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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 744, Czernowitz, 03.07.1906.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 3. Juli 1906

[Spaltenumbruch]

wird. Der geschätzte Professor lächelte über die Ehre, die ihm
die Zeitungsnachrichten antun. Tatsächlich sei an diesem
Gerücht ebensowenig ein Körnchen Wahrheit wie an dem
von der demnächstigen Bildung eines Parlaments-Kabinetts.
Der Duma-Präsident Muromzew selbst weiß ebenfalls
nichts davon. Wie mir Professor Meljukow weiter versicherte,
sei Muromzew überhaupt nur einmal vom Zaren empfangen
worden und zwar gelegentlich seiner Antrittsaudienz als
Präsident der Reichsduma. Auf meine Frage: "Wird es
überhaupt zu einem Parlamentskabinett kommen?" zuckte
Professor Meljukow mit den Achseln. Darauf äußerte er ernst:
"Vielleicht; doch könnte der rechte Moment dabei leicht ver-
paßt werden. Alsdann wäre alles, was von der Regierung
geschehen könnte, bereits zu spät. Vorläufig scheint das Ka-
binett Goremykin sich immer noch zu behaupten." Meljukow
sieht mit Besorgnis in die nächste Zukunft Rußlands.

Zur Degradierung des russischen Garde-
Bataillons.

Das erste Bataillon des Pre-
obraschenski-Regimentes ist bereits an seinem Verbannungs-
ort in Medjed mit dem Kommandeur Fürsten Trubetzkoi
eingetroffen. Es wird alsbald neu uniformiert werden und
dabei seiner Gardeabzeichen verlustig gehen. Die Untermilitärs
stehen unter strengster Bewachung. Heute wurden übrigens
noch weitere 80 Mann und 4 Offiziere des ersten Bataillons
des Preobraschenski-Regiments verbannt, und zwar nach
Futorisch, einer kleinen Station der Moskau-Rybinski-
Eisenbahn. Die Namen der verbannten Offiziere sind:
Bataillonskommandeur und Flügeladjutant Fürst Alexander
Trubetzkoi, Kompagniechef Mansurow, Oberst Michai-
low,
Hauptmann Staritzki, Kompagnie-Kommandeur
Fürst Alexander Obolenski, der seinerzeit dem Kaiser
Wilhelm attachiert war. Premierleutnant Peregorodsky,
Bataillonsadjutant Schomanski, die Leutnants Prik-
lowsky,
von Dehn und Jessaulow. Die Ausstoßung
des 1. Bataillons aus den Listen der Garde hat auf die
höheren Militärs einen niederschmetternden Eindruck gemacht.
Die bestraften Offiziere dürften nach und nach ihren Abschied
einreichen.

Die Meutereien in der Armee. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die "Nowoje Wremja" meldet aus Batum: Die Gärung
unter den Mannschaften der Feldartillerie dauert
fort. Den Meuternden wurde zum Ergeben eine Frist gestellt,
die morgen abläuft. In der Stadt dauert das Morden
und Rauben fort.

Befürchtete Judenkrawalle.

Aus Kiew wird gemeldet: Seit den
letzten Tagen schwirren hier alle möglichen Gerüchte über
neue Judenhetzen
umher, die heute in Bialystok in-
ßeniert werden sollen. Die Juden fliehen, von Furcht
ergriffen, nach dem Auslande. In den abgehenden Zügen ist
kein Platz mehr zu haben.

Wie es scheint, waren die Befürchtungen auch nicht
grundlos, denn heute erschien eine Kundgebung des General-
gouverneurs Suchomlinoff, worin dieser bekanntgibt,
daß nicht nur die Exzedenten selbst, sondern auch die An-
stifter
von Judenhetzen sofort den Militärgerichten
überwiesen werden sollen.


[Spaltenumbruch]

Die in der Vorwoche verhaf-
teten und wieder freigelassenen Redakteure berichten, daß
sie der Polizeimeister des Moskauer Rayons in Anwesenheit
vieler Wachmänner anschrie: Die Juden müssen alle
ermordet werden. Bialystok ist noch nichts.

Da in Petersburg werden wir im weiten Rayon einen Po-
grom und eine solche Abschlachtung veranstalten, daß kein
einziger Jude am Leben bleiben wird.

Attentate auf Polizisten. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Gestern abends wurden drei Polizisten und ein Gendarm
durch Revolverschüsse tötlich verletzt.




Vom Tage.


Parlamentarisches.

Das Abgeordnetenhaus soll seine
Tagung bis Ende Juli fortsetzen. Der Wahlreformausschuß
dürfte bis dahin seine Aufgabe vollständig erledigt haben.
Die Sommerferien des Abgeordnetenhauses sollen sehr kurz
sein, da bereits in den ersten Tagen des September die
Herbstsession beginnen soll. Im Oktober sollen die Delega-
tionen in Budapest zusammentreten, um das Budget pro
1907, zu beschließen.

(Dr. v. Koerber im Budgetausschusse.)

Die Sitzung des Budgetausschusses, zu
welcher der gewesene Ministerpräsident Dr. v. Koerber
sowie die ehemaligen Minister Dr. v. Böhm und Freiherr
v. Call eingeladen sind, ist für Mittwoch, 9 Uhr vor-
mittags, anberaumt.




Die Wahlreform.

Der Brünner Korrespondent der
"Politik" hatte eine Unterredung mit einem czechischen Abge-
ordneten über die Chanzen der Wahlreform. Der Abgeordnete
sagte, es werde betreffs der Mandatzahl und Mandatsauf-
teilung für Mähren einen harten Kampf geben. Indessen
habe er seit einigen Tagen den Eindruck, daß doch noch das
jetzige Parlament die Wahlreform fertigstellen werde.
Es seien gegenwärtig höhere Einflüsse intensiver als je zuvor
für das Gelingen der Wahlreform tätig.




Die ungarischen Minister in Wien.

Aus Wien wird gemeldet: Der
Kaiser hat heute um 11 Uhr vormittags den Handels-
minister Kossuth, um 12 Uhr den Ministerpräsidenten
Dr. Wekerle und um halb 1 Uhr den Ackerbauminister
Daranyi in besonderer Audienz empfangen.

Der "Zeit" wird aus Budapest ge-
meldet: Die heutige Audienz der ungarischen wirtschaftlichen
Fachminister beim Kaiser steht offenbar mit den bevorstehenden
Ausgleichsverhandlungen zwischen Oesterreich und
Ungarn im Zusammenhange. Der Monarch hat bereits vor
einigen Tagen den Wunsch geäußert, die einzelnen beteiligten
ungarischen Minister mögen vor Beginn der eigentlichen
Ausgleichsverhandlungen vor ihm erscheinen und ihn über
den ungarischen Standpunkt informieren. Kossuth war auch
[Spaltenumbruch] bereits für Mittwoch zur Audienz berufen; doch mußte diese
wegen Ermüdung des Monarchen unterbleiben. Heute haben
die ungarischen Minister dem Kaiser ihren Standpunkt
mitgeteilt.

In hiesigen ungarischen Kreisen
verlautet, daß Kossuth in seiner heutigen Audienz beim
Monarchen auch über seine Pläne betreffs der zu bauenden
Wasserstraßen referiert habe.




Die Ausgleichsverhandlungen.

Während der Delegationstagung haben
wiederholt Besprechungen zwischen Dr. Wekerle und Baron
Beck stattgefunden, ohne daß es dabei zu irgendwelchen
meritorischen Verhandlungen gekommen wäre. Für den
Monat Juli ist eine neuerliche Begegnung der beiden
Ministerpräsidenten in Aussicht genommen. Der Zeitpunkt
der eigentlichen Verhandlungen ist noch nicht festgestellt. Die
vorbereitenden Arbeiten des österreichischen Referenten-
komitees dürften kaum vor Ende Juli abgeschlossen werden
und das Zusammentreten zu meritorischen Beratungen zwischen
den beiden Komitees nicht vor dem Monate August in
Aussicht stehen.




Ungarische Delegation.

Die ungarische Delegation hielt gestern
vormittags 10 Uhr eine Plenarsitzung. Nach Authentizierung
des Prokolls der gestrigen Sitzung wurde das Heeresbudget
in dritter Lesung votiert. Hiemit erscheinen sämtliche, der
ungarischen Delegation zugegangenen Vorlagen durch die
Delegation erledigt. Die Beschlüsse werden der österreichischen
Delegation mitgeteilt werden. Zugleich wird auf Vorschlag
des Präsidenten dieser mit Rücksicht darauf, daß die Nuntien
der österreichischen Delegation noch nicht eingetroffen sind,
ermächtigt, die Nuntien seinerzeit zu übernehmen, in kurzem
Wege an das Siebener-Konzentrierungskomitee zu überweisen,
und zur Entgegennahme des Berichtes dieses Komitees eine
neuerliche Delegationssitzung einzuberufen, welche voraussichtlich
die Schlußsitzung der Delegation sein wird. Nach der Authen-
tizierung des Protokolls der heutigen Sitzung wurde diese
geschlossen.




Zum Besuche Dr. Luegers in Bukarest.

"Budapesti Hirlap" meldet aus
Bukarest: In der Liste jener Persönlichkeiten, welche an-
läßlich der Bukarester Ausstellung Auszeichnungen erhalten
sollen, und die der österreichisch-ungarische Generalkonsul über
Aufforderung der rumänischen Regierung vorlegte, kam auch
der Name des Wiener Bürgermeisters Dr. Lueger vor. Die
rumänische Regierung hat daraufhin in höflicher Form dem
Generalkonsul mitgeteilt, daß sie nicht in der Lage sei, Dr.
Lueger eine Auszeichnung zu geben, weil
dieser durch sein taktloses Betragen anläßlich
seines Bukarester Besuches
Rumänien fast in einen
Konflikt mit Ungarn gestürzt hätte und die Gefahr
heraufbeschwor, daß der ungarische Ausstellungspavillon
gesperrt wird.




König Alfous und Kaiser Nikolaus. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Wie
die Blätter melden, hat der König dem Kreuzer "Extra-
madura", der gegenwärtig in Kiel vor Anker liegt, den Be-




[Spaltenumbruch]

stein an der verbrämten Schleppe des Purpurmantels der
Gonnengöttin, ein herrliches Gestirn auf. Es ist die schöne
Venus, -- unser goldener Abendstern!

Den funkelnden Lichtboten nannten die Alten Hesperus
und Phosphorus; er ist der Dunkelstern der deutschen Dichter
und der Stern der heiligen Jungfrau!

In 214 1/3 Tagen umwandelt er den Sonnenball, von
dem er etwa 108 Millionen Kilometer entfernt ist. Da
er zu den unteren Planeten gehört, so kann er niemals
in den eigentlichen Nachtstunden am Firmamente
erscheinen.

Die Schwester der alten Erde ist einem Phasenwechsel
unterworfen, genau so, wie unser Mond, der unsere sorgen-
vollen Nächte mit seinem milden Dämmerlichte labt. Die
Venus ist zweifellos mit einer Atmosphäre umgeben, die sehr
wahrscheinlich dichter und höher ist, als die irdische. Watson
allerdings hat ihre Höhe nur auf zwölf geographische Meilen
berechnet, was der Höhe unserer Erdatmosphäre ent-
sprechen würde.

Das Spektroskop, jener feine Lichtzerleger, der uns aus
der fernen Sternenwelt soviel interessantes berichtet, sagt uns,
daß die Venus-Atmosphäre sehr viel Wasserdampf enthält,
und somit die Sonnenstrahlen nur sehr wenig in ihre Luft-
hülle eindringen können. Aber auch noch etwas anderes ver-
kündete uns das Spektroskop, nämlich, daß gewisse Linien-
verschiebungen im Farbenbande der Venus auf eine Rotation
(Umdrehung des Planeten um seine eigene Achse) zu etwas
über 24 Stunden hindeuten. Damit war eine, sehr viel
Aufsehen erregende Ansicht des berühmten Mailänder Astro-
nomen Schiaparelli hinfällig geworden, der glaubte, daß ein
Venustag gleich einem Venusjahre sei. Er leitete diese seine
Ansicht aus Flecken ab, die er wie auch andere Himmels-
forscher auf der hellen Phase des Planeten gesehen hatten.
[Spaltenumbruch] Aus diesen Flecken hatten schon de Vico und Schröter, der
sternkundige Oberamtmann zu Lilienthal, die Umdrehung der
Venus um ihre Achse zu 24 Stunden bestimmt. Wir haben
für die Rotationsbestimmung des Planeten leider nur sehr
geringe Anhaltspunkte, zumal man in jüngster Zeit die
Flecken auf der Venus vielfach als eine optische Täuschung
bezeichnet.

Zu den seltsamsten Lichterscheinungen aber, die uns
noch völlig rätselhaft sind, gehört das "sekundäre Licht" der
Venus. Wir sprechen von einem "sekundären Mondlichte"
und wissen genau, daß dieses nichts anderes, als reflektierendes
Erdlicht ist; aber das "sekundäre Venuslicht" dürfen wir
uns keinesfalls in derselben Weise erklären, denn unsere
Erde steht der Schwester viel zu fern! Was ist es dann
aber? Man hat die verschiedensten Deutungen gegeben. Einige
Forscher sind der Ansicht, daß die Oberfläche der Venus eine
phosphoreszierende Strahlung abgibt, andere halten diese
Erscheinung für starke Polarlichter auf jener Welt und wieder
andere glauben, daß unser Dreikreislicht auch die Nachtseite
der Venus erleuchte.

Der Astronom Gruithuisen, der nie um eine Erklärung
dann verlegen war, wenn es galt, eine "Hypothese" zu befestigen,
dachte sogar an Feuerfeste der Venusbewohner, die uns
Menschen dadurch zugleich ein Zeichen ihres Daseins im
Weltall geben wollten!

Die Venus hat keinen Mond, wenigstens hat man mit
unseren feinen und scharfen Instrumenten einen solchen noch
nicht entdecken können. Es gab aber eine Zeit, wo man allen
Ernstes an diesen heimlichen Verehrer der schönen "Himmels-
frau" glaubte. Berühmte Astronomen wollten ihn sogar
gesehen haben.

Die Unzulänglichkeit der damaligen Ferngläser hat aber
sehr wahrscheinlich den Irrtum veranlaßt, und der Astronom
[Spaltenumbruch] Stroobant hat sich einmal die Mühe gemacht, diesen Venus-
mond rechnerisch zu "entdecken". Er fand dabei, daß in fast
allen uns bekannten Fällen ein Fixstern in der Nähe der
Venus gestanden und so das Phänomen des "Venusmondes"
hervorgerufen habe.

Den Astronomen hat die Venus lange auch einen guten
Dienst insofern geleistet, als sie uns bei einem "Venus-
durchgange" Gelegenheit gab, den Abstand der Erde von der
Sonne zu bestimmen. Indeß ereignen sich solche "Venus-
durchgänge" überaus selten, in einem Jahrhundert kaum
zweimal, und dann muß dabei noch schönes, klares Wetter
sein. Die Astronomen waren deshalb in arger Verlegenheit!
Da entstand ihnen ein Helfer in einem winzigen Zwerge in
unserem Sonnenreiche, nämlich in dem Planetoiden Eros.
Dieser kommt außer unserem Monde der Erde am nächsten
und bietet uns so eine recht willkommene Handhabe, jene
Rechnung auch ohne die unzuverlässige Frau Venus aus-
zuführen. In neuester Zeit bedient man sich zur Parallaxen-
bestimmung nach der photographischen Methode. Wollte man
die Frage stellen, ob die Venus ebenso, wie die Erde bewohnt
sei, so müßten wir erstere glatt verneinen. Vorläufig ist der
Planet nicht geeignet, menschenähnlichen Wesen ein Zuflucht
auf seiner Oberfläche zu bieten. Er ist noch ein Erdstern im
Kindesalter und gleicht in seinem Aeußeren sehr wahrscheinlich
unserer Erde in der Zeit der Steinkohlenperiode. Dichte
Wolkenmäntel bedecken die lauwarmen Meere der Venus-
oberfläche, und das Ganze trägt den Charakter des Sumpfigen.
Einmal wird auch Venus wohl organisches Leben beherbergen
und eine Welt entfalten, welche den Lebensbedingungen auf
ihr entspricht. Es müßte denn gerade sein, daß ihr im großen
Einheitsplane des Weltgeschehens eine andere Entwicklung
zugedacht wurde!




Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 3. Juli 1906

[Spaltenumbruch]

wird. Der geſchätzte Profeſſor lächelte über die Ehre, die ihm
die Zeitungsnachrichten antun. Tatſächlich ſei an dieſem
Gerücht ebenſowenig ein Körnchen Wahrheit wie an dem
von der demnächſtigen Bildung eines Parlaments-Kabinetts.
Der Duma-Präſident Muromzew ſelbſt weiß ebenfalls
nichts davon. Wie mir Profeſſor Meljukow weiter verſicherte,
ſei Muromzew überhaupt nur einmal vom Zaren empfangen
worden und zwar gelegentlich ſeiner Antrittsaudienz als
Präſident der Reichsduma. Auf meine Frage: „Wird es
überhaupt zu einem Parlamentskabinett kommen?“ zuckte
Profeſſor Meljukow mit den Achſeln. Darauf äußerte er ernſt:
„Vielleicht; doch könnte der rechte Moment dabei leicht ver-
paßt werden. Alsdann wäre alles, was von der Regierung
geſchehen könnte, bereits zu ſpät. Vorläufig ſcheint das Ka-
binett Goremykin ſich immer noch zu behaupten.“ Meljukow
ſieht mit Beſorgnis in die nächſte Zukunft Rußlands.

Zur Degradierung des ruſſiſchen Garde-
Bataillons.

Das erſte Bataillon des Pre-
obraſchenski-Regimentes iſt bereits an ſeinem Verbannungs-
ort in Medjed mit dem Kommandeur Fürſten Trubetzkoi
eingetroffen. Es wird alsbald neu uniformiert werden und
dabei ſeiner Gardeabzeichen verluſtig gehen. Die Untermilitärs
ſtehen unter ſtrengſter Bewachung. Heute wurden übrigens
noch weitere 80 Mann und 4 Offiziere des erſten Bataillons
des Preobraſchenski-Regiments verbannt, und zwar nach
Futoriſch, einer kleinen Station der Moskau-Rybinski-
Eiſenbahn. Die Namen der verbannten Offiziere ſind:
Bataillonskommandeur und Flügeladjutant Fürſt Alexander
Trubetzkoi, Kompagniechef Manſurow, Oberſt Michai-
low,
Hauptmann Staritzki, Kompagnie-Kommandeur
Fürſt Alexander Obolenski, der ſeinerzeit dem Kaiſer
Wilhelm attachiert war. Premierleutnant Peregorodsky,
Bataillonsadjutant Schomanski, die Leutnants Prik-
lowsky,
von Dehn und Jeſſaulow. Die Ausſtoßung
des 1. Bataillons aus den Liſten der Garde hat auf die
höheren Militärs einen niederſchmetternden Eindruck gemacht.
Die beſtraften Offiziere dürften nach und nach ihren Abſchied
einreichen.

Die Meutereien in der Armee. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die „Nowoje Wremja“ meldet aus Batum: Die Gärung
unter den Mannſchaften der Feldartillerie dauert
fort. Den Meuternden wurde zum Ergeben eine Friſt geſtellt,
die morgen abläuft. In der Stadt dauert das Morden
und Rauben fort.

Befürchtete Judenkrawalle.

Aus Kiew wird gemeldet: Seit den
letzten Tagen ſchwirren hier alle möglichen Gerüchte über
neue Judenhetzen
umher, die heute in Bialyſtok in-
ſzeniert werden ſollen. Die Juden fliehen, von Furcht
ergriffen, nach dem Auslande. In den abgehenden Zügen iſt
kein Platz mehr zu haben.

Wie es ſcheint, waren die Befürchtungen auch nicht
grundlos, denn heute erſchien eine Kundgebung des General-
gouverneurs Suchomlinoff, worin dieſer bekanntgibt,
daß nicht nur die Exzedenten ſelbſt, ſondern auch die An-
ſtifter
von Judenhetzen ſofort den Militärgerichten
überwieſen werden ſollen.


[Spaltenumbruch]

Die in der Vorwoche verhaf-
teten und wieder freigelaſſenen Redakteure berichten, daß
ſie der Polizeimeiſter des Moskauer Rayons in Anweſenheit
vieler Wachmänner anſchrie: Die Juden müſſen alle
ermordet werden. Bialyſtok iſt noch nichts.

Da in Petersburg werden wir im weiten Rayon einen Po-
grom und eine ſolche Abſchlachtung veranſtalten, daß kein
einziger Jude am Leben bleiben wird.

Attentate auf Poliziſten. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Geſtern abends wurden drei Poliziſten und ein Gendarm
durch Revolverſchüſſe tötlich verletzt.




Vom Tage.


Parlamentariſches.

Das Abgeordnetenhaus ſoll ſeine
Tagung bis Ende Juli fortſetzen. Der Wahlreformausſchuß
dürfte bis dahin ſeine Aufgabe vollſtändig erledigt haben.
Die Sommerferien des Abgeordnetenhauſes ſollen ſehr kurz
ſein, da bereits in den erſten Tagen des September die
Herbſtſeſſion beginnen ſoll. Im Oktober ſollen die Delega-
tionen in Budapeſt zuſammentreten, um das Budget pro
1907, zu beſchließen.

(Dr. v. Koerber im Budgetausſchuſſe.)

Die Sitzung des Budgetausſchuſſes, zu
welcher der geweſene Miniſterpräſident Dr. v. Koerber
ſowie die ehemaligen Miniſter Dr. v. Böhm und Freiherr
v. Call eingeladen ſind, iſt für Mittwoch, 9 Uhr vor-
mittags, anberaumt.




Die Wahlreform.

Der Brünner Korreſpondent der
„Politik“ hatte eine Unterredung mit einem czechiſchen Abge-
ordneten über die Chanzen der Wahlreform. Der Abgeordnete
ſagte, es werde betreffs der Mandatzahl und Mandatsauf-
teilung für Mähren einen harten Kampf geben. Indeſſen
habe er ſeit einigen Tagen den Eindruck, daß doch noch das
jetzige Parlament die Wahlreform fertigſtellen werde.
Es ſeien gegenwärtig höhere Einflüſſe intenſiver als je zuvor
für das Gelingen der Wahlreform tätig.




Die ungariſchen Miniſter in Wien.

Aus Wien wird gemeldet: Der
Kaiſer hat heute um 11 Uhr vormittags den Handels-
miniſter Koſſuth, um 12 Uhr den Miniſterpräſidenten
Dr. Wekerle und um halb 1 Uhr den Ackerbauminiſter
Daranyi in beſonderer Audienz empfangen.

Der „Zeit“ wird aus Budapeſt ge-
meldet: Die heutige Audienz der ungariſchen wirtſchaftlichen
Fachminiſter beim Kaiſer ſteht offenbar mit den bevorſtehenden
Ausgleichsverhandlungen zwiſchen Oeſterreich und
Ungarn im Zuſammenhange. Der Monarch hat bereits vor
einigen Tagen den Wunſch geäußert, die einzelnen beteiligten
ungariſchen Miniſter mögen vor Beginn der eigentlichen
Ausgleichsverhandlungen vor ihm erſcheinen und ihn über
den ungariſchen Standpunkt informieren. Koſſuth war auch
[Spaltenumbruch] bereits für Mittwoch zur Audienz berufen; doch mußte dieſe
wegen Ermüdung des Monarchen unterbleiben. Heute haben
die ungariſchen Miniſter dem Kaiſer ihren Standpunkt
mitgeteilt.

In hieſigen ungariſchen Kreiſen
verlautet, daß Koſſuth in ſeiner heutigen Audienz beim
Monarchen auch über ſeine Pläne betreffs der zu bauenden
Waſſerſtraßen referiert habe.




Die Ausgleichsverhandlungen.

Während der Delegationstagung haben
wiederholt Beſprechungen zwiſchen Dr. Wekerle und Baron
Beck ſtattgefunden, ohne daß es dabei zu irgendwelchen
meritoriſchen Verhandlungen gekommen wäre. Für den
Monat Juli iſt eine neuerliche Begegnung der beiden
Miniſterpräſidenten in Ausſicht genommen. Der Zeitpunkt
der eigentlichen Verhandlungen iſt noch nicht feſtgeſtellt. Die
vorbereitenden Arbeiten des öſterreichiſchen Referenten-
komitees dürften kaum vor Ende Juli abgeſchloſſen werden
und das Zuſammentreten zu meritoriſchen Beratungen zwiſchen
den beiden Komitees nicht vor dem Monate Auguſt in
Ausſicht ſtehen.




Ungariſche Delegation.

Die ungariſche Delegation hielt geſtern
vormittags 10 Uhr eine Plenarſitzung. Nach Authentizierung
des Prokolls der geſtrigen Sitzung wurde das Heeresbudget
in dritter Leſung votiert. Hiemit erſcheinen ſämtliche, der
ungariſchen Delegation zugegangenen Vorlagen durch die
Delegation erledigt. Die Beſchlüſſe werden der öſterreichiſchen
Delegation mitgeteilt werden. Zugleich wird auf Vorſchlag
des Präſidenten dieſer mit Rückſicht darauf, daß die Nuntien
der öſterreichiſchen Delegation noch nicht eingetroffen ſind,
ermächtigt, die Nuntien ſeinerzeit zu übernehmen, in kurzem
Wege an das Siebener-Konzentrierungskomitee zu überweiſen,
und zur Entgegennahme des Berichtes dieſes Komitees eine
neuerliche Delegationsſitzung einzuberufen, welche vorausſichtlich
die Schlußſitzung der Delegation ſein wird. Nach der Authen-
tizierung des Protokolls der heutigen Sitzung wurde dieſe
geſchloſſen.




Zum Beſuche Dr. Luegers in Bukareſt.

„Budapeſti Hirlap“ meldet aus
Bukareſt: In der Liſte jener Perſönlichkeiten, welche an-
läßlich der Bukareſter Ausſtellung Auszeichnungen erhalten
ſollen, und die der öſterreichiſch-ungariſche Generalkonſul über
Aufforderung der rumäniſchen Regierung vorlegte, kam auch
der Name des Wiener Bürgermeiſters Dr. Lueger vor. Die
rumäniſche Regierung hat daraufhin in höflicher Form dem
Generalkonſul mitgeteilt, daß ſie nicht in der Lage ſei, Dr.
Lueger eine Auszeichnung zu geben, weil
dieſer durch ſein taktloſes Betragen anläßlich
ſeines Bukareſter Beſuches
Rumänien faſt in einen
Konflikt mit Ungarn geſtürzt hätte und die Gefahr
heraufbeſchwor, daß der ungariſche Ausſtellungspavillon
geſperrt wird.




König Alfous und Kaiſer Nikolaus. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Wie
die Blätter melden, hat der König dem Kreuzer „Extra-
madura“, der gegenwärtig in Kiel vor Anker liegt, den Be-




[Spaltenumbruch]

ſtein an der verbrämten Schleppe des Purpurmantels der
Gonnengöttin, ein herrliches Geſtirn auf. Es iſt die ſchöne
Venus, — unſer goldener Abendſtern!

Den funkelnden Lichtboten nannten die Alten Hesperus
und Phosphorus; er iſt der Dunkelſtern der deutſchen Dichter
und der Stern der heiligen Jungfrau!

In 214⅓ Tagen umwandelt er den Sonnenball, von
dem er etwa 108 Millionen Kilometer entfernt iſt. Da
er zu den unteren Planeten gehört, ſo kann er niemals
in den eigentlichen Nachtſtunden am Firmamente
erſcheinen.

Die Schweſter der alten Erde iſt einem Phaſenwechſel
unterworfen, genau ſo, wie unſer Mond, der unſere ſorgen-
vollen Nächte mit ſeinem milden Dämmerlichte labt. Die
Venus iſt zweifellos mit einer Atmoſphäre umgeben, die ſehr
wahrſcheinlich dichter und höher iſt, als die irdiſche. Watſon
allerdings hat ihre Höhe nur auf zwölf geographiſche Meilen
berechnet, was der Höhe unſerer Erdatmoſphäre ent-
ſprechen würde.

Das Spektroſkop, jener feine Lichtzerleger, der uns aus
der fernen Sternenwelt ſoviel intereſſantes berichtet, ſagt uns,
daß die Venus-Atmoſphäre ſehr viel Waſſerdampf enthält,
und ſomit die Sonnenſtrahlen nur ſehr wenig in ihre Luft-
hülle eindringen können. Aber auch noch etwas anderes ver-
kündete uns das Spektroſkop, nämlich, daß gewiſſe Linien-
verſchiebungen im Farbenbande der Venus auf eine Rotation
(Umdrehung des Planeten um ſeine eigene Achſe) zu etwas
über 24 Stunden hindeuten. Damit war eine, ſehr viel
Aufſehen erregende Anſicht des berühmten Mailänder Aſtro-
nomen Schiaparelli hinfällig geworden, der glaubte, daß ein
Venustag gleich einem Venusjahre ſei. Er leitete dieſe ſeine
Anſicht aus Flecken ab, die er wie auch andere Himmels-
forſcher auf der hellen Phaſe des Planeten geſehen hatten.
[Spaltenumbruch] Aus dieſen Flecken hatten ſchon de Vico und Schröter, der
ſternkundige Oberamtmann zu Lilienthal, die Umdrehung der
Venus um ihre Achſe zu 24 Stunden beſtimmt. Wir haben
für die Rotationsbeſtimmung des Planeten leider nur ſehr
geringe Anhaltspunkte, zumal man in jüngſter Zeit die
Flecken auf der Venus vielfach als eine optiſche Täuſchung
bezeichnet.

Zu den ſeltſamſten Lichterſcheinungen aber, die uns
noch völlig rätſelhaft ſind, gehört das „ſekundäre Licht“ der
Venus. Wir ſprechen von einem „ſekundären Mondlichte“
und wiſſen genau, daß dieſes nichts anderes, als reflektierendes
Erdlicht iſt; aber das „ſekundäre Venuslicht“ dürfen wir
uns keinesfalls in derſelben Weiſe erklären, denn unſere
Erde ſteht der Schweſter viel zu fern! Was iſt es dann
aber? Man hat die verſchiedenſten Deutungen gegeben. Einige
Forſcher ſind der Anſicht, daß die Oberfläche der Venus eine
phosphoreszierende Strahlung abgibt, andere halten dieſe
Erſcheinung für ſtarke Polarlichter auf jener Welt und wieder
andere glauben, daß unſer Dreikreislicht auch die Nachtſeite
der Venus erleuchte.

Der Aſtronom Gruithuiſen, der nie um eine Erklärung
dann verlegen war, wenn es galt, eine „Hypotheſe“ zu befeſtigen,
dachte ſogar an Feuerfeſte der Venusbewohner, die uns
Menſchen dadurch zugleich ein Zeichen ihres Daſeins im
Weltall geben wollten!

Die Venus hat keinen Mond, wenigſtens hat man mit
unſeren feinen und ſcharfen Inſtrumenten einen ſolchen noch
nicht entdecken können. Es gab aber eine Zeit, wo man allen
Ernſtes an dieſen heimlichen Verehrer der ſchönen „Himmels-
frau“ glaubte. Berühmte Aſtronomen wollten ihn ſogar
geſehen haben.

Die Unzulänglichkeit der damaligen Ferngläſer hat aber
ſehr wahrſcheinlich den Irrtum veranlaßt, und der Aſtronom
[Spaltenumbruch] Stroobant hat ſich einmal die Mühe gemacht, dieſen Venus-
mond rechneriſch zu „entdecken“. Er fand dabei, daß in faſt
allen uns bekannten Fällen ein Fixſtern in der Nähe der
Venus geſtanden und ſo das Phänomen des „Venusmondes“
hervorgerufen habe.

Den Aſtronomen hat die Venus lange auch einen guten
Dienſt inſofern geleiſtet, als ſie uns bei einem „Venus-
durchgange“ Gelegenheit gab, den Abſtand der Erde von der
Sonne zu beſtimmen. Indeß ereignen ſich ſolche „Venus-
durchgänge“ überaus ſelten, in einem Jahrhundert kaum
zweimal, und dann muß dabei noch ſchönes, klares Wetter
ſein. Die Aſtronomen waren deshalb in arger Verlegenheit!
Da entſtand ihnen ein Helfer in einem winzigen Zwerge in
unſerem Sonnenreiche, nämlich in dem Planetoiden Eros.
Dieſer kommt außer unſerem Monde der Erde am nächſten
und bietet uns ſo eine recht willkommene Handhabe, jene
Rechnung auch ohne die unzuverläſſige Frau Venus aus-
zuführen. In neueſter Zeit bedient man ſich zur Parallaxen-
beſtimmung nach der photographiſchen Methode. Wollte man
die Frage ſtellen, ob die Venus ebenſo, wie die Erde bewohnt
ſei, ſo müßten wir erſtere glatt verneinen. Vorläufig iſt der
Planet nicht geeignet, menſchenähnlichen Weſen ein Zuflucht
auf ſeiner Oberfläche zu bieten. Er iſt noch ein Erdſtern im
Kindesalter und gleicht in ſeinem Aeußeren ſehr wahrſcheinlich
unſerer Erde in der Zeit der Steinkohlenperiode. Dichte
Wolkenmäntel bedecken die lauwarmen Meere der Venus-
oberfläche, und das Ganze trägt den Charakter des Sumpfigen.
Einmal wird auch Venus wohl organiſches Leben beherbergen
und eine Welt entfalten, welche den Lebensbedingungen auf
ihr entſpricht. Es müßte denn gerade ſein, daß ihr im großen
Einheitsplane des Weltgeſchehens eine andere Entwicklung
zugedacht wurde!




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[2/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 3. Juli 1906 wird. Der geſchätzte Profeſſor lächelte über die Ehre, die ihm die Zeitungsnachrichten antun. Tatſächlich ſei an dieſem Gerücht ebenſowenig ein Körnchen Wahrheit wie an dem von der demnächſtigen Bildung eines Parlaments-Kabinetts. Der Duma-Präſident Muromzew ſelbſt weiß ebenfalls nichts davon. Wie mir Profeſſor Meljukow weiter verſicherte, ſei Muromzew überhaupt nur einmal vom Zaren empfangen worden und zwar gelegentlich ſeiner Antrittsaudienz als Präſident der Reichsduma. Auf meine Frage: „Wird es überhaupt zu einem Parlamentskabinett kommen?“ zuckte Profeſſor Meljukow mit den Achſeln. Darauf äußerte er ernſt: „Vielleicht; doch könnte der rechte Moment dabei leicht ver- paßt werden. Alsdann wäre alles, was von der Regierung geſchehen könnte, bereits zu ſpät. Vorläufig ſcheint das Ka- binett Goremykin ſich immer noch zu behaupten.“ Meljukow ſieht mit Beſorgnis in die nächſte Zukunft Rußlands. Zur Degradierung des ruſſiſchen Garde- Bataillons. Petersburg, 1. Juli. Das erſte Bataillon des Pre- obraſchenski-Regimentes iſt bereits an ſeinem Verbannungs- ort in Medjed mit dem Kommandeur Fürſten Trubetzkoi eingetroffen. Es wird alsbald neu uniformiert werden und dabei ſeiner Gardeabzeichen verluſtig gehen. Die Untermilitärs ſtehen unter ſtrengſter Bewachung. Heute wurden übrigens noch weitere 80 Mann und 4 Offiziere des erſten Bataillons des Preobraſchenski-Regiments verbannt, und zwar nach Futoriſch, einer kleinen Station der Moskau-Rybinski- Eiſenbahn. Die Namen der verbannten Offiziere ſind: Bataillonskommandeur und Flügeladjutant Fürſt Alexander Trubetzkoi, Kompagniechef Manſurow, Oberſt Michai- low, Hauptmann Staritzki, Kompagnie-Kommandeur Fürſt Alexander Obolenski, der ſeinerzeit dem Kaiſer Wilhelm attachiert war. Premierleutnant Peregorodsky, Bataillonsadjutant Schomanski, die Leutnants Prik- lowsky, von Dehn und Jeſſaulow. Die Ausſtoßung des 1. Bataillons aus den Liſten der Garde hat auf die höheren Militärs einen niederſchmetternden Eindruck gemacht. Die beſtraften Offiziere dürften nach und nach ihren Abſchied einreichen. Die Meutereien in der Armee. Petersburg, 2. Juli. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die „Nowoje Wremja“ meldet aus Batum: Die Gärung unter den Mannſchaften der Feldartillerie dauert fort. Den Meuternden wurde zum Ergeben eine Friſt geſtellt, die morgen abläuft. In der Stadt dauert das Morden und Rauben fort. Befürchtete Judenkrawalle. Berlin, 1. Juli. Aus Kiew wird gemeldet: Seit den letzten Tagen ſchwirren hier alle möglichen Gerüchte über neue Judenhetzen umher, die heute in Bialyſtok in- ſzeniert werden ſollen. Die Juden fliehen, von Furcht ergriffen, nach dem Auslande. In den abgehenden Zügen iſt kein Platz mehr zu haben. Wie es ſcheint, waren die Befürchtungen auch nicht grundlos, denn heute erſchien eine Kundgebung des General- gouverneurs Suchomlinoff, worin dieſer bekanntgibt, daß nicht nur die Exzedenten ſelbſt, ſondern auch die An- ſtifter von Judenhetzen ſofort den Militärgerichten überwieſen werden ſollen. Petersburg, 1. Juli. Die in der Vorwoche verhaf- teten und wieder freigelaſſenen Redakteure berichten, daß ſie der Polizeimeiſter des Moskauer Rayons in Anweſenheit vieler Wachmänner anſchrie: Die Juden müſſen alle ermordet werden. Bialyſtok iſt noch nichts. Da in Petersburg werden wir im weiten Rayon einen Po- grom und eine ſolche Abſchlachtung veranſtalten, daß kein einziger Jude am Leben bleiben wird. Attentate auf Poliziſten. Warſchau, 2. Juli. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Geſtern abends wurden drei Poliziſten und ein Gendarm durch Revolverſchüſſe tötlich verletzt. Vom Tage. Czernowitz, 2. Juli. Parlamentariſches. Wien, 1. Juli. Das Abgeordnetenhaus ſoll ſeine Tagung bis Ende Juli fortſetzen. Der Wahlreformausſchuß dürfte bis dahin ſeine Aufgabe vollſtändig erledigt haben. Die Sommerferien des Abgeordnetenhauſes ſollen ſehr kurz ſein, da bereits in den erſten Tagen des September die Herbſtſeſſion beginnen ſoll. Im Oktober ſollen die Delega- tionen in Budapeſt zuſammentreten, um das Budget pro 1907, zu beſchließen. (Dr. v. Koerber im Budgetausſchuſſe.) Wien, 1. Juli. Die Sitzung des Budgetausſchuſſes, zu welcher der geweſene Miniſterpräſident Dr. v. Koerber ſowie die ehemaligen Miniſter Dr. v. Böhm und Freiherr v. Call eingeladen ſind, iſt für Mittwoch, 9 Uhr vor- mittags, anberaumt. Die Wahlreform. Prag, 1. Juli. Der Brünner Korreſpondent der „Politik“ hatte eine Unterredung mit einem czechiſchen Abge- ordneten über die Chanzen der Wahlreform. Der Abgeordnete ſagte, es werde betreffs der Mandatzahl und Mandatsauf- teilung für Mähren einen harten Kampf geben. Indeſſen habe er ſeit einigen Tagen den Eindruck, daß doch noch das jetzige Parlament die Wahlreform fertigſtellen werde. Es ſeien gegenwärtig höhere Einflüſſe intenſiver als je zuvor für das Gelingen der Wahlreform tätig. Die ungariſchen Miniſter in Wien. Budapeſt, 30. Juni. Aus Wien wird gemeldet: Der Kaiſer hat heute um 11 Uhr vormittags den Handels- miniſter Koſſuth, um 12 Uhr den Miniſterpräſidenten Dr. Wekerle und um halb 1 Uhr den Ackerbauminiſter Daranyi in beſonderer Audienz empfangen. Wien, 30. Juni. Der „Zeit“ wird aus Budapeſt ge- meldet: Die heutige Audienz der ungariſchen wirtſchaftlichen Fachminiſter beim Kaiſer ſteht offenbar mit den bevorſtehenden Ausgleichsverhandlungen zwiſchen Oeſterreich und Ungarn im Zuſammenhange. Der Monarch hat bereits vor einigen Tagen den Wunſch geäußert, die einzelnen beteiligten ungariſchen Miniſter mögen vor Beginn der eigentlichen Ausgleichsverhandlungen vor ihm erſcheinen und ihn über den ungariſchen Standpunkt informieren. Koſſuth war auch bereits für Mittwoch zur Audienz berufen; doch mußte dieſe wegen Ermüdung des Monarchen unterbleiben. Heute haben die ungariſchen Miniſter dem Kaiſer ihren Standpunkt mitgeteilt. Wien, 30. Juni. In hieſigen ungariſchen Kreiſen verlautet, daß Koſſuth in ſeiner heutigen Audienz beim Monarchen auch über ſeine Pläne betreffs der zu bauenden Waſſerſtraßen referiert habe. Die Ausgleichsverhandlungen. Wien, 1. Juli. Während der Delegationstagung haben wiederholt Beſprechungen zwiſchen Dr. Wekerle und Baron Beck ſtattgefunden, ohne daß es dabei zu irgendwelchen meritoriſchen Verhandlungen gekommen wäre. Für den Monat Juli iſt eine neuerliche Begegnung der beiden Miniſterpräſidenten in Ausſicht genommen. Der Zeitpunkt der eigentlichen Verhandlungen iſt noch nicht feſtgeſtellt. Die vorbereitenden Arbeiten des öſterreichiſchen Referenten- komitees dürften kaum vor Ende Juli abgeſchloſſen werden und das Zuſammentreten zu meritoriſchen Beratungen zwiſchen den beiden Komitees nicht vor dem Monate Auguſt in Ausſicht ſtehen. Ungariſche Delegation. Wien, 1. Juli. Die ungariſche Delegation hielt geſtern vormittags 10 Uhr eine Plenarſitzung. Nach Authentizierung des Prokolls der geſtrigen Sitzung wurde das Heeresbudget in dritter Leſung votiert. Hiemit erſcheinen ſämtliche, der ungariſchen Delegation zugegangenen Vorlagen durch die Delegation erledigt. Die Beſchlüſſe werden der öſterreichiſchen Delegation mitgeteilt werden. Zugleich wird auf Vorſchlag des Präſidenten dieſer mit Rückſicht darauf, daß die Nuntien der öſterreichiſchen Delegation noch nicht eingetroffen ſind, ermächtigt, die Nuntien ſeinerzeit zu übernehmen, in kurzem Wege an das Siebener-Konzentrierungskomitee zu überweiſen, und zur Entgegennahme des Berichtes dieſes Komitees eine neuerliche Delegationsſitzung einzuberufen, welche vorausſichtlich die Schlußſitzung der Delegation ſein wird. Nach der Authen- tizierung des Protokolls der heutigen Sitzung wurde dieſe geſchloſſen. Zum Beſuche Dr. Luegers in Bukareſt. Budapeſt, 30. Juni. „Budapeſti Hirlap“ meldet aus Bukareſt: In der Liſte jener Perſönlichkeiten, welche an- läßlich der Bukareſter Ausſtellung Auszeichnungen erhalten ſollen, und die der öſterreichiſch-ungariſche Generalkonſul über Aufforderung der rumäniſchen Regierung vorlegte, kam auch der Name des Wiener Bürgermeiſters Dr. Lueger vor. Die rumäniſche Regierung hat daraufhin in höflicher Form dem Generalkonſul mitgeteilt, daß ſie nicht in der Lage ſei, Dr. Lueger eine Auszeichnung zu geben, weil dieſer durch ſein taktloſes Betragen anläßlich ſeines Bukareſter Beſuches Rumänien faſt in einen Konflikt mit Ungarn geſtürzt hätte und die Gefahr heraufbeſchwor, daß der ungariſche Ausſtellungspavillon geſperrt wird. König Alfous und Kaiſer Nikolaus. Madrid, 1. Juli. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Wie die Blätter melden, hat der König dem Kreuzer „Extra- madura“, der gegenwärtig in Kiel vor Anker liegt, den Be- ſtein an der verbrämten Schleppe des Purpurmantels der Gonnengöttin, ein herrliches Geſtirn auf. Es iſt die ſchöne Venus, — unſer goldener Abendſtern! Den funkelnden Lichtboten nannten die Alten Hesperus und Phosphorus; er iſt der Dunkelſtern der deutſchen Dichter und der Stern der heiligen Jungfrau! In 214⅓ Tagen umwandelt er den Sonnenball, von dem er etwa 108 Millionen Kilometer entfernt iſt. Da er zu den unteren Planeten gehört, ſo kann er niemals in den eigentlichen Nachtſtunden am Firmamente erſcheinen. Die Schweſter der alten Erde iſt einem Phaſenwechſel unterworfen, genau ſo, wie unſer Mond, der unſere ſorgen- vollen Nächte mit ſeinem milden Dämmerlichte labt. Die Venus iſt zweifellos mit einer Atmoſphäre umgeben, die ſehr wahrſcheinlich dichter und höher iſt, als die irdiſche. Watſon allerdings hat ihre Höhe nur auf zwölf geographiſche Meilen berechnet, was der Höhe unſerer Erdatmoſphäre ent- ſprechen würde. Das Spektroſkop, jener feine Lichtzerleger, der uns aus der fernen Sternenwelt ſoviel intereſſantes berichtet, ſagt uns, daß die Venus-Atmoſphäre ſehr viel Waſſerdampf enthält, und ſomit die Sonnenſtrahlen nur ſehr wenig in ihre Luft- hülle eindringen können. Aber auch noch etwas anderes ver- kündete uns das Spektroſkop, nämlich, daß gewiſſe Linien- verſchiebungen im Farbenbande der Venus auf eine Rotation (Umdrehung des Planeten um ſeine eigene Achſe) zu etwas über 24 Stunden hindeuten. Damit war eine, ſehr viel Aufſehen erregende Anſicht des berühmten Mailänder Aſtro- nomen Schiaparelli hinfällig geworden, der glaubte, daß ein Venustag gleich einem Venusjahre ſei. Er leitete dieſe ſeine Anſicht aus Flecken ab, die er wie auch andere Himmels- forſcher auf der hellen Phaſe des Planeten geſehen hatten. Aus dieſen Flecken hatten ſchon de Vico und Schröter, der ſternkundige Oberamtmann zu Lilienthal, die Umdrehung der Venus um ihre Achſe zu 24 Stunden beſtimmt. Wir haben für die Rotationsbeſtimmung des Planeten leider nur ſehr geringe Anhaltspunkte, zumal man in jüngſter Zeit die Flecken auf der Venus vielfach als eine optiſche Täuſchung bezeichnet. Zu den ſeltſamſten Lichterſcheinungen aber, die uns noch völlig rätſelhaft ſind, gehört das „ſekundäre Licht“ der Venus. Wir ſprechen von einem „ſekundären Mondlichte“ und wiſſen genau, daß dieſes nichts anderes, als reflektierendes Erdlicht iſt; aber das „ſekundäre Venuslicht“ dürfen wir uns keinesfalls in derſelben Weiſe erklären, denn unſere Erde ſteht der Schweſter viel zu fern! Was iſt es dann aber? Man hat die verſchiedenſten Deutungen gegeben. Einige Forſcher ſind der Anſicht, daß die Oberfläche der Venus eine phosphoreszierende Strahlung abgibt, andere halten dieſe Erſcheinung für ſtarke Polarlichter auf jener Welt und wieder andere glauben, daß unſer Dreikreislicht auch die Nachtſeite der Venus erleuchte. Der Aſtronom Gruithuiſen, der nie um eine Erklärung dann verlegen war, wenn es galt, eine „Hypotheſe“ zu befeſtigen, dachte ſogar an Feuerfeſte der Venusbewohner, die uns Menſchen dadurch zugleich ein Zeichen ihres Daſeins im Weltall geben wollten! Die Venus hat keinen Mond, wenigſtens hat man mit unſeren feinen und ſcharfen Inſtrumenten einen ſolchen noch nicht entdecken können. Es gab aber eine Zeit, wo man allen Ernſtes an dieſen heimlichen Verehrer der ſchönen „Himmels- frau“ glaubte. Berühmte Aſtronomen wollten ihn ſogar geſehen haben. Die Unzulänglichkeit der damaligen Ferngläſer hat aber ſehr wahrſcheinlich den Irrtum veranlaßt, und der Aſtronom Stroobant hat ſich einmal die Mühe gemacht, dieſen Venus- mond rechneriſch zu „entdecken“. Er fand dabei, daß in faſt allen uns bekannten Fällen ein Fixſtern in der Nähe der Venus geſtanden und ſo das Phänomen des „Venusmondes“ hervorgerufen habe. Den Aſtronomen hat die Venus lange auch einen guten Dienſt inſofern geleiſtet, als ſie uns bei einem „Venus- durchgange“ Gelegenheit gab, den Abſtand der Erde von der Sonne zu beſtimmen. Indeß ereignen ſich ſolche „Venus- durchgänge“ überaus ſelten, in einem Jahrhundert kaum zweimal, und dann muß dabei noch ſchönes, klares Wetter ſein. Die Aſtronomen waren deshalb in arger Verlegenheit! Da entſtand ihnen ein Helfer in einem winzigen Zwerge in unſerem Sonnenreiche, nämlich in dem Planetoiden Eros. Dieſer kommt außer unſerem Monde der Erde am nächſten und bietet uns ſo eine recht willkommene Handhabe, jene Rechnung auch ohne die unzuverläſſige Frau Venus aus- zuführen. In neueſter Zeit bedient man ſich zur Parallaxen- beſtimmung nach der photographiſchen Methode. Wollte man die Frage ſtellen, ob die Venus ebenſo, wie die Erde bewohnt ſei, ſo müßten wir erſtere glatt verneinen. Vorläufig iſt der Planet nicht geeignet, menſchenähnlichen Weſen ein Zuflucht auf ſeiner Oberfläche zu bieten. Er iſt noch ein Erdſtern im Kindesalter und gleicht in ſeinem Aeußeren ſehr wahrſcheinlich unſerer Erde in der Zeit der Steinkohlenperiode. Dichte Wolkenmäntel bedecken die lauwarmen Meere der Venus- oberfläche, und das Ganze trägt den Charakter des Sumpfigen. Einmal wird auch Venus wohl organiſches Leben beherbergen und eine Welt entfalten, welche den Lebensbedingungen auf ihr entſpricht. Es müßte denn gerade ſein, daß ihr im großen Einheitsplane des Weltgeſchehens eine andere Entwicklung zugedacht wurde!

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 744, Czernowitz, 03.07.1906, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer744_1906/2>, abgerufen am 21.11.2024.