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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Werck gegen GOttes Vrtheil / sagen / sie verdienen / de condigno, Gnad vnd ewiges Leben. Das ist doch ein gantz vergeblich vnd Gottlos vertrawen auff eigene Werck. Denn in diesem Leben / können auch Christen vnd Heiligen selbst / GOttes Gesetz nicht volkömlich halten / denn es bleiben jmmer böse Neigung vnd Lüst in vns / wiewol der heilig Geist denselbigen wiederstehet.

ES möcht aber jemands vnter jhnen fragen / So wir selbst bekennen / daß die Liebe ein Frucht des Geistes sey / vnd so die Liebe dennoch ein heilig Werck vnd Erfüllung des Gesetzes genennet wird / Warumb wir denn auch nicht lehren / daß sie für Gott gerecht mache?

Antwort.

Erst ist das gewiß / daß wir Vergebung der Sünde nicht empfahen / weder durch die Liebe / noch vmb der Liebe willen / sondern allein durch den Glauben / vmb Christus willen. Denn allein der Glaub im Hertzen / siehet auff Gottes Verheissung / vnd allein der Glaube ist die Gewißheit / da das Hertz gewiß darauff stehet / daß Gott gnedig ist / daß Christus nicht vmb sonst gestorben sey / etc. Vnd derselbig Glaube vberwindet allein das schrecken des Todes vnd der Sünde. Denn wer noch wancket oder zweiffelt / ob jhm die Sünde vergeben seyn / der vertrawet GOtt nicht / vnd verzaget an CHristo / denn er helt seine Sünde für grösser vnd stercker / denn den Tod vnd Blut Christi / so doch Paulus sagt / Roma. 5. Die Gnade sey mechtiger / denn die Sünde / das ist / krefftiger / reicher vnd stercker.

So nun jemands meinet / Daß er darumb Vergebung der Sünde wil erlangen / daß er die Liebe hat / der schmehet vnd schendet Christum / vnd wird am letzten Ende / wenn er für GOttes Gericht stehen sol / finden / daß solch vertrawen vergeblich ist / darumb ist es gewiß / daß allein der Glaub gerecht macht. Vnd gleich wie wir nicht erlangen Vergebung der Sünde / durch andere gute Werck vnd Tugende / als vmb Gedult willen / vmb Keuscheit / vmb Gehorsams willen gegen der Obrigkeit / vnd folgen doch die Tugende / wo Glaub ist / also empfahen wir auch nicht vmb der Liebe GOttes willen Vergebung der Sünde / wiewol sie nicht aussen bleibt / wo dieser Glaub ist.

Daß aber Christus Lucae am 7. spricht: Ihr werden viel Sünde vergeben werden / denn sie hat viel geliebet. Da legt Christus sein Wort selbs aus / da er sagt: Dein Glaube hat dir geholffen. Vnd Christus wil nicht / daß die Fraw durch das Werck der Liebe verdie-

Werck gegen GOttes Vrtheil / sagen / sie verdienen / de condigno, Gnad vnd ewiges Leben. Das ist doch ein gantz vergeblich vñ Gottlos vertrawen auff eigene Werck. Denn in diesem Leben / können auch Christen vnd Heiligen selbst / GOttes Gesetz nicht volkömlich halten / denn es bleiben jmmer böse Neigung vnd Lüst in vns / wiewol der heilig Geist denselbigen wiederstehet.

ES möcht aber jemands vnter jhnen fragen / So wir selbst bekennen / daß die Liebe ein Frucht des Geistes sey / vnd so die Liebe dennoch ein heilig Werck vnd Erfüllung des Gesetzes genennet wird / Warumb wir deñ auch nicht lehren / daß sie für Gott gerecht mache?

Antwort.

Erst ist das gewiß / daß wir Vergebung der Sünde nicht empfahen / weder durch die Liebe / noch vmb der Liebe willen / sondern allein durch den Glauben / vmb Christus willen. Denn allein der Glaub im Hertzen / siehet auff Gottes Verheissung / vnd allein der Glaube ist die Gewißheit / da das Hertz gewiß darauff stehet / daß Gott gnedig ist / daß Christus nicht vmb sonst gestorben sey / etc. Vnd derselbig Glaube vberwindet allein das schrecken des Todes vnd der Sünde. Denn wer noch wancket oder zweiffelt / ob jhm die Sünde vergeben seyn / der vertrawet GOtt nicht / vnd verzaget an CHristo / denn er helt seine Sünde für grösser vnd stercker / denn den Tod vnd Blut Christi / so doch Paulus sagt / Roma. 5. Die Gnade sey mechtiger / denn die Sünde / das ist / krefftiger / reicher vnd stercker.

So nun jemands meinet / Daß er darumb Vergebung der Sünde wil erlangen / daß er die Liebe hat / der schmehet vnd schendet Christum / vnd wird am letzten Ende / wenn er für GOttes Gericht stehen sol / finden / daß solch vertrawen vergeblich ist / darumb ist es gewiß / daß allein der Glaub gerecht macht. Vnd gleich wie wir nicht erlangen Vergebung der Sünde / durch andere gute Werck vnd Tugende / als vmb Gedult willen / vmb Keuscheit / vmb Gehorsams willen gegen der Obrigkeit / vnd folgen doch die Tugende / wo Glaub ist / also empfahen wir auch nicht vmb der Liebe GOttes willen Vergebung der Sünde / wiewol sie nicht aussen bleibt / wo dieser Glaub ist.

Daß aber Christus Lucae am 7. spricht: Ihr werden viel Sünde vergeben werden / denn sie hat viel geliebet. Da legt Christus sein Wort selbs aus / da er sagt: Dein Glaube hat dir geholffen. Vnd Christus wil nicht / daß die Fraw durch das Werck der Liebe verdie-

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[193/0413] Werck gegen GOttes Vrtheil / sagen / sie verdienen / de condigno, Gnad vnd ewiges Leben. Das ist doch ein gantz vergeblich vñ Gottlos vertrawen auff eigene Werck. Denn in diesem Leben / können auch Christen vnd Heiligen selbst / GOttes Gesetz nicht volkömlich halten / denn es bleiben jmmer böse Neigung vnd Lüst in vns / wiewol der heilig Geist denselbigen wiederstehet. ES möcht aber jemands vnter jhnen fragen / So wir selbst bekennen / daß die Liebe ein Frucht des Geistes sey / vnd so die Liebe dennoch ein heilig Werck vnd Erfüllung des Gesetzes genennet wird / Warumb wir deñ auch nicht lehren / daß sie für Gott gerecht mache? Antwort. Erst ist das gewiß / daß wir Vergebung der Sünde nicht empfahen / weder durch die Liebe / noch vmb der Liebe willen / sondern allein durch den Glauben / vmb Christus willen. Denn allein der Glaub im Hertzen / siehet auff Gottes Verheissung / vnd allein der Glaube ist die Gewißheit / da das Hertz gewiß darauff stehet / daß Gott gnedig ist / daß Christus nicht vmb sonst gestorben sey / etc. Vnd derselbig Glaube vberwindet allein das schrecken des Todes vnd der Sünde. Denn wer noch wancket oder zweiffelt / ob jhm die Sünde vergeben seyn / der vertrawet GOtt nicht / vnd verzaget an CHristo / denn er helt seine Sünde für grösser vnd stercker / denn den Tod vnd Blut Christi / so doch Paulus sagt / Roma. 5. Die Gnade sey mechtiger / denn die Sünde / das ist / krefftiger / reicher vnd stercker. So nun jemands meinet / Daß er darumb Vergebung der Sünde wil erlangen / daß er die Liebe hat / der schmehet vnd schendet Christum / vnd wird am letzten Ende / wenn er für GOttes Gericht stehen sol / finden / daß solch vertrawen vergeblich ist / darumb ist es gewiß / daß allein der Glaub gerecht macht. Vnd gleich wie wir nicht erlangen Vergebung der Sünde / durch andere gute Werck vnd Tugende / als vmb Gedult willen / vmb Keuscheit / vmb Gehorsams willen gegen der Obrigkeit / vnd folgen doch die Tugende / wo Glaub ist / also empfahen wir auch nicht vmb der Liebe GOttes willen Vergebung der Sünde / wiewol sie nicht aussen bleibt / wo dieser Glaub ist. Daß aber Christus Lucae am 7. spricht: Ihr werden viel Sünde vergeben werden / denn sie hat viel geliebet. Da legt Christus sein Wort selbs aus / da er sagt: Dein Glaube hat dir geholffen. Vnd Christus wil nicht / daß die Fraw durch das Werck der Liebe verdie-

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/413>, abgerufen am 22.11.2024.