[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.besorgen auf sich, was zu ihrem Vorhaben benöthiget seyn würde, und nach- haben A 2
beſorgen auf ſich, was zu ihrem Vorhaben benoͤthiget ſeyn wuͤrde, und nach- haben A 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="3"/> beſorgen auf ſich, was zu ihrem Vorhaben benoͤthiget ſeyn wuͤrde, und nach-<lb/> dem ſie beyderſeits eine anſehnliche Summe Geldes, und Juwelen, um ſich<lb/> ihrem hohen Stande gemaͤß aufzufuͤhren, zu ſich genommen hatten, bega-<lb/> ben ſie ſich nach der verfloſſnen Friſt nach <hi rendition="#aq">Greenvvich,</hi> allwo ſie zu Schif-<lb/> fe giengen, und mit einem gluͤcklichen Winde in kurtzem das Engliſche Ufer<lb/> aus dem Geſichte verlohren. Die See war ungemein ſtille, und das ſchoͤ-<lb/> ne Wetter reitzte unſre Reiſende an, oben auf dem Schiff dieſe weite Ebene<lb/> zu betrachten. Sie ſaſſen bey einer Pfeife Toback allda und ergoͤtzten ſich<lb/> mit den vertraulichſten Geſpraͤchen, welche groͤſten theils von der erblaſten<lb/><hi rendition="#aq">Amariane</hi> handelten. <hi rendition="#aq">Childron,</hi> welcher lange begierig geweſen, die Um-<lb/> ſtaͤnde von ihrem Leben vollkommen zu wiſſen, ließ dieſe Gelegenheit nicht<lb/> vorbeygehen, ſondern bate ſeinen Freund ihm bey jetzigen muͤßigen Stun-<lb/> den von den gehabten Zufaͤllen, und beſondern Begebenheiten, ſeiner ver-<lb/> blichenen Gemahlin vollſtaͤndige Nachricht zu geben, weil er zwar vie-<lb/> les davon, aber doch in keinem Zuſammenhang gehoͤret, ihm auch alles<lb/> was von ihm, dem <hi rendition="#aq">Mylord,</hi> handelte, angenehm zu erfahren waͤr. <hi rendition="#aq">Bin-<lb/> gley</hi> wuſte allzuwohl, daß er mit einem treuen Freunde redete, und trug<lb/> alſo kein Bedencken, ſeinem Verlangen ſtatt zu geben. <hi rendition="#fr">Wenn ich,</hi> ſagte<lb/> er, <hi rendition="#fr">euch nicht ſo hoch verbunden waͤr, wuͤrde ich nimmermehr<lb/> in dergleichen Vortrag willigen, in Anſehung, ich mir durch die<lb/> Erzehlung der verlangten Begebenheiten nur die groͤſte Marter<lb/> zuziehe. Es wuͤrde aber ein unverantwortlicher Fehler ſeyn, euch<lb/> dieſes abzuſchlagen, und euch nicht die Groͤſſe des Verluſts zu<lb/> entdecken, welchen ich in meiner</hi> <hi rendition="#aq">Amariane</hi> <hi rendition="#fr">erlidten habe.</hi> Sie<lb/> war, wie ihr wiſſt, aus einem der vornehmſten Graͤflichen Haͤuſer dieſes<lb/> Koͤnigreichs, und hatte in ihrer Kindheit den Vater eher eingebuͤſſet, als ſie<lb/> ihn noch zu kennen vermoͤgend geweſen. Sie verfiel alſo in die Haͤnde des<lb/> Grafens von <hi rendition="#aq">Landhorſt,</hi> welcher ſie nach der Ordnung der Nechte als<lb/> Vormund auferziehen ſolte. Er vor ſeine Perſon hielte ſie als ſein eignes<lb/> Kind, konte es aber bey ſeiner Gemahlin nicht dahin bringen, daß ſie ihr<lb/> eine gleiche Gewogenheit gewidmet haͤtte. Sie that <hi rendition="#aq">Amarian</hi>en allen erſinn-<lb/> lichen Verdruß an, und die unſchuldige Wayſe muſte ſich von ihr als eine<lb/> bloße Sclavin handeln laſſen. Alle Verſehen, welche an ſich nichts bedeu-<lb/> ten, und bey einer noch fruͤhen Jugend nicht ungewoͤhnlich ſind, muſten<lb/> gleich Zeichen eines boßhafftigen, und wie ſie redete, <hi rendition="#fr">teufliſchen,</hi> oder doch<lb/> wenigſtens dummen Gemuͤthes ſeyn. Jhr Gemahl urtheilte weit vernuͤnffti-<lb/> ger hiervon, und bemuͤhte ſich oͤffters, die dieſem Kinde gehaͤßige Graͤfin auf<lb/> vortheilhafftigere Gedancken zu bringen, welche aber allezeit uͤbrig Recht zu<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">haben</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0013]
beſorgen auf ſich, was zu ihrem Vorhaben benoͤthiget ſeyn wuͤrde, und nach-
dem ſie beyderſeits eine anſehnliche Summe Geldes, und Juwelen, um ſich
ihrem hohen Stande gemaͤß aufzufuͤhren, zu ſich genommen hatten, bega-
ben ſie ſich nach der verfloſſnen Friſt nach Greenvvich, allwo ſie zu Schif-
fe giengen, und mit einem gluͤcklichen Winde in kurtzem das Engliſche Ufer
aus dem Geſichte verlohren. Die See war ungemein ſtille, und das ſchoͤ-
ne Wetter reitzte unſre Reiſende an, oben auf dem Schiff dieſe weite Ebene
zu betrachten. Sie ſaſſen bey einer Pfeife Toback allda und ergoͤtzten ſich
mit den vertraulichſten Geſpraͤchen, welche groͤſten theils von der erblaſten
Amariane handelten. Childron, welcher lange begierig geweſen, die Um-
ſtaͤnde von ihrem Leben vollkommen zu wiſſen, ließ dieſe Gelegenheit nicht
vorbeygehen, ſondern bate ſeinen Freund ihm bey jetzigen muͤßigen Stun-
den von den gehabten Zufaͤllen, und beſondern Begebenheiten, ſeiner ver-
blichenen Gemahlin vollſtaͤndige Nachricht zu geben, weil er zwar vie-
les davon, aber doch in keinem Zuſammenhang gehoͤret, ihm auch alles
was von ihm, dem Mylord, handelte, angenehm zu erfahren waͤr. Bin-
gley wuſte allzuwohl, daß er mit einem treuen Freunde redete, und trug
alſo kein Bedencken, ſeinem Verlangen ſtatt zu geben. Wenn ich, ſagte
er, euch nicht ſo hoch verbunden waͤr, wuͤrde ich nimmermehr
in dergleichen Vortrag willigen, in Anſehung, ich mir durch die
Erzehlung der verlangten Begebenheiten nur die groͤſte Marter
zuziehe. Es wuͤrde aber ein unverantwortlicher Fehler ſeyn, euch
dieſes abzuſchlagen, und euch nicht die Groͤſſe des Verluſts zu
entdecken, welchen ich in meiner Amariane erlidten habe. Sie
war, wie ihr wiſſt, aus einem der vornehmſten Graͤflichen Haͤuſer dieſes
Koͤnigreichs, und hatte in ihrer Kindheit den Vater eher eingebuͤſſet, als ſie
ihn noch zu kennen vermoͤgend geweſen. Sie verfiel alſo in die Haͤnde des
Grafens von Landhorſt, welcher ſie nach der Ordnung der Nechte als
Vormund auferziehen ſolte. Er vor ſeine Perſon hielte ſie als ſein eignes
Kind, konte es aber bey ſeiner Gemahlin nicht dahin bringen, daß ſie ihr
eine gleiche Gewogenheit gewidmet haͤtte. Sie that Amarianen allen erſinn-
lichen Verdruß an, und die unſchuldige Wayſe muſte ſich von ihr als eine
bloße Sclavin handeln laſſen. Alle Verſehen, welche an ſich nichts bedeu-
ten, und bey einer noch fruͤhen Jugend nicht ungewoͤhnlich ſind, muſten
gleich Zeichen eines boßhafftigen, und wie ſie redete, teufliſchen, oder doch
wenigſtens dummen Gemuͤthes ſeyn. Jhr Gemahl urtheilte weit vernuͤnffti-
ger hiervon, und bemuͤhte ſich oͤffters, die dieſem Kinde gehaͤßige Graͤfin auf
vortheilhafftigere Gedancken zu bringen, welche aber allezeit uͤbrig Recht zu
haben
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