Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

heit / (in welcher Er alles von ewigkeit gehabt) Sondern nach seiner Menscheit empfangen habe.

Vnd solche mittheilung oder Geschenck ist nicht allein mit blossen Worten / Sondern auch mit der That / vnd der Warheit geschehen. Nu ist auch wol das wahr / daß die erschaffene Qualitates (so in allwege von den Eigenschafften der Göttlichen Natur für sich vnterschieden seyn vnd bleiben) in der Menschlichen Natur Christi formaliter sind / Aber wenn die Schrifft zeuget / daß lebendig machen / von Sünden reinigen / alle Gewalt im Himmel vnd auff Erden haben / welches der Göttlichen Natur Eigenschafften seyn / auch der Menschlichen Natur in Christo geschencket / vnd mitgetheilet worden seyn / so sol mann nicht verstehen / daß solchs geschehen sey durch eine wesentliche oder natürliche Außgiessung der Göttlichen Eigenschafften in die angenommene Menscheit / als die numehr von der Gottheit abgesondert in der Menscheit Christi formaliter, wie die Schulen reden / weren / Sondern wie die alte Kirche redet / Per dispensationem vnionis, Das ist / nach Arth vnd weise der persönlichen Vereinigung / daß nemlich die gantze Fülle der Gottheit numehr Leibhafftig oder Persönlich in derselbigen angenommenen Menschlichen Natur in Christo wohne / Also / daß sie in / mit / vnd durch die angenommene Menschliche Natur jhre selbst eigene Göttliche Wirckungen freywillig nach gnedigem gefallen verrichte / vnd dasselbige dennoch ohne vermischung / ohne verwandelung / oder ohne Exaequation / oder vergleichung der Naturen / wie dasselbige die alte Kirche mit der Gleichnisse eines glüenden Eisens erklehret hat. Denn das bleibet je ewiglich wahr / das Athanasius saget: Christus ist Gott dem Vater gleich nach seiner Gottheit / Nach seiner Menscheit aber ist er minor Patre, das ist / vnter dem Vater / oder kleiner denn der Vater.

Dieweil aber dis Geheimniß gros ist / ermanen wir die Pastorn / daß sie hierinnen nicht jhren Gedancken folgen / Sondern in aller Gottesfurcht sich an das offenbahrte Wort Gottes halten / vnd derhalben nicht mehr / auch nicht weniger von diesem Geheimnisse reden oder lehren / denn was Gott in seinem Wort hieuon offenbaret hat / Als daß Christo nach seiner Menschlichen Natur aller Gewalt gegeben sey im Himmel vnd auff Erden / daran ist nach aussage der Schrifft gar kein zweiffel.

Weil aber die Erhöhung seiner angenommenen Menschlichen Natur weit alles vbertrifft / das man nennen mag / So sagen wir / daß man allein solche Praerogatiuas, von welchen wir in der heiligen Schrifft außdrückliche klare Zeugnisse haben / gleuben vnd lehren

heit / (in welcher Er alles von ewigkeit gehabt) Sondern nach seiner Menscheit empfangen habe.

Vnd solche mittheilung oder Geschenck ist nicht allein mit blossen Worten / Sondern auch mit der That / vnd der Warheit geschehen. Nu ist auch wol das wahr / daß die erschaffene Qualitates (so in allwege von den Eigenschafften der Göttlichen Natur für sich vnterschieden seyn vnd bleiben) in der Menschlichen Natur Christi formaliter sind / Aber weñ die Schrifft zeuget / daß lebendig machen / von Sünden reinigen / alle Gewalt im Him̃el vnd auff Erden haben / welches der Göttlichen Natur Eigenschafften seyn / auch der Menschlichen Natur in Christo geschencket / vnd mitgetheilet worden seyn / so sol mann nicht verstehen / daß solchs geschehen sey durch eine wesentliche oder natürliche Außgiessung der Göttlichen Eigenschafften in die angenom̃ene Menscheit / als die numehr von der Gottheit abgesondert in der Menscheit Christi formaliter, wie die Schulen reden / weren / Sondern wie die alte Kirche redet / Per dispensationem vnionis, Das ist / nach Arth vnd weise der persönlichen Vereinigung / daß nemlich die gantze Fülle der Gottheit numehr Leibhafftig oder Persönlich in derselbigen angenommenen Menschlichen Natur in Christo wohne / Also / daß sie in / mit / vnd durch die angenom̃ene Menschliche Natur jhre selbst eigene Göttliche Wirckungen freywillig nach gnedigem gefallen verrichte / vnd dasselbige dennoch ohne vermischung / ohne verwandelung / oder ohne Exaequation / oder vergleichung der Naturen / wie dasselbige die alte Kirche mit der Gleichnisse eines glüenden Eisens erklehret hat. Denn das bleibet je ewiglich wahr / das Athanasius saget: Christus ist Gott dem Vater gleich nach seiner Gottheit / Nach seiner Menscheit aber ist er minor Patre, das ist / vnter dem Vater / oder kleiner denn der Vater.

Dieweil aber dis Geheimniß gros ist / ermanen wir die Pastorn / daß sie hierinnen nicht jhren Gedancken folgen / Sondern in aller Gottesfurcht sich an das offenbahrte Wort Gottes halten / vnd derhalben nicht mehr / auch nicht weniger von diesem Geheimnisse reden oder lehren / denn was Gott in seinem Wort hieuon offenbaret hat / Als daß Christo nach seiner Menschlichen Natur aller Gewalt gegeben sey im Himmel vnd auff Erden / daran ist nach aussage der Schrifft gar kein zweiffel.

Weil aber die Erhöhung seiner angenommenen Menschlichen Natur weit alles vbertrifft / das man nennen mag / So sagen wir / daß man allein solche Praerogatiuas, von welchen wir in der heiligen Schrifft außdrückliche klare Zeugnisse haben / gleuben vnd lehren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0722" n="54"/>
heit /                      (in welcher Er alles von ewigkeit gehabt) Sondern nach seiner Menscheit                      empfangen habe.</p>
        <p>Vnd solche mittheilung oder Geschenck ist nicht allein mit blossen Worten /                      Sondern auch mit der That / vnd der Warheit geschehen. Nu ist auch wol das wahr                      / daß die erschaffene <hi rendition="#i">Qualitates</hi> (so in allwege von den                      Eigenschafften der Göttlichen Natur für sich vnterschieden seyn vnd bleiben) in                      der Menschlichen Natur Christi <hi rendition="#i">formaliter</hi> sind / Aber                          wen&#x0303; die Schrifft zeuget / daß lebendig machen / von Sünden                      reinigen / alle Gewalt im Him&#x0303;el vnd auff Erden haben / welches                      der Göttlichen Natur Eigenschafften seyn / auch der Menschlichen Natur in                      Christo geschencket / vnd mitgetheilet worden seyn / so sol mann nicht verstehen                      / daß solchs geschehen sey durch eine wesentliche oder natürliche Außgiessung                      der Göttlichen Eigenschafften in die angenom&#x0303;ene Menscheit / als                      die numehr von der Gottheit abgesondert in der Menscheit Christi <hi rendition="#i">formaliter,</hi> wie die Schulen reden / weren / Sondern wie                      die alte Kirche redet / <hi rendition="#i">Per dispensationem vnionis,</hi> Das                      ist / nach Arth vnd weise der persönlichen Vereinigung / daß nemlich die gantze                      Fülle der Gottheit numehr Leibhafftig oder Persönlich in derselbigen                      angenommenen Menschlichen Natur in Christo wohne / Also / daß sie in / mit / vnd                      durch die angenom&#x0303;ene Menschliche Natur jhre selbst eigene                      Göttliche Wirckungen freywillig nach gnedigem gefallen verrichte / vnd                      dasselbige dennoch ohne vermischung / ohne verwandelung / oder ohne Exaequation                      / oder vergleichung der Naturen / wie dasselbige die alte Kirche mit der                      Gleichnisse eines glüenden Eisens erklehret hat. Denn das bleibet je ewiglich                      wahr / das <hi rendition="#i">Athanasius</hi> saget: Christus ist Gott dem Vater                      gleich nach seiner Gottheit / Nach seiner Menscheit aber ist er <hi rendition="#i">minor Patre,</hi> das ist / vnter dem Vater / oder kleiner                      denn der Vater.</p>
        <p>Dieweil aber dis Geheimniß gros ist / ermanen wir die Pastorn / daß sie hierinnen                      nicht jhren Gedancken folgen / Sondern in aller Gottesfurcht sich an das                      offenbahrte Wort Gottes halten / vnd derhalben nicht mehr / auch nicht weniger                      von diesem Geheimnisse reden oder lehren / denn was Gott in seinem Wort hieuon                      offenbaret hat / Als daß Christo nach seiner Menschlichen Natur aller Gewalt                      gegeben sey im Himmel vnd auff Erden / daran ist nach aussage der Schrifft gar                      kein zweiffel.</p>
        <p>Weil aber die Erhöhung seiner angenommenen Menschlichen Natur weit alles                      vbertrifft / das man nennen mag / So sagen wir / daß man allein solche <hi rendition="#i">Praerogatiuas,</hi> von welchen wir in der heiligen Schrifft                      außdrückliche klare Zeugnisse haben / gleuben vnd lehren
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0722] heit / (in welcher Er alles von ewigkeit gehabt) Sondern nach seiner Menscheit empfangen habe. Vnd solche mittheilung oder Geschenck ist nicht allein mit blossen Worten / Sondern auch mit der That / vnd der Warheit geschehen. Nu ist auch wol das wahr / daß die erschaffene Qualitates (so in allwege von den Eigenschafften der Göttlichen Natur für sich vnterschieden seyn vnd bleiben) in der Menschlichen Natur Christi formaliter sind / Aber weñ die Schrifft zeuget / daß lebendig machen / von Sünden reinigen / alle Gewalt im Him̃el vnd auff Erden haben / welches der Göttlichen Natur Eigenschafften seyn / auch der Menschlichen Natur in Christo geschencket / vnd mitgetheilet worden seyn / so sol mann nicht verstehen / daß solchs geschehen sey durch eine wesentliche oder natürliche Außgiessung der Göttlichen Eigenschafften in die angenom̃ene Menscheit / als die numehr von der Gottheit abgesondert in der Menscheit Christi formaliter, wie die Schulen reden / weren / Sondern wie die alte Kirche redet / Per dispensationem vnionis, Das ist / nach Arth vnd weise der persönlichen Vereinigung / daß nemlich die gantze Fülle der Gottheit numehr Leibhafftig oder Persönlich in derselbigen angenommenen Menschlichen Natur in Christo wohne / Also / daß sie in / mit / vnd durch die angenom̃ene Menschliche Natur jhre selbst eigene Göttliche Wirckungen freywillig nach gnedigem gefallen verrichte / vnd dasselbige dennoch ohne vermischung / ohne verwandelung / oder ohne Exaequation / oder vergleichung der Naturen / wie dasselbige die alte Kirche mit der Gleichnisse eines glüenden Eisens erklehret hat. Denn das bleibet je ewiglich wahr / das Athanasius saget: Christus ist Gott dem Vater gleich nach seiner Gottheit / Nach seiner Menscheit aber ist er minor Patre, das ist / vnter dem Vater / oder kleiner denn der Vater. Dieweil aber dis Geheimniß gros ist / ermanen wir die Pastorn / daß sie hierinnen nicht jhren Gedancken folgen / Sondern in aller Gottesfurcht sich an das offenbahrte Wort Gottes halten / vnd derhalben nicht mehr / auch nicht weniger von diesem Geheimnisse reden oder lehren / denn was Gott in seinem Wort hieuon offenbaret hat / Als daß Christo nach seiner Menschlichen Natur aller Gewalt gegeben sey im Himmel vnd auff Erden / daran ist nach aussage der Schrifft gar kein zweiffel. Weil aber die Erhöhung seiner angenommenen Menschlichen Natur weit alles vbertrifft / das man nennen mag / So sagen wir / daß man allein solche Praerogatiuas, von welchen wir in der heiligen Schrifft außdrückliche klare Zeugnisse haben / gleuben vnd lehren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/722
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/722>, abgerufen am 16.07.2024.