Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.im Widerspruche mit der Religion, der Sitte und den Gesetzen des Staates, so kann weder Kirche noch Staat einen solchen Lehrer im Amte dulden, wenn sie ihre Pflicht erfüllen wollen; in dieser Beziehung waren die republikanischen Regierungen noch immer am strengsten. Lehrgedicht, didaktisches Gedicht, die Darstellung wissenschaftlicher oder praktischer Sätze in poetischer Form. Diese Dichtungsart gelingt selten, nimmt auch immer lyrische oder epische Episoden zu Hilfe und zieht in der Regel durch diese am meisten an. Man rechnet zu der didaktischen Poesie außer dem eigentlichen L. das beschreibende, die Satire, die poetische Epistel, die Fabel, Parabel, Allegorie, einige Arten des Epigramms. Vgl. Aesop, Campbell, Delisle, Lessing, Lucrez, Horaz etc. Lehrsatz, Theorem, ein aus den Grundsätzen einer Wissenschaft zu erweisender Satz. Leibbürge, s. Geisel. Leibeigenschaft, Leibeigenthum (Servage), mildere Form der Sklaverei, germanischen Ursprungs. Der Leibeigene ist mit seiner Person und seinem Eigenthume von seinem Herrn abhängig; er darf ohne den Willen des Herrn das Gut oder den Wohnsitz nicht verlassen, ohne dessen Erlaubniß keine Ehe eingehen, die Kinder zu keinem anderen Berufe als dem eigenen erziehen, muß bestimmte Dienste leisten und Abgaben entrichten u. ist körperlichen Züchtigungen durch den Herrn unterworfen. Jedoch waren diese Bestimmungen in der Regel nicht alle mit einander verbunden, die L. deßwegen eine strengere od. gelindere. Dieselbe ist gegenwärtig in allen europ. Staaten mit Ausnahme Rußlands aufgehoben. Ueber die verschiedenen Abgaben der Leibeigenen s. die einzelnen Artikel Ehrschatz, Besthaupt, Leibzins, Frohne etc. Leibgeding, 1) soviel wie Leibrente, jährliche Einkünfte auf Lebenszeit; 2) was ein Ehegatte dem überlebenden, namentlich der Mann der Frau, zur Nutznießung bestimmt auf lebenslang oder bis zur Wiederverheirathung (dos, vidualitium, douaire, Leibzucht, Witthum, dotalitium), bestehe das L. im Wohnungsrecht oder Nutznießung von Grundstücken od. Zinsgenuß von Kapitalien oder in Alimenten oder in Leibrenten; 3) vorbehaltene Rechte des Bauern, der sein Gut schon zu Lebzeiten in der Regel an seine Kinder abtritt; 4) auf Lebenszeit des Bauern geliehene Güter (Leibrecht, Schupf- und Falllehen). Leibgeld (laudemium, Ehrschatz, Auffahrt), Abgabe des neuen Lehnbauers an den Gutsherrn. Leibniz, Gottfr. Wilh., Freiherr von, keineswegs mit Unrecht der Aristoteles der neuern Zeit genannt, geb. 1646 zu Leipzig, der Sohn des Professors der Moral Friedrich L., bewährte schon im Knabenalter die Universalität seines Geistes, indem er die verschiedenartigsten Studien mit gleichem Eifer und Erfolg betrieb, bezog mit 15 Jahren bereits als Gelehrter die Universität, wurde 18jähr. durch seine früheste Schrift, die Abhandlung de principio individui, die für ungewöhnliche Kenntniß der mittelalterlichen Scholastiker Zeugniß ablegte, Baccalaureus der Philosophie, 2 Jahre später zu Altorf (Leipzig hatte ihn angeblich wegen seiner Jugend zurückgewiesen) Doctor der Rechte. Nachdem er bereits Schriftstellerruhm geärntet und in einer ars combinatoria versucht hatte, den Nutzen einer künstlichen Verbindung von Zahlen und Begriffen darzustellen und das Dasein Gottes mathematisch nachzuweisen, trieb er zu Nürnberg auch Alchemie, kam aber bald durch den kathol. gewordenen Grafen I. Ch. von Boineburg in die Dienste des Kurfürsten von Mainz, des berühmten von Schönborn. Schrieb eine neue Methode, die Rechtswissenschaft zu lehren und zu lernen, gab philosophische Werke heraus (theoria motus concreti, theoria motus abstracti) worin er bereits die Grundzüge seiner Monadologie entwickelte, schrieb nebenbei auch gegen den Socinianer Wissonatius und beschäftigte sich mit dem Plane, Ludwig XIV. zur Vernichtung der nordafrik. Seeräuberstaaten u. für die Eroberung Aegyptens zu gewinnen. L. richtete 1672 in Paris bei Ludwig XIV. nichts aus, wurde aber mit Malebranche, Cassini und besonders mit dem Mathematiker Huyghens bekannt, bald darauf zu London auch mit im Widerspruche mit der Religion, der Sitte und den Gesetzen des Staates, so kann weder Kirche noch Staat einen solchen Lehrer im Amte dulden, wenn sie ihre Pflicht erfüllen wollen; in dieser Beziehung waren die republikanischen Regierungen noch immer am strengsten. Lehrgedicht, didaktisches Gedicht, die Darstellung wissenschaftlicher oder praktischer Sätze in poetischer Form. Diese Dichtungsart gelingt selten, nimmt auch immer lyrische oder epische Episoden zu Hilfe und zieht in der Regel durch diese am meisten an. Man rechnet zu der didaktischen Poesie außer dem eigentlichen L. das beschreibende, die Satire, die poetische Epistel, die Fabel, Parabel, Allegorie, einige Arten des Epigramms. Vgl. Aesop, Campbell, Delisle, Lessing, Lucrez, Horaz etc. Lehrsatz, Theorem, ein aus den Grundsätzen einer Wissenschaft zu erweisender Satz. Leibbürge, s. Geisel. Leibeigenschaft, Leibeigenthum (Servage), mildere Form der Sklaverei, germanischen Ursprungs. Der Leibeigene ist mit seiner Person und seinem Eigenthume von seinem Herrn abhängig; er darf ohne den Willen des Herrn das Gut oder den Wohnsitz nicht verlassen, ohne dessen Erlaubniß keine Ehe eingehen, die Kinder zu keinem anderen Berufe als dem eigenen erziehen, muß bestimmte Dienste leisten und Abgaben entrichten u. ist körperlichen Züchtigungen durch den Herrn unterworfen. Jedoch waren diese Bestimmungen in der Regel nicht alle mit einander verbunden, die L. deßwegen eine strengere od. gelindere. Dieselbe ist gegenwärtig in allen europ. Staaten mit Ausnahme Rußlands aufgehoben. Ueber die verschiedenen Abgaben der Leibeigenen s. die einzelnen Artikel Ehrschatz, Besthaupt, Leibzins, Frohne etc. Leibgeding, 1) soviel wie Leibrente, jährliche Einkünfte auf Lebenszeit; 2) was ein Ehegatte dem überlebenden, namentlich der Mann der Frau, zur Nutznießung bestimmt auf lebenslang oder bis zur Wiederverheirathung (dos, vidualitium, douaire, Leibzucht, Witthum, dotalitium), bestehe das L. im Wohnungsrecht oder Nutznießung von Grundstücken od. Zinsgenuß von Kapitalien oder in Alimenten oder in Leibrenten; 3) vorbehaltene Rechte des Bauern, der sein Gut schon zu Lebzeiten in der Regel an seine Kinder abtritt; 4) auf Lebenszeit des Bauern geliehene Güter (Leibrecht, Schupf- und Falllehen). Leibgeld (laudemium, Ehrschatz, Auffahrt), Abgabe des neuen Lehnbauers an den Gutsherrn. Leibniz, Gottfr. Wilh., Freiherr von, keineswegs mit Unrecht der Aristoteles der neuern Zeit genannt, geb. 1646 zu Leipzig, der Sohn des Professors der Moral Friedrich L., bewährte schon im Knabenalter die Universalität seines Geistes, indem er die verschiedenartigsten Studien mit gleichem Eifer und Erfolg betrieb, bezog mit 15 Jahren bereits als Gelehrter die Universität, wurde 18jähr. durch seine früheste Schrift, die Abhandlung de principio individui, die für ungewöhnliche Kenntniß der mittelalterlichen Scholastiker Zeugniß ablegte, Baccalaureus der Philosophie, 2 Jahre später zu Altorf (Leipzig hatte ihn angeblich wegen seiner Jugend zurückgewiesen) Doctor der Rechte. Nachdem er bereits Schriftstellerruhm geärntet und in einer ars combinatoria versucht hatte, den Nutzen einer künstlichen Verbindung von Zahlen und Begriffen darzustellen und das Dasein Gottes mathematisch nachzuweisen, trieb er zu Nürnberg auch Alchemie, kam aber bald durch den kathol. gewordenen Grafen I. Ch. von Boineburg in die Dienste des Kurfürsten von Mainz, des berühmten von Schönborn. Schrieb eine neue Methode, die Rechtswissenschaft zu lehren und zu lernen, gab philosophische Werke heraus (theoria motus concreti, theoria motus abstracti) worin er bereits die Grundzüge seiner Monadologie entwickelte, schrieb nebenbei auch gegen den Socinianer Wissonatius und beschäftigte sich mit dem Plane, Ludwig XIV. zur Vernichtung der nordafrik. Seeräuberstaaten u. für die Eroberung Aegyptens zu gewinnen. 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Lehrgedicht, didaktisches Gedicht, die Darstellung wissenschaftlicher oder praktischer Sätze in poetischer Form. Diese Dichtungsart gelingt selten, nimmt auch immer lyrische oder epische Episoden zu Hilfe und zieht in der Regel durch diese am meisten an. Man rechnet zu der didaktischen Poesie außer dem eigentlichen L. das beschreibende, die Satire, die poetische Epistel, die Fabel, Parabel, Allegorie, einige Arten des Epigramms. Vgl. Aesop, Campbell, Delisle, Lessing, Lucrez, Horaz etc.
Lehrsatz, Theorem, ein aus den Grundsätzen einer Wissenschaft zu erweisender Satz.
Leibbürge, s. Geisel.
Leibeigenschaft, Leibeigenthum (Servage), mildere Form der Sklaverei, germanischen Ursprungs. Der Leibeigene ist mit seiner Person und seinem Eigenthume von seinem Herrn abhängig; er darf ohne den Willen des Herrn das Gut oder den Wohnsitz nicht verlassen, ohne dessen Erlaubniß keine Ehe eingehen, die Kinder zu keinem anderen Berufe als dem eigenen erziehen, muß bestimmte Dienste leisten und Abgaben entrichten u. ist körperlichen Züchtigungen durch den Herrn unterworfen. Jedoch waren diese Bestimmungen in der Regel nicht alle mit einander verbunden, die L. deßwegen eine strengere od. gelindere. Dieselbe ist gegenwärtig in allen europ. Staaten mit Ausnahme Rußlands aufgehoben. Ueber die verschiedenen Abgaben der Leibeigenen s. die einzelnen Artikel Ehrschatz, Besthaupt, Leibzins, Frohne etc.
Leibgeding, 1) soviel wie Leibrente, jährliche Einkünfte auf Lebenszeit; 2) was ein Ehegatte dem überlebenden, namentlich der Mann der Frau, zur Nutznießung bestimmt auf lebenslang oder bis zur Wiederverheirathung (dos, vidualitium, douaire, Leibzucht, Witthum, dotalitium), bestehe das L. im Wohnungsrecht oder Nutznießung von Grundstücken od. Zinsgenuß von Kapitalien oder in Alimenten oder in Leibrenten; 3) vorbehaltene Rechte des Bauern, der sein Gut schon zu Lebzeiten in der Regel an seine Kinder abtritt; 4) auf Lebenszeit des Bauern geliehene Güter (Leibrecht, Schupf- und Falllehen).
Leibgeld (laudemium, Ehrschatz, Auffahrt), Abgabe des neuen Lehnbauers an den Gutsherrn.
Leibniz, Gottfr. Wilh., Freiherr von, keineswegs mit Unrecht der Aristoteles der neuern Zeit genannt, geb. 1646 zu Leipzig, der Sohn des Professors der Moral Friedrich L., bewährte schon im Knabenalter die Universalität seines Geistes, indem er die verschiedenartigsten Studien mit gleichem Eifer und Erfolg betrieb, bezog mit 15 Jahren bereits als Gelehrter die Universität, wurde 18jähr. durch seine früheste Schrift, die Abhandlung de principio individui, die für ungewöhnliche Kenntniß der mittelalterlichen Scholastiker Zeugniß ablegte, Baccalaureus der Philosophie, 2 Jahre später zu Altorf (Leipzig hatte ihn angeblich wegen seiner Jugend zurückgewiesen) Doctor der Rechte. Nachdem er bereits Schriftstellerruhm geärntet und in einer ars combinatoria versucht hatte, den Nutzen einer künstlichen Verbindung von Zahlen und Begriffen darzustellen und das Dasein Gottes mathematisch nachzuweisen, trieb er zu Nürnberg auch Alchemie, kam aber bald durch den kathol. gewordenen Grafen I. Ch. von Boineburg in die Dienste des Kurfürsten von Mainz, des berühmten von Schönborn. Schrieb eine neue Methode, die Rechtswissenschaft zu lehren und zu lernen, gab philosophische Werke heraus (theoria motus concreti, theoria motus abstracti) worin er bereits die Grundzüge seiner Monadologie entwickelte, schrieb nebenbei auch gegen den Socinianer Wissonatius und beschäftigte sich mit dem Plane, Ludwig XIV. zur Vernichtung der nordafrik. Seeräuberstaaten u. für die Eroberung Aegyptens zu gewinnen. L. richtete 1672 in Paris bei Ludwig XIV. nichts aus, wurde aber mit Malebranche, Cassini und besonders mit dem Mathematiker Huyghens bekannt, bald darauf zu London auch mit
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