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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Weil denn auch von allen Gelahrten in den Schulen allwege das für recht gehalten ist / Alles was nicht für sich selbst bestehet / noch eines andern stück vnd theil ist / Sondern in einem andern ist / vnd befunden wird / Doch mutabiliter, das seiner Arth nach kan verendert werden / das sey nicht eine Substantz / sondern ein Accidens. Derwegen auch Augustinus aus diesem Grunde diese Rede führet: Die Erbsünde / spricht er / ist nicht die Natur selbst / sondern accidens vitium, ein Schade oder verderbung / so zu der Natur / oder in die Natur kommen ist / vnd dauon wieder kan abgethan werden / Wie man vor dieser zeit in allen Euangelischen Schulen auch also geredt hat.

Auff daß aber auch nicht durch Mißbrauch des worts Accidens, weil es heist ein zufellig ding / die Erbsünde als geringschetzig geachtet werde / sol mit fleis die erinnerung geschehen / daß die Erbsünde nicht so ein leicht / schlecht / gering zufellig ding sey / wie die Dialectica von andern gemeinen Accidentibus redet / Sondern daß die Erbsünde sey eine solche tieffe böse Verderbung der gantzen Natur / viel tieffer vnd böser / denn wir dauon dencken oder reden können.

Auff diese weise verwirfft Lutherus nicht das wort Qualitatis, sondern erkleret es im 90. Psalm / Denn man muß sich in allwege wol fürsehen / daß nicht durch die substilen spitzigen reden der Philosophen vnd Dialecticorum de formis substantialibus, de accidentibus & qualitatibus, die einfalt der reinen Lehre von der Erbsünde / so in Gottes Wort offenbahret ist / verwirret vnd verfelschet werde.

V. Vom Freyen Willen des Menschen / oder seinem vermögen vnd Krefften.

DAß die Disputationes, so von diesem Artickel erreget / einfeltig vnd gründlich erkleret werden / sol für kein vnnötigs Wort Gezenck erachtet werden / Denn in diesem Artickel können leichtlich allerley Mißuerstende für fallen / fürnemlich / wo man one gebürlichen nothwendigen Vnterschied hieuon disputieret / Oder wenn der Status vnd die Heuptfrage des Handels verrücket / vnd verfenglich verdrehet vnd versetzet wird. Wollen derwegen auffs einfeltigste anleitung geben / wie die fürnemsten Heuptstücke / so zur Lehre dieses Artickels gehören / vnterschiedlich vnd ördentlich / mit bescheidenen / richtigen / gesunden worten vnd reden / also mögen erkleret vnd fürgetragen werden / daß die jrrige Opiniones allerseits / da sie entweder zur rechten oder zur lincken seiten außschlagen / außgesetzet / vnd die reine Lehre wieder die Pelagianer vnd Enthusiasten also verwahret möge

Weil denn auch von allen Gelahrten in den Schulen allwege das für recht gehalten ist / Alles was nicht für sich selbst bestehet / noch eines andern stück vnd theil ist / Sondern in einem andern ist / vnd befunden wird / Doch mutabiliter, das seiner Arth nach kan verendert werden / das sey nicht eine Substantz / sondern ein Accidens. Derwegen auch Augustinus aus diesem Grunde diese Rede führet: Die Erbsünde / spricht er / ist nicht die Natur selbst / sondern accidens vitium, ein Schade oder verderbung / so zu der Natur / oder in die Natur kom̃en ist / vnd dauon wieder kan abgethan werden / Wie man vor dieser zeit in allen Euangelischen Schulen auch also geredt hat.

Auff daß aber auch nicht durch Mißbrauch des worts Accidens, weil es heist ein zufellig ding / die Erbsünde als geringschetzig geachtet werde / sol mit fleis die erinnerung geschehen / daß die Erbsünde nicht so ein leicht / schlecht / gering zufellig ding sey / wie die Dialectica von andern gemeinen Accidentibus redet / Sondern daß die Erbsünde sey eine solche tieffe böse Verderbung der gantzen Natur / viel tieffer vnd böser / denn wir dauon dencken oder reden können.

Auff diese weise verwirfft Lutherus nicht das wort Qualitatis, sondern erkleret es im 90. Psalm / Denn man muß sich in allwege wol fürsehen / daß nicht durch die substilen spitzigen reden der Philosophen vnd Dialecticorum de formis substantialibus, de accidentibus & qualitatibus, die einfalt der reinen Lehre von der Erbsünde / so in Gottes Wort offenbahret ist / verwirret vnd verfelschet werde.

V. Vom Freyen Willen des Menschen / oder seinem vermögen vnd Krefften.

DAß die Disputationes, so von diesem Artickel erreget / einfeltig vnd gründlich erkleret werden / sol für kein vnnötigs Wort Gezenck erachtet werden / Denn in diesem Artickel können leichtlich allerley Mißuerstende für fallen / fürnemlich / wo man one gebürlichen nothwendigen Vnterschied hieuon disputieret / Oder wenn der Status vnd die Heuptfrage des Handels verrücket / vnd verfenglich verdrehet vnd versetzet wird. Wollen derwegen auffs einfeltigste anleitung geben / wie die fürnemsten Heuptstücke / so zur Lehre dieses Artickels gehören / vnterschiedlich vnd ördentlich / mit bescheidenen / richtigen / gesunden worten vnd reden / also mögen erkleret vnd fürgetragen werden / daß die jrrige Opiniones allerseits / da sie entweder zur rechten oder zur lincken seiten außschlagen / außgesetzet / vnd die reine Lehre wieder die Pelagianer vnd Enthusiasten also verwahret möge

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[75/0743] Weil denn auch von allen Gelahrten in den Schulen allwege das für recht gehalten ist / Alles was nicht für sich selbst bestehet / noch eines andern stück vnd theil ist / Sondern in einem andern ist / vnd befunden wird / Doch mutabiliter, das seiner Arth nach kan verendert werden / das sey nicht eine Substantz / sondern ein Accidens. Derwegen auch Augustinus aus diesem Grunde diese Rede führet: Die Erbsünde / spricht er / ist nicht die Natur selbst / sondern accidens vitium, ein Schade oder verderbung / so zu der Natur / oder in die Natur kom̃en ist / vnd dauon wieder kan abgethan werden / Wie man vor dieser zeit in allen Euangelischen Schulen auch also geredt hat. Auff daß aber auch nicht durch Mißbrauch des worts Accidens, weil es heist ein zufellig ding / die Erbsünde als geringschetzig geachtet werde / sol mit fleis die erinnerung geschehen / daß die Erbsünde nicht so ein leicht / schlecht / gering zufellig ding sey / wie die Dialectica von andern gemeinen Accidentibus redet / Sondern daß die Erbsünde sey eine solche tieffe böse Verderbung der gantzen Natur / viel tieffer vnd böser / denn wir dauon dencken oder reden können. Auff diese weise verwirfft Lutherus nicht das wort Qualitatis, sondern erkleret es im 90. Psalm / Denn man muß sich in allwege wol fürsehen / daß nicht durch die substilen spitzigen reden der Philosophen vnd Dialecticorum de formis substantialibus, de accidentibus & qualitatibus, die einfalt der reinen Lehre von der Erbsünde / so in Gottes Wort offenbahret ist / verwirret vnd verfelschet werde. V. Vom Freyen Willen des Menschen / oder seinem vermögen vnd Krefften. DAß die Disputationes, so von diesem Artickel erreget / einfeltig vnd gründlich erkleret werden / sol für kein vnnötigs Wort Gezenck erachtet werden / Denn in diesem Artickel können leichtlich allerley Mißuerstende für fallen / fürnemlich / wo man one gebürlichen nothwendigen Vnterschied hieuon disputieret / Oder wenn der Status vnd die Heuptfrage des Handels verrücket / vnd verfenglich verdrehet vnd versetzet wird. Wollen derwegen auffs einfeltigste anleitung geben / wie die fürnemsten Heuptstücke / so zur Lehre dieses Artickels gehören / vnterschiedlich vnd ördentlich / mit bescheidenen / richtigen / gesunden worten vnd reden / also mögen erkleret vnd fürgetragen werden / daß die jrrige Opiniones allerseits / da sie entweder zur rechten oder zur lincken seiten außschlagen / außgesetzet / vnd die reine Lehre wieder die Pelagianer vnd Enthusiasten also verwahret möge

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/743>, abgerufen am 22.11.2024.