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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857.

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von gestern zu stürzen. Die Anwesenheit der Königin Mutter zeigte sich alsbald unheilvoll; häufiger Ministerwechsel, Finanznoth der Regierung neben schmutzigen Speculationen der Marie Christine (sie war z. B. mit den cuban. Sklavenhändlern im Bunde u. nahm sich ein Stück des königl. Hausschatzes nach dem andern); auch die frz. u. engl. Intriken waren in ihrem Geleite zurückgekommen od. erstarkten durch ihre Anwesenheit. Der franz. Einfluß triumphirte endlich, Isabella wurde am 10. Oct. 1846 mit ihrem geistesschwachen Vetter, dem Infanten d'Assis, ihre reiche Schwester Donna Luisa an Louis Philipps jüngsten Sohn, den Herzog von Montpensier, verheirathet; durch Louis Philipps Bemühung kam 1847 der fähige und entschiedene General Narvaez an die Spitze der Regierung, der sie musterhaft führte, bis auch er 1851 muthwilliger Weise entfernt wurde, worauf die alte Wirthschaft wieder begann, bis ein neuer Aufstand, den 28. Mai 1854 durch eine Militäremeute unter O'Donnell eingeleitet, die Königin Mutter vertrieb und die Verfassung stürzte. Espartero trat an die Spitze eines neuen Ministeriums, in dem auch sein ehemaliger Todfeind O'Donnell sitzt; die republikanischen u. carlistischen Aufstände sind bisher niedergeschlagen worden, die Cortes arbeiten an einer neuen Verfassung, haben aber auch die Aufhebung des 1851 abgeschlossenen Concordats u. den Verkauf aller Kirchen-, Staats- u. Corporationsgüter decretirt u. theilweise ausgeführt. S. ist demnach gegenwärtig so gründlich umgekehrt als Frankreich es durch seine Revolutionen ist; daß das alte S. nicht mehr besteht, ist auch dadurch bewiesen worden, daß der ehemals so mächtige, stolze u. ritterliche span. Adel bei den letzten Aufständen u. Revolutionen nirgends mehr als eine Macht erscheint.


Spaniol, der seine span. Schnupftabak.


Spanische Fliege oder Pflasterkäfer (Lytta), eine Käfergattung aus der Abtheilung der Heteromeren, ausgezeichnet durch einen scharfen Stoff, Cantharidin od. Cantharidenkampher genannt, der sich besonders in den Weichtheilen des Hinterkörpers findet; die gemeine sp. F. (L. vesicatoria), bis 10''' lang, glänzend goldgrün, auch ins Blaue od. Kupferrothe ziehend, riecht schlecht; in Südeuropa u. südl. Deutschland; wegen ihres scharfen Stoffes offizinell als blasenziehendes Mittel, höchst selten innerlich verwendet. In Ostindien bedient man sich zu gleichen Zwecken der Lytta gigas und violacea. in Nordamerika der L. vittata und cinerea, in Brasilien der L. atomaria.


Spanische Kunst, der geistige Reichthum der span. Nation bewährt sich wie in Geschichte und Literatur, so auch auf dem Gebiete der Kunst. Die Denkmäler der maurischen Architektur (die Kathedrale zu Cordova, die Alhambra zu Granada, der Alcazar u. die Giralda zu Sevilla etc.) sind wohl nicht spanische zu nennen; dagegen besitzt Spanien eine beträchtliche Anzahl goth. Dome und Kirchen und hat in den neueren Baustylen ungefähr so viel geleistet als die andern europ. Hauptnationen. Ihren Triumph feiert die s. K. jedoch in der Malerei, in welcher sie jeden Zweig mit gleicher Vollkommenheit ausbildete, einen eigenen nationalen Styl schuf, in der Darstellung des geistigen Ausdrucks sogar die Italiener übertraf, in Anmuth u. Composition denselben aber nahe od. gleich kam. Die span. Malerei bildete sich in ihren Anfängen an der niederl. u. ital.; unter Karl V. werden neben Alonso Berruguete, einem Schüler Michel Angelos, auch and. Maler genannt. Die Periode der höchsten Entfaltung beginnt aber in den ersten Jahren Philipps II., der bei seinen Bauten eine große Anzahl Künstler beschäftigte, von denen die meisten sich ihre Bildung in Italien geholt hatten. Etwa bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts bildeten sich 3 span. Schulen: die von Sevilla mit Francisco Pacheco, Juan de las Roelas, 2 Herrera, 3 Castillo, Zurbaran, Alonso Cano, Velasquez, dessen Schüler Murillo, dem größten Meister; die zu Madrid mit Luis Tristan, 2 Carducho, Antonio Pereda, Rizi, Escalante; die zu Valencia mit Francisco Ribalta, Pedro Orvente, Ribera. In dem 17. Jahrh. verwelkte zwar die reiche Blüte, aber vollständig verschwand sie niemals; die Malerei bewahrte sogar in der schlimmsten Periode

von gestern zu stürzen. Die Anwesenheit der Königin Mutter zeigte sich alsbald unheilvoll; häufiger Ministerwechsel, Finanznoth der Regierung neben schmutzigen Speculationen der Marie Christine (sie war z. B. mit den cuban. Sklavenhändlern im Bunde u. nahm sich ein Stück des königl. Hausschatzes nach dem andern); auch die frz. u. engl. Intriken waren in ihrem Geleite zurückgekommen od. erstarkten durch ihre Anwesenheit. Der franz. Einfluß triumphirte endlich, Isabella wurde am 10. Oct. 1846 mit ihrem geistesschwachen Vetter, dem Infanten d'Assis, ihre reiche Schwester Donna Luisa an Louis Philipps jüngsten Sohn, den Herzog von Montpensier, verheirathet; durch Louis Philipps Bemühung kam 1847 der fähige und entschiedene General Narvaez an die Spitze der Regierung, der sie musterhaft führte, bis auch er 1851 muthwilliger Weise entfernt wurde, worauf die alte Wirthschaft wieder begann, bis ein neuer Aufstand, den 28. Mai 1854 durch eine Militäremeute unter O'Donnell eingeleitet, die Königin Mutter vertrieb und die Verfassung stürzte. Espartero trat an die Spitze eines neuen Ministeriums, in dem auch sein ehemaliger Todfeind O'Donnell sitzt; die republikanischen u. carlistischen Aufstände sind bisher niedergeschlagen worden, die Cortes arbeiten an einer neuen Verfassung, haben aber auch die Aufhebung des 1851 abgeschlossenen Concordats u. den Verkauf aller Kirchen-, Staats- u. Corporationsgüter decretirt u. theilweise ausgeführt. S. ist demnach gegenwärtig so gründlich umgekehrt als Frankreich es durch seine Revolutionen ist; daß das alte S. nicht mehr besteht, ist auch dadurch bewiesen worden, daß der ehemals so mächtige, stolze u. ritterliche span. Adel bei den letzten Aufständen u. Revolutionen nirgends mehr als eine Macht erscheint.


Spaniol, der seine span. Schnupftabak.


Spanische Fliege oder Pflasterkäfer (Lytta), eine Käfergattung aus der Abtheilung der Heteromeren, ausgezeichnet durch einen scharfen Stoff, Cantharidin od. Cantharidenkampher genannt, der sich besonders in den Weichtheilen des Hinterkörpers findet; die gemeine sp. F. (L. vesicatoria), bis 10''' lang, glänzend goldgrün, auch ins Blaue od. Kupferrothe ziehend, riecht schlecht; in Südeuropa u. südl. Deutschland; wegen ihres scharfen Stoffes offizinell als blasenziehendes Mittel, höchst selten innerlich verwendet. In Ostindien bedient man sich zu gleichen Zwecken der Lytta gigas und violacea. in Nordamerika der L. vittata und cinerea, in Brasilien der L. atomaria.


Spanische Kunst, der geistige Reichthum der span. Nation bewährt sich wie in Geschichte und Literatur, so auch auf dem Gebiete der Kunst. Die Denkmäler der maurischen Architektur (die Kathedrale zu Cordova, die Alhambra zu Granada, der Alcazar u. die Giralda zu Sevilla etc.) sind wohl nicht spanische zu nennen; dagegen besitzt Spanien eine beträchtliche Anzahl goth. Dome und Kirchen und hat in den neueren Baustylen ungefähr so viel geleistet als die andern europ. Hauptnationen. Ihren Triumph feiert die s. K. jedoch in der Malerei, in welcher sie jeden Zweig mit gleicher Vollkommenheit ausbildete, einen eigenen nationalen Styl schuf, in der Darstellung des geistigen Ausdrucks sogar die Italiener übertraf, in Anmuth u. Composition denselben aber nahe od. gleich kam. Die span. Malerei bildete sich in ihren Anfängen an der niederl. u. ital.; unter Karl V. werden neben Alonso Berruguete, einem Schüler Michel Angelos, auch and. Maler genannt. Die Periode der höchsten Entfaltung beginnt aber in den ersten Jahren Philipps II., der bei seinen Bauten eine große Anzahl Künstler beschäftigte, von denen die meisten sich ihre Bildung in Italien geholt hatten. Etwa bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts bildeten sich 3 span. Schulen: die von Sevilla mit Francisco Pacheco, Juan de las Roelas, 2 Herrera, 3 Castillo, Zurbaran, Alonso Cano, Velasquez, dessen Schüler Murillo, dem größten Meister; die zu Madrid mit Luis Tristan, 2 Carducho, Antonio Pereda, Rizi, Escalante; die zu Valencia mit Francisco Ribalta, Pedro Orvente, Ribera. In dem 17. Jahrh. verwelkte zwar die reiche Blüte, aber vollständig verschwand sie niemals; die Malerei bewahrte sogar in der schlimmsten Periode

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[268/0269] von gestern zu stürzen. Die Anwesenheit der Königin Mutter zeigte sich alsbald unheilvoll; häufiger Ministerwechsel, Finanznoth der Regierung neben schmutzigen Speculationen der Marie Christine (sie war z. B. mit den cuban. Sklavenhändlern im Bunde u. nahm sich ein Stück des königl. Hausschatzes nach dem andern); auch die frz. u. engl. Intriken waren in ihrem Geleite zurückgekommen od. erstarkten durch ihre Anwesenheit. Der franz. Einfluß triumphirte endlich, Isabella wurde am 10. Oct. 1846 mit ihrem geistesschwachen Vetter, dem Infanten d'Assis, ihre reiche Schwester Donna Luisa an Louis Philipps jüngsten Sohn, den Herzog von Montpensier, verheirathet; durch Louis Philipps Bemühung kam 1847 der fähige und entschiedene General Narvaez an die Spitze der Regierung, der sie musterhaft führte, bis auch er 1851 muthwilliger Weise entfernt wurde, worauf die alte Wirthschaft wieder begann, bis ein neuer Aufstand, den 28. Mai 1854 durch eine Militäremeute unter O'Donnell eingeleitet, die Königin Mutter vertrieb und die Verfassung stürzte. Espartero trat an die Spitze eines neuen Ministeriums, in dem auch sein ehemaliger Todfeind O'Donnell sitzt; die republikanischen u. carlistischen Aufstände sind bisher niedergeschlagen worden, die Cortes arbeiten an einer neuen Verfassung, haben aber auch die Aufhebung des 1851 abgeschlossenen Concordats u. den Verkauf aller Kirchen-, Staats- u. Corporationsgüter decretirt u. theilweise ausgeführt. S. ist demnach gegenwärtig so gründlich umgekehrt als Frankreich es durch seine Revolutionen ist; daß das alte S. nicht mehr besteht, ist auch dadurch bewiesen worden, daß der ehemals so mächtige, stolze u. ritterliche span. Adel bei den letzten Aufständen u. Revolutionen nirgends mehr als eine Macht erscheint. Spaniol, der seine span. Schnupftabak. Spanische Fliege oder Pflasterkäfer (Lytta), eine Käfergattung aus der Abtheilung der Heteromeren, ausgezeichnet durch einen scharfen Stoff, Cantharidin od. Cantharidenkampher genannt, der sich besonders in den Weichtheilen des Hinterkörpers findet; die gemeine sp. F. (L. vesicatoria), bis 10''' lang, glänzend goldgrün, auch ins Blaue od. Kupferrothe ziehend, riecht schlecht; in Südeuropa u. südl. Deutschland; wegen ihres scharfen Stoffes offizinell als blasenziehendes Mittel, höchst selten innerlich verwendet. In Ostindien bedient man sich zu gleichen Zwecken der Lytta gigas und violacea. in Nordamerika der L. vittata und cinerea, in Brasilien der L. atomaria. Spanische Kunst, der geistige Reichthum der span. Nation bewährt sich wie in Geschichte und Literatur, so auch auf dem Gebiete der Kunst. Die Denkmäler der maurischen Architektur (die Kathedrale zu Cordova, die Alhambra zu Granada, der Alcazar u. die Giralda zu Sevilla etc.) sind wohl nicht spanische zu nennen; dagegen besitzt Spanien eine beträchtliche Anzahl goth. Dome und Kirchen und hat in den neueren Baustylen ungefähr so viel geleistet als die andern europ. Hauptnationen. Ihren Triumph feiert die s. K. jedoch in der Malerei, in welcher sie jeden Zweig mit gleicher Vollkommenheit ausbildete, einen eigenen nationalen Styl schuf, in der Darstellung des geistigen Ausdrucks sogar die Italiener übertraf, in Anmuth u. Composition denselben aber nahe od. gleich kam. Die span. Malerei bildete sich in ihren Anfängen an der niederl. u. ital.; unter Karl V. werden neben Alonso Berruguete, einem Schüler Michel Angelos, auch and. Maler genannt. Die Periode der höchsten Entfaltung beginnt aber in den ersten Jahren Philipps II., der bei seinen Bauten eine große Anzahl Künstler beschäftigte, von denen die meisten sich ihre Bildung in Italien geholt hatten. Etwa bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts bildeten sich 3 span. Schulen: die von Sevilla mit Francisco Pacheco, Juan de las Roelas, 2 Herrera, 3 Castillo, Zurbaran, Alonso Cano, Velasquez, dessen Schüler Murillo, dem größten Meister; die zu Madrid mit Luis Tristan, 2 Carducho, Antonio Pereda, Rizi, Escalante; die zu Valencia mit Francisco Ribalta, Pedro Orvente, Ribera. In dem 17. Jahrh. verwelkte zwar die reiche Blüte, aber vollständig verschwand sie niemals; die Malerei bewahrte sogar in der schlimmsten Periode

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon05_1857/269>, abgerufen am 23.11.2024.