Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.Bedeutung; aus der traurigen Wirklichkeit in die Welt der Ideen fliehend, erhob er sich vielfach über das gesammte Heidenthum u. ahnte nicht nur den einen persönlichen Gott als den Schöpfer und Herrn der Welt, sondern lieferte Wahrscheinlichkeitsbeweise für die Unsterblichkeit der Seele (Phädon), über welche hinaus die Philosophie kaum mehr einen wesentlichen Fortschritt machte, gab nicht minder die Grundlage der noch jetzt herrschenden Psychologie und durch viele neue u. tiefe Gedanken der Philosophie und der Wissenschaft überhaupt einen Anstoß, dessen erste Frucht Aristoteles repräsentiert u. dessen Wirksamkeit noch jetzt fortdauert. Obwohl für das Streben P.s nach systematischer Kraft Zeugnisse in Hülle u. Fülle vorliegen, wird sich doch aus seinen Dialogen (Protagoras, Gorgias, Theätet, der Sophist, Parmenides, Phädrus und Symposion, Phädon, Philebus, Republik, Timäus u. a. von geringerem Werthe) nimmermehr ein harmonisches System zusammenfügen lassen. In der Dialektik handelt P. von den Ideen; diese sind objectiv die Urbilder der Erscheinungswelt, unkörperliche u. unräumliche Einzelnheiten, von Ewigkeit her in ihrer Gesammtheit als Ideenwelt existirend; subjectiv die nicht aus der Erfahrung abzuleitenden Principien des Wissens, angeborne Regulative des Erkennens, im Ganzen das Gemeinsame im Mannigfaltigen, das Allgemeine im Einzelnen, das Eine, Beharrliche und allein Wirkliche im Vielen, Wechselnden und Nichtseienden d. h. in der Materie. Es gibt nicht nur Ideen des Guten, Schönen und Wahren, sondern eine Idee ist überall da, wo ein Art- od. Gattungsbegriff vorhanden liegt. Die höchste Idee u. zugleich der letzte Grund alles Seins und Erkennens, das Princip der Vereinigung des Eins und Vielen, Seins u. Werden ist die Idee des Guten, welche P. bald pantheistisch schaut, indem er sie z. B. mit der Sonne vergleicht, bald, namentlich in seiner pythagoräisirenden Physik (Timäus) als bewegendes und überlegendes Princip der Weltschöpfung auffaßt. Die Welt ist ein Abbild der Idee des Guten, ein Werk der göttlichen Neidlosigkeit; der Gedanke, daß die moralische Welt sich ideengemäß zu gestalten habe, der Geist von seinem Leibe oder von der Sinnlichkeit sich befreien und gottähnlich und dadurch glückselig werden müsse, ist der rothe Faden der p.ischen Ethik. Hier aber treten die Todesschatten der vorchristlichen Welt auch bei P. grell hervor, vor allem in der reifsten Frucht der p.ischen Speculation, im Gottesstaate des Heidenthums, nämlich in der Republik. Nicht nur daß die Tugend sokratisch als ein Wissen aufgefaßt wird, das durch bloßen Unterricht beigebracht werden könne, sondern P. mag in seinem Staatsideal, welches er als im Himmel vorhandenes Urbild anpreist, durchaus nichts von subjectiver Freiheit wissen. Der Staat ist Alles; sich dem Staate unbedingt hinzugeben u. zu opfern, heißt des Einzelnen vornehmste Pflicht und höchste Tugend. Güter und Weiber sind Gemeingut; weil jeder lediglich deßhalb ein Recht besitzt, auf der Welt zu sein, insofern er Staatsbürger ist, so hat der Staat auch über Erziehung, Lebensberuf, Verheirathung u. Kinderzeugung des Einzelnen alles zu bestimmen. Zwar wird der Staat als sittlicher Organismus aufgefaßt u. näher so, daß der vornehmste, der Lehrstand od. der der Philosophen, die Vernunft, Wissenschaft und Weisheit repräsentiert und Gesetze gibt, der Wehrstand oder der der Krieger, dessen wesentlichste Eigenschaft der Muth und höchste Tugend die Tapferkeit d. h. der Kampf gegen Luft u. Unlust wie für die Verfassung ist, dem Lehrstand, der 3. Stand od. Nährstand allen beiden untergeordnet erscheint, zumal dieser das sinnliche Begehren repräsentiert, sich mit dem Gewerbsbetrieb, Ackerbau, Viehzucht u. s. w. befaßt und in der Mäßigung d. h. im Gehorchen übt. Auch soll zwar der Lebensberuf eines Jeden seinen natürlichen Anlagen entsprechen u. im harmonischen Zusammenwirken aller 3 Stände für Verwirklichung des Staatszweckes die Tugend der Gerechtigkeit, die Ordnerin u. Einheit aller andern bestehen; allein mit diesen schönen Ideen vertragen sich bei P. Aussetzung schwacher Kinder, Nichtpflege der Bedeutung; aus der traurigen Wirklichkeit in die Welt der Ideen fliehend, erhob er sich vielfach über das gesammte Heidenthum u. ahnte nicht nur den einen persönlichen Gott als den Schöpfer und Herrn der Welt, sondern lieferte Wahrscheinlichkeitsbeweise für die Unsterblichkeit der Seele (Phädon), über welche hinaus die Philosophie kaum mehr einen wesentlichen Fortschritt machte, gab nicht minder die Grundlage der noch jetzt herrschenden Psychologie und durch viele neue u. tiefe Gedanken der Philosophie und der Wissenschaft überhaupt einen Anstoß, dessen erste Frucht Aristoteles repräsentiert u. dessen Wirksamkeit noch jetzt fortdauert. Obwohl für das Streben P.s nach systematischer Kraft Zeugnisse in Hülle u. Fülle vorliegen, wird sich doch aus seinen Dialogen (Protagoras, Gorgias, Theätet, der Sophist, Parmenides, Phädrus und Symposion, Phädon, Philebus, Republik, Timäus u. a. von geringerem Werthe) nimmermehr ein harmonisches System zusammenfügen lassen. In der Dialektik handelt P. von den Ideen; diese sind objectiv die Urbilder der Erscheinungswelt, unkörperliche u. unräumliche Einzelnheiten, von Ewigkeit her in ihrer Gesammtheit als Ideenwelt existirend; subjectiv die nicht aus der Erfahrung abzuleitenden Principien des Wissens, angeborne Regulative des Erkennens, im Ganzen das Gemeinsame im Mannigfaltigen, das Allgemeine im Einzelnen, das Eine, Beharrliche und allein Wirkliche im Vielen, Wechselnden und Nichtseienden d. h. in der Materie. Es gibt nicht nur Ideen des Guten, Schönen und Wahren, sondern eine Idee ist überall da, wo ein Art- od. Gattungsbegriff vorhanden liegt. Die höchste Idee u. zugleich der letzte Grund alles Seins und Erkennens, das Princip der Vereinigung des Eins und Vielen, Seins u. Werden ist die Idee des Guten, welche P. bald pantheistisch schaut, indem er sie z. B. mit der Sonne vergleicht, bald, namentlich in seiner pythagoräisirenden Physik (Timäus) als bewegendes und überlegendes Princip der Weltschöpfung auffaßt. Die Welt ist ein Abbild der Idee des Guten, ein Werk der göttlichen Neidlosigkeit; der Gedanke, daß die moralische Welt sich ideengemäß zu gestalten habe, der Geist von seinem Leibe oder von der Sinnlichkeit sich befreien und gottähnlich und dadurch glückselig werden müsse, ist der rothe Faden der p.ischen Ethik. Hier aber treten die Todesschatten der vorchristlichen Welt auch bei P. grell hervor, vor allem in der reifsten Frucht der p.ischen Speculation, im Gottesstaate des Heidenthums, nämlich in der Republik. Nicht nur daß die Tugend sokratisch als ein Wissen aufgefaßt wird, das durch bloßen Unterricht beigebracht werden könne, sondern P. mag in seinem Staatsideal, welches er als im Himmel vorhandenes Urbild anpreist, durchaus nichts von subjectiver Freiheit wissen. Der Staat ist Alles; sich dem Staate unbedingt hinzugeben u. zu opfern, heißt des Einzelnen vornehmste Pflicht und höchste Tugend. Güter und Weiber sind Gemeingut; weil jeder lediglich deßhalb ein Recht besitzt, auf der Welt zu sein, insofern er Staatsbürger ist, so hat der Staat auch über Erziehung, Lebensberuf, Verheirathung u. Kinderzeugung des Einzelnen alles zu bestimmen. Zwar wird der Staat als sittlicher Organismus aufgefaßt u. näher so, daß der vornehmste, der Lehrstand od. der der Philosophen, die Vernunft, Wissenschaft und Weisheit repräsentiert und Gesetze gibt, der Wehrstand oder der der Krieger, dessen wesentlichste Eigenschaft der Muth und höchste Tugend die Tapferkeit d. h. der Kampf gegen Luft u. Unlust wie für die Verfassung ist, dem Lehrstand, der 3. Stand od. Nährstand allen beiden untergeordnet erscheint, zumal dieser das sinnliche Begehren repräsentiert, sich mit dem Gewerbsbetrieb, Ackerbau, Viehzucht u. s. w. befaßt und in der Mäßigung d. h. im Gehorchen übt. Auch soll zwar der Lebensberuf eines Jeden seinen natürlichen Anlagen entsprechen u. im harmonischen Zusammenwirken aller 3 Stände für Verwirklichung des Staatszweckes die Tugend der Gerechtigkeit, die Ordnerin u. Einheit aller andern bestehen; allein mit diesen schönen Ideen vertragen sich bei P. 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Fülle vorliegen, wird sich doch aus seinen Dialogen (Protagoras, Gorgias, Theätet, der Sophist, Parmenides, Phädrus und Symposion, Phädon, Philebus, Republik, Timäus u. a. von geringerem Werthe) nimmermehr ein harmonisches System zusammenfügen lassen. In der <hi rendition="#g">Dialektik</hi> handelt P. von den Ideen; diese sind objectiv die Urbilder der Erscheinungswelt, unkörperliche u. unräumliche Einzelnheiten, von Ewigkeit her in ihrer Gesammtheit als <hi rendition="#g">Ideenwelt</hi> existirend; subjectiv die nicht aus der Erfahrung abzuleitenden Principien des Wissens, angeborne Regulative des Erkennens, im Ganzen das Gemeinsame im Mannigfaltigen, das Allgemeine im Einzelnen, das Eine, Beharrliche und allein Wirkliche im Vielen, Wechselnden und Nichtseienden d. h. in der Materie. Es gibt nicht nur Ideen des Guten, Schönen und Wahren, sondern eine Idee ist überall da, wo ein Art- od. Gattungsbegriff vorhanden liegt. 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Bedeutung; aus der traurigen Wirklichkeit in die Welt der Ideen fliehend, erhob er sich vielfach über das gesammte Heidenthum u. ahnte nicht nur den einen persönlichen Gott als den Schöpfer und Herrn der Welt, sondern lieferte Wahrscheinlichkeitsbeweise für die Unsterblichkeit der Seele (Phädon), über welche hinaus die Philosophie kaum mehr einen wesentlichen Fortschritt machte, gab nicht minder die Grundlage der noch jetzt herrschenden Psychologie und durch viele neue u. tiefe Gedanken der Philosophie und der Wissenschaft überhaupt einen Anstoß, dessen erste Frucht Aristoteles repräsentiert u. dessen Wirksamkeit noch jetzt fortdauert. Obwohl für das Streben P.s nach systematischer Kraft Zeugnisse in Hülle u. Fülle vorliegen, wird sich doch aus seinen Dialogen (Protagoras, Gorgias, Theätet, der Sophist, Parmenides, Phädrus und Symposion, Phädon, Philebus, Republik, Timäus u. a. von geringerem Werthe) nimmermehr ein harmonisches System zusammenfügen lassen. In der Dialektik handelt P. von den Ideen; diese sind objectiv die Urbilder der Erscheinungswelt, unkörperliche u. unräumliche Einzelnheiten, von Ewigkeit her in ihrer Gesammtheit als Ideenwelt existirend; subjectiv die nicht aus der Erfahrung abzuleitenden Principien des Wissens, angeborne Regulative des Erkennens, im Ganzen das Gemeinsame im Mannigfaltigen, das Allgemeine im Einzelnen, das Eine, Beharrliche und allein Wirkliche im Vielen, Wechselnden und Nichtseienden d. h. in der Materie. Es gibt nicht nur Ideen des Guten, Schönen und Wahren, sondern eine Idee ist überall da, wo ein Art- od. Gattungsbegriff vorhanden liegt. Die höchste Idee u. zugleich der letzte Grund alles Seins und Erkennens, das Princip der Vereinigung des Eins und Vielen, Seins u. Werden ist die Idee des Guten, welche P. bald pantheistisch schaut, indem er sie z. B. mit der Sonne vergleicht, bald, namentlich in seiner pythagoräisirenden Physik (Timäus) als bewegendes und überlegendes Princip der Weltschöpfung auffaßt. Die Welt ist ein Abbild der Idee des Guten, ein Werk der göttlichen Neidlosigkeit; der Gedanke, daß die moralische Welt sich ideengemäß zu gestalten habe, der Geist von seinem Leibe oder von der Sinnlichkeit sich befreien und gottähnlich und dadurch glückselig werden müsse, ist der rothe Faden der p.ischen Ethik. Hier aber treten die Todesschatten der vorchristlichen Welt auch bei P. grell hervor, vor allem in der reifsten Frucht der p.ischen Speculation, im Gottesstaate des Heidenthums, nämlich in der Republik. Nicht nur daß die Tugend sokratisch als ein Wissen aufgefaßt wird, das durch bloßen Unterricht beigebracht werden könne, sondern P. mag in seinem Staatsideal, welches er als im Himmel vorhandenes Urbild anpreist, durchaus nichts von subjectiver Freiheit wissen. Der Staat ist Alles; sich dem Staate unbedingt hinzugeben u. zu opfern, heißt des Einzelnen vornehmste Pflicht und höchste Tugend. Güter und Weiber sind Gemeingut; weil jeder lediglich deßhalb ein Recht besitzt, auf der Welt zu sein, insofern er Staatsbürger ist, so hat der Staat auch über Erziehung, Lebensberuf, Verheirathung u. Kinderzeugung des Einzelnen alles zu bestimmen. Zwar wird der Staat als sittlicher Organismus aufgefaßt u. näher so, daß der vornehmste, der Lehrstand od. der der Philosophen, die Vernunft, Wissenschaft und Weisheit repräsentiert und Gesetze gibt, der Wehrstand oder der der Krieger, dessen wesentlichste Eigenschaft der Muth und höchste Tugend die Tapferkeit d. h. der Kampf gegen Luft u. Unlust wie für die Verfassung ist, dem Lehrstand, der 3. Stand od. Nährstand allen beiden untergeordnet erscheint, zumal dieser das sinnliche Begehren repräsentiert, sich mit dem Gewerbsbetrieb, Ackerbau, Viehzucht u. s. w. befaßt und in der Mäßigung d. h. im Gehorchen übt. Auch soll zwar der Lebensberuf eines Jeden seinen natürlichen Anlagen entsprechen u. im harmonischen Zusammenwirken aller 3 Stände für Verwirklichung des Staatszweckes die Tugend der Gerechtigkeit, die Ordnerin u. Einheit aller andern bestehen; allein mit diesen schönen Ideen vertragen sich bei P. Aussetzung schwacher Kinder, Nichtpflege der
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