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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857.

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ein Großzupan, zugleich Vasall des Kaisers in Konstantinopel, gesetzt war. Nach 1000 wurde S. vollständige byzantin. Provinz, befreite sich 1043 unter Stephan Bogislaw, dessen Sohn Michael (1050-80) von Papst Gregor VII. als König anerkannt wurde. Unter Stephan Duschan (1336-59) dehnte sich das serb. Reich über Illyrien, Macedonien u. Thessalien aus und hätte wahrscheinlich das byzantin. Reich in sich aufgenommen, wenn der Einbruch der Osmanen nicht erfolgt wäre; gegen sie blieb König Lazar 1389 in der Schlacht auf dem Amselfelde, die Türken überwältigten das Land, Mohamed II. vertilgte einen Theil der Bevölkerung und machte S. 1459 zur förmlichen türk. Provinz. S. erlitt dieselben Drangsale wie die anderen christlichen Unterthanen, in Wald und Gebirg aber erhielt sich immer eine Kernbevölkerung, über welche die Türken nie ganz Meister wurden. Durch den Frieden zu Passarowitz kam der größte Theil S.s an Oesterreich, der Friede von Belgrad aber (1739) gab es wieder den Türken zurück. Die gegenwärtige Selbständigkeit wurde von 1801-15 erkämpft; die ebenso treulose als raubsüchtige türk. Regierung veranlaßte den Aufstand der Serben unter Czerny Georg, der 1806 Belgrad erstürmte u. 1808 als Fürst anerkannt wurde; der Ausbruch des russ.-türk. Krieges (1809) hatte einen erneuerten serb. Aufstand zur Folge; als die Serben aber 1812 den Frieden zu Bukarest verwarfen, wurden sie 1813 überwältigt. Doch Milosch Obrenowitsch, der sich mit etwa 10000 Streitern in das Gebirge geworfen hatte, erkämpfte, von einer neuen Volkserhebung unterstützt, die jetzt noch geltenden Rechte S. s. Milosch regierte zuerst als Präsident des Senats, seit 1817 als Fürst, seit 1827 als erblicher Fürst; er ließ sich weder 1822 zur Theilnahme an dem griech. Aufstande, noch 1828 an dem russ. türk. Kriege verleiten. Im Frieden zu Adrianopel wurden die 1813 verlorenen 5 Bezirke von den Türken zurückgegeben; aber Verfassungsstreitigkeiten, türk. Intriken, die Einwirkung Rußlands, dessen drückender Schutzherrlichkeit Milosch widerstrebte, die Unzufriedenheit des gemeinen Volks mit dem Hofe u. manche neue Einrichtungen veranlaßten mehre Aufstände u. 1839 sah sich Milosch zur Abdankung genöthigt. Sein ältester Sohn Milan war sein Nachfolger, und als dieser nach einigen Monaten starb, sein jüngerer, Michael, der im Sept. 1842 durch einen Aufstand vertrieben wurde. Czernys Sohn Alexander erhielt durch die Volkswahl sowie durch die Unterstützung des russ. und türk. Hofes die Fürstenwürde; er blieb 1853-56 neutral, weil ihn die drohende Haltung Oesterreichs dazu nöthigte, gegen welchen Staat er eine übelberechnete Gereiztheit kundzugeben für gut fand. (Vgl. Ranke "die serb. Revolution" 2. Aufl., Hamb. 1844; Richter "S.s Zustände" Leipzig 1840.)


Serbische Sprache und Literatur. Die serb. Sprache ist eine der 4 Hauptdialekte des slavischen Sprachstamms u. wird von ungefähr 7 Mill. (in Servien, Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Kroatien, Slavonien, Woiwodschaft Servien u. Temeser Banat) in 3 Mundarten: Herzegowisch, Razawisch u. Syrmisch gesprochen, von den Kroaten und Wenden mit den Buchstaben des latein., sonst aber mit den Buchstaben des cyrill. Alphabets geschrieben (Grammatik von Wuk Stephanowitsch, Wien 1814; Wörterbuch von demselben, 2. Aufl. Wien 1852). Nach der Einführung des Christenthums (im 9. Jahrh.) bedienten sich die Serben der altslavischen Kirchensprache in 2 Schreibweisen, dem Kirchenstyl u. Kanzleistyl; literar. Denkmäler aus jenen Zeiten sind einzelne Chroniken u. das Gesetzbuch des Stephan Duschan. In neuester Zeit ist ein reges literar. Leben zuerst auf österr. Boden, dann auch im eigentlichen Serbien erwacht u. man bemüht sich, die Volkssprache zur Schriftsprache auszubilden. Die bedeutendsten Namen für S. sind: der Prosaiker Obradowitsch, gest. 1811, der Dichter Milutinowitsch, Wuk Stephanowitsch, Karadschidsch, Muschicky etc.; in Deutschland haben die serbischen Volkslieder, die Karadschidsch herausgab, großen Anklang gefunden (Ristitz "Ueber die serb. Literatur" Berlin 1853).

ein Großzupan, zugleich Vasall des Kaisers in Konstantinopel, gesetzt war. Nach 1000 wurde S. vollständige byzantin. Provinz, befreite sich 1043 unter Stephan Bogislaw, dessen Sohn Michael (1050–80) von Papst Gregor VII. als König anerkannt wurde. Unter Stephan Duschan (1336–59) dehnte sich das serb. Reich über Illyrien, Macedonien u. Thessalien aus und hätte wahrscheinlich das byzantin. Reich in sich aufgenommen, wenn der Einbruch der Osmanen nicht erfolgt wäre; gegen sie blieb König Lazar 1389 in der Schlacht auf dem Amselfelde, die Türken überwältigten das Land, Mohamed II. vertilgte einen Theil der Bevölkerung und machte S. 1459 zur förmlichen türk. Provinz. S. erlitt dieselben Drangsale wie die anderen christlichen Unterthanen, in Wald und Gebirg aber erhielt sich immer eine Kernbevölkerung, über welche die Türken nie ganz Meister wurden. Durch den Frieden zu Passarowitz kam der größte Theil S.s an Oesterreich, der Friede von Belgrad aber (1739) gab es wieder den Türken zurück. Die gegenwärtige Selbständigkeit wurde von 1801–15 erkämpft; die ebenso treulose als raubsüchtige türk. Regierung veranlaßte den Aufstand der Serben unter Czerny Georg, der 1806 Belgrad erstürmte u. 1808 als Fürst anerkannt wurde; der Ausbruch des russ.-türk. Krieges (1809) hatte einen erneuerten serb. Aufstand zur Folge; als die Serben aber 1812 den Frieden zu Bukarest verwarfen, wurden sie 1813 überwältigt. Doch Milosch Obrenowitsch, der sich mit etwa 10000 Streitern in das Gebirge geworfen hatte, erkämpfte, von einer neuen Volkserhebung unterstützt, die jetzt noch geltenden Rechte S. s. Milosch regierte zuerst als Präsident des Senats, seit 1817 als Fürst, seit 1827 als erblicher Fürst; er ließ sich weder 1822 zur Theilnahme an dem griech. Aufstande, noch 1828 an dem russ. türk. Kriege verleiten. Im Frieden zu Adrianopel wurden die 1813 verlorenen 5 Bezirke von den Türken zurückgegeben; aber Verfassungsstreitigkeiten, türk. Intriken, die Einwirkung Rußlands, dessen drückender Schutzherrlichkeit Milosch widerstrebte, die Unzufriedenheit des gemeinen Volks mit dem Hofe u. manche neue Einrichtungen veranlaßten mehre Aufstände u. 1839 sah sich Milosch zur Abdankung genöthigt. Sein ältester Sohn Milan war sein Nachfolger, und als dieser nach einigen Monaten starb, sein jüngerer, Michael, der im Sept. 1842 durch einen Aufstand vertrieben wurde. Czernys Sohn Alexander erhielt durch die Volkswahl sowie durch die Unterstützung des russ. und türk. Hofes die Fürstenwürde; er blieb 1853–56 neutral, weil ihn die drohende Haltung Oesterreichs dazu nöthigte, gegen welchen Staat er eine übelberechnete Gereiztheit kundzugeben für gut fand. (Vgl. Ranke „die serb. Revolution“ 2. Aufl., Hamb. 1844; Richter „S.s Zustände“ Leipzig 1840.)


Serbische Sprache und Literatur. Die serb. Sprache ist eine der 4 Hauptdialekte des slavischen Sprachstamms u. wird von ungefähr 7 Mill. (in Servien, Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Kroatien, Slavonien, Woiwodschaft Servien u. Temeser Banat) in 3 Mundarten: Herzegowisch, Razawisch u. Syrmisch gesprochen, von den Kroaten und Wenden mit den Buchstaben des latein., sonst aber mit den Buchstaben des cyrill. Alphabets geschrieben (Grammatik von Wuk Stephanowitsch, Wien 1814; Wörterbuch von demselben, 2. Aufl. Wien 1852). Nach der Einführung des Christenthums (im 9. Jahrh.) bedienten sich die Serben der altslavischen Kirchensprache in 2 Schreibweisen, dem Kirchenstyl u. Kanzleistyl; literar. Denkmäler aus jenen Zeiten sind einzelne Chroniken u. das Gesetzbuch des Stephan Duschan. In neuester Zeit ist ein reges literar. Leben zuerst auf österr. Boden, dann auch im eigentlichen Serbien erwacht u. man bemüht sich, die Volkssprache zur Schriftsprache auszubilden. Die bedeutendsten Namen für S. sind: der Prosaiker Obradowitsch, gest. 1811, der Dichter Milutinowitsch, Wuk Stephanowitsch, Karadschidsch, Muschicky etc.; in Deutschland haben die serbischen Volkslieder, die Karadschidsch herausgab, großen Anklang gefunden (Ristitz „Ueber die serb. Literatur“ Berlin 1853).

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[190/0191] ein Großzupan, zugleich Vasall des Kaisers in Konstantinopel, gesetzt war. Nach 1000 wurde S. vollständige byzantin. Provinz, befreite sich 1043 unter Stephan Bogislaw, dessen Sohn Michael (1050–80) von Papst Gregor VII. als König anerkannt wurde. Unter Stephan Duschan (1336–59) dehnte sich das serb. Reich über Illyrien, Macedonien u. Thessalien aus und hätte wahrscheinlich das byzantin. Reich in sich aufgenommen, wenn der Einbruch der Osmanen nicht erfolgt wäre; gegen sie blieb König Lazar 1389 in der Schlacht auf dem Amselfelde, die Türken überwältigten das Land, Mohamed II. vertilgte einen Theil der Bevölkerung und machte S. 1459 zur förmlichen türk. Provinz. S. erlitt dieselben Drangsale wie die anderen christlichen Unterthanen, in Wald und Gebirg aber erhielt sich immer eine Kernbevölkerung, über welche die Türken nie ganz Meister wurden. Durch den Frieden zu Passarowitz kam der größte Theil S.s an Oesterreich, der Friede von Belgrad aber (1739) gab es wieder den Türken zurück. Die gegenwärtige Selbständigkeit wurde von 1801–15 erkämpft; die ebenso treulose als raubsüchtige türk. Regierung veranlaßte den Aufstand der Serben unter Czerny Georg, der 1806 Belgrad erstürmte u. 1808 als Fürst anerkannt wurde; der Ausbruch des russ.-türk. Krieges (1809) hatte einen erneuerten serb. Aufstand zur Folge; als die Serben aber 1812 den Frieden zu Bukarest verwarfen, wurden sie 1813 überwältigt. Doch Milosch Obrenowitsch, der sich mit etwa 10000 Streitern in das Gebirge geworfen hatte, erkämpfte, von einer neuen Volkserhebung unterstützt, die jetzt noch geltenden Rechte S. s. Milosch regierte zuerst als Präsident des Senats, seit 1817 als Fürst, seit 1827 als erblicher Fürst; er ließ sich weder 1822 zur Theilnahme an dem griech. Aufstande, noch 1828 an dem russ. türk. Kriege verleiten. Im Frieden zu Adrianopel wurden die 1813 verlorenen 5 Bezirke von den Türken zurückgegeben; aber Verfassungsstreitigkeiten, türk. Intriken, die Einwirkung Rußlands, dessen drückender Schutzherrlichkeit Milosch widerstrebte, die Unzufriedenheit des gemeinen Volks mit dem Hofe u. manche neue Einrichtungen veranlaßten mehre Aufstände u. 1839 sah sich Milosch zur Abdankung genöthigt. Sein ältester Sohn Milan war sein Nachfolger, und als dieser nach einigen Monaten starb, sein jüngerer, Michael, der im Sept. 1842 durch einen Aufstand vertrieben wurde. Czernys Sohn Alexander erhielt durch die Volkswahl sowie durch die Unterstützung des russ. und türk. Hofes die Fürstenwürde; er blieb 1853–56 neutral, weil ihn die drohende Haltung Oesterreichs dazu nöthigte, gegen welchen Staat er eine übelberechnete Gereiztheit kundzugeben für gut fand. (Vgl. Ranke „die serb. Revolution“ 2. Aufl., Hamb. 1844; Richter „S.s Zustände“ Leipzig 1840.) Serbische Sprache und Literatur. Die serb. Sprache ist eine der 4 Hauptdialekte des slavischen Sprachstamms u. wird von ungefähr 7 Mill. (in Servien, Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Kroatien, Slavonien, Woiwodschaft Servien u. Temeser Banat) in 3 Mundarten: Herzegowisch, Razawisch u. Syrmisch gesprochen, von den Kroaten und Wenden mit den Buchstaben des latein., sonst aber mit den Buchstaben des cyrill. Alphabets geschrieben (Grammatik von Wuk Stephanowitsch, Wien 1814; Wörterbuch von demselben, 2. Aufl. Wien 1852). Nach der Einführung des Christenthums (im 9. Jahrh.) bedienten sich die Serben der altslavischen Kirchensprache in 2 Schreibweisen, dem Kirchenstyl u. Kanzleistyl; literar. Denkmäler aus jenen Zeiten sind einzelne Chroniken u. das Gesetzbuch des Stephan Duschan. In neuester Zeit ist ein reges literar. Leben zuerst auf österr. Boden, dann auch im eigentlichen Serbien erwacht u. man bemüht sich, die Volkssprache zur Schriftsprache auszubilden. Die bedeutendsten Namen für S. sind: der Prosaiker Obradowitsch, gest. 1811, der Dichter Milutinowitsch, Wuk Stephanowitsch, Karadschidsch, Muschicky etc.; in Deutschland haben die serbischen Volkslieder, die Karadschidsch herausgab, großen Anklang gefunden (Ristitz „Ueber die serb. Literatur“ Berlin 1853).

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon05_1857/191>, abgerufen am 29.11.2024.