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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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97, auch 1848 erwiesen, sie ist daher in neuester Zeit sehr verstärkt worden.


Peseta, spanische Silbermünze = 9 Sgr. = 26 kr. C.-M., mexik. = 11 1/2 Sgr. = 33 kr. C.-M.


Peso, ital., Gewicht; als specielles Gewicht = 23 Zollpfd.; p. grosso = 5 Zollctr. 601/8 Pfd. - P. (duro), der span. Piaster; p. de plato, Silber-P., span. Rechnungsmünze = 1 Thlr. = 1 fl. 30 kr. C.-M.


Pessarium, lat., Mutterkranz, Instrument, um den herabgesunkenen Uterus zurückzuhalten.


Pessimismus, s. Optimismus.


Pest (vom lat. pestis, Seuche), orientalische P. - eine mit dem Typhus verwandte, höchst ansteckende und tödtliche Krankheit, deren Hauptsymptome neben den allgemeinen eines nervösen Fiebers, Anschwellen der Leistendrüsen, Entstehung von Carbunkeln und subcutanen Blutextravasaten, Petechien etc., sind. Prognose wie bei allen Weltseuchen höchst gefährlich. Die entschieden wirksamsten Mittel sind die Vorsichtsmaßregeln der öffentlichen Gesundheitspflege - im Orient leider nicht anwendbar. Die Behandlung der P. selbst ist die verschiedenartigste wie bei der Cholera, die heftigen Fälle sind unheilbar. Vaterland der P. ist der Orient; ihr erstes Auftreten fällt in das Jahr 541 n. Chr.: sie soll sich von Aethiopien über Aegypten nach Europa verbreitet haben. Ob die spätern großen Seuchen bis zum 16. Jahrh. alle großentheils oder welche davon der P. angehört haben, ist zweifelhaft. Große Pestilenzjahre für Europa waren: 1186, 1283, 1308 und 1309. Weit verbreitet war die ächte orientalische P. im 16. Jahrh. durch ganz Europa, ebenso im 17. Jahrh. Seit der Mitte des 18. Jahrh. ist die P. - Dank den österreich. Contumazanstalten - in Deutschland nicht mehr aufgetreten.


Pestalozzi, Joh. Heinrich, geb. 1746 zu Zürich, gest. 1827 zu Brugg im Aargau, der berühmteste Pädagog der Neuzeit, ein Mann von dem edelsten Willen beseelt, aber bis an das Grab von Leiden u. Enttäuschungen verfolgt. Als Rationalist vermochte er seinem Systeme der Erziehung die positive religiöse Grundlage nicht zu geben, verkannte er die innerste Natur des Menschen und glaubte denselben durch die Erziehung nach den von Rousseau, Basedow u. ihm selbst aufgestellten Grundsätzen zu einem guten Bürger für Erde und Himmel heranbilden zu können. Als Methodiker verlor er sich wie die meisten Autodidakten in einseitiger, beschränkter Richtung, durch seine Unkenntniß der Menschen aber u. seine vielmal selbst eingestandene Unfähigkeit, die Direction und öconomische Verwaltung eines Instituts zu führen, bereitete er sich viele Nachtheile und Bitterkeiten. P.s Hauptverdienst besteht in der mächtigen Anregung des Zeitgeistes für Unterricht u. Erziehung, sodann in der Aufstellung der methodischen Hauptgrundsätze: 1) die Anschauung des Gegenstandes müsse in steter Verbindung mit dem Unterrichte über denselben sein; 2) der Fortschritt im Unterrichte geschehe lückenlos vom Einfachen zum Zusammengesetzten, vom Leichten zum Schweren. Indem man diese beiden Grundsätze als wahr anerkennt, muß man doch zugeben, daß der erste sich nicht auf jeder Stufe des Unterrichts durchführen läßt u. der zweite zur größten Pedanterei führt, wenn man der Auffassung des Schülers durch die Aufstellung eines sog. lückenlosen Systems Zwang anthut (wie dies von P. und vielen seiner Schüler geschah). Die Idee der Armenschulen (s. d.) griff P. mit Begeisterung auf, vermochte es zwar nicht sie durchzuführen, erlebte jedoch die Freude, daß es seinem Nachbar Fellenberg in Hofwyl gelang. - P. studierte zuerst Theologie, dann Rechtswissenschaft, wurde namentlich durch Rousseau u. Basedow für die Reformation des Menschengeschlechts durch die Jugenderziehung begeistert, gründete aus verwilderten Grundstücken bei Birr (im Aargau) sein Gut Neuhof, nahm darin 50 verwahrloste Kinder auf, wurde ihr Ernährer, Erzieher und Lehrer, verlor aber fast sein ganzes Vermögen eben sowohl durch seine öconomischen Fehler als durch die Untreue Anderer. Von 1798 auf 99 verpflegte er 80 Kinder zu Stanz, welche bei der Eroberung Nidwaldens durch die Franzosen Waisen oder Bettler geworden

97, auch 1848 erwiesen, sie ist daher in neuester Zeit sehr verstärkt worden.


Peseta, spanische Silbermünze = 9 Sgr. = 26 kr. C.-M., mexik. = 11 1/2 Sgr. = 33 kr. C.-M.


Peso, ital., Gewicht; als specielles Gewicht = 23 Zollpfd.; p. grosso = 5 Zollctr. 601/8 Pfd. – P. (duro), der span. Piaster; p. de plato, Silber-P., span. Rechnungsmünze = 1 Thlr. = 1 fl. 30 kr. C.-M.


Pessarium, lat., Mutterkranz, Instrument, um den herabgesunkenen Uterus zurückzuhalten.


Pessimismus, s. Optimismus.


Pest (vom lat. pestis, Seuche), orientalische P. – eine mit dem Typhus verwandte, höchst ansteckende und tödtliche Krankheit, deren Hauptsymptome neben den allgemeinen eines nervösen Fiebers, Anschwellen der Leistendrüsen, Entstehung von Carbunkeln und subcutanen Blutextravasaten, Petechien etc., sind. Prognose wie bei allen Weltseuchen höchst gefährlich. Die entschieden wirksamsten Mittel sind die Vorsichtsmaßregeln der öffentlichen Gesundheitspflege – im Orient leider nicht anwendbar. Die Behandlung der P. selbst ist die verschiedenartigste wie bei der Cholera, die heftigen Fälle sind unheilbar. Vaterland der P. ist der Orient; ihr erstes Auftreten fällt in das Jahr 541 n. Chr.: sie soll sich von Aethiopien über Aegypten nach Europa verbreitet haben. Ob die spätern großen Seuchen bis zum 16. Jahrh. alle großentheils oder welche davon der P. angehört haben, ist zweifelhaft. Große Pestilenzjahre für Europa waren: 1186, 1283, 1308 und 1309. Weit verbreitet war die ächte orientalische P. im 16. Jahrh. durch ganz Europa, ebenso im 17. Jahrh. Seit der Mitte des 18. Jahrh. ist die P. – Dank den österreich. Contumazanstalten – in Deutschland nicht mehr aufgetreten.


Pestalozzi, Joh. Heinrich, geb. 1746 zu Zürich, gest. 1827 zu Brugg im Aargau, der berühmteste Pädagog der Neuzeit, ein Mann von dem edelsten Willen beseelt, aber bis an das Grab von Leiden u. Enttäuschungen verfolgt. Als Rationalist vermochte er seinem Systeme der Erziehung die positive religiöse Grundlage nicht zu geben, verkannte er die innerste Natur des Menschen und glaubte denselben durch die Erziehung nach den von Rousseau, Basedow u. ihm selbst aufgestellten Grundsätzen zu einem guten Bürger für Erde und Himmel heranbilden zu können. Als Methodiker verlor er sich wie die meisten Autodidakten in einseitiger, beschränkter Richtung, durch seine Unkenntniß der Menschen aber u. seine vielmal selbst eingestandene Unfähigkeit, die Direction und öconomische Verwaltung eines Instituts zu führen, bereitete er sich viele Nachtheile und Bitterkeiten. P.s Hauptverdienst besteht in der mächtigen Anregung des Zeitgeistes für Unterricht u. Erziehung, sodann in der Aufstellung der methodischen Hauptgrundsätze: 1) die Anschauung des Gegenstandes müsse in steter Verbindung mit dem Unterrichte über denselben sein; 2) der Fortschritt im Unterrichte geschehe lückenlos vom Einfachen zum Zusammengesetzten, vom Leichten zum Schweren. Indem man diese beiden Grundsätze als wahr anerkennt, muß man doch zugeben, daß der erste sich nicht auf jeder Stufe des Unterrichts durchführen läßt u. der zweite zur größten Pedanterei führt, wenn man der Auffassung des Schülers durch die Aufstellung eines sog. lückenlosen Systems Zwang anthut (wie dies von P. und vielen seiner Schüler geschah). Die Idee der Armenschulen (s. d.) griff P. mit Begeisterung auf, vermochte es zwar nicht sie durchzuführen, erlebte jedoch die Freude, daß es seinem Nachbar Fellenberg in Hofwyl gelang. – P. studierte zuerst Theologie, dann Rechtswissenschaft, wurde namentlich durch Rousseau u. Basedow für die Reformation des Menschengeschlechts durch die Jugenderziehung begeistert, gründete aus verwilderten Grundstücken bei Birr (im Aargau) sein Gut Neuhof, nahm darin 50 verwahrloste Kinder auf, wurde ihr Ernährer, Erzieher und Lehrer, verlor aber fast sein ganzes Vermögen eben sowohl durch seine öconomischen Fehler als durch die Untreue Anderer. Von 1798 auf 99 verpflegte er 80 Kinder zu Stanz, welche bei der Eroberung Nidwaldens durch die Franzosen Waisen oder Bettler geworden

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[502/0503] 97, auch 1848 erwiesen, sie ist daher in neuester Zeit sehr verstärkt worden. Peseta, spanische Silbermünze = 9 Sgr. = 26 kr. C.-M., mexik. = 11 1/2 Sgr. = 33 kr. C.-M. Peso, ital., Gewicht; als specielles Gewicht = 23 Zollpfd.; p. grosso = 5 Zollctr. 601/8 Pfd. – P. (duro), der span. Piaster; p. de plato, Silber-P., span. Rechnungsmünze = 1 Thlr. = 1 fl. 30 kr. C.-M. Pessarium, lat., Mutterkranz, Instrument, um den herabgesunkenen Uterus zurückzuhalten. Pessimismus, s. Optimismus. Pest (vom lat. pestis, Seuche), orientalische P. – eine mit dem Typhus verwandte, höchst ansteckende und tödtliche Krankheit, deren Hauptsymptome neben den allgemeinen eines nervösen Fiebers, Anschwellen der Leistendrüsen, Entstehung von Carbunkeln und subcutanen Blutextravasaten, Petechien etc., sind. Prognose wie bei allen Weltseuchen höchst gefährlich. Die entschieden wirksamsten Mittel sind die Vorsichtsmaßregeln der öffentlichen Gesundheitspflege – im Orient leider nicht anwendbar. Die Behandlung der P. selbst ist die verschiedenartigste wie bei der Cholera, die heftigen Fälle sind unheilbar. Vaterland der P. ist der Orient; ihr erstes Auftreten fällt in das Jahr 541 n. Chr.: sie soll sich von Aethiopien über Aegypten nach Europa verbreitet haben. Ob die spätern großen Seuchen bis zum 16. Jahrh. alle großentheils oder welche davon der P. angehört haben, ist zweifelhaft. Große Pestilenzjahre für Europa waren: 1186, 1283, 1308 und 1309. Weit verbreitet war die ächte orientalische P. im 16. Jahrh. durch ganz Europa, ebenso im 17. Jahrh. Seit der Mitte des 18. Jahrh. ist die P. – Dank den österreich. Contumazanstalten – in Deutschland nicht mehr aufgetreten. Pestalozzi, Joh. Heinrich, geb. 1746 zu Zürich, gest. 1827 zu Brugg im Aargau, der berühmteste Pädagog der Neuzeit, ein Mann von dem edelsten Willen beseelt, aber bis an das Grab von Leiden u. Enttäuschungen verfolgt. Als Rationalist vermochte er seinem Systeme der Erziehung die positive religiöse Grundlage nicht zu geben, verkannte er die innerste Natur des Menschen und glaubte denselben durch die Erziehung nach den von Rousseau, Basedow u. ihm selbst aufgestellten Grundsätzen zu einem guten Bürger für Erde und Himmel heranbilden zu können. Als Methodiker verlor er sich wie die meisten Autodidakten in einseitiger, beschränkter Richtung, durch seine Unkenntniß der Menschen aber u. seine vielmal selbst eingestandene Unfähigkeit, die Direction und öconomische Verwaltung eines Instituts zu führen, bereitete er sich viele Nachtheile und Bitterkeiten. P.s Hauptverdienst besteht in der mächtigen Anregung des Zeitgeistes für Unterricht u. Erziehung, sodann in der Aufstellung der methodischen Hauptgrundsätze: 1) die Anschauung des Gegenstandes müsse in steter Verbindung mit dem Unterrichte über denselben sein; 2) der Fortschritt im Unterrichte geschehe lückenlos vom Einfachen zum Zusammengesetzten, vom Leichten zum Schweren. Indem man diese beiden Grundsätze als wahr anerkennt, muß man doch zugeben, daß der erste sich nicht auf jeder Stufe des Unterrichts durchführen läßt u. der zweite zur größten Pedanterei führt, wenn man der Auffassung des Schülers durch die Aufstellung eines sog. lückenlosen Systems Zwang anthut (wie dies von P. und vielen seiner Schüler geschah). Die Idee der Armenschulen (s. d.) griff P. mit Begeisterung auf, vermochte es zwar nicht sie durchzuführen, erlebte jedoch die Freude, daß es seinem Nachbar Fellenberg in Hofwyl gelang. – P. studierte zuerst Theologie, dann Rechtswissenschaft, wurde namentlich durch Rousseau u. Basedow für die Reformation des Menschengeschlechts durch die Jugenderziehung begeistert, gründete aus verwilderten Grundstücken bei Birr (im Aargau) sein Gut Neuhof, nahm darin 50 verwahrloste Kinder auf, wurde ihr Ernährer, Erzieher und Lehrer, verlor aber fast sein ganzes Vermögen eben sowohl durch seine öconomischen Fehler als durch die Untreue Anderer. Von 1798 auf 99 verpflegte er 80 Kinder zu Stanz, welche bei der Eroberung Nidwaldens durch die Franzosen Waisen oder Bettler geworden

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/503>, abgerufen am 22.11.2024.