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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2032, Czernowitz, 25.10.1910.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 25. Oktober [1910.]

[Spaltenumbruch]

an. Er betonte hauptsächlich den schwierigen Standpunkt der
Wahlreformkommission, der durch die verschiedenen Projekte
der einzelnen Klubs verursacht wurde, diese Projekte seien zu
einander in einem solchen Gegensatze gestanden, daß es für
die Kommission nicht möglich war ein Projekt, aufzustellen,
welches den Wünschen der Parteien auch nur halbwegs ent-
sprochen hätte. In der letzten Zeit sehe man, daß die Parteien
zur Einsicht gekommen und geneigt seien, in einigen Punkten
nachzugeben, um das Zustandekommen eines Kompromisses zu
ermöglichen. Die Wahlreformkommission sei der Ansicht, daß
es ihr jetzt gelingen werde, ein Kompromiß zustande zu
bringen und daß noch in dieser Session eine demokratische
Wahlordnung durchgesetzt werden könne. Abg. Jablonski
versicherte, daß alle Parteien die Durchführung der Wahlreform-
ordnung noch in dieser Session wünschten und deshalb auch
bereit seien, für die allgemeine Sache Opfer zu bringen. Der
Abg. Lewicki erklärte, daß man immer mehr um eine
günstige Erledigung der Wahlreform besorgt sei. Die Ru-
thenen müßen eine Wahlreform durchsetzen, die geeignet sei,
die politische Antonomie der Ruthenen zu wahren. Im Falle
dies nicht geschehe, würden sie sich an die Regierung mit der
Bitte um die Ausarbeitung einer gerechten Wahlordnung
wenden. Abg. Dudykiewicz drohte im Falle der Nicht-
beachtung der ruthenischen Forderungen mit weiterer Obstruk-
tion. Eine Wahlordnung, welche der Geltendmachung der
nationalen Rechte der Ruthenen nicht förderlich wäre, werden
die Ruthenen auf keinen Fall zulassen. Die Sitzung wurde
hierauf geschlossen und die nächste Sitzung für Dienstag
festgesetzt.

Zur galizischen Landtagswahlreform.

Gestern fanden hier zwei Volks-
versammlungen statt, die sich mit der Wahlreform beschäftigten.
Die eine wurde von den Demokraten einberufen, die andere
von den Nationaldemokraten.

In der Versammlung der Demokraten wurde der
Wunsch geäußert, daß die Anzahl der Städtemandate bedeutend
erhöht werde und es wurde gefordert, daß die neue Wahl-
ordnung auf Grund des Kuriensystems durchgeführt werden
möge.

Die Versammlung der Nationaldemokraten faßte eine
Refolution, in welcher verlangt wird, daß die Wahlreform
in kürzester Zeit durchgeführt und daß das Wahlrecht in den
Landtag allen denen erteilt werde, die das Wahlrecht in den
Reichsrat besitzen. Ferner möge auch die polnische Bevölkerung
Ostgaliziens durch die neue Wahlordnung in dem Landtage
eine entsprechende Vertretung erhalten. Am Schlusse der
Resolution werden alle polnischen Parteien aufgefordert, sich
zu einigen und eine nützliche Wahlordnung durchzusetzen.




Ein persisches Protestmeeting in Konstan-
tinopel.
Zahlreiche türkische Teilnehmer. -- Mißtrauen
gegen England. -- Annäherung an den Dreibund.
Eine Depesche an Kaiser Wilhelm.

KB. (Tel. der "Cz.
Allg. Ztg.")

Gestern nachmittags fand in einem Pera-Theater
ein von der Perserkolonie organisiertes Protestmeeting
gegen die englisch-russische Aktion in Persien statt. Dem
Meeting wohnten zahlreiche Türken, insbesonders Offiziere, bei.
Verschiedene Redner, darunter ein Tunesier, eppellierten an die
Solidarität der mohamedanischen respektive asiatischen Völker
und betonten, daß die Teilung Persiens für die Türkei be-
drohlich wäre, daher die türkische Regierung dagegen mit allen
Kräften hauptsächlich durch Annäherung zum Drei-
bunde
sich wehren müßte.

Abgeordneter Ubeidullah betonte, daß Deutschland
an Stelle Englands als Stützpunkt der Mohamedaner trat und
zählte die Dienste auf, welche Deutschland den Mohamedanern
wiederholt, insbesondere aber in der Marokkofrage leistete. Er
forderte die Versammlung auf, an Kaiser Wilhelm eine
Depesche zu richten, in welcher unter Berufung auf die
früheren Dienste die Hoffnung ausgedrückt werde, daß er die
Teilung Persiens nicht zulassen werde. Der Antrag wurde
unter lautem Beifall und Rufen "Es lebe Deutschland!" an-
genommen, während gegen die Mächte der Tripelentente un-
freundliche Rufe ausgestoßen wurden.




Abbruch der türkisch-französischen Anleihe-
verhandlungen.
KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Da die Türkei die von der französischen
Regierung gestellten Bedingungen ab-
gelehnt hat, ließ Pichon den französischen
Botschafter in Konstantinopel gestern
abends verständigen, daß die Anleihever-
handlungen abgebrochen sind.

Wie die "Jeni Gazetta"
meldet, hat gestern Finanzminister Bschawid Bei dem
französischen Botschafter Vompard gegenüber erklärt, daß
[Spaltenumbruch] er keine mit der Würde der türkischen Regierung unverein-
baren Anleiheoedingungen annehme und höchstens einen
frunzösischen Fachmann Einführung einer gründlichen Reform
des Finanzdienstes im türkischen Finanzministerium zulassen
könne es verlautet, daß die Pforte, wenn die französische
Regierung auf ihrem Standpunkt beharren sollte, das sehr
vorteilhafte Anleiheanbot einer anderen (deutschen?) Gruppe
berücksichtigen werde.

Ueber die türkische Anleihe ver-
lautet, daß die türkische Regierung seinerzeit von einer deutschen
Bankengruppe ein Anbot erhielt. Daher sei es nicht aus-
geschlossen, daß die Türkei jetzt von diesem Anbot Gebrauch
machen wird.




Verschärfter Wiederausbruch der inneren
griechischen Krise.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Veniselos stellte in der Kammersitzung die Ver-
trauensfrage.
Die Parteigänger Rhallys und
Mavromichalis verließen den Saal. Die Sitzung wurde
wegen Beschlußunfähigkeit geschlossen.

Veniselos beabsichtigt nunmehr seine Demission
zu geben.




Spanien.

Der Madrider Vertreter des
"Matin" hat mehrere Staatsmänner und hervorragende
Politiker über die Aussichten der Monarchie in Spanien
befragt. Während der Ministerpräsident Canalejas natürlich
der Meinung ist, daß die Monarchie in Spanien auf festen
Füßen stehe und kein Umsturz zu befürchten sei, vertritt der
republikanische Deputierte Leroux ebenso selbstverständlich die
entgegengesetzte Meinung. Er vertritt die Ansicht, daß Spanien
binnen drei bis vier Jahren eine Republik sein werde, weil
erstens das Land antiklerikal und antimonarchistisch gesinnt
sei und zweitens der republikanische Gedanke immer größere
Fortschritte mache. Dazu sei der König nicht volkstümlich,
er kümmere sich mehr um den Sport als um die Regierung,
und dann werde er nicht lange leben, weil ein schleichendes
Leiden an seiner Gesundheit zehre. Leroux meint schließlich,
daß zwei Ereignisse die Proklamierung der Republik in
Spanien noch beschleunigen können, nämlich eine Kapitulation
der spanischen Regierung vor dem Vatikan und der Ausbruch
eines neuen Feldzuges in Marokko, von dem ja soviel gegen-
wärtig die Rede ist. Leroux wird heute in Paris erwartet,
wo er mit den dort lebenden spanischen Republikanern Be-
ratungen haben wird.




Bandenkämpfe an der griechisch-türkischen
Grenze.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Eine Meldung aus Janina besagt: Acht griechische Evzonen
überschritten bei Musaka in der Gegend von Preveza die
türkische Grenze und wurden in einen Kampf mit türkischen
Soldaten verwickelt, der vier Stunden dauerte. Alle acht
Evzonen wurden getötet. Bei Kyprios wurde eine fünf Mann
starke Bande von Grewinsurgenten von der türkischen Grenz-
wache niedergemacht.




Portugal.
Die Anerkennung der Republik.

KB. (Tel. der "Cz.
Allg. Ztg.")

Brasilien anerkannte die portugiesische Re-
publik.

Staat und Kirche.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Das morgige Amtsblatt wird ein Dekret veröffentlichen, mit
welchem die vollständige Verweltlichung der Schulen
angeordnet wird.

Eine ministerielle Verordnung fordert die Staatsanwälte
auf, gegen Priester, die die Regierungsform oder die
Behörden angreifen, das Strafgesetz anzuwenden.




Kurze Nachrichten.
KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der König von Siam ist gestorben. Todesursache war
Urämie. Der Kronprinz wurde zum Könige proklamiert.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Im hiesigen Franziskanerkloster ist der bekannte Kirchen-
historiker Markovic gestorben.




[Mitteilungen über Erzherzog Franz Fer-
dinand].

"Daily Chron." veröffentlicht ein Interview,
welches ein soeben aus Oestereich-Ungarn zurückgekehrter eng-
lischer Parlamentarier mit einem österreichischen Staats-
mann hatte, der über die Ideen und die Politik des Thron-
folgers gut unterrichtet ist und mit ihm in enger Fühlung
steht. Der Staatsmann äußerte sich folgendermaßen: Der
Thronfolger hat einen eisernen Charakter. Sein politisches
Programm ist es, eine starke, festgefügte Monarchie an der
Donau aufzubauen, die auf der Wohlfahrt der zahlreichen
[Spaltenumbruch] und verschiedenartigen Völker gegründet ist, welche er regieren
wird. Der Thronfolger hat das allgemeine Stimmrecht in
Oesterreich erlangt und verlangt es jetzt für Ungarn. Er war
gegen die ungarische Koalition Kossuth-Apponyi-Wekerle weil
sie eine oligarchische Politik einer demokratischen entgegens[e]tzen
wollte, und ist auch dem gegenwärtigen ungarischen Minister-
präsidenten Grafen Khuen nicht günstig gesinnt, weil er sich
von den demokratischen Ideen abgekehrt hat. Ein treuer Ver-
bündeter Deutschlands ist der Thronfolger und wird es allzeit
bleiben, aber die Zeiten, wo Oesterreich-Ungarn ein Spielzeug
in den Händen anderer gewesen ist, haben aufgehört. Die
Politik des Thronfolgers ist keine Politik des passiven
Duldens, sie ist imperial und beabsichtigt, neue Wege für die
wirtschaftliche Entwicklung der Monarchie zu eröffnen. Stärke
im Innern durch einen demokratischen Zug, der die ganze
Monarchie durchströmt, Stärke nach außen, die auf die
Stärke im Innern gegründet ist -- dies ist die Politik des
künftigen Herrschers der österreichisch ungarischen Monarchie.




Bunte Chronik.


Die Krakauer Verhaftungen.

Das Landesgericht beschloß
gestern die 7 Verhafteten aus Russisch-Polen gegen eine
Kaution von 500 K per Person auf freien Fuß zu setzen.




Die Czenstochauer Klosterskandale.

Gestern traf hier der vom
russischen Ministerium delegierte Pietrow ein und unter-
suchte das ganze Kloster. Die Schatzkammer ließ er versiegeln.
Ferner hob er sämtliche vom Erzbischof Zdzitowski ge-
troffenen Verfügungen auf, da sie von ihm als ungesetzlich
angesehen wurden. Aus diesem Grunde verließ der Erzbischof
sofort das Kloster und begab sich nach Warschau. -- Der
Korrespondent des "Kwier Warszawski" berichtet, daß in
der Zelle des verhafteten Klosterbruders Izydor Starczewski
ein Nachschlüssel zur Schatzkammer gefunden wurde.




Lohnkämpfe und Ausstände.
KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die Fuhrleute und Auflader beschlossen, morgen die Arbeit
einzustellen.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Das Fahrpersonal der Straßenbahn hielt heute nachts eine
Versammlung ab und beschloß mit der Direktion keine weiteren
Verhandlungen zu pflegen. Der Statthalter und der Podesta
wurden aufgefordert, die Forderung der Lohnausbesserung zu
unterstützen.




Aeronantik und Aviatik.
Ein verunglückter Ballon.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der Ballon "Hildebrandt", der gestern nachmittags in Berlin
aufgestiegen war, ist in der Nordsee verunglückt. Die drei
Insassen des Ballons wurden von einen Lastendampfer
gerettet. Der Ballon wurde geborgen.

Tötlicher Sturz eines Aviatikers.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Hauptmann Maciot ist mit einem Militäräroplan aus einer
Höhe von 100 Metern abgestürzt und hat sich tötlich verletzt.
Der Apparat ist gänzlich zertrümmert.




Die Berliner Riesenunterschlagung.

Ueber den Buchhändler Cyriakus,
der bekanntlich Selbstmord beging, verlautet noch, daß er ein
ganz anspruchsloser Mann war und sich keiner Unter-
schlagungen schuldig machte. Dagegen habe er ohne Wissen
seiner Mitinhaber der Verlagsbuchhandlung einigen seiner
Geschäftsfreunde unbefugterweise Kredite eingeräumt, die eine
Million Mark betragen sollen. Es handelt sich in fast allen
Fällen um ein Ausstellen von Wechseln, für die er die Firma
Volckmar durch Unterschrift haftbar machte. Die Gesamt-
verpflichtungen sollen 900 000 Mark betragen, denen aber
bedeutende aktive Werte gegenüberstehen sollen.




Die Cholera.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

In
den letzten 24 Stunden kamen in der Provinz Neapel 6
Erkrankungen und 7 Todesfälle und in der Provinz Rom
3 Todesfälle an Cholera vor.




[Der moderne Hut vor dem Richter].

Die
übermutige Modegöttin, die trotz ihrer bisweilen wunderlichen
Launen Konflikte mit der hohen Justiz fast immer glücklich
zu vermeiden gewußt hat, gab am Montag in einem Londoner
Gerichtssaal den Anlaß zu einem amüsanten kleinen Zwischen-
sall. Vor den Schranken des Gerichts erschien als Zeuge
eine junge Londoner Stenotypistin, ihr jugendliches Haupt
war so gut wie völlig verborgen unter der mächtig aus-
ladenden Krempe eines wunderschönen, höchst modernen neuen

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 25. Oktober [1910.]

[Spaltenumbruch]

an. Er betonte hauptſächlich den ſchwierigen Standpunkt der
Wahlreformkommiſſion, der durch die verſchiedenen Projekte
der einzelnen Klubs verurſacht wurde, dieſe Projekte ſeien zu
einander in einem ſolchen Gegenſatze geſtanden, daß es für
die Kommiſſion nicht möglich war ein Projekt, aufzuſtellen,
welches den Wünſchen der Parteien auch nur halbwegs ent-
ſprochen hätte. In der letzten Zeit ſehe man, daß die Parteien
zur Einſicht gekommen und geneigt ſeien, in einigen Punkten
nachzugeben, um das Zuſtandekommen eines Kompromiſſes zu
ermöglichen. Die Wahlreformkommiſſion ſei der Anſicht, daß
es ihr jetzt gelingen werde, ein Kompromiß zuſtande zu
bringen und daß noch in dieſer Seſſion eine demokratiſche
Wahlordnung durchgeſetzt werden könne. Abg. Jablonski
verſicherte, daß alle Parteien die Durchführung der Wahlreform-
ordnung noch in dieſer Seſſion wünſchten und deshalb auch
bereit ſeien, für die allgemeine Sache Opfer zu bringen. Der
Abg. Lewicki erklärte, daß man immer mehr um eine
günſtige Erledigung der Wahlreform beſorgt ſei. Die Ru-
thenen müßen eine Wahlreform durchſetzen, die geeignet ſei,
die politiſche Antonomie der Ruthenen zu wahren. Im Falle
dies nicht geſchehe, würden ſie ſich an die Regierung mit der
Bitte um die Ausarbeitung einer gerechten Wahlordnung
wenden. Abg. Dudykiewicz drohte im Falle der Nicht-
beachtung der rutheniſchen Forderungen mit weiterer Obſtruk-
tion. Eine Wahlordnung, welche der Geltendmachung der
nationalen Rechte der Ruthenen nicht förderlich wäre, werden
die Ruthenen auf keinen Fall zulaſſen. Die Sitzung wurde
hierauf geſchloſſen und die nächſte Sitzung für Dienſtag
feſtgeſetzt.

Zur galiziſchen Landtagswahlreform.

Geſtern fanden hier zwei Volks-
verſammlungen ſtatt, die ſich mit der Wahlreform beſchäftigten.
Die eine wurde von den Demokraten einberufen, die andere
von den Nationaldemokraten.

In der Verſammlung der Demokraten wurde der
Wunſch geäußert, daß die Anzahl der Städtemandate bedeutend
erhöht werde und es wurde gefordert, daß die neue Wahl-
ordnung auf Grund des Kurienſyſtems durchgeführt werden
möge.

Die Verſammlung der Nationaldemokraten faßte eine
Refolution, in welcher verlangt wird, daß die Wahlreform
in kürzeſter Zeit durchgeführt und daß das Wahlrecht in den
Landtag allen denen erteilt werde, die das Wahlrecht in den
Reichsrat beſitzen. Ferner möge auch die polniſche Bevölkerung
Oſtgaliziens durch die neue Wahlordnung in dem Landtage
eine entſprechende Vertretung erhalten. Am Schluſſe der
Reſolution werden alle polniſchen Parteien aufgefordert, ſich
zu einigen und eine nützliche Wahlordnung durchzuſetzen.




Ein perſiſches Proteſtmeeting in Konſtan-
tinopel.
Zahlreiche türkiſche Teilnehmer. — Mißtrauen
gegen England. — Annäherung an den Dreibund.
Eine Depeſche an Kaiſer Wilhelm.

KB. (Tel. der „Cz.
Allg. Ztg.“)

Geſtern nachmittags fand in einem Pera-Theater
ein von der Perſerkolonie organiſiertes Proteſtmeeting
gegen die engliſch-ruſſiſche Aktion in Perſien ſtatt. Dem
Meeting wohnten zahlreiche Türken, insbeſonders Offiziere, bei.
Verſchiedene Redner, darunter ein Tuneſier, eppellierten an die
Solidarität der mohamedaniſchen reſpektive aſiatiſchen Völker
und betonten, daß die Teilung Perſiens für die Türkei be-
drohlich wäre, daher die türkiſche Regierung dagegen mit allen
Kräften hauptſächlich durch Annäherung zum Drei-
bunde
ſich wehren müßte.

Abgeordneter Ubeidullah betonte, daß Deutſchland
an Stelle Englands als Stützpunkt der Mohamedaner trat und
zählte die Dienſte auf, welche Deutſchland den Mohamedanern
wiederholt, insbeſondere aber in der Marokkofrage leiſtete. Er
forderte die Verſammlung auf, an Kaiſer Wilhelm eine
Depeſche zu richten, in welcher unter Berufung auf die
früheren Dienſte die Hoffnung ausgedrückt werde, daß er die
Teilung Perſiens nicht zulaſſen werde. Der Antrag wurde
unter lautem Beifall und Rufen „Es lebe Deutſchland!“ an-
genommen, während gegen die Mächte der Tripelentente un-
freundliche Rufe ausgeſtoßen wurden.




Abbruch der türkiſch-franzöſiſchen Anleihe-
verhandlungen.
KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Da die Türkei die von der franzöſiſchen
Regierung geſtellten Bedingungen ab-
gelehnt hat, ließ Pichon den franzöſiſchen
Botſchafter in Konſtantinopel geſtern
abends verſtändigen, daß die Anleihever-
handlungen abgebrochen ſind.

Wie die „Jeni Gazetta“
meldet, hat geſtern Finanzminiſter Bſchawid Bei dem
franzöſiſchen Botſchafter Vompard gegenüber erklärt, daß
[Spaltenumbruch] er keine mit der Würde der türkiſchen Regierung unverein-
baren Anleiheoedingungen annehme und höchſtens einen
frunzöſiſchen Fachmann Einführung einer gründlichen Reform
des Finanzdienſtes im türkiſchen Finanzminiſterium zulaſſen
könne es verlautet, daß die Pforte, wenn die franzöſiſche
Regierung auf ihrem Standpunkt beharren ſollte, das ſehr
vorteilhafte Anleiheanbot einer anderen (deutſchen?) Gruppe
berückſichtigen werde.

Ueber die türkiſche Anleihe ver-
lautet, daß die türkiſche Regierung ſeinerzeit von einer deutſchen
Bankengruppe ein Anbot erhielt. Daher ſei es nicht aus-
geſchloſſen, daß die Türkei jetzt von dieſem Anbot Gebrauch
machen wird.




Verſchärfter Wiederausbruch der inneren
griechiſchen Kriſe.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Veniſelos ſtellte in der Kammerſitzung die Ver-
trauensfrage.
Die Parteigänger Rhallys und
Mavromichalis verließen den Saal. Die Sitzung wurde
wegen Beſchlußunfähigkeit geſchloſſen.

Veniſelos beabſichtigt nunmehr ſeine Demiſſion
zu geben.




Spanien.

Der Madrider Vertreter des
„Matin“ hat mehrere Staatsmänner und hervorragende
Politiker über die Ausſichten der Monarchie in Spanien
befragt. Während der Miniſterpräſident Canalejas natürlich
der Meinung iſt, daß die Monarchie in Spanien auf feſten
Füßen ſtehe und kein Umſturz zu befürchten ſei, vertritt der
republikaniſche Deputierte Leroux ebenſo ſelbſtverſtändlich die
entgegengeſetzte Meinung. Er vertritt die Anſicht, daß Spanien
binnen drei bis vier Jahren eine Republik ſein werde, weil
erſtens das Land antiklerikal und antimonarchiſtiſch geſinnt
ſei und zweitens der republikaniſche Gedanke immer größere
Fortſchritte mache. Dazu ſei der König nicht volkstümlich,
er kümmere ſich mehr um den Sport als um die Regierung,
und dann werde er nicht lange leben, weil ein ſchleichendes
Leiden an ſeiner Geſundheit zehre. Leroux meint ſchließlich,
daß zwei Ereigniſſe die Proklamierung der Republik in
Spanien noch beſchleunigen können, nämlich eine Kapitulation
der ſpaniſchen Regierung vor dem Vatikan und der Ausbruch
eines neuen Feldzuges in Marokko, von dem ja ſoviel gegen-
wärtig die Rede iſt. Leroux wird heute in Paris erwartet,
wo er mit den dort lebenden ſpaniſchen Republikanern Be-
ratungen haben wird.




Bandenkämpfe an der griechiſch-türkiſchen
Grenze.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Eine Meldung aus Janina beſagt: Acht griechiſche Evzonen
überſchritten bei Muſaka in der Gegend von Preveza die
türkiſche Grenze und wurden in einen Kampf mit türkiſchen
Soldaten verwickelt, der vier Stunden dauerte. Alle acht
Evzonen wurden getötet. Bei Kyprios wurde eine fünf Mann
ſtarke Bande von Grewinſurgenten von der türkiſchen Grenz-
wache niedergemacht.




Portugal.
Die Anerkennung der Republik.

KB. (Tel. der „Cz.
Allg. Ztg.“)

Braſilien anerkannte die portugieſiſche Re-
publik.

Staat und Kirche.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Das morgige Amtsblatt wird ein Dekret veröffentlichen, mit
welchem die vollſtändige Verweltlichung der Schulen
angeordnet wird.

Eine miniſterielle Verordnung fordert die Staatsanwälte
auf, gegen Prieſter, die die Regierungsform oder die
Behörden angreifen, das Strafgeſetz anzuwenden.




Kurze Nachrichten.
KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der König von Siam iſt geſtorben. Todesurſache war
Urämie. Der Kronprinz wurde zum Könige proklamiert.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Im hieſigen Franziskanerkloſter iſt der bekannte Kirchen-
hiſtoriker Markovic geſtorben.




[Mitteilungen über Erzherzog Franz Fer-
dinand].

„Daily Chron.“ veröffentlicht ein Interview,
welches ein ſoeben aus Oeſtereich-Ungarn zurückgekehrter eng-
liſcher Parlamentarier mit einem öſterreichiſchen Staats-
mann hatte, der über die Ideen und die Politik des Thron-
folgers gut unterrichtet iſt und mit ihm in enger Fühlung
ſteht. Der Staatsmann äußerte ſich folgendermaßen: Der
Thronfolger hat einen eiſernen Charakter. Sein politiſches
Programm iſt es, eine ſtarke, feſtgefügte Monarchie an der
Donau aufzubauen, die auf der Wohlfahrt der zahlreichen
[Spaltenumbruch] und verſchiedenartigen Völker gegründet iſt, welche er regieren
wird. Der Thronfolger hat das allgemeine Stimmrecht in
Oeſterreich erlangt und verlangt es jetzt für Ungarn. Er war
gegen die ungariſche Koalition Koſſuth-Apponyi-Wekerle weil
ſie eine oligarchiſche Politik einer demokratiſchen entgegenſ[e]tzen
wollte, und iſt auch dem gegenwärtigen ungariſchen Miniſter-
präſidenten Grafen Khuen nicht günſtig geſinnt, weil er ſich
von den demokratiſchen Ideen abgekehrt hat. Ein treuer Ver-
bündeter Deutſchlands iſt der Thronfolger und wird es allzeit
bleiben, aber die Zeiten, wo Oeſterreich-Ungarn ein Spielzeug
in den Händen anderer geweſen iſt, haben aufgehört. Die
Politik des Thronfolgers iſt keine Politik des paſſiven
Duldens, ſie iſt imperial und beabſichtigt, neue Wege für die
wirtſchaftliche Entwicklung der Monarchie zu eröffnen. Stärke
im Innern durch einen demokratiſchen Zug, der die ganze
Monarchie durchſtrömt, Stärke nach außen, die auf die
Stärke im Innern gegründet iſt — dies iſt die Politik des
künftigen Herrſchers der öſterreichiſch ungariſchen Monarchie.




Bunte Chronik.


Die Krakauer Verhaftungen.

Das Landesgericht beſchloß
geſtern die 7 Verhafteten aus Ruſſiſch-Polen gegen eine
Kaution von 500 K per Perſon auf freien Fuß zu ſetzen.




Die Czenſtochauer Kloſterſkandale.

Geſtern traf hier der vom
ruſſiſchen Miniſterium delegierte Pietrow ein und unter-
ſuchte das ganze Kloſter. Die Schatzkammer ließ er verſiegeln.
Ferner hob er ſämtliche vom Erzbiſchof Zdzitowski ge-
troffenen Verfügungen auf, da ſie von ihm als ungeſetzlich
angeſehen wurden. Aus dieſem Grunde verließ der Erzbiſchof
ſofort das Kloſter und begab ſich nach Warſchau. — Der
Korreſpondent des „Kwier Warszawski“ berichtet, daß in
der Zelle des verhafteten Kloſterbruders Izydor Starczewski
ein Nachſchlüſſel zur Schatzkammer gefunden wurde.




Lohnkämpfe und Ausſtände.
KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die Fuhrleute und Auflader beſchloſſen, morgen die Arbeit
einzuſtellen.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Das Fahrperſonal der Straßenbahn hielt heute nachts eine
Verſammlung ab und beſchloß mit der Direktion keine weiteren
Verhandlungen zu pflegen. Der Statthalter und der Podeſta
wurden aufgefordert, die Forderung der Lohnauſbeſſerung zu
unterſtützen.




Aeronantik und Aviatik.
Ein verunglückter Ballon.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der Ballon „Hildebrandt“, der geſtern nachmittags in Berlin
aufgeſtiegen war, iſt in der Nordſee verunglückt. Die drei
Inſaſſen des Ballons wurden von einen Laſtendampfer
gerettet. Der Ballon wurde geborgen.

Tötlicher Sturz eines Aviatikers.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Hauptmann Maciot iſt mit einem Militäräroplan aus einer
Höhe von 100 Metern abgeſtürzt und hat ſich tötlich verletzt.
Der Apparat iſt gänzlich zertrümmert.




Die Berliner Rieſenunterſchlagung.

Ueber den Buchhändler Cyriakus,
der bekanntlich Selbſtmord beging, verlautet noch, daß er ein
ganz anſpruchsloſer Mann war und ſich keiner Unter-
ſchlagungen ſchuldig machte. Dagegen habe er ohne Wiſſen
ſeiner Mitinhaber der Verlagsbuchhandlung einigen ſeiner
Geſchäftsfreunde unbefugterweiſe Kredite eingeräumt, die eine
Million Mark betragen ſollen. Es handelt ſich in faſt allen
Fällen um ein Ausſtellen von Wechſeln, für die er die Firma
Volckmar durch Unterſchrift haftbar machte. Die Geſamt-
verpflichtungen ſollen 900 000 Mark betragen, denen aber
bedeutende aktive Werte gegenüberſtehen ſollen.




Die Cholera.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

In
den letzten 24 Stunden kamen in der Provinz Neapel 6
Erkrankungen und 7 Todesfälle und in der Provinz Rom
3 Todesfälle an Cholera vor.




[Der moderne Hut vor dem Richter].

Die
übermutige Modegöttin, die trotz ihrer bisweilen wunderlichen
Launen Konflikte mit der hohen Juſtiz faſt immer glücklich
zu vermeiden gewußt hat, gab am Montag in einem Londoner
Gerichtsſaal den Anlaß zu einem amüſanten kleinen Zwiſchen-
ſall. Vor den Schranken des Gerichts erſchien als Zeuge
eine junge Londoner Stenotypiſtin, ihr jugendliches Haupt
war ſo gut wie völlig verborgen unter der mächtig aus-
ladenden Krempe eines wunderſchönen, höchſt modernen neuen

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[2/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 25. Oktober 1910. an. Er betonte hauptſächlich den ſchwierigen Standpunkt der Wahlreformkommiſſion, der durch die verſchiedenen Projekte der einzelnen Klubs verurſacht wurde, dieſe Projekte ſeien zu einander in einem ſolchen Gegenſatze geſtanden, daß es für die Kommiſſion nicht möglich war ein Projekt, aufzuſtellen, welches den Wünſchen der Parteien auch nur halbwegs ent- ſprochen hätte. In der letzten Zeit ſehe man, daß die Parteien zur Einſicht gekommen und geneigt ſeien, in einigen Punkten nachzugeben, um das Zuſtandekommen eines Kompromiſſes zu ermöglichen. Die Wahlreformkommiſſion ſei der Anſicht, daß es ihr jetzt gelingen werde, ein Kompromiß zuſtande zu bringen und daß noch in dieſer Seſſion eine demokratiſche Wahlordnung durchgeſetzt werden könne. Abg. Jablonski verſicherte, daß alle Parteien die Durchführung der Wahlreform- ordnung noch in dieſer Seſſion wünſchten und deshalb auch bereit ſeien, für die allgemeine Sache Opfer zu bringen. Der Abg. Lewicki erklärte, daß man immer mehr um eine günſtige Erledigung der Wahlreform beſorgt ſei. Die Ru- thenen müßen eine Wahlreform durchſetzen, die geeignet ſei, die politiſche Antonomie der Ruthenen zu wahren. Im Falle dies nicht geſchehe, würden ſie ſich an die Regierung mit der Bitte um die Ausarbeitung einer gerechten Wahlordnung wenden. Abg. Dudykiewicz drohte im Falle der Nicht- beachtung der rutheniſchen Forderungen mit weiterer Obſtruk- tion. Eine Wahlordnung, welche der Geltendmachung der nationalen Rechte der Ruthenen nicht förderlich wäre, werden die Ruthenen auf keinen Fall zulaſſen. Die Sitzung wurde hierauf geſchloſſen und die nächſte Sitzung für Dienſtag feſtgeſetzt. Zur galiziſchen Landtagswahlreform. Lemberg, 23. Oktober. Geſtern fanden hier zwei Volks- verſammlungen ſtatt, die ſich mit der Wahlreform beſchäftigten. Die eine wurde von den Demokraten einberufen, die andere von den Nationaldemokraten. In der Verſammlung der Demokraten wurde der Wunſch geäußert, daß die Anzahl der Städtemandate bedeutend erhöht werde und es wurde gefordert, daß die neue Wahl- ordnung auf Grund des Kurienſyſtems durchgeführt werden möge. Die Verſammlung der Nationaldemokraten faßte eine Refolution, in welcher verlangt wird, daß die Wahlreform in kürzeſter Zeit durchgeführt und daß das Wahlrecht in den Landtag allen denen erteilt werde, die das Wahlrecht in den Reichsrat beſitzen. Ferner möge auch die polniſche Bevölkerung Oſtgaliziens durch die neue Wahlordnung in dem Landtage eine entſprechende Vertretung erhalten. Am Schluſſe der Reſolution werden alle polniſchen Parteien aufgefordert, ſich zu einigen und eine nützliche Wahlordnung durchzuſetzen. Ein perſiſches Proteſtmeeting in Konſtan- tinopel. Zahlreiche türkiſche Teilnehmer. — Mißtrauen gegen England. — Annäherung an den Dreibund. Eine Depeſche an Kaiſer Wilhelm. KB. Konſtantinopel, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Geſtern nachmittags fand in einem Pera-Theater ein von der Perſerkolonie organiſiertes Proteſtmeeting gegen die engliſch-ruſſiſche Aktion in Perſien ſtatt. Dem Meeting wohnten zahlreiche Türken, insbeſonders Offiziere, bei. Verſchiedene Redner, darunter ein Tuneſier, eppellierten an die Solidarität der mohamedaniſchen reſpektive aſiatiſchen Völker und betonten, daß die Teilung Perſiens für die Türkei be- drohlich wäre, daher die türkiſche Regierung dagegen mit allen Kräften hauptſächlich durch Annäherung zum Drei- bunde ſich wehren müßte. Abgeordneter Ubeidullah betonte, daß Deutſchland an Stelle Englands als Stützpunkt der Mohamedaner trat und zählte die Dienſte auf, welche Deutſchland den Mohamedanern wiederholt, insbeſondere aber in der Marokkofrage leiſtete. Er forderte die Verſammlung auf, an Kaiſer Wilhelm eine Depeſche zu richten, in welcher unter Berufung auf die früheren Dienſte die Hoffnung ausgedrückt werde, daß er die Teilung Perſiens nicht zulaſſen werde. Der Antrag wurde unter lautem Beifall und Rufen „Es lebe Deutſchland!“ an- genommen, während gegen die Mächte der Tripelentente un- freundliche Rufe ausgeſtoßen wurden. Abbruch der türkiſch-franzöſiſchen Anleihe- verhandlungen. KB. Paris, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Da die Türkei die von der franzöſiſchen Regierung geſtellten Bedingungen ab- gelehnt hat, ließ Pichon den franzöſiſchen Botſchafter in Konſtantinopel geſtern abends verſtändigen, daß die Anleihever- handlungen abgebrochen ſind. Konſtantinopel, 23. Oktober. Wie die „Jeni Gazetta“ meldet, hat geſtern Finanzminiſter Bſchawid Bei dem franzöſiſchen Botſchafter Vompard gegenüber erklärt, daß er keine mit der Würde der türkiſchen Regierung unverein- baren Anleiheoedingungen annehme und höchſtens einen frunzöſiſchen Fachmann Einführung einer gründlichen Reform des Finanzdienſtes im türkiſchen Finanzminiſterium zulaſſen könne es verlautet, daß die Pforte, wenn die franzöſiſche Regierung auf ihrem Standpunkt beharren ſollte, das ſehr vorteilhafte Anleiheanbot einer anderen (deutſchen?) Gruppe berückſichtigen werde. Berlin, 22. Oktober. Ueber die türkiſche Anleihe ver- lautet, daß die türkiſche Regierung ſeinerzeit von einer deutſchen Bankengruppe ein Anbot erhielt. Daher ſei es nicht aus- geſchloſſen, daß die Türkei jetzt von dieſem Anbot Gebrauch machen wird. Verſchärfter Wiederausbruch der inneren griechiſchen Kriſe. KB. Athen, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Veniſelos ſtellte in der Kammerſitzung die Ver- trauensfrage. Die Parteigänger Rhallys und Mavromichalis verließen den Saal. Die Sitzung wurde wegen Beſchlußunfähigkeit geſchloſſen. Veniſelos beabſichtigt nunmehr ſeine Demiſſion zu geben. Spanien. Paris, 23. Oktober. Der Madrider Vertreter des „Matin“ hat mehrere Staatsmänner und hervorragende Politiker über die Ausſichten der Monarchie in Spanien befragt. Während der Miniſterpräſident Canalejas natürlich der Meinung iſt, daß die Monarchie in Spanien auf feſten Füßen ſtehe und kein Umſturz zu befürchten ſei, vertritt der republikaniſche Deputierte Leroux ebenſo ſelbſtverſtändlich die entgegengeſetzte Meinung. Er vertritt die Anſicht, daß Spanien binnen drei bis vier Jahren eine Republik ſein werde, weil erſtens das Land antiklerikal und antimonarchiſtiſch geſinnt ſei und zweitens der republikaniſche Gedanke immer größere Fortſchritte mache. Dazu ſei der König nicht volkstümlich, er kümmere ſich mehr um den Sport als um die Regierung, und dann werde er nicht lange leben, weil ein ſchleichendes Leiden an ſeiner Geſundheit zehre. Leroux meint ſchließlich, daß zwei Ereigniſſe die Proklamierung der Republik in Spanien noch beſchleunigen können, nämlich eine Kapitulation der ſpaniſchen Regierung vor dem Vatikan und der Ausbruch eines neuen Feldzuges in Marokko, von dem ja ſoviel gegen- wärtig die Rede iſt. Leroux wird heute in Paris erwartet, wo er mit den dort lebenden ſpaniſchen Republikanern Be- ratungen haben wird. Bandenkämpfe an der griechiſch-türkiſchen Grenze. KB. Saloniki, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Eine Meldung aus Janina beſagt: Acht griechiſche Evzonen überſchritten bei Muſaka in der Gegend von Preveza die türkiſche Grenze und wurden in einen Kampf mit türkiſchen Soldaten verwickelt, der vier Stunden dauerte. Alle acht Evzonen wurden getötet. Bei Kyprios wurde eine fünf Mann ſtarke Bande von Grewinſurgenten von der türkiſchen Grenz- wache niedergemacht. Portugal. Die Anerkennung der Republik. KB. Rio de Janeiro 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Braſilien anerkannte die portugieſiſche Re- publik. Staat und Kirche. KB. Liſſabon, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Das morgige Amtsblatt wird ein Dekret veröffentlichen, mit welchem die vollſtändige Verweltlichung der Schulen angeordnet wird. Eine miniſterielle Verordnung fordert die Staatsanwälte auf, gegen Prieſter, die die Regierungsform oder die Behörden angreifen, das Strafgeſetz anzuwenden. Kurze Nachrichten. KB. Bangkok, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der König von Siam iſt geſtorben. Todesurſache war Urämie. Der Kronprinz wurde zum Könige proklamiert. KB. Sinj, 24. Oktober (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Im hieſigen Franziskanerkloſter iſt der bekannte Kirchen- hiſtoriker Markovic geſtorben. [Mitteilungen über Erzherzog Franz Fer- dinand]. „Daily Chron.“ veröffentlicht ein Interview, welches ein ſoeben aus Oeſtereich-Ungarn zurückgekehrter eng- liſcher Parlamentarier mit einem öſterreichiſchen Staats- mann hatte, der über die Ideen und die Politik des Thron- folgers gut unterrichtet iſt und mit ihm in enger Fühlung ſteht. Der Staatsmann äußerte ſich folgendermaßen: Der Thronfolger hat einen eiſernen Charakter. Sein politiſches Programm iſt es, eine ſtarke, feſtgefügte Monarchie an der Donau aufzubauen, die auf der Wohlfahrt der zahlreichen und verſchiedenartigen Völker gegründet iſt, welche er regieren wird. Der Thronfolger hat das allgemeine Stimmrecht in Oeſterreich erlangt und verlangt es jetzt für Ungarn. Er war gegen die ungariſche Koalition Koſſuth-Apponyi-Wekerle weil ſie eine oligarchiſche Politik einer demokratiſchen entgegenſetzen wollte, und iſt auch dem gegenwärtigen ungariſchen Miniſter- präſidenten Grafen Khuen nicht günſtig geſinnt, weil er ſich von den demokratiſchen Ideen abgekehrt hat. Ein treuer Ver- bündeter Deutſchlands iſt der Thronfolger und wird es allzeit bleiben, aber die Zeiten, wo Oeſterreich-Ungarn ein Spielzeug in den Händen anderer geweſen iſt, haben aufgehört. Die Politik des Thronfolgers iſt keine Politik des paſſiven Duldens, ſie iſt imperial und beabſichtigt, neue Wege für die wirtſchaftliche Entwicklung der Monarchie zu eröffnen. Stärke im Innern durch einen demokratiſchen Zug, der die ganze Monarchie durchſtrömt, Stärke nach außen, die auf die Stärke im Innern gegründet iſt — dies iſt die Politik des künftigen Herrſchers der öſterreichiſch ungariſchen Monarchie. Bunte Chronik. Czernowitz, 24. Oktober. Die Krakauer Verhaftungen. Krakan, 23. Oktober. Das Landesgericht beſchloß geſtern die 7 Verhafteten aus Ruſſiſch-Polen gegen eine Kaution von 500 K per Perſon auf freien Fuß zu ſetzen. Die Czenſtochauer Kloſterſkandale. Czenſtochan, 23. Oktober. Geſtern traf hier der vom ruſſiſchen Miniſterium delegierte Pietrow ein und unter- ſuchte das ganze Kloſter. Die Schatzkammer ließ er verſiegeln. Ferner hob er ſämtliche vom Erzbiſchof Zdzitowski ge- troffenen Verfügungen auf, da ſie von ihm als ungeſetzlich angeſehen wurden. Aus dieſem Grunde verließ der Erzbiſchof ſofort das Kloſter und begab ſich nach Warſchau. — Der Korreſpondent des „Kwier Warszawski“ berichtet, daß in der Zelle des verhafteten Kloſterbruders Izydor Starczewski ein Nachſchlüſſel zur Schatzkammer gefunden wurde. Lohnkämpfe und Ausſtände. KB. Marſeille, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die Fuhrleute und Auflader beſchloſſen, morgen die Arbeit einzuſtellen. KB. Trieſt, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Das Fahrperſonal der Straßenbahn hielt heute nachts eine Verſammlung ab und beſchloß mit der Direktion keine weiteren Verhandlungen zu pflegen. Der Statthalter und der Podeſta wurden aufgefordert, die Forderung der Lohnauſbeſſerung zu unterſtützen. Aeronantik und Aviatik. Ein verunglückter Ballon. KB. Ymniden, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Ballon „Hildebrandt“, der geſtern nachmittags in Berlin aufgeſtiegen war, iſt in der Nordſee verunglückt. Die drei Inſaſſen des Ballons wurden von einen Laſtendampfer gerettet. Der Ballon wurde geborgen. Tötlicher Sturz eines Aviatikers. KB. Donal, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Hauptmann Maciot iſt mit einem Militäräroplan aus einer Höhe von 100 Metern abgeſtürzt und hat ſich tötlich verletzt. Der Apparat iſt gänzlich zertrümmert. Die Berliner Rieſenunterſchlagung. Berlin, 23. Oktober. Ueber den Buchhändler Cyriakus, der bekanntlich Selbſtmord beging, verlautet noch, daß er ein ganz anſpruchsloſer Mann war und ſich keiner Unter- ſchlagungen ſchuldig machte. Dagegen habe er ohne Wiſſen ſeiner Mitinhaber der Verlagsbuchhandlung einigen ſeiner Geſchäftsfreunde unbefugterweiſe Kredite eingeräumt, die eine Million Mark betragen ſollen. Es handelt ſich in faſt allen Fällen um ein Ausſtellen von Wechſeln, für die er die Firma Volckmar durch Unterſchrift haftbar machte. Die Geſamt- verpflichtungen ſollen 900 000 Mark betragen, denen aber bedeutende aktive Werte gegenüberſtehen ſollen. Die Cholera. KB. Rom, 22. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) In den letzten 24 Stunden kamen in der Provinz Neapel 6 Erkrankungen und 7 Todesfälle und in der Provinz Rom 3 Todesfälle an Cholera vor. [Der moderne Hut vor dem Richter]. Die übermutige Modegöttin, die trotz ihrer bisweilen wunderlichen Launen Konflikte mit der hohen Juſtiz faſt immer glücklich zu vermeiden gewußt hat, gab am Montag in einem Londoner Gerichtsſaal den Anlaß zu einem amüſanten kleinen Zwiſchen- ſall. Vor den Schranken des Gerichts erſchien als Zeuge eine junge Londoner Stenotypiſtin, ihr jugendliches Haupt war ſo gut wie völlig verborgen unter der mächtig aus- ladenden Krempe eines wunderſchönen, höchſt modernen neuen

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2032, Czernowitz, 25.10.1910, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2032_1910/2>, abgerufen am 03.12.2024.