Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 6, Czernowitz, 05.01.1904.[Spaltenumbruch]
Redaktion u. Administration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für das Inland Für Deutschland: Für Rumänien und den Balkan; Telegramme: Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Erscheint täglich 8 Uhr abends. Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Einzelexemplare: Ankündigungen: Nr. 6. Czernowitz, Dienstag, den 5. Jänner 1904. [Spaltenumbruch] Politische Neujahrsreden. (Brief aus Budapest) 2. Jänner 1904. st. Der völlige Umschwung in der Volksstimmung, Ein merkwürdiger Gegensatz ist zwischen den Reden Weit interessanter erscheint die Enunziation Franz Alle Symptome deuten demnach auf bessere Tage hin. Die städtische Bierauflage. Wir erhalten folgende Zuschrift: Geehrte Redaktion! In Ihrem jungen Blatte vom 1. d. M. brachten Sie Diese Mitteilung beruht offenbar auf einer ganz Die neue Kodifizirung des Bierauflagerechtes Die Stadtgemeinde Czernowitz hat schon seit den ersten Die erste gesetzliche Anerkennung erhielt diese von der Mit dem Landesgesetze vom 15. März 1884 wurde Beim bevorstehenden Ablaufe dieser Frist schritt die Als nun dieser Gegenstand in der Herbstsession des [Spaltenumbruch] Feuilleton. Graf Goluchowski. Graf Goluchowski hat als Persönlichkeit einen Charme, Das Glückliche, das unserem Staatskutschierer Die Arbeit des Ministers, die nach dem Luncheon um [Spaltenumbruch]
Redaktion u. Adminiſtration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für das Inland Für Deutſchland: Für Rumänien und den Balkan; Telegramme: Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Erſcheint täglich 8 Uhr abends. Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Einzelexemplare: Ankündigungen: Nr. 6. Czernowitz, Dienstag, den 5. Jänner 1904. [Spaltenumbruch] Politische Neujahrsreden. (Brief aus Budapeſt) 2. Jänner 1904. st. Der völlige Umſchwung in der Volksſtimmung, Ein merkwürdiger Gegenſatz iſt zwiſchen den Reden Weit intereſſanter erſcheint die Enunziation Franz Alle Symptome deuten demnach auf beſſere Tage hin. Die städtische Bierauflage. Wir erhalten folgende Zuſchrift: Geehrte Redaktion! In Ihrem jungen Blatte vom 1. d. M. brachten Sie Dieſe Mitteilung beruht offenbar auf einer ganz Die neue Kodifizirung des Bierauflagerechtes Die Stadtgemeinde Czernowitz hat ſchon ſeit den erſten Die erſte geſetzliche Anerkennung erhielt dieſe von der Mit dem Landesgeſetze vom 15. März 1884 wurde Beim bevorſtehenden Ablaufe dieſer Friſt ſchritt die Als nun dieſer Gegenſtand in der Herbſtſeſſion des [Spaltenumbruch] Feuilleton. Graf Goluchowski. Graf Goluchowski hat als Perſönlichkeit einen Charme, Das Glückliche, das unſerem Staatskutſchierer Die Arbeit des Miniſters, die nach dem Luncheon um <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jEditorialStaff"> <p> <hi rendition="#b">Redaktion u. Adminiſtration:<lb/> Herrengaſſe 9, 1. 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K 21.60</p><lb/> <p>Für Deutſchland:<lb/> vierteljährig .... 7 Mark.</p><lb/> <p>Für Rumänien und den Balkan;<lb/> vierteliährig .... 9 Franks.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#b">Telegramme: Allgemeine, Czernowitz.</hi> </p> </div><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Erſcheint täglich 8 Uhr abends.</hi> </hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Czernowitzer<lb/> Allgemeine Zeitung</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p> <hi rendition="#b">Einzelexemplare:<lb/> 7 Heller für Czernowitz.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Ankündigungen:</hi><lb/> Es koſtet im gewöhnlichen Inſe-<lb/> ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene<lb/> Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei<lb/> mehrmaliger Einſchaltung, für Re-<lb/> klame 40 h die Petitzeile. 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Tisza ſagt: „Obzwar<lb/> ich in <hi rendition="#g">prinzipiellen</hi> Fragen eine Transaktion nicht<lb/> kenne und niemals kennen werde, ſo glaube ich, daß die<lb/><cb/> Taktik den Forderungen des Momentes ſich anpaſſen<lb/> müſſe.“ Apponyi kennt in Fragen der Taktik keine Konzeſſion,<lb/> nimmt es aber mit den Prinzipien minder genau. Er ſagt:<lb/> „Meine Politik wird auch in Hinkunft genau dieſelbe ſein,<lb/> wie dazumal, als wir im Rahmen der Nationalpartei ge-<lb/> meinſam wirkten. 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Sie iſt, obwohl ſie mit einem kriegeriſchen Trom-<lb/> petenſtoß endigt, nicht mehr als ein Signal zum Rückzug.<lb/> Die Unabhängigkeit des Landes könne nur ſo erreicht werden,<lb/> wenn die Kraft und die Begeiſterung der Nation nicht auf<lb/> derzeit unmögliche Dinge verſchwendet werden. „Wenn wir<lb/> nichts erreichen können, wiewohl wir die nationale Begeiſterung<lb/> aufs höchſte angefacht haben, und wenn wir nicht dahin<lb/> konkludieren können und wollen, Gewalt gegen Gewalt zu<lb/> ſetzen, ſo würden wir, wenn wir den Kampf fortſetzen, ſo<lb/> handeln, wie der Verſchwender mit dem ihm anvertrauten<lb/> Gute.“ Die Koſſuthpartei ſcheint alſo, wenn man den Worten<lb/> ihres Führers trauen darf, auf dem Wege zu ſein, ihre<lb/> Fehler gutzumachen und der Erledigung wirtſchaftlicher<lb/> Fragen ſich zuzuwenden.</p><lb/> <p>Alle Symptome deuten demnach auf beſſere Tage hin.<lb/> Der wehmütig reſignierte Ton, der aus den Neujahrsreden<lb/> klingt, erinnert lebhaft an das Gehaben des Rekonvaleszenten,<lb/> der nach ſchwerer Krankheit einen langwierigen Geneſungs-<lb/> prozeß durchzumachen hat, um ſchließlich gänzlich zu geſunden.<lb/> Mit Ugron allein fertig zu werden, wird das ungariſche<lb/> Parlament wohl ſtark genug ſein ...</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="bierauflage1" next="#bierauflage2" type="letter" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Die städtische Bierauflage.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Wir erhalten folgende Zuſchrift:</p><lb/> <p>Geehrte Redaktion!</p><lb/> <p>In Ihrem jungen Blatte vom 1. d. M. brachten Sie<lb/> in dem Berichte über den Bukowiner Landtag die Mitteilung:<lb/> „Mit der Votirung des Geſetzes zur Einhebung der <hi rendition="#g">Bier-<lb/><cb/> ſteuer</hi> hat die <hi rendition="#g">Stadtgemeinde Czernowitz</hi> einen<lb/><hi rendition="#g">Sieg ihrer Anſchauung</hi> über den <hi rendition="#g">Einhebungs-<lb/> modus</hi> zu verzeichnen, indem der Bieraufſchlag nach dem<lb/> Wortlaute des Geſetzes nunmehr <hi rendition="#g">ausdrücklich als<lb/> „Erzeugungsſteuer“</hi> bezeichnet und die Einhebung nach<lb/> Art der ſtaatlichen Bierſteuer zu erfolgen haben wird. Wenn<lb/> dieſes Geſetz die a. h. Sanktion erlangt, ſo hat auch der<lb/><hi rendition="#g">unſelige Bierkrieg</hi> ein Ende und der <hi rendition="#g">Stadtſäckel</hi><lb/> iſt um ein <hi rendition="#g">nettes rundes Sümmchen ſchwerer.</hi>“</p><lb/> <p>Dieſe Mitteilung beruht offenbar auf einer ganz<lb/> falſchen Information, und da ſie geeignet iſt, in der Oeffent-<lb/> lichkeit irreführend zu wirken, ſoll ſie hiemit richtiggeſtellt werden.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">neue Kodifizirung</hi> des Bierauflagerechtes<lb/> der Stadtgemeinde Czernowitz iſt in mannigfacher Beziehung<lb/> hochintereſſant. Zu ihrem richtigen Verſtändnis iſt aber die<lb/> Kenntnis ihrer Vorgeſchichte unerläßlich.</p><lb/> <p>Die Stadtgemeinde Czernowitz hat ſchon ſeit den erſten<lb/> Dezennien des vorigen Jahrhundertes ohne beſondere geſetzliche<lb/> Ermächtigung auf Grund allgemeiner für galiziſche Städte<lb/> beſtandener Gubernialverordnungen und ſtaatlicher Vorſchriften<lb/> eine Auflage von Bier eingehoben. Die betreffenden Vor-<lb/> ſchriften lehnten ſich jeweilig an die Beſtimmungen für die<lb/> ſtaatliche Bierverzehrungsſteuer an, denen gemäß die Auflage<lb/> im vorhinein bei der Erzeugung zu entrichten war.</p><lb/> <p>Die erſte geſetzliche Anerkennung erhielt dieſe von der<lb/> Stadtgemeinde Czernowitz bis dahin nur gewohnheitsrechtlich<lb/> geübte Bierbeſteuerung durch das Landesgeſetz vom 2. März 1872,<lb/> Nr. 6 L. G. Bl., mit welchem dieſer Gemeinde „die Erhöhung<lb/> der daſelbſt <hi rendition="#g">auf den Verbrauch</hi> von Bier ...“ längſt<lb/> eingeführten Auflage unter Aufrechthaltung der in dieſer<lb/> Beziehung bisher geltenden Vorſchriften und geſetzlichen Be-<lb/> ſtimmungen bewilligt wurde. Die bis dahin mit 50 kr. ö. W.<lb/> eingehobene Auflage wurde auf 1 fl. vom u. ö. Eimer erhöht.<lb/> Dieſelbe wurde nachher im Wege der Umrechnung nach dem<lb/> Dezimalmaße in 1 fl. 66 kr. ö. W. vom Hektoliter umge-<lb/> wandelt.</p><lb/> <p>Mit dem Landesgeſetze vom 15. März 1884 wurde<lb/> die Auflage auf 1 fl. 70 kr. ö. W. vom Hektoliter auf die<lb/> Dauer von 10 Jahren erhöht, und ſchließlich wurde mit dem<lb/> Landesgeſetze vom 15. März 1894, Nr. 5 L. G. Bl. die Einhebung<lb/> der Auflage in der gleichen Höhe der Stadtgemeinde auf<lb/> weitere 10 Jahre bewilligt.</p><lb/> <p>Beim bevorſtehenden Ablaufe dieſer Friſt ſchritt die<lb/> Gemeindevertretung beim Landtage um Verlängerung des<lb/> Einhebungsrechtes auf weitere 10 Jahre ein.</p><lb/> <p>Als nun dieſer Gegenſtand in der Herbſtſeſſion des<lb/> Bukowiner Landtages in deſſen Verwaltungsausſchuſſe zur<lb/> Verhandlung kam, trat der Regierungsvertreter einer einfachen<lb/> Verlängerung des Landesgeſetzes vom Jahre 1874 mit der<lb/> Erklärung entgegen, daß die hinſichtlich dieſes ſtädtiſchen<lb/> Gefälles in den letzten Jahren hervorgetretenen Streitigkeiten<lb/> eine Reform der betreffenden Geſetzgebung dringend erheiſchen</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Feuilleton.</hi> </hi> </head><lb/> <div xml:id="graf1" next="#graf2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Graf Goluchowski.</hi> </hi> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b">Omikron.</hi> </byline><lb/> <p>Graf Goluchowski hat als Perſönlichkeit einen Charme,<lb/> den ihm auch ſeine Gegner nicht aberkennen. (Gegner iſt viel-<lb/> leicht nicht der richtige Ausdruck — wir wollen „Neider“<lb/> ſagen.) Die Neider alſo mögen behaupten, er habe das Ge-<lb/> winnende der Leute, die immer gewinnen. Aber er hat ge-<lb/> wonnen und gewinnt noch immer, ohne zu ſpielen. Er hat nie<lb/> nach dem Erfolg gejagt, auch nicht nach der Stelle, die er<lb/> einnimmt: die Fortuna iſt dem ſchmucken Mann nachgelaufen,<lb/> die Blinde dem Blonden. Er iſt kein bloßes Glückskind, aber<lb/> ein glückliches Menſchenkind. Auf die Höhen der Macht ge-<lb/> langt, iſt er durch ſeine perſönlichen Umſtände von den<lb/> Chancen des Machtgenuſſes unabhängig und in ein glückliches<lb/> Familienleben gebettet. Seine Gemahlin, eine Enkelin der<lb/> Schweſter des großen Napoleon, iſt der Typus jener Franzöſin,<lb/> welche auf der Bühne und im Roman nie vorkommt: <hi rendition="#aq">grande<lb/> dame</hi> ohne Dünkel, graziös und einfach, leicht wie ein Vogel<lb/> und innig wie ein Gebet. Drei flachshaarige Söhne, von<lb/> denen der älteſte noch nicht flügge iſt und der jüngſte an den<lb/><supplied>E</supplied>rnſt der Studierſtube noch nicht glauben will, beleben<lb/> das Haus.</p><lb/> <p>Das Glückliche, das unſerem Staatskutſchierer<lb/> eigen iſt, liegt in der ſicheren und ausgeglichenen<lb/> Art, wie er ſein Leben zwiſchen dem Genuß der<lb/> Schickſalsgaben und dem Gebrauch ſeiner eigenen zu<lb/><cb/> teilen weiß. Heiter zu ſein und ernſt zu denken iſt eine<lb/> Qualität, durch die man den Menſchen und ſich am beſten dienen<lb/> und gefallen mag. Graf Goluchowski hat ſich die Einteilung<lb/> des Tages, die ihm ſelbſt und den Geſchäften die geſündeſte<lb/> iſt, nicht aus der Beamtenwelt, ſondern aus der diplomatiſchen<lb/> geholt. Er arbeitet am Vormittag gar nichts — außer wenn<lb/> die höchſte Stimme ruft —, vom Dejeuner an aber ununter-<lb/> brochen bis in die ſiebente, oft achte Arbeitsſtunde. Darin<lb/> unterſcheidet er ſich von dem Attach<hi rendition="#aq">é</hi>, der ſich einmal rühmte:<lb/> „Heute bin ich ſchon Vormittag ſpazieren gegangen, ſo daß ich<lb/> am Nachmittag nichts zu tun habe.“ Unfer Miniſter<lb/> verzichtet nie auf ſeine Morgenpromenade. Bad, Toilette und<lb/> Lektüre jener Morgenzeitungen, welche ſein Preßbureau nicht<lb/> paſſiert haben — okkupieren ihn bis um die elfte Stunde.<lb/> Auf einen Moment betritt er ſein Arbeitszimmer, um in die<lb/> Nachts eingetroffenen Chiffretelegramme einen Blick zu werfen,<lb/> dann hat ihn die Straße — bis zum Familienfrühſtück. Ein<lb/> Gerücht will wiſſen, daß der Graf dieſen täglichen Spazier-<lb/> gang mit <hi rendition="#g">täglichem Kirchgang</hi> verbindet. Ob dem ſo<lb/> iſt, weiß ich nicht, aber es ſollte mich nicht wundern, denn<lb/> Graf Goluchowski, der vom Glauben nie ſpricht, iſt ein<lb/><hi rendition="#g">frommer, religiös fühlender Herr.</hi> Dennoch ſind<lb/> es meiſt die hochkatholiſchen Herren und Parteien, die es mit<lb/> ihm zu tun bekommen: Chriſtlichſoziale, Feudale und Papale,<lb/> wie der verfloſſene Rampolla. Dieſe Gemeinde ſcheert ſich<lb/> einen blauen — Herrgott darum, ob der Miniſter chriſtlich<lb/> oder indifferent iſt: klerikal wollen ſie ihn, und das iſt Graf<lb/> Goluchowski nicht.</p><lb/> <p>Die Arbeit des Miniſters, die nach dem Luncheon um<lb/> 2 Uhr beginnt, dürfte Vielen, welche von der Sache nichts<lb/> verſtehen, als eine leichte erſcheinen. Sie beſteht zunächſt in<lb/> der Lektüre der diplomatiſchen und konſularen Berichte. dann<lb/><cb/> aber in Empfängen. Zunächſt kommt der Hausſekretär oder,<lb/> wie ihn Graf Goluchowski nach dem ronflanten franzöſiſchen<lb/> Muſter benannt hat: der Chef des Kabinetts des Miniſters.<lb/> Er hat die perſönliche und ſoziale Korreſpondenz des Miniſters,<lb/> den brieflichen Verkehr mit den Botſchaftern, Miniſterien, die<lb/> Billets, die Einladungen, die Geſuche, die Erwirkung oder<lb/> Abſage von Audienzen zu beſorgen. Dann kommen die Beſuche<lb/> und Audienzen ſelbſt, von Privaten, Halbprivaten, auf Urlaub<lb/> paſſierenden Diplomaten, die vom Botſchafter bis zum Attach<hi rendition="#aq">é</hi><lb/> hinab dem Chef die ſelten willkommene Aufwartung machen;<lb/> dann die mit beſonderen Aufträgen ihrer Gouvernements<lb/> erſcheinenden fremden Vertreter der Großmächte. Nach all dieſen<lb/> Outſiders oder je nach der Wichtigkeit der Sache zwiſchen<lb/> ihnen durch erſcheinen die ſtändigen Mitarbeiter oder Referenten<lb/> des Miniſters, um Inſtruktionen für ihre Depeſchen und<lb/> Weiſungen einzuholen oder ihre fertigen Konzepte zur Approbation<lb/> vvrzulegen. Das geht unter dieſem koulanten Chef — <hi rendition="#aq">sit<lb/> venia verbo</hi> — wie geſchmiert. Denn er iſt klar in ſeinen<lb/> Aufträgen und tolerant gegen jeden Stil. Ohnehin behält er<lb/> alles Schwierige ſeiner eigenen Feder vor, wie er es überhaupt<lb/> Allen leichter macht, als ſich ſelbſt. So zeigt er namentlich<lb/> im mündlichen Verkehr, den er faſt nie einſchränkt, nicht eine<lb/> Spur von Erſchöpfung oder Ungeduld ... Nach all den Em-<lb/> pfängen, die ich hier blos angedeutet, zu denen ſich noch als<lb/> Nichtletzter der tägliche Vortrag <hi rendition="#g">ds</hi> Preßleiters geſellt, iſt der<lb/> Miniſter noch friſch genug, in ſpäter Dämmerung die Lichter<lb/> ſeiner Sektionschefs leuchten zu laſſen, die ihm <hi rendition="#aq">pour la bonne<lb/> bouche</hi> noch einen Generalvortrag über alle „anderen“ An-<lb/> gelegenheiten des Tages, die politiſchen und adminiſtrativen,<lb/> applizieren und mit denen er gutmütig auch die große Politik<lb/> beſpricht, um ihnen den Glauben zu laſſen, daß ſie mit die<lb/> Politik machen. Es geſchieht zwar nie, was ſie ſagen, aber ſie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
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Wollzeile 11.
Nr. 6. Czernowitz, Dienstag, den 5. Jänner 1904.
Politische Neujahrsreden.
(Brief aus Budapeſt)
2. Jänner 1904.
st. Der völlige Umſchwung in der Volksſtimmung,
der bereits ſeit Wochen konſtatiert werden konnte, hat in den
politiſchen Reden, welche anläßlich der diverſen Neujahrs-
empfänge gehalten wurden, prägnanten Ausdruck gefunden.
Ein Ton der Milde und Müdigkeit klingt aus ihnen, als
ob man längſt aufgehört hätte, den Kampf, deſſen Fortdauer
eben noch von den Ugroniſten proklamiert worden war, ernſt
zu nehmen und nach Mitteln zu ſinnen, mit denen er be-
endigt werden könnte. Nichts von einem Ausblick in die
Zukunft, von Hoffnungen oder Verheißungen, ein wehmütig
reſignierter Rückblick nur über das Vergangene, wie er ſonſt
wohl an Tagen, da man abſchließt, doch nicht an ſolchen,
da man anfängt, am Platz zu ſein pflegt. Sogar die Rede
des Grafen Tisza durchzieht eine leiſe Melancholie. Der
Frieden wurde ſeinerſeits mit ungeheuren Opfern auf Koſten
der Reichseinheit erkauft, und nun zeigt es ſich, daß ein
kleines Häuflein Unverſöhnlicher die Erledigung der Staats-
notwendigkeiten mit Erfolg hintanzuhalten vermag. Tisza
ſetzt nichtsdeſtoweniger nach wie vor ſeine Hoffnung auf
einen geläuterten Parlamentarismus, wo es keine Obſtrukion,
ſondern nur eine Oppoſition gibt, die es lediglich als ihre
Aufgabe anſähe, den Reichstag und die Regierung zu er-
höhter Tätigkeit anzuſpornen. Der Parlamentarismus zeige
nur bei jenen Nationen einen Niedergang, bei welchen das
geſamte Leben des Volkes und der Geſellſchaft Zeichen der
Fäulnis und des Verfalles aufweiſe. Die ungariſche Nation
müſſe imſtande ſein, die Uebelſtände, an denen der ungariſche
Parlamentarismus ſeit Jahren leide, zu heilen und ſich jener
handvoll Menſchen zu erwehren, welche die
Intereſſen der Nation zugrunde richten. Tisza iſt der Ueber-
zeugung, daß die Obſtruktion ſich ſelbſt ihr Grab graben
werde, und begnügt ſich gegenüber allen aktuellen Hinder-
niſſen, die der poſitiven Arbeit den Weg verrammeln, mit
einer Anſpielung auf die Reviſion der Hausordnung, die aber
nur im Einverſtändniſſe mit der Oppoſition durchgeführt
werden ſolle.
Ein merkwürdiger Gegenſatz iſt zwiſchen den Reden
Tiszas und Apponyis zu verzeichnen. Tisza ſagt: „Obzwar
ich in prinzipiellen Fragen eine Transaktion nicht
kenne und niemals kennen werde, ſo glaube ich, daß die
Taktik den Forderungen des Momentes ſich anpaſſen
müſſe.“ Apponyi kennt in Fragen der Taktik keine Konzeſſion,
nimmt es aber mit den Prinzipien minder genau. Er ſagt:
„Meine Politik wird auch in Hinkunft genau dieſelbe ſein,
wie dazumal, als wir im Rahmen der Nationalpartei ge-
meinſam wirkten. Ich nehme den meinen Händen entglittenen
Faden wieder auf, aber nicht ſo wie eine Art politiſchen
Rip van Winkle, der Jahre hindurch geſchlafen hat, mich
in Allem an das Alte, dem heutigen Stadium der Nation
nicht mehr Entſprechende klammernd.“ Im Uebrigen iſt
Apponyis Rede nicht mehr als ein Spiel mit Worten, wenn
man will ſogar ein blendendes, aus dem höchſtens das Eine
bedeutſam erſcheint, daß er über die Details ſeiner Wirk-
ſamkeit als ſelbſtändiger politiſcher Faktor ſich demnächſt zu
äußern verſprach.
Weit intereſſanter erſcheint die Enunziation Franz
Koſſuths. Sie iſt, obwohl ſie mit einem kriegeriſchen Trom-
petenſtoß endigt, nicht mehr als ein Signal zum Rückzug.
Die Unabhängigkeit des Landes könne nur ſo erreicht werden,
wenn die Kraft und die Begeiſterung der Nation nicht auf
derzeit unmögliche Dinge verſchwendet werden. „Wenn wir
nichts erreichen können, wiewohl wir die nationale Begeiſterung
aufs höchſte angefacht haben, und wenn wir nicht dahin
konkludieren können und wollen, Gewalt gegen Gewalt zu
ſetzen, ſo würden wir, wenn wir den Kampf fortſetzen, ſo
handeln, wie der Verſchwender mit dem ihm anvertrauten
Gute.“ Die Koſſuthpartei ſcheint alſo, wenn man den Worten
ihres Führers trauen darf, auf dem Wege zu ſein, ihre
Fehler gutzumachen und der Erledigung wirtſchaftlicher
Fragen ſich zuzuwenden.
Alle Symptome deuten demnach auf beſſere Tage hin.
Der wehmütig reſignierte Ton, der aus den Neujahrsreden
klingt, erinnert lebhaft an das Gehaben des Rekonvaleszenten,
der nach ſchwerer Krankheit einen langwierigen Geneſungs-
prozeß durchzumachen hat, um ſchließlich gänzlich zu geſunden.
Mit Ugron allein fertig zu werden, wird das ungariſche
Parlament wohl ſtark genug ſein ...
Die städtische Bierauflage.
Wir erhalten folgende Zuſchrift:
Geehrte Redaktion!
In Ihrem jungen Blatte vom 1. d. M. brachten Sie
in dem Berichte über den Bukowiner Landtag die Mitteilung:
„Mit der Votirung des Geſetzes zur Einhebung der Bier-
ſteuer hat die Stadtgemeinde Czernowitz einen
Sieg ihrer Anſchauung über den Einhebungs-
modus zu verzeichnen, indem der Bieraufſchlag nach dem
Wortlaute des Geſetzes nunmehr ausdrücklich als
„Erzeugungsſteuer“ bezeichnet und die Einhebung nach
Art der ſtaatlichen Bierſteuer zu erfolgen haben wird. Wenn
dieſes Geſetz die a. h. Sanktion erlangt, ſo hat auch der
unſelige Bierkrieg ein Ende und der Stadtſäckel
iſt um ein nettes rundes Sümmchen ſchwerer.“
Dieſe Mitteilung beruht offenbar auf einer ganz
falſchen Information, und da ſie geeignet iſt, in der Oeffent-
lichkeit irreführend zu wirken, ſoll ſie hiemit richtiggeſtellt werden.
Die neue Kodifizirung des Bierauflagerechtes
der Stadtgemeinde Czernowitz iſt in mannigfacher Beziehung
hochintereſſant. Zu ihrem richtigen Verſtändnis iſt aber die
Kenntnis ihrer Vorgeſchichte unerläßlich.
Die Stadtgemeinde Czernowitz hat ſchon ſeit den erſten
Dezennien des vorigen Jahrhundertes ohne beſondere geſetzliche
Ermächtigung auf Grund allgemeiner für galiziſche Städte
beſtandener Gubernialverordnungen und ſtaatlicher Vorſchriften
eine Auflage von Bier eingehoben. Die betreffenden Vor-
ſchriften lehnten ſich jeweilig an die Beſtimmungen für die
ſtaatliche Bierverzehrungsſteuer an, denen gemäß die Auflage
im vorhinein bei der Erzeugung zu entrichten war.
Die erſte geſetzliche Anerkennung erhielt dieſe von der
Stadtgemeinde Czernowitz bis dahin nur gewohnheitsrechtlich
geübte Bierbeſteuerung durch das Landesgeſetz vom 2. März 1872,
Nr. 6 L. G. Bl., mit welchem dieſer Gemeinde „die Erhöhung
der daſelbſt auf den Verbrauch von Bier ...“ längſt
eingeführten Auflage unter Aufrechthaltung der in dieſer
Beziehung bisher geltenden Vorſchriften und geſetzlichen Be-
ſtimmungen bewilligt wurde. Die bis dahin mit 50 kr. ö. W.
eingehobene Auflage wurde auf 1 fl. vom u. ö. Eimer erhöht.
Dieſelbe wurde nachher im Wege der Umrechnung nach dem
Dezimalmaße in 1 fl. 66 kr. ö. W. vom Hektoliter umge-
wandelt.
Mit dem Landesgeſetze vom 15. März 1884 wurde
die Auflage auf 1 fl. 70 kr. ö. W. vom Hektoliter auf die
Dauer von 10 Jahren erhöht, und ſchließlich wurde mit dem
Landesgeſetze vom 15. März 1894, Nr. 5 L. G. Bl. die Einhebung
der Auflage in der gleichen Höhe der Stadtgemeinde auf
weitere 10 Jahre bewilligt.
Beim bevorſtehenden Ablaufe dieſer Friſt ſchritt die
Gemeindevertretung beim Landtage um Verlängerung des
Einhebungsrechtes auf weitere 10 Jahre ein.
Als nun dieſer Gegenſtand in der Herbſtſeſſion des
Bukowiner Landtages in deſſen Verwaltungsausſchuſſe zur
Verhandlung kam, trat der Regierungsvertreter einer einfachen
Verlängerung des Landesgeſetzes vom Jahre 1874 mit der
Erklärung entgegen, daß die hinſichtlich dieſes ſtädtiſchen
Gefälles in den letzten Jahren hervorgetretenen Streitigkeiten
eine Reform der betreffenden Geſetzgebung dringend erheiſchen
Feuilleton.
Graf Goluchowski.
Von Omikron.
Graf Goluchowski hat als Perſönlichkeit einen Charme,
den ihm auch ſeine Gegner nicht aberkennen. (Gegner iſt viel-
leicht nicht der richtige Ausdruck — wir wollen „Neider“
ſagen.) Die Neider alſo mögen behaupten, er habe das Ge-
winnende der Leute, die immer gewinnen. Aber er hat ge-
wonnen und gewinnt noch immer, ohne zu ſpielen. Er hat nie
nach dem Erfolg gejagt, auch nicht nach der Stelle, die er
einnimmt: die Fortuna iſt dem ſchmucken Mann nachgelaufen,
die Blinde dem Blonden. Er iſt kein bloßes Glückskind, aber
ein glückliches Menſchenkind. Auf die Höhen der Macht ge-
langt, iſt er durch ſeine perſönlichen Umſtände von den
Chancen des Machtgenuſſes unabhängig und in ein glückliches
Familienleben gebettet. Seine Gemahlin, eine Enkelin der
Schweſter des großen Napoleon, iſt der Typus jener Franzöſin,
welche auf der Bühne und im Roman nie vorkommt: grande
dame ohne Dünkel, graziös und einfach, leicht wie ein Vogel
und innig wie ein Gebet. Drei flachshaarige Söhne, von
denen der älteſte noch nicht flügge iſt und der jüngſte an den
Ernſt der Studierſtube noch nicht glauben will, beleben
das Haus.
Das Glückliche, das unſerem Staatskutſchierer
eigen iſt, liegt in der ſicheren und ausgeglichenen
Art, wie er ſein Leben zwiſchen dem Genuß der
Schickſalsgaben und dem Gebrauch ſeiner eigenen zu
teilen weiß. Heiter zu ſein und ernſt zu denken iſt eine
Qualität, durch die man den Menſchen und ſich am beſten dienen
und gefallen mag. Graf Goluchowski hat ſich die Einteilung
des Tages, die ihm ſelbſt und den Geſchäften die geſündeſte
iſt, nicht aus der Beamtenwelt, ſondern aus der diplomatiſchen
geholt. Er arbeitet am Vormittag gar nichts — außer wenn
die höchſte Stimme ruft —, vom Dejeuner an aber ununter-
brochen bis in die ſiebente, oft achte Arbeitsſtunde. Darin
unterſcheidet er ſich von dem Attaché, der ſich einmal rühmte:
„Heute bin ich ſchon Vormittag ſpazieren gegangen, ſo daß ich
am Nachmittag nichts zu tun habe.“ Unfer Miniſter
verzichtet nie auf ſeine Morgenpromenade. Bad, Toilette und
Lektüre jener Morgenzeitungen, welche ſein Preßbureau nicht
paſſiert haben — okkupieren ihn bis um die elfte Stunde.
Auf einen Moment betritt er ſein Arbeitszimmer, um in die
Nachts eingetroffenen Chiffretelegramme einen Blick zu werfen,
dann hat ihn die Straße — bis zum Familienfrühſtück. Ein
Gerücht will wiſſen, daß der Graf dieſen täglichen Spazier-
gang mit täglichem Kirchgang verbindet. Ob dem ſo
iſt, weiß ich nicht, aber es ſollte mich nicht wundern, denn
Graf Goluchowski, der vom Glauben nie ſpricht, iſt ein
frommer, religiös fühlender Herr. Dennoch ſind
es meiſt die hochkatholiſchen Herren und Parteien, die es mit
ihm zu tun bekommen: Chriſtlichſoziale, Feudale und Papale,
wie der verfloſſene Rampolla. Dieſe Gemeinde ſcheert ſich
einen blauen — Herrgott darum, ob der Miniſter chriſtlich
oder indifferent iſt: klerikal wollen ſie ihn, und das iſt Graf
Goluchowski nicht.
Die Arbeit des Miniſters, die nach dem Luncheon um
2 Uhr beginnt, dürfte Vielen, welche von der Sache nichts
verſtehen, als eine leichte erſcheinen. Sie beſteht zunächſt in
der Lektüre der diplomatiſchen und konſularen Berichte. dann
aber in Empfängen. Zunächſt kommt der Hausſekretär oder,
wie ihn Graf Goluchowski nach dem ronflanten franzöſiſchen
Muſter benannt hat: der Chef des Kabinetts des Miniſters.
Er hat die perſönliche und ſoziale Korreſpondenz des Miniſters,
den brieflichen Verkehr mit den Botſchaftern, Miniſterien, die
Billets, die Einladungen, die Geſuche, die Erwirkung oder
Abſage von Audienzen zu beſorgen. Dann kommen die Beſuche
und Audienzen ſelbſt, von Privaten, Halbprivaten, auf Urlaub
paſſierenden Diplomaten, die vom Botſchafter bis zum Attaché
hinab dem Chef die ſelten willkommene Aufwartung machen;
dann die mit beſonderen Aufträgen ihrer Gouvernements
erſcheinenden fremden Vertreter der Großmächte. Nach all dieſen
Outſiders oder je nach der Wichtigkeit der Sache zwiſchen
ihnen durch erſcheinen die ſtändigen Mitarbeiter oder Referenten
des Miniſters, um Inſtruktionen für ihre Depeſchen und
Weiſungen einzuholen oder ihre fertigen Konzepte zur Approbation
vvrzulegen. Das geht unter dieſem koulanten Chef — sit
venia verbo — wie geſchmiert. Denn er iſt klar in ſeinen
Aufträgen und tolerant gegen jeden Stil. Ohnehin behält er
alles Schwierige ſeiner eigenen Feder vor, wie er es überhaupt
Allen leichter macht, als ſich ſelbſt. So zeigt er namentlich
im mündlichen Verkehr, den er faſt nie einſchränkt, nicht eine
Spur von Erſchöpfung oder Ungeduld ... Nach all den Em-
pfängen, die ich hier blos angedeutet, zu denen ſich noch als
Nichtletzter der tägliche Vortrag ds Preßleiters geſellt, iſt der
Miniſter noch friſch genug, in ſpäter Dämmerung die Lichter
ſeiner Sektionschefs leuchten zu laſſen, die ihm pour la bonne
bouche noch einen Generalvortrag über alle „anderen“ An-
gelegenheiten des Tages, die politiſchen und adminiſtrativen,
applizieren und mit denen er gutmütig auch die große Politik
beſpricht, um ihnen den Glauben zu laſſen, daß ſie mit die
Politik machen. Es geſchieht zwar nie, was ſie ſagen, aber ſie
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