihm indessen anfänglich bedeutende Vorrechte ein. Diese Städte waren der Sitz der Industrie u. des größern Handels, welche im damaligen Europa einzig von I. betrieben wurden und deßwegen um so einträglicher sein mußten. Friedrich I., der Hohenstaufe, machte die größten Anstrengungen, I. der kaiserl. Herrschaft zu unterwerfen, scheiterte aber an dem lombard. Städtebunde, welcher von dem Papste unterstützt wurde und obwohl sein Sohn Heinrich VI. Neapel unterwarf u. Friedrich II. hauptsächlich mit ital. Streitkräften den Krieg gegen Papst und Lombarden führte, so ging doch das Geschlecht der Hohenstaufen in dem Kampfe unter. Nach der Eroberung Neapels durch Karl von Anjou u. dem Untergange Ezzelinos (s. d.) in der Lombardei war der letzte Haltpunkt der Ghibellinen (Anhänger des Kaisers in I.) verloren, der Sieg der Städte und des Guelfischen Adels (Guelfen hießen die Gegner des Kaisers) entschieden. Nun war aber auch von keinem gemeinschaftlichen Zusammenhalten mehr die Rede; in den Städten bekämpften sich Aristokraten und Demokraten und aus diesen Kämpfen gingen (wie im alten Griechenland Tyrannen) Fürsten hervor, z. B. die Visconti in Mailand, die Castrucci in Lucca, die Gonzaga in Mantua, die Este in Ferrara, die Polenta in Ravenna, die Scala in Verona u. s. w.; in Venedig bildete sich die rein aristokrat. Verfassung aus, Florenz wurde demokratisch u. in Mittel-I. übermächtig, s. Florenz. Die ital. Staaten beobachteten einander mit der größten Eifersucht, so daß keiner das Uebergewicht erlangte; Genua, Savoyen, Venedig, Mailand, Este, Florenz, der Papst und Neapel standen in der Vorderreihe und stellten durch Bündnisse u. Gegenbündnisse ein ital. Gleichgewicht her. Gleichzeitig blühte das mannigfaltige Gewerbe herrlicher als je, I. war der Mittelpunkt aller größeren Finanzoperationen jener Zeit, Venedig und Genua hatten den Handel mit der Levante und Ostindien durch ihre Verbindungen mit Aegypten und den Häfen des schwarzen Meeres in Händen (vergl. Genua). Während dieser Zeit erschlaffte aber der kriegerische Geist fast überall, Fürsten und Städte nahmen fremde, besonders deutsche und span. Söldner in Dienst, die für den Meistbietenden fochten, später, jedoch immer nur theilweise, von ital. Söldnerheeren ersetzt wurden (vgl. Condottieri). Die Ansprüche des franz. 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Die Herrscher aus dem sächs. und salischen Hause kamen diesem Ziele nahe, obwohl die ital. Großen und Städte ihnen nur so lange anhingen, als sie die deutsche Hilfe gegen ihre einheimischen Feinde gebrauchen wollten, sonst aber sich mit Saracenen u. mit deren Besiegern, den Normannen sowie mit den Griechen, verbanden. Unter Kaiser Heinrich IV. brach die deutsche Macht in I. zusammen, die größeren Vasallen machten sich unabhängig, Unter-I. wurde ein normann. Königreich, welches die blühenden Handelsrepubliken Neapel, Gaëta u. Amalfi stürzte. In Ober-I. aber wurden Genua, Pisa und Venedig selbständige Republiken, welche sich statt der südital. des levantischen Handels bemächtigten, u. in der Lombardei errang sich die ganze Reihe der großen Städte republikanische Freiheit. Die größeren derselben suchten die kleineren zu unterwerfen, stärkten sich jedoch auch manchmal durch Bündnisse; den Adel nahmen sie in ihre Mitte auf, mit od. gegen dessen Willen, räumten ihm indessen anfänglich bedeutende Vorrechte ein. Diese Städte waren der Sitz der Industrie u. des größern Handels, welche im damaligen Europa einzig von I. betrieben wurden und deßwegen um so einträglicher sein mußten. Friedrich I., der Hohenstaufe, machte die größten Anstrengungen, I. der kaiserl. Herrschaft zu unterwerfen, scheiterte aber an dem lombard. Städtebunde, welcher von dem Papste unterstützt wurde und obwohl sein Sohn Heinrich VI. Neapel unterwarf u. Friedrich II. hauptsächlich mit ital. Streitkräften den Krieg gegen Papst und Lombarden führte, so ging doch das Geschlecht der Hohenstaufen in dem Kampfe unter. Nach der Eroberung Neapels durch Karl von Anjou u. dem Untergange Ezzelinos (s. d.) in der Lombardei war der letzte Haltpunkt der Ghibellinen (Anhänger des Kaisers in I.) verloren, der Sieg der Städte und des Guelfischen Adels (Guelfen hießen die Gegner des Kaisers) entschieden. Nun war aber auch von keinem gemeinschaftlichen Zusammenhalten mehr die Rede; in den Städten bekämpften sich Aristokraten und Demokraten und aus diesen Kämpfen gingen (wie im alten Griechenland Tyrannen) Fürsten hervor, z. B. die Visconti in Mailand, die Castrucci in Lucca, die Gonzaga in Mantua, die Este in Ferrara, die Polenta in Ravenna, die Scala in Verona u. s. w.; in Venedig bildete sich die rein aristokrat. Verfassung aus, Florenz wurde demokratisch u. in Mittel-I. übermächtig, s. Florenz. Die ital. Staaten beobachteten einander mit der größten Eifersucht, so daß keiner das Uebergewicht erlangte; Genua, Savoyen, Venedig, Mailand, Este, Florenz, der Papst und Neapel standen in der Vorderreihe und stellten durch Bündnisse u. Gegenbündnisse ein ital. Gleichgewicht her. Gleichzeitig blühte das mannigfaltige Gewerbe herrlicher als je, I. war der Mittelpunkt aller größeren Finanzoperationen jener Zeit, Venedig und Genua hatten den Handel mit der Levante und Ostindien durch ihre Verbindungen mit Aegypten und den Häfen des schwarzen Meeres in Händen (vergl. Genua). Während dieser Zeit erschlaffte aber der kriegerische Geist fast überall, Fürsten und Städte nahmen fremde, besonders deutsche und span. Söldner in Dienst, die für den Meistbietenden fochten, später, jedoch immer nur theilweise, von ital. Söldnerheeren ersetzt wurden (vgl. Condottieri). Die Ansprüche des franz. Königshauses auf Mailand und Neapel führten einen Krieg zwischen Frankreich, Spanien und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [449/0450]
Bei der Auflösung des großen fränk. Reichs wurde Ober- und Mittel-I. in dieselbe Verwirrung wie Frankreich und Deutschland gestürzt; von 843 bis 875 herrschten die Karolinger Lothar I. und dessen Sohn Ludwig I., der letzte ital. Karolinger, worauf sich die franz. und deutschen Karolinger um die Krone stritten, langobard. u. fränkische Herzoge und Grafen sich unabhängig machten u. nach der Königskrone strebten, ohne daß jedoch ein einheimisches Haus eine Oberherrschaft begründen konnte. König Otto I. von Deutschland gründete von 951–961 die Herrschaft der deutschen Könige, indem er ihnen die Kaiserkrone erwarb und damit begannen die Anstrengungen der deutschen Könige, sich die Oberherrschaft über I. dauernd zu erwerben. Die Herrscher aus dem sächs. und salischen Hause kamen diesem Ziele nahe, obwohl die ital. Großen und Städte ihnen nur so lange anhingen, als sie die deutsche Hilfe gegen ihre einheimischen Feinde gebrauchen wollten, sonst aber sich mit Saracenen u. mit deren Besiegern, den Normannen sowie mit den Griechen, verbanden. Unter Kaiser Heinrich IV. brach die deutsche Macht in I. zusammen, die größeren Vasallen machten sich unabhängig, Unter-I. wurde ein normann. Königreich, welches die blühenden Handelsrepubliken Neapel, Gaëta u. Amalfi stürzte. In Ober-I. aber wurden Genua, Pisa und Venedig selbständige Republiken, welche sich statt der südital. des levantischen Handels bemächtigten, u. in der Lombardei errang sich die ganze Reihe der großen Städte republikanische Freiheit. Die größeren derselben suchten die kleineren zu unterwerfen, stärkten sich jedoch auch manchmal durch Bündnisse; den Adel nahmen sie in ihre Mitte auf, mit od. gegen dessen Willen, räumten ihm indessen anfänglich bedeutende Vorrechte ein. Diese Städte waren der Sitz der Industrie u. des größern Handels, welche im damaligen Europa einzig von I. betrieben wurden und deßwegen um so einträglicher sein mußten. Friedrich I., der Hohenstaufe, machte die größten Anstrengungen, I. der kaiserl. Herrschaft zu unterwerfen, scheiterte aber an dem lombard. Städtebunde, welcher von dem Papste unterstützt wurde und obwohl sein Sohn Heinrich VI. Neapel unterwarf u. Friedrich II. hauptsächlich mit ital. Streitkräften den Krieg gegen Papst und Lombarden führte, so ging doch das Geschlecht der Hohenstaufen in dem Kampfe unter. Nach der Eroberung Neapels durch Karl von Anjou u. dem Untergange Ezzelinos (s. d.) in der Lombardei war der letzte Haltpunkt der Ghibellinen (Anhänger des Kaisers in I.) verloren, der Sieg der Städte und des Guelfischen Adels (Guelfen hießen die Gegner des Kaisers) entschieden. Nun war aber auch von keinem gemeinschaftlichen Zusammenhalten mehr die Rede; in den Städten bekämpften sich Aristokraten und Demokraten und aus diesen Kämpfen gingen (wie im alten Griechenland Tyrannen) Fürsten hervor, z. B. die Visconti in Mailand, die Castrucci in Lucca, die Gonzaga in Mantua, die Este in Ferrara, die Polenta in Ravenna, die Scala in Verona u. s. w.; in Venedig bildete sich die rein aristokrat. Verfassung aus, Florenz wurde demokratisch u. in Mittel-I. übermächtig, s. Florenz. Die ital. Staaten beobachteten einander mit der größten Eifersucht, so daß keiner das Uebergewicht erlangte; Genua, Savoyen, Venedig, Mailand, Este, Florenz, der Papst und Neapel standen in der Vorderreihe und stellten durch Bündnisse u. Gegenbündnisse ein ital. Gleichgewicht her. Gleichzeitig blühte das mannigfaltige Gewerbe herrlicher als je, I. war der Mittelpunkt aller größeren Finanzoperationen jener Zeit, Venedig und Genua hatten den Handel mit der Levante und Ostindien durch ihre Verbindungen mit Aegypten und den Häfen des schwarzen Meeres in Händen (vergl. Genua). Während dieser Zeit erschlaffte aber der kriegerische Geist fast überall, Fürsten und Städte nahmen fremde, besonders deutsche und span. Söldner in Dienst, die für den Meistbietenden fochten, später, jedoch immer nur theilweise, von ital. Söldnerheeren ersetzt wurden (vgl. Condottieri). Die Ansprüche des franz. Königshauses auf Mailand und Neapel führten einen Krieg zwischen Frankreich, Spanien und
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