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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2508, Czernowitz, 04.06.1912.

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"Czernowitzer Allgemeine Zeitung" 4. Juni 1912.

[Spaltenumbruch]
Vom Tage.


Das bulgarische Königspaar in Wien.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Heute vormittags machte die bulgarische Königsfa-
milie Besuche
bei den Mitgliedern der kaiserlichen
Familie. Mittags fand ein Dejeuner beim Erzherzog
Franz Ferdinand und Gemahlin statt, an wel-
chem auch die gemeinsamen Minister teilnahmen. Die
Gäste waren überall Gegenstand herzlicher Kundge-
bungen der Bevölkerung.
Königin Eleonora
stattete nachmittags der Gemahlin des Ministers des
Aeußern Gräfin Berchtold einen halbstündigen Besuch
ab. Das Königspaar und die beiden Prinzen fuhren
dann in die bulgarische Gesandtschaft, wo der Tee einge-
nommen wurde. Abends fand zu Ehren des bulgarischen
Königspaares und der Prinzen ein Galadiner in
Schönbrunn
statt, an dem der Kaiser, die Mitglie-
der der kaiserlichen Familie, die Mitglieder der
Familie Sachsen-Koburg, die Minister des
Aeußern
Graf Berchtold und Geschow, die Mi-
nister, die Hof- und Staatswürdenträger, die Generalität
und der Bürgermeister teilnahmen.

Ein Toast Kaiser Franz Josefs.

Beim Galadiner brachte der Kaiser einen Trink-
spruch
aus, in welchem er betonte, daß der König, in-
dem er seit seinem Regierungsantritt eine Politik der
Weisheit und der Mäßigung verfolgte, dem bul-
garischen Volke die Wohltaten des Friedens gewahrt
und kräftig zu der stets wachsenden Wohlfahrt des Landes
beigetragen habe. Der Kaiser begleite die friedliche
Entwicklung
Bulgariens, das Dank der hohen
Weisheit des Königs
ein Element der Ordnung
und Ruhe auf dem Balkan bilde, mit seinen herzlich-
sten Wünschen
und betrachte den Besuch der Königs-
familie als ein neues Unterpfand der zwischen beiden
Staaten bestehenden ausgezeichneten Beziehun-
gen.
Der Kaiser trank auf das Königspaar und
die ganze königliche Familie.

Die Antwort des Königs von Bulgarien.

König Ferdinand erwiderte mit aufrichti-
gem Danke
für die gnädigen Willkommens-
grüße,
sowie für das sympathische Interesse, das der
Kaiser unausgesetzt der Entwicklung Bulgariens entge-
genbringe. Der König fuhr fort: "Ich nehme gleichzeitig
die Gelegenheit wahr, jene Gefühle zu bezeigen, die ich für
Euere Majestät hege, deren erhabene Person sich
in der langen historischen Regierung den
höchsten Anspruch auf Bewunderung und
Achtung ganz Europas erworben habe.
"
Der König erblicke gleich dem Kaiser in diesem denkwürdi-
gen Augenblicke ein Unterpfand mehr für die ausge-
zeichneten Beziehungen zwischen den bei-
den Staaten und trank schließlich auf den
Kaiser und die kaiserliche Familie.




Die Wasserstraßenfrage.

Ein Kommuniquee der "Deutschen
Nachrichten" besagt: Auf Einladung des Ministers für




Cheminees, sich im hohen Glas spiegelnd. Nur auf den
Hüten will der Modistinnenwille sie nicht dulden. Doch,
keine Regel ohne Ausnahme, auch in der Mode nicht.
Den jungen Mädchen und den ganz jungen Frauen wird
ein sommerlicher Blumenputz gestattet, wenn er sich auf
großem Florentinerhut befindet und wenn dieser eine
helle Lingerietoilette begleitet. Die Florentiner mit den
breiten wippenden Rändern, den flatternden Bändern
und Rosenkränzen erinnern an die schönsten Mode-
schöpfungen der Louis XVI.-Epoche. Im übrigen ist die
Aigrette die vorherrschende Garnitur des Sommer-
hutes. Gleich, ob die Facon groß, mittelgroß, oder klein
ausgewählt worden, volle Aigrettes, oft paarweise vom
Reiher oder Paradiesvogel, finden stets darauf ihren
gesuchten Platz. Sie posieren steil an der Front, placieren
sich liegend zu beiden Seiten, verteilen sich paarweise
stehend und liegend an einer Seite und lassen sich auch
an die Rückseite des Hutes verweisen. Die Vorliebe für
die kostspielige Aigrette-Mode geht so weit, daß die ein-
fachen Hütchen zum Trotteur-Kostüm mit Bandschlupfen
besteckt werden, die die Gestalt von Reiherbüscheln nach-
ahmen. Das Band wird weiß genommen zu schwarzem
oder blauem Hute, um auch in den Farbenkombinationen
dem eleganten Genre zu entsprechen, der seine weißen
Aigrettes nach wie vor auf schwarzem oder dunkelblauem
Fond zu setzen wünscht. Die Straußfeder ist dadurch be-
nachteiligt und wird eigentlich nur dann zugezogen, wenn
es sich darum handelt, einer Toilette von aparter Faber
den passenden Kopfputz zuzugesellen. Dafür eignet sich
die Straußfeder besonders gut, weil sie jede Farbe an-
zunehmen und fein abzutönen vermag. Daher trifft man
sie zuweilen als steiles Gesteck an der Front einer der
kleineren Hüte mit seitlich aufgebogenen Rändern, die
den Postillon- und den Amazonenhüten verwandt sind.
Ferner schmücken sie flache Hüte nach der Tracht der
Auvergne, mit seitlich durch Samtband herabgeneigten
Rändern, unter denen zuweilen ein Spitzenvolant, der
an die Haube erinnern soll, hervortritt.

In allen Neuerscheinungen prägt sich ein Luxus aus,
dessen starke Zunahme die Preise für die gesuchtesten
Modeartikel auf eine schwindelnde Höhe treibt und die
Fabrikation zu Imitationen nötigt, weil für bescheidenere
Ansprüche keine separaten Modegesetze erlassen werden.


[Spaltenumbruch]

öffentliche Arbeiten fand gestern nachmittags zwischen
ihm und dem zur Vertretung der wasserwirtschaftlichen
Bedürfnisse der südlichen Länder und der Bukowina
gewählten Exekutivkomitee eine Besprechung statt. Mi-
nister Trnka, der den Vorsitz führte, wies darauf hin,
daß die Realisierung der von einzelnen Ländern bekannt
gegebenen Wünsche eine Summe erfordern würde, die
aus staatsfinanziellen Gründen nicht in Er-
wägung gezogen werden könne. Die Regierung sei jedoch
bereit, sich mit den Wünschen eingehend zu befassen und
unter Bedachtnahme auf die Finanzlage des Staates
ihnen entgegenzukommen. Es entwickelte sich eine einge-
hende Debatte, in welcher übereinstimmend hervorgeho-
ben wurde, daß die Vertreter dieser Länder nach wie vor
solidarisch auf dem am 28. März d. J. einstimmig be-
schlossenen generellen Programm bestehen. Ebenso ein-
mütig wurde die Meinung ausgedrückt, daß dieses gene-
relle Programm als Richtlinie für die weiteren Verhand-
lungen zwischen der Regierung und den einzelnen Län-
dern zu gelten habe.




Die Besetzung des galizischen Land-
marschallpostens.
Offizielles Anbot an den Grafen Adam Goluchowski.

Die definitive Lesung der Land-
marschallskrise steht ehestens bevor. Die Uebernahme des
Landmarschallpostens ist dem Grafen Adam Golu-
chowski
bereits gestern in definitiver Form angeboten
worden. Graf Goluchowski, der anfänglich nicht
geneigt war, auf dieses Anerbieten einzugehen hat
sich infolge des Drängens maßgebender Persönlich-
keiten eine zweitägige Bedenkzeit ausgeboten, und
es ist Grund zur Annahme vorhanden, daß er sich bestim-
men lassen wird, den Landmarschallposten anzunehmen.
Graf Goluchowski gilt als ein kluger Mann mit guten
Kenntnissen im Finanz- und Wirtschaftswesen. Er ist
streng konservativ, ohne es sich jedoch bisher mit einer
der nationalen Parteien verdorben zu haben. Graf Adam
Goluchowski darf wegen seiner maßvollen politischen Hal-
tung auf ein Entgegenkommen seitens aller politischen
Gruppen rechnen, was ihm bei der Leitung der Landtags-
verhandlungen zustatten kommen wird.




Die Situation in Ungarn.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der Ministerpräsident Dr. von Lukacs richtete an
Kossuth ein Schreiben, in welchem er auf die Vor-
schläge der Opposition hinsichtlich der Wehrreform
und der Wahlreform eingehend antwortet.
Was die Wehrreform betrifft, sei die Regierung
nicht in der Lage,
daran Aenderungen vor-
zunehmen, die über die bereits gemachten Vorschläge
hinausgehen. Das vier- oder fünjährige Pro-
visorium,
wie es die Opposition vorschlägt, sei
absolut unannehmbar. Was die Vorschläge betreffend die
Wahlreform betrifft, lehnt sie der Minister-
präsident
in eingehender Begründung
ab und formuliert positive Vorschläge, die zur Annahme
seitens der oppositionellen Parteien zu bringen er
Kossuth bittet.




Die Königin von Holland in Paris.
KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Präsident Fallieres gab zu Ehren der Königin
von Holland
und des Prinzgemahls ein Diner zu
250 Gedecken, woran das diplomatische Korps, die Mi-
nister und zahlreiche Notabilitäten teilnahmen. Der Prä-
sident und die Königin stellten in ihren Trinksprüchen die
ausgezeichneten Beziehungen fest, die
Frankreich und Holland verbinden und gaben dem Wun-
sche Ausdruck, daß sich die Bande der Freundschaft immer
mehr festigen. Nach dem Diner fand in der Oper eine Ga-
lavorstellung statt.

Vor seiner Abreise nach Paris
betonte der Minister des Aeußern einem französischen
Journalisten gegenüber nachdrücklich, daß die Regierung
unabänderlich an die Wahrung der holländischen
Selbständigkeit
und Unabhängigkeit festhalte und
daß man sich in Frankreich mit dieser Auffassung ver-
traut machen müsse, weil damit der Erhaltung des euro-
päischen Gleichgewichtes am besten gedient sei. Es wäre
somit müßig, dem Besuch eine größere Bedeutung zu ver-
leihen, als einem Höflichkeitsakt, welcher das Be-
stehen guter Beziehungen zwischen Holland und Frank-
reich bestätigt.




Die Deputierten Kretas in Athen.

Zu den heutigen Vorgängen vor dem
griechischen Parlament wird gemeldet: Den kretensischen
Deputierten gelang es, den Truppenkordon zu durchbre-
chen und über die Parlamentsstiege zur Kammer zu ge-
langen. Sie wollten aber nicht mit Gewalt in die Kammer
selbst eindringen. Denn in diesem Falle hatten die Trup-
pen den Befehl zu schießen. Sie ersuchten in der Vor-
halle, eine Deputation von drei Mitgliedern ins Innere
schicken zu dürfen. Venizelos erwiderte, er könne ihnen
den Zutritt zum Parlamente nicht gestatten und sei be-
reit, zu den äußersten Mitteln zu greifen, um neue Ver-
suche der Kretenser zu verhindern. Er teilte mit, daß die
Kammer nach vollzogener Präsidentenwahl bis Oktober
vertagt wurde. Die Kretenser zogen sich daraufhin zurück
und wurden von der Menge auf dem Platze stürmisch
akklamiert. Sonst ereignete sich kein Zwischenfall.




[Spaltenumbruch]
Die Vorgänge in Marokko.

Im Osten von Fez bildeten sich zwei
neue Harkas. Die auf französischer Seite erwarteten Ver-
stärkungen sind eingetroffen.
Morgen beab-
sichtigen die Franzosen zur Offensive überzugehen.
Zwei Postläufer wurden getötet und beraubt.

Das bedrohte Fez.

Der Korrespondent des "Matin"
meldet: Die Harka, die im Norden von Fez hinter dem
Berge Zalag zusammengezogen und 15--18.000 Mann
stark ist, bleibt immer noch drohend. Das Oberkommando
trifft Vorbereitungen, um gegen diese feindliche Macht
vorzustoßen, denn die Situation kann nicht länger so
bleiben, wie sie ist. Die Stadt muß, koste es was es wolle,
befreit werden, und man muß verhindern, daß der Harka
noch weitere Unterstützungen zuströmen. Alle Stra-
ßen rings um Fez sind abgeschnitten.

Die Aufständischen sind bei den
letzten Kämpfen bis in die Mitte der Stadt vorgedrun-
gen und haben die grüne Fahne des Propheten aus der
Moschee Idriß herausgeholt. Dann schickten sie die Fahne
vor die Stadt, wo ihr Anblick bei den anderen Stämmen
die sich an dem Kampfe noch nicht beteiligt hatten, unge-
heure Begeisterung hervorrief. Die Fahne wird jetzt
von Stamm zu Stamm gesandt und immer neue
Scharen
von Berbern treffen vor der belagerten
Stadt ein.




Kurze Nachrichten.

Es heißt, daß das Verlangen
Oesterreich-Ungarns, Italiens und Belgiens nach einer
Beteiligung an der chinesischen Anleihe ohne Präjudiz für
spätere Anleihen abgelehnt wird. Am ehesten würde man
noch Belgien zulassen, das auch den russischen Anteil fi-
nanzieren würde.

Die Regierung richtete aus Anlaß
der morgen beginnenden Parlamentswahlen eine
Zirkulardepesche an alle Provinzkommandos und Gendar-
merieposten, Sonntag und die folgenden Tage die ge-
samte bewaffnete Macht
bereitzuhalten, da
Wahlunruhen befürchtet werden und im Falle eines neu-
erlichen klerikalen Wahlsieges ernste Wahlunruhen un-
vermeidlich sind. Die antiklerikale Volksregung in den
großen Städten ist sehr groß.

Prinz Max von Baden und Prinz
Ernst August von Cumberland trafen gestern auf der Sta-
tion Wildpark um 6 Uhr ein. Sie wurden vom Kaiser
in Audienz empfangen und nahmen später den Tee
bei der Kaiserin. Nachdem die beiden Prinzen noch eine
Reihe von Besuchen bei in Potsdam weilenden Fürstlich-
keiten gemacht hatten, begaben sie sich nach Berlin zurück.




Bunte Chronik.


Fahrkartenschwindel in Galizien.
Mehrere Hunderttausend Kronen Schaden.

Die Affäre der Fahrkartenmiß-
bräuche auf der Staatsbahnstrecke Krakau--Lemberg
nimmt immer größere Dimensionen an. Es ist schon
heute feststehend, daß das Aerar um viele Hunderte
tausende von Kronen geschädigt wurde. Die Manipula-
tionen reichen auf mehrere Jahre zurück. Die Prüfung
der beim Einlaufen eines einzigen Nachtzuges abge-
genommene Fahrkarten hat ergeben, daß nicht weniger
als 160 Passagiere im Besitze gefälschter Fahrkarten
waren. Durch das Abspringen ertappter Passagiere aus
dem fahrenden Zuge sind in der letzten Zeit nächst
Krakau etwa 20 Personen getötet oder schwer verletzt
worden. Die Krakauer Staatsbahndirektion hat ange-
ordnet, daß in Hinkunft sowohl bei den Ausgängen als
auch in den Zügen die Fahrkartenkontrolle unter Inter-
vention von Gendarmen oder Polizei vor sich zu
gehen habe.




Der Rächer seiner Mutter.
Ein achtjähriger Knabe tötet den Vater.

Der achtjährige Sohn des Professors
Mustaza begoß seinen im Schlaf liegenden Vater mit
Petroleum und zündete ihn an. Der Professor
wurde so schwer verletzt, daß er auf dem Transport ins
Spital starb. Auf der Polizei gab der Junge an, daß
er das Attentat auf seinen Vater aus dem Grunde verübt
habe, weil dieser seine Mutter mißhandelt habe.




Brandkatastrophe in Galizien.

Die Ortschaft Tokiczbaracz
wurde von einer furchtbaren Feuersbrunst heimgesucht.
280 Häuser sind niedergebrannt, Zwei
Personen
sind in den Flamen umgekommen,
viele andere wurden verletzt. Der etwa zwei Millionen
betragende Schaden ist nur teilweise durch Versicherung
gedeckt.




Ein irredentistischer Tabakboykott.

Die Behörde hat verboten, daß in
den Tabaktrafiken Zündholzschachteln mit irredentistischen
Aufschriften verkauft werden dürfen. Daraufhin haben
die italienischen Vereine einen antiösterreichischen Tabak-

„Czernowitzer Allgemeine Zeitung“ 4. Juni 1912.

[Spaltenumbruch]
Vom Tage.


Das bulgariſche Königspaar in Wien.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Heute vormittags machte die bulgariſche Königsfa-
milie Beſuche
bei den Mitgliedern der kaiſerlichen
Familie. Mittags fand ein Dejeuner beim Erzherzog
Franz Ferdinand und Gemahlin ſtatt, an wel-
chem auch die gemeinſamen Miniſter teilnahmen. Die
Gäſte waren überall Gegenſtand herzlicher Kundge-
bungen der Bevölkerung.
Königin Eleonora
ſtattete nachmittags der Gemahlin des Miniſters des
Aeußern Gräfin Berchtold einen halbſtündigen Beſuch
ab. Das Königspaar und die beiden Prinzen fuhren
dann in die bulgariſche Geſandtſchaft, wo der Tee einge-
nommen wurde. Abends fand zu Ehren des bulgariſchen
Königspaares und der Prinzen ein Galadiner in
Schönbrunn
ſtatt, an dem der Kaiſer, die Mitglie-
der der kaiſerlichen Familie, die Mitglieder der
Familie Sachſen-Koburg, die Miniſter des
Aeußern
Graf Berchtold und Geſchow, die Mi-
niſter, die Hof- und Staatswürdenträger, die Generalität
und der Bürgermeiſter teilnahmen.

Ein Toaſt Kaiſer Franz Joſefs.

Beim Galadiner brachte der Kaiſer einen Trink-
ſpruch
aus, in welchem er betonte, daß der König, in-
dem er ſeit ſeinem Regierungsantritt eine Politik der
Weisheit und der Mäßigung verfolgte, dem bul-
gariſchen Volke die Wohltaten des Friedens gewahrt
und kräftig zu der ſtets wachſenden Wohlfahrt des Landes
beigetragen habe. Der Kaiſer begleite die friedliche
Entwicklung
Bulgariens, das Dank der hohen
Weisheit des Königs
ein Element der Ordnung
und Ruhe auf dem Balkan bilde, mit ſeinen herzlich-
ſten Wünſchen
und betrachte den Beſuch der Königs-
familie als ein neues Unterpfand der zwiſchen beiden
Staaten beſtehenden ausgezeichneten Beziehun-
gen.
Der Kaiſer trank auf das Königspaar und
die ganze königliche Familie.

Die Antwort des Königs von Bulgarien.

König Ferdinand erwiderte mit aufrichti-
gem Danke
für die gnädigen Willkommens-
grüße,
ſowie für das ſympathiſche Intereſſe, das der
Kaiſer unausgeſetzt der Entwicklung Bulgariens entge-
genbringe. Der König fuhr fort: „Ich nehme gleichzeitig
die Gelegenheit wahr, jene Gefühle zu bezeigen, die ich für
Euere Majeſtät hege, deren erhabene Perſon ſich
in der langen hiſtoriſchen Regierung den
höchſten Anſpruch auf Bewunderung und
Achtung ganz Europas erworben habe.

Der König erblicke gleich dem Kaiſer in dieſem denkwürdi-
gen Augenblicke ein Unterpfand mehr für die ausge-
zeichneten Beziehungen zwiſchen den bei-
den Staaten und trank ſchließlich auf den
Kaiſer und die kaiſerliche Familie.




Die Waſſerſtraßenfrage.

Ein Kommuniquee der „Deutſchen
Nachrichten“ beſagt: Auf Einladung des Miniſters für




Cheminées, ſich im hohen Glas ſpiegelnd. Nur auf den
Hüten will der Modiſtinnenwille ſie nicht dulden. Doch,
keine Regel ohne Ausnahme, auch in der Mode nicht.
Den jungen Mädchen und den ganz jungen Frauen wird
ein ſommerlicher Blumenputz geſtattet, wenn er ſich auf
großem Florentinerhut befindet und wenn dieſer eine
helle Lingerietoilette begleitet. Die Florentiner mit den
breiten wippenden Rändern, den flatternden Bändern
und Roſenkränzen erinnern an die ſchönſten Mode-
ſchöpfungen der Louis XVI.-Epoche. Im übrigen iſt die
Aigrette die vorherrſchende Garnitur des Sommer-
hutes. Gleich, ob die Façon groß, mittelgroß, oder klein
ausgewählt worden, volle Aigrettes, oft paarweiſe vom
Reiher oder Paradiesvogel, finden ſtets darauf ihren
geſuchten Platz. Sie poſieren ſteil an der Front, placieren
ſich liegend zu beiden Seiten, verteilen ſich paarweiſe
ſtehend und liegend an einer Seite und laſſen ſich auch
an die Rückſeite des Hutes verweiſen. Die Vorliebe für
die koſtſpielige Aigrette-Mode geht ſo weit, daß die ein-
fachen Hütchen zum Trotteur-Koſtüm mit Bandſchlupfen
beſteckt werden, die die Geſtalt von Reiherbüſcheln nach-
ahmen. Das Band wird weiß genommen zu ſchwarzem
oder blauem Hute, um auch in den Farbenkombinationen
dem eleganten Genre zu entſprechen, der ſeine weißen
Aigrettes nach wie vor auf ſchwarzem oder dunkelblauem
Fond zu ſetzen wünſcht. Die Straußfeder iſt dadurch be-
nachteiligt und wird eigentlich nur dann zugezogen, wenn
es ſich darum handelt, einer Toilette von aparter Faber
den paſſenden Kopfputz zuzugeſellen. Dafür eignet ſich
die Straußfeder beſonders gut, weil ſie jede Farbe an-
zunehmen und fein abzutönen vermag. Daher trifft man
ſie zuweilen als ſteiles Geſteck an der Front einer der
kleineren Hüte mit ſeitlich aufgebogenen Rändern, die
den Poſtillon- und den Amazonenhüten verwandt ſind.
Ferner ſchmücken ſie flache Hüte nach der Tracht der
Auvergne, mit ſeitlich durch Samtband herabgeneigten
Rändern, unter denen zuweilen ein Spitzenvolant, der
an die Haube erinnern ſoll, hervortritt.

In allen Neuerſcheinungen prägt ſich ein Luxus aus,
deſſen ſtarke Zunahme die Preiſe für die geſuchteſten
Modeartikel auf eine ſchwindelnde Höhe treibt und die
Fabrikation zu Imitationen nötigt, weil für beſcheidenere
Anſprüche keine ſeparaten Modegeſetze erlaſſen werden.


[Spaltenumbruch]

öffentliche Arbeiten fand geſtern nachmittags zwiſchen
ihm und dem zur Vertretung der waſſerwirtſchaftlichen
Bedürfniſſe der ſüdlichen Länder und der Bukowina
gewählten Exekutivkomitee eine Beſprechung ſtatt. Mi-
niſter Trnka, der den Vorſitz führte, wies darauf hin,
daß die Realiſierung der von einzelnen Ländern bekannt
gegebenen Wünſche eine Summe erfordern würde, die
aus ſtaatsfinanziellen Gründen nicht in Er-
wägung gezogen werden könne. Die Regierung ſei jedoch
bereit, ſich mit den Wünſchen eingehend zu befaſſen und
unter Bedachtnahme auf die Finanzlage des Staates
ihnen entgegenzukommen. Es entwickelte ſich eine einge-
hende Debatte, in welcher übereinſtimmend hervorgeho-
ben wurde, daß die Vertreter dieſer Länder nach wie vor
ſolidariſch auf dem am 28. März d. J. einſtimmig be-
ſchloſſenen generellen Programm beſtehen. Ebenſo ein-
mütig wurde die Meinung ausgedrückt, daß dieſes gene-
relle Programm als Richtlinie für die weiteren Verhand-
lungen zwiſchen der Regierung und den einzelnen Län-
dern zu gelten habe.




Die Beſetzung des galiziſchen Land-
marſchallpoſtens.
Offizielles Anbot an den Grafen Adam Goluchowski.

Die definitive Leſung der Land-
marſchallskriſe ſteht eheſtens bevor. Die Uebernahme des
Landmarſchallpoſtens iſt dem Grafen Adam Golu-
chowski
bereits geſtern in definitiver Form angeboten
worden. Graf Goluchowski, der anfänglich nicht
geneigt war, auf dieſes Anerbieten einzugehen hat
ſich infolge des Drängens maßgebender Perſönlich-
keiten eine zweitägige Bedenkzeit ausgeboten, und
es iſt Grund zur Annahme vorhanden, daß er ſich beſtim-
men laſſen wird, den Landmarſchallpoſten anzunehmen.
Graf Goluchowski gilt als ein kluger Mann mit guten
Kenntniſſen im Finanz- und Wirtſchaftsweſen. Er iſt
ſtreng konſervativ, ohne es ſich jedoch bisher mit einer
der nationalen Parteien verdorben zu haben. Graf Adam
Goluchowski darf wegen ſeiner maßvollen politiſchen Hal-
tung auf ein Entgegenkommen ſeitens aller politiſchen
Gruppen rechnen, was ihm bei der Leitung der Landtags-
verhandlungen zuſtatten kommen wird.




Die Situation in Ungarn.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der Miniſterpräſident Dr. von Lukacs richtete an
Koſſuth ein Schreiben, in welchem er auf die Vor-
ſchläge der Oppoſition hinſichtlich der Wehrreform
und der Wahlreform eingehend antwortet.
Was die Wehrreform betrifft, ſei die Regierung
nicht in der Lage,
daran Aenderungen vor-
zunehmen, die über die bereits gemachten Vorſchläge
hinausgehen. Das vier- oder fünjährige Pro-
viſorium,
wie es die Oppoſition vorſchlägt, ſei
abſolut unannehmbar. Was die Vorſchläge betreffend die
Wahlreform betrifft, lehnt ſie der Miniſter-
präſident
in eingehender Begründung
ab und formuliert poſitive Vorſchläge, die zur Annahme
ſeitens der oppoſitionellen Parteien zu bringen er
Koſſuth bittet.




Die Königin von Holland in Paris.
KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Präſident Fallieres gab zu Ehren der Königin
von Holland
und des Prinzgemahls ein Diner zu
250 Gedecken, woran das diplomatiſche Korps, die Mi-
niſter und zahlreiche Notabilitäten teilnahmen. Der Prä-
ſident und die Königin ſtellten in ihren Trinkſprüchen die
ausgezeichneten Beziehungen feſt, die
Frankreich und Holland verbinden und gaben dem Wun-
ſche Ausdruck, daß ſich die Bande der Freundſchaft immer
mehr feſtigen. Nach dem Diner fand in der Oper eine Ga-
lavorſtellung ſtatt.

Vor ſeiner Abreiſe nach Paris
betonte der Miniſter des Aeußern einem franzöſiſchen
Journaliſten gegenüber nachdrücklich, daß die Regierung
unabänderlich an die Wahrung der holländiſchen
Selbſtändigkeit
und Unabhängigkeit feſthalte und
daß man ſich in Frankreich mit dieſer Auffaſſung ver-
traut machen müſſe, weil damit der Erhaltung des euro-
päiſchen Gleichgewichtes am beſten gedient ſei. Es wäre
ſomit müßig, dem Beſuch eine größere Bedeutung zu ver-
leihen, als einem Höflichkeitsakt, welcher das Be-
ſtehen guter Beziehungen zwiſchen Holland und Frank-
reich beſtätigt.




Die Deputierten Kretas in Athen.

Zu den heutigen Vorgängen vor dem
griechiſchen Parlament wird gemeldet: Den kretenſiſchen
Deputierten gelang es, den Truppenkordon zu durchbre-
chen und über die Parlamentsſtiege zur Kammer zu ge-
langen. Sie wollten aber nicht mit Gewalt in die Kammer
ſelbſt eindringen. Denn in dieſem Falle hatten die Trup-
pen den Befehl zu ſchießen. Sie erſuchten in der Vor-
halle, eine Deputation von drei Mitgliedern ins Innere
ſchicken zu dürfen. Venizelos erwiderte, er könne ihnen
den Zutritt zum Parlamente nicht geſtatten und ſei be-
reit, zu den äußerſten Mitteln zu greifen, um neue Ver-
ſuche der Kretenſer zu verhindern. Er teilte mit, daß die
Kammer nach vollzogener Präſidentenwahl bis Oktober
vertagt wurde. Die Kretenſer zogen ſich daraufhin zurück
und wurden von der Menge auf dem Platze ſtürmiſch
akklamiert. Sonſt ereignete ſich kein Zwiſchenfall.




[Spaltenumbruch]
Die Vorgänge in Marokko.

Im Oſten von Fez bildeten ſich zwei
neue Harkas. Die auf franzöſiſcher Seite erwarteten Ver-
ſtärkungen ſind eingetroffen.
Morgen beab-
ſichtigen die Franzoſen zur Offenſive überzugehen.
Zwei Poſtläufer wurden getötet und beraubt.

Das bedrohte Fez.

Der Korreſpondent des „Matin“
meldet: Die Harka, die im Norden von Fez hinter dem
Berge Zalag zuſammengezogen und 15—18.000 Mann
ſtark iſt, bleibt immer noch drohend. Das Oberkommando
trifft Vorbereitungen, um gegen dieſe feindliche Macht
vorzuſtoßen, denn die Situation kann nicht länger ſo
bleiben, wie ſie iſt. Die Stadt muß, koſte es was es wolle,
befreit werden, und man muß verhindern, daß der Harka
noch weitere Unterſtützungen zuſtrömen. Alle Stra-
ßen rings um Fez ſind abgeſchnitten.

Die Aufſtändiſchen ſind bei den
letzten Kämpfen bis in die Mitte der Stadt vorgedrun-
gen und haben die grüne Fahne des Propheten aus der
Moſchee Idriß herausgeholt. Dann ſchickten ſie die Fahne
vor die Stadt, wo ihr Anblick bei den anderen Stämmen
die ſich an dem Kampfe noch nicht beteiligt hatten, unge-
heure Begeiſterung hervorrief. Die Fahne wird jetzt
von Stamm zu Stamm geſandt und immer neue
Scharen
von Berbern treffen vor der belagerten
Stadt ein.




Kurze Nachrichten.

Es heißt, daß das Verlangen
Oeſterreich-Ungarns, Italiens und Belgiens nach einer
Beteiligung an der chineſiſchen Anleihe ohne Präjudiz für
ſpätere Anleihen abgelehnt wird. Am eheſten würde man
noch Belgien zulaſſen, das auch den ruſſiſchen Anteil fi-
nanzieren würde.

Die Regierung richtete aus Anlaß
der morgen beginnenden Parlamentswahlen eine
Zirkulardepeſche an alle Provinzkommandos und Gendar-
meriepoſten, Sonntag und die folgenden Tage die ge-
ſamte bewaffnete Macht
bereitzuhalten, da
Wahlunruhen befürchtet werden und im Falle eines neu-
erlichen klerikalen Wahlſieges ernſte Wahlunruhen un-
vermeidlich ſind. Die antiklerikale Volksregung in den
großen Städten iſt ſehr groß.

Prinz Max von Baden und Prinz
Ernſt Auguſt von Cumberland trafen geſtern auf der Sta-
tion Wildpark um 6 Uhr ein. Sie wurden vom Kaiſer
in Audienz empfangen und nahmen ſpäter den Tee
bei der Kaiſerin. Nachdem die beiden Prinzen noch eine
Reihe von Beſuchen bei in Potsdam weilenden Fürſtlich-
keiten gemacht hatten, begaben ſie ſich nach Berlin zurück.




Bunte Chronik.


Fahrkartenſchwindel in Galizien.
Mehrere Hunderttauſend Kronen Schaden.

Die Affäre der Fahrkartenmiß-
bräuche auf der Staatsbahnſtrecke Krakau—Lemberg
nimmt immer größere Dimenſionen an. Es iſt ſchon
heute feſtſtehend, daß das Aerar um viele Hunderte
tauſende von Kronen geſchädigt wurde. Die Manipula-
tionen reichen auf mehrere Jahre zurück. Die Prüfung
der beim Einlaufen eines einzigen Nachtzuges abge-
genommene Fahrkarten hat ergeben, daß nicht weniger
als 160 Paſſagiere im Beſitze gefälſchter Fahrkarten
waren. Durch das Abſpringen ertappter Paſſagiere aus
dem fahrenden Zuge ſind in der letzten Zeit nächſt
Krakau etwa 20 Perſonen getötet oder ſchwer verletzt
worden. Die Krakauer Staatsbahndirektion hat ange-
ordnet, daß in Hinkunft ſowohl bei den Ausgängen als
auch in den Zügen die Fahrkartenkontrolle unter Inter-
vention von Gendarmen oder Polizei vor ſich zu
gehen habe.




Der Rächer ſeiner Mutter.
Ein achtjähriger Knabe tötet den Vater.

Der achtjährige Sohn des Profeſſors
Muſtaza begoß ſeinen im Schlaf liegenden Vater mit
Petroleum und zündete ihn an. Der Profeſſor
wurde ſo ſchwer verletzt, daß er auf dem Transport ins
Spital ſtarb. Auf der Polizei gab der Junge an, daß
er das Attentat auf ſeinen Vater aus dem Grunde verübt
habe, weil dieſer ſeine Mutter mißhandelt habe.




Brandkataſtrophe in Galizien.

Die Ortſchaft Tokiczbaracz
wurde von einer furchtbaren Feuersbrunſt heimgeſucht.
280 Häuſer ſind niedergebrannt, Zwei
Perſonen
ſind in den Flamen umgekommen,
viele andere wurden verletzt. Der etwa zwei Millionen
betragende Schaden iſt nur teilweiſe durch Verſicherung
gedeckt.




Ein irredentiſtiſcher Tabakboykott.

Die Behörde hat verboten, daß in
den Tabaktrafiken Zündholzſchachteln mit irredentiſtiſchen
Aufſchriften verkauft werden dürfen. Daraufhin haben
die italieniſchen Vereine einen antiöſterreichiſchen Tabak-

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[2/0002] „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“ 4. Juni 1912. Vom Tage. Czernowitz, 3. Juni. Das bulgariſche Königspaar in Wien. KB. Wien, 2. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Heute vormittags machte die bulgariſche Königsfa- milie Beſuche bei den Mitgliedern der kaiſerlichen Familie. Mittags fand ein Dejeuner beim Erzherzog Franz Ferdinand und Gemahlin ſtatt, an wel- chem auch die gemeinſamen Miniſter teilnahmen. Die Gäſte waren überall Gegenſtand herzlicher Kundge- bungen der Bevölkerung. Königin Eleonora ſtattete nachmittags der Gemahlin des Miniſters des Aeußern Gräfin Berchtold einen halbſtündigen Beſuch ab. Das Königspaar und die beiden Prinzen fuhren dann in die bulgariſche Geſandtſchaft, wo der Tee einge- nommen wurde. Abends fand zu Ehren des bulgariſchen Königspaares und der Prinzen ein Galadiner in Schönbrunn ſtatt, an dem der Kaiſer, die Mitglie- der der kaiſerlichen Familie, die Mitglieder der Familie Sachſen-Koburg, die Miniſter des Aeußern Graf Berchtold und Geſchow, die Mi- niſter, die Hof- und Staatswürdenträger, die Generalität und der Bürgermeiſter teilnahmen. Ein Toaſt Kaiſer Franz Joſefs. Beim Galadiner brachte der Kaiſer einen Trink- ſpruch aus, in welchem er betonte, daß der König, in- dem er ſeit ſeinem Regierungsantritt eine Politik der Weisheit und der Mäßigung verfolgte, dem bul- gariſchen Volke die Wohltaten des Friedens gewahrt und kräftig zu der ſtets wachſenden Wohlfahrt des Landes beigetragen habe. Der Kaiſer begleite die friedliche Entwicklung Bulgariens, das Dank der hohen Weisheit des Königs ein Element der Ordnung und Ruhe auf dem Balkan bilde, mit ſeinen herzlich- ſten Wünſchen und betrachte den Beſuch der Königs- familie als ein neues Unterpfand der zwiſchen beiden Staaten beſtehenden ausgezeichneten Beziehun- gen. Der Kaiſer trank auf das Königspaar und die ganze königliche Familie. Die Antwort des Königs von Bulgarien. König Ferdinand erwiderte mit aufrichti- gem Danke für die gnädigen Willkommens- grüße, ſowie für das ſympathiſche Intereſſe, das der Kaiſer unausgeſetzt der Entwicklung Bulgariens entge- genbringe. Der König fuhr fort: „Ich nehme gleichzeitig die Gelegenheit wahr, jene Gefühle zu bezeigen, die ich für Euere Majeſtät hege, deren erhabene Perſon ſich in der langen hiſtoriſchen Regierung den höchſten Anſpruch auf Bewunderung und Achtung ganz Europas erworben habe.“ Der König erblicke gleich dem Kaiſer in dieſem denkwürdi- gen Augenblicke ein Unterpfand mehr für die ausge- zeichneten Beziehungen zwiſchen den bei- den Staaten und trank ſchließlich auf den Kaiſer und die kaiſerliche Familie. Die Waſſerſtraßenfrage. Wien, 1. Juni. Ein Kommuniquee der „Deutſchen Nachrichten“ beſagt: Auf Einladung des Miniſters für Cheminées, ſich im hohen Glas ſpiegelnd. Nur auf den Hüten will der Modiſtinnenwille ſie nicht dulden. Doch, keine Regel ohne Ausnahme, auch in der Mode nicht. Den jungen Mädchen und den ganz jungen Frauen wird ein ſommerlicher Blumenputz geſtattet, wenn er ſich auf großem Florentinerhut befindet und wenn dieſer eine helle Lingerietoilette begleitet. Die Florentiner mit den breiten wippenden Rändern, den flatternden Bändern und Roſenkränzen erinnern an die ſchönſten Mode- ſchöpfungen der Louis XVI.-Epoche. Im übrigen iſt die Aigrette die vorherrſchende Garnitur des Sommer- hutes. Gleich, ob die Façon groß, mittelgroß, oder klein ausgewählt worden, volle Aigrettes, oft paarweiſe vom Reiher oder Paradiesvogel, finden ſtets darauf ihren geſuchten Platz. Sie poſieren ſteil an der Front, placieren ſich liegend zu beiden Seiten, verteilen ſich paarweiſe ſtehend und liegend an einer Seite und laſſen ſich auch an die Rückſeite des Hutes verweiſen. Die Vorliebe für die koſtſpielige Aigrette-Mode geht ſo weit, daß die ein- fachen Hütchen zum Trotteur-Koſtüm mit Bandſchlupfen beſteckt werden, die die Geſtalt von Reiherbüſcheln nach- ahmen. Das Band wird weiß genommen zu ſchwarzem oder blauem Hute, um auch in den Farbenkombinationen dem eleganten Genre zu entſprechen, der ſeine weißen Aigrettes nach wie vor auf ſchwarzem oder dunkelblauem Fond zu ſetzen wünſcht. Die Straußfeder iſt dadurch be- nachteiligt und wird eigentlich nur dann zugezogen, wenn es ſich darum handelt, einer Toilette von aparter Faber den paſſenden Kopfputz zuzugeſellen. Dafür eignet ſich die Straußfeder beſonders gut, weil ſie jede Farbe an- zunehmen und fein abzutönen vermag. Daher trifft man ſie zuweilen als ſteiles Geſteck an der Front einer der kleineren Hüte mit ſeitlich aufgebogenen Rändern, die den Poſtillon- und den Amazonenhüten verwandt ſind. Ferner ſchmücken ſie flache Hüte nach der Tracht der Auvergne, mit ſeitlich durch Samtband herabgeneigten Rändern, unter denen zuweilen ein Spitzenvolant, der an die Haube erinnern ſoll, hervortritt. In allen Neuerſcheinungen prägt ſich ein Luxus aus, deſſen ſtarke Zunahme die Preiſe für die geſuchteſten Modeartikel auf eine ſchwindelnde Höhe treibt und die Fabrikation zu Imitationen nötigt, weil für beſcheidenere Anſprüche keine ſeparaten Modegeſetze erlaſſen werden. C. W. öffentliche Arbeiten fand geſtern nachmittags zwiſchen ihm und dem zur Vertretung der waſſerwirtſchaftlichen Bedürfniſſe der ſüdlichen Länder und der Bukowina gewählten Exekutivkomitee eine Beſprechung ſtatt. Mi- niſter Trnka, der den Vorſitz führte, wies darauf hin, daß die Realiſierung der von einzelnen Ländern bekannt gegebenen Wünſche eine Summe erfordern würde, die aus ſtaatsfinanziellen Gründen nicht in Er- wägung gezogen werden könne. Die Regierung ſei jedoch bereit, ſich mit den Wünſchen eingehend zu befaſſen und unter Bedachtnahme auf die Finanzlage des Staates ihnen entgegenzukommen. Es entwickelte ſich eine einge- hende Debatte, in welcher übereinſtimmend hervorgeho- ben wurde, daß die Vertreter dieſer Länder nach wie vor ſolidariſch auf dem am 28. März d. J. einſtimmig be- ſchloſſenen generellen Programm beſtehen. Ebenſo ein- mütig wurde die Meinung ausgedrückt, daß dieſes gene- relle Programm als Richtlinie für die weiteren Verhand- lungen zwiſchen der Regierung und den einzelnen Län- dern zu gelten habe. Die Beſetzung des galiziſchen Land- marſchallpoſtens. Offizielles Anbot an den Grafen Adam Goluchowski. Lemberg, 1. Juni. Die definitive Leſung der Land- marſchallskriſe ſteht eheſtens bevor. Die Uebernahme des Landmarſchallpoſtens iſt dem Grafen Adam Golu- chowski bereits geſtern in definitiver Form angeboten worden. Graf Goluchowski, der anfänglich nicht geneigt war, auf dieſes Anerbieten einzugehen hat ſich infolge des Drängens maßgebender Perſönlich- keiten eine zweitägige Bedenkzeit ausgeboten, und es iſt Grund zur Annahme vorhanden, daß er ſich beſtim- men laſſen wird, den Landmarſchallpoſten anzunehmen. Graf Goluchowski gilt als ein kluger Mann mit guten Kenntniſſen im Finanz- und Wirtſchaftsweſen. Er iſt ſtreng konſervativ, ohne es ſich jedoch bisher mit einer der nationalen Parteien verdorben zu haben. Graf Adam Goluchowski darf wegen ſeiner maßvollen politiſchen Hal- tung auf ein Entgegenkommen ſeitens aller politiſchen Gruppen rechnen, was ihm bei der Leitung der Landtags- verhandlungen zuſtatten kommen wird. Die Situation in Ungarn. KB. Budapeſt, 2. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Miniſterpräſident Dr. von Lukacs richtete an Koſſuth ein Schreiben, in welchem er auf die Vor- ſchläge der Oppoſition hinſichtlich der Wehrreform und der Wahlreform eingehend antwortet. Was die Wehrreform betrifft, ſei die Regierung nicht in der Lage, daran Aenderungen vor- zunehmen, die über die bereits gemachten Vorſchläge hinausgehen. Das vier- oder fünjährige Pro- viſorium, wie es die Oppoſition vorſchlägt, ſei abſolut unannehmbar. Was die Vorſchläge betreffend die Wahlreform betrifft, lehnt ſie der Miniſter- präſident in eingehender Begründung ab und formuliert poſitive Vorſchläge, die zur Annahme ſeitens der oppoſitionellen Parteien zu bringen er Koſſuth bittet. Die Königin von Holland in Paris. KB. Paris, 1. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Präſident Fallieres gab zu Ehren der Königin von Holland und des Prinzgemahls ein Diner zu 250 Gedecken, woran das diplomatiſche Korps, die Mi- niſter und zahlreiche Notabilitäten teilnahmen. Der Prä- ſident und die Königin ſtellten in ihren Trinkſprüchen die ausgezeichneten Beziehungen feſt, die Frankreich und Holland verbinden und gaben dem Wun- ſche Ausdruck, daß ſich die Bande der Freundſchaft immer mehr feſtigen. Nach dem Diner fand in der Oper eine Ga- lavorſtellung ſtatt. Amſterdam, 1. Juni. Vor ſeiner Abreiſe nach Paris betonte der Miniſter des Aeußern einem franzöſiſchen Journaliſten gegenüber nachdrücklich, daß die Regierung unabänderlich an die Wahrung der holländiſchen Selbſtändigkeit und Unabhängigkeit feſthalte und daß man ſich in Frankreich mit dieſer Auffaſſung ver- traut machen müſſe, weil damit der Erhaltung des euro- päiſchen Gleichgewichtes am beſten gedient ſei. Es wäre ſomit müßig, dem Beſuch eine größere Bedeutung zu ver- leihen, als einem Höflichkeitsakt, welcher das Be- ſtehen guter Beziehungen zwiſchen Holland und Frank- reich beſtätigt. Die Deputierten Kretas in Athen. Athen, 1. Juni. Zu den heutigen Vorgängen vor dem griechiſchen Parlament wird gemeldet: Den kretenſiſchen Deputierten gelang es, den Truppenkordon zu durchbre- chen und über die Parlamentsſtiege zur Kammer zu ge- langen. Sie wollten aber nicht mit Gewalt in die Kammer ſelbſt eindringen. Denn in dieſem Falle hatten die Trup- pen den Befehl zu ſchießen. Sie erſuchten in der Vor- halle, eine Deputation von drei Mitgliedern ins Innere ſchicken zu dürfen. Venizelos erwiderte, er könne ihnen den Zutritt zum Parlamente nicht geſtatten und ſei be- reit, zu den äußerſten Mitteln zu greifen, um neue Ver- ſuche der Kretenſer zu verhindern. Er teilte mit, daß die Kammer nach vollzogener Präſidentenwahl bis Oktober vertagt wurde. Die Kretenſer zogen ſich daraufhin zurück und wurden von der Menge auf dem Platze ſtürmiſch akklamiert. Sonſt ereignete ſich kein Zwiſchenfall. Die Vorgänge in Marokko. Fez, 1. Juni. Im Oſten von Fez bildeten ſich zwei neue Harkas. Die auf franzöſiſcher Seite erwarteten Ver- ſtärkungen ſind eingetroffen. Morgen beab- ſichtigen die Franzoſen zur Offenſive überzugehen. Zwei Poſtläufer wurden getötet und beraubt. Das bedrohte Fez. Paris, 2. Juni. Der Korreſpondent des „Matin“ meldet: Die Harka, die im Norden von Fez hinter dem Berge Zalag zuſammengezogen und 15—18.000 Mann ſtark iſt, bleibt immer noch drohend. Das Oberkommando trifft Vorbereitungen, um gegen dieſe feindliche Macht vorzuſtoßen, denn die Situation kann nicht länger ſo bleiben, wie ſie iſt. Die Stadt muß, koſte es was es wolle, befreit werden, und man muß verhindern, daß der Harka noch weitere Unterſtützungen zuſtrömen. Alle Stra- ßen rings um Fez ſind abgeſchnitten. London, 1. Juni. Die Aufſtändiſchen ſind bei den letzten Kämpfen bis in die Mitte der Stadt vorgedrun- gen und haben die grüne Fahne des Propheten aus der Moſchee Idriß herausgeholt. Dann ſchickten ſie die Fahne vor die Stadt, wo ihr Anblick bei den anderen Stämmen die ſich an dem Kampfe noch nicht beteiligt hatten, unge- heure Begeiſterung hervorrief. Die Fahne wird jetzt von Stamm zu Stamm geſandt und immer neue Scharen von Berbern treffen vor der belagerten Stadt ein. Kurze Nachrichten. London, 1. Juni. Es heißt, daß das Verlangen Oeſterreich-Ungarns, Italiens und Belgiens nach einer Beteiligung an der chineſiſchen Anleihe ohne Präjudiz für ſpätere Anleihen abgelehnt wird. Am eheſten würde man noch Belgien zulaſſen, das auch den ruſſiſchen Anteil fi- nanzieren würde. Brüſſel, 1. Juni. Die Regierung richtete aus Anlaß der morgen beginnenden Parlamentswahlen eine Zirkulardepeſche an alle Provinzkommandos und Gendar- meriepoſten, Sonntag und die folgenden Tage die ge- ſamte bewaffnete Macht bereitzuhalten, da Wahlunruhen befürchtet werden und im Falle eines neu- erlichen klerikalen Wahlſieges ernſte Wahlunruhen un- vermeidlich ſind. Die antiklerikale Volksregung in den großen Städten iſt ſehr groß. Potsdam, 1. Juni. Prinz Max von Baden und Prinz Ernſt Auguſt von Cumberland trafen geſtern auf der Sta- tion Wildpark um 6 Uhr ein. Sie wurden vom Kaiſer in Audienz empfangen und nahmen ſpäter den Tee bei der Kaiſerin. Nachdem die beiden Prinzen noch eine Reihe von Beſuchen bei in Potsdam weilenden Fürſtlich- keiten gemacht hatten, begaben ſie ſich nach Berlin zurück. Bunte Chronik. Czernowitz, 3. Juni. Fahrkartenſchwindel in Galizien. Mehrere Hunderttauſend Kronen Schaden. Krakau, 2. Juni. Die Affäre der Fahrkartenmiß- bräuche auf der Staatsbahnſtrecke Krakau—Lemberg nimmt immer größere Dimenſionen an. Es iſt ſchon heute feſtſtehend, daß das Aerar um viele Hunderte tauſende von Kronen geſchädigt wurde. Die Manipula- tionen reichen auf mehrere Jahre zurück. Die Prüfung der beim Einlaufen eines einzigen Nachtzuges abge- genommene Fahrkarten hat ergeben, daß nicht weniger als 160 Paſſagiere im Beſitze gefälſchter Fahrkarten waren. Durch das Abſpringen ertappter Paſſagiere aus dem fahrenden Zuge ſind in der letzten Zeit nächſt Krakau etwa 20 Perſonen getötet oder ſchwer verletzt worden. Die Krakauer Staatsbahndirektion hat ange- ordnet, daß in Hinkunft ſowohl bei den Ausgängen als auch in den Zügen die Fahrkartenkontrolle unter Inter- vention von Gendarmen oder Polizei vor ſich zu gehen habe. Der Rächer ſeiner Mutter. Ein achtjähriger Knabe tötet den Vater. Galatz, 1. Juni. Der achtjährige Sohn des Profeſſors Muſtaza begoß ſeinen im Schlaf liegenden Vater mit Petroleum und zündete ihn an. Der Profeſſor wurde ſo ſchwer verletzt, daß er auf dem Transport ins Spital ſtarb. Auf der Polizei gab der Junge an, daß er das Attentat auf ſeinen Vater aus dem Grunde verübt habe, weil dieſer ſeine Mutter mißhandelt habe. Brandkataſtrophe in Galizien. Lemberg, 2. Juni. Die Ortſchaft Tokiczbaracz wurde von einer furchtbaren Feuersbrunſt heimgeſucht. 280 Häuſer ſind niedergebrannt, Zwei Perſonen ſind in den Flamen umgekommen, viele andere wurden verletzt. Der etwa zwei Millionen betragende Schaden iſt nur teilweiſe durch Verſicherung gedeckt. Ein irredentiſtiſcher Tabakboykott. Trieſt, 2. Juni. Die Behörde hat verboten, daß in den Tabaktrafiken Zündholzſchachteln mit irredentiſtiſchen Aufſchriften verkauft werden dürfen. Daraufhin haben die italieniſchen Vereine einen antiöſterreichiſchen Tabak-

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2508, Czernowitz, 04.06.1912, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2508_1912/2>, abgerufen am 21.11.2024.