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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Heilig mache. Wiewol nu Paulus da eigentlich redet von der Liebe gegen dem Nehesten / Vnd so er spricht / Die Liebe ist die grössest / Sagt er darumb / denn die Liebe gehet weit / vnd tregt viel Früchte auff Erden / denn Glaub vnd Hoffnung handeln allein mit GOtt / Aber die Liebe gehet auff Erden vntern Leuten vmb / vnd thut viel guts / mit trösten / lehren / vnterrichten / helffen / rathen / heimlich / öffentlich / doch lassen wir zu / daß Gott vnd den Nehesten lieben / die höhest Tugend sey / Denn diß ist das höhest Gebot / Du solt GOtt lieben von gantzem Hertzen / daraus folget nu nicht / daß die Liebe vns gerecht mache.

Ja / sprechen sie / Die höhest Tugend sol billich gerecht machen. Antwort. Es wer wahr / wenn wir vmb vnser Tugend willen ein gnedigen Gott hetten. Nu ist droben bewiesen / daß wir vmb Christus willen / nicht vmb vnser Tugend willen / angenehm vnd gerecht sind / denn vnser Tugend sind vnrein / ja wie dieses Gesetz das höhest ist / Du solt Gott lieben / also kan diese Tugend / Gott lieben / am allerwenigsten gerecht machen / Denn so das Gesetz vnd Tugend höher ist / so wirs weniger thun können. Darumb sind wir nicht vmb der Liebe willen gerecht / der Glaub aber macht gerecht / nicht vmb vnsers thuns willen / Sondern allein derhalben / daß er Barmhertzigkeit sucht vnd empfehet / vnd wil sich auff kein eigen thun verlassen / das ist / daß wir lehren / Gesetz macht nicht gerecht / Sondern das Euangelium / das gleuben heisst / daß wir vmb Christus willen / nicht vmb vnsers thuns willen / ein gnedigen Gott haben.

Die Wiedersacher lehren aber darumb also von der Liebe / daß sie vns GOtt versüne / denn sie wissen nicht vom Euangelio / sondern sehen allein das Gesetz an / wollen damit vmb eigener Heiligkeit willen ein gnedigen Gott haben / nicht aus Barmhertzigkeit vmb Christus willen. Also sind sie allein Gesetzlehrer / vnd nicht Lehrer des Euangelij.

Auch ziehen die Wiedersacher wieder vns an / den Spruch zu den Colossern / Die Liebe ist ein Band der volkommenheit / daher schliessen sie / daß die Liebe für Gott gerecht mache / denn sie macht vns volkommen / Wiewol wir hie allerley antworten könten von der Volkommenheit / doch wollen wir hie den Spruch Pauli einfeltig handeln.

Es ist gewiß / daß Paulus von der Liebe des Nehesten redet / so darff man auch nicht gedencken / daß Paulus meynung sey / daß wir solten für Gott ehe gerecht werden durch die Wercke der andern Taffeln / denn durch die Wercke der ersten Taffeln. Item / so die Liebe ein Volkommenheit ist / oder volkömlich Erfüllung des Gesetzes /

Heilig mache. Wiewol nu Paulus da eigentlich redet von der Liebe gegen dem Nehesten / Vnd so er spricht / Die Liebe ist die grössest / Sagt er darumb / denn die Liebe gehet weit / vnd tregt viel Früchte auff Erden / denn Glaub vnd Hoffnung handeln allein mit GOtt / Aber die Liebe gehet auff Erden vntern Leuten vmb / vnd thut viel guts / mit trösten / lehren / vnterrichten / helffen / rathen / heimlich / öffentlich / doch lassen wir zu / daß Gott vnd den Nehesten lieben / die höhest Tugend sey / Denn diß ist das höhest Gebot / Du solt GOtt lieben von gantzem Hertzen / daraus folget nu nicht / daß die Liebe vns gerecht mache.

Ja / sprechen sie / Die höhest Tugend sol billich gerecht machen. Antwort. Es wer wahr / wenn wir vmb vnser Tugend willen ein gnedigen Gott hetten. Nu ist droben bewiesen / daß wir vmb Christus willen / nicht vmb vnser Tugend willen / angenehm vnd gerecht sind / deñ vnser Tugend sind vnrein / ja wie dieses Gesetz das höhest ist / Du solt Gott lieben / also kan diese Tugend / Gott lieben / am allerwenigsten gerecht machen / Denn so das Gesetz vnd Tugend höher ist / so wirs weniger thun können. Darumb sind wir nicht vmb der Liebe willen gerecht / der Glaub aber macht gerecht / nicht vmb vnsers thuns willen / Sondern allein derhalben / daß er Barmhertzigkeit sucht vnd empfehet / vnd wil sich auff kein eigen thun verlassen / das ist / daß wir lehren / Gesetz macht nicht gerecht / Sondern das Euangelium / das gleuben heisst / daß wir vmb Christus willen / nicht vmb vnsers thuns willen / ein gnedigen Gott haben.

Die Wiedersacher lehren aber darumb also von der Liebe / daß sie vns GOtt versüne / denn sie wissen nicht vom Euangelio / sondern sehen allein das Gesetz an / wollen damit vmb eigener Heiligkeit willen ein gnedigen Gott haben / nicht aus Barmhertzigkeit vmb Christus willen. Also sind sie allein Gesetzlehrer / vnd nicht Lehrer des Euangelij.

Auch ziehen die Wiedersacher wieder vns an / den Spruch zu den Colossern / Die Liebe ist ein Band der volkom̃enheit / daher schliessen sie / daß die Liebe für Gott gerecht mache / denn sie macht vns volkommen / Wiewol wir hie allerley antworten könten von der Volkom̃enheit / doch wollen wir hie den Spruch Pauli einfeltig handeln.

Es ist gewiß / daß Paulus von der Liebe des Nehesten redet / so darff man auch nicht gedencken / daß Paulus meynung sey / daß wir solten für Gott ehe gerecht werden durch die Wercke der andern Taffeln / denn durch die Wercke der ersten Taffeln. Item / so die Liebe ein Volkommenheit ist / oder volkömlich Erfüllung des Gesetzes /

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[0426] Heilig mache. Wiewol nu Paulus da eigentlich redet von der Liebe gegen dem Nehesten / Vnd so er spricht / Die Liebe ist die grössest / Sagt er darumb / denn die Liebe gehet weit / vnd tregt viel Früchte auff Erden / denn Glaub vnd Hoffnung handeln allein mit GOtt / Aber die Liebe gehet auff Erden vntern Leuten vmb / vnd thut viel guts / mit trösten / lehren / vnterrichten / helffen / rathen / heimlich / öffentlich / doch lassen wir zu / daß Gott vnd den Nehesten lieben / die höhest Tugend sey / Denn diß ist das höhest Gebot / Du solt GOtt lieben von gantzem Hertzen / daraus folget nu nicht / daß die Liebe vns gerecht mache. Ja / sprechen sie / Die höhest Tugend sol billich gerecht machen. Antwort. Es wer wahr / wenn wir vmb vnser Tugend willen ein gnedigen Gott hetten. Nu ist droben bewiesen / daß wir vmb Christus willen / nicht vmb vnser Tugend willen / angenehm vnd gerecht sind / deñ vnser Tugend sind vnrein / ja wie dieses Gesetz das höhest ist / Du solt Gott lieben / also kan diese Tugend / Gott lieben / am allerwenigsten gerecht machen / Denn so das Gesetz vnd Tugend höher ist / so wirs weniger thun können. Darumb sind wir nicht vmb der Liebe willen gerecht / der Glaub aber macht gerecht / nicht vmb vnsers thuns willen / Sondern allein derhalben / daß er Barmhertzigkeit sucht vnd empfehet / vnd wil sich auff kein eigen thun verlassen / das ist / daß wir lehren / Gesetz macht nicht gerecht / Sondern das Euangelium / das gleuben heisst / daß wir vmb Christus willen / nicht vmb vnsers thuns willen / ein gnedigen Gott haben. Die Wiedersacher lehren aber darumb also von der Liebe / daß sie vns GOtt versüne / denn sie wissen nicht vom Euangelio / sondern sehen allein das Gesetz an / wollen damit vmb eigener Heiligkeit willen ein gnedigen Gott haben / nicht aus Barmhertzigkeit vmb Christus willen. Also sind sie allein Gesetzlehrer / vnd nicht Lehrer des Euangelij. Auch ziehen die Wiedersacher wieder vns an / den Spruch zu den Colossern / Die Liebe ist ein Band der volkom̃enheit / daher schliessen sie / daß die Liebe für Gott gerecht mache / denn sie macht vns volkommen / Wiewol wir hie allerley antworten könten von der Volkom̃enheit / doch wollen wir hie den Spruch Pauli einfeltig handeln. Es ist gewiß / daß Paulus von der Liebe des Nehesten redet / so darff man auch nicht gedencken / daß Paulus meynung sey / daß wir solten für Gott ehe gerecht werden durch die Wercke der andern Taffeln / denn durch die Wercke der ersten Taffeln. Item / so die Liebe ein Volkommenheit ist / oder volkömlich Erfüllung des Gesetzes /

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/426>, abgerufen am 22.11.2024.