[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734. Tulsching. Ja, dieser ist es, Mylord, die Gewogenheit aber gegen ihn hatte bey seiner Absendung nach Holland schon ziemlich abgenommen, weil er durch den Grafen von Essex abgestochen worden war. Nach des Leicesters Abzug wurde der Sohn eines tapfern Vaters, der obengemeldete Moritz in dem 22. Jahr seines Alters einmüthig zum Stadthalter angenommen, welche hohe Würde er auch 38. Jahr mit einem unsterblichem Ruhme ver- waltet hat. Seine Progressen waren erstaunend, und er eroberte die be- sten Festungen mit ausnehmenden Glück und Tapferkeit. Unter ihm fieng die Handlung hauptsächlich zu blühen an. Denn die Holländer holten ihre Waaren von Portugall, weil aber dieses den Spaniern ein Mittel zu der Holländer Verderben schiene, so hoben sie dieses Commercium auf, welches die Niederländer zu dem Entschluß brachte, den Weg nach Ost- und West-Jndien selbst zu suchen, und richteten zu desto besserer Beförderung dieses Vorhabens 1602. die noch in Flor stehende Ost-Jn- dianische Gesellschafft auf, welche sich auf viele hundert Meilen nunmehro ausgebreitet. Die Spanier sahen wohl, daß sie nur dadurch übel ärger gemacht hatten, und machten 1609. einen Stillstand mit den vereinig- ten Niederlanden auf 12. Jahr, welcher 1621. seine Endschafft erreichte. Währendem Stillstande gab es allhier allerhand innerliche Unruhen, wozu der Streit zwischen den Arminianern und Gemanisten nicht wenig bey- trug, in welchen Streitigkeiten der 72. jährige Johann von Oldenbarne- veld als ein eifriger Arminianer 1619. seinen Kopf verlohr. Bingley. Dieser ist meines Wissens derjenige, welcher dem König Jacob, wie oben gedacht worden, die Summe Geldes vor die zum Unterpfand geblie- bene Festungen auszahlte, und zu dem Ende nach Engelland übergieng. Tulsching. Jhr habt Recht, Mylord. Denn er wurde dahin gesendet, weil ge- dachter Jacob durch Antrieb eines unbedachtsamen Eigennutzes die Bezahlung dieses Geldes verlangte. Nach geendigtem Stillstande 1621. hörte auch die äusserliche Ruhe auf, und der Krieg wurde von beyden Seiten mit gröstem Eyfer fortgesetzt. Hier sah es vor diese Republick windig aus, denn der Churfürst von der Pfaltz und aufgeworfene König von Böhmen, Frid- rich der fünfte wurde bey Prag auf dem weisen Berge geschlagen, Kö- nig Jacob hatte nicht das Hertz den Degen zuziehen, und der dreysig- jährige Krieg hatte seinen grausamen Anfang genommen, daß also keine Hülfe von den Protestanten zu hoffen war. Printz Moritz verlohr zu- gleich
Tulſching. Ja, dieſer iſt es, Mylord, die Gewogenheit aber gegen ihn hatte bey ſeiner Abſendung nach Holland ſchon ziemlich abgenommen, weil er durch den Grafen von Eſſex abgeſtochen worden war. Nach des Leiceſters Abzug wurde der Sohn eines tapfern Vaters, der obengemeldete Moritz in dem 22. Jahr ſeines Alters einmuͤthig zum Stadthalter angenommen, welche hohe Wuͤrde er auch 38. Jahr mit einem unſterblichem Ruhme ver- waltet hat. Seine Progreſſen waren erſtaunend, und er eroberte die be- ſten Feſtungen mit ausnehmenden Gluͤck und Tapferkeit. Unter ihm fieng die Handlung hauptſaͤchlich zu bluͤhen an. Denn die Hollaͤnder holten ihre Waaren von Portugall, weil aber dieſes den Spaniern ein Mittel zu der Hollaͤnder Verderben ſchiene, ſo hoben ſie dieſes Commercium auf, welches die Niederlaͤnder zu dem Entſchluß brachte, den Weg nach Oſt- und Weſt-Jndien ſelbſt zu ſuchen, und richteten zu deſto beſſerer Befoͤrderung dieſes Vorhabens 1602. die noch in Flor ſtehende Oſt-Jn- dianiſche Geſellſchafft auf, welche ſich auf viele hundert Meilen nunmehro ausgebreitet. Die Spanier ſahen wohl, daß ſie nur dadurch uͤbel aͤrger gemacht hatten, und machten 1609. einen Stillſtand mit den vereinig- ten Niederlanden auf 12. Jahr, welcher 1621. ſeine Endſchafft erreichte. Waͤhrendem Stillſtande gab es allhier allerhand innerliche Unruhen, wozu der Streit zwiſchen den Arminianern und Gemaniſten nicht wenig bey- trug, in welchen Streitigkeiten der 72. jaͤhrige Johann von Oldenbarne- veld als ein eifriger Arminianer 1619. ſeinen Kopf verlohr. Bingley. Dieſer iſt meines Wiſſens derjenige, welcher dem Koͤnig Jacob, wie oben gedacht worden, die Summe Geldes vor die zum Unterpfand geblie- bene Feſtungen auszahlte, und zu dem Ende nach Engelland uͤbergieng. Tulſching. Jhr habt Recht, Mylord. Denn er wurde dahin geſendet, weil ge- dachter Jacob durch Antrieb eines unbedachtſamen Eigennutzes die Bezahlung dieſes Geldes verlangte. Nach geendigtem Stillſtande 1621. hoͤrte auch die aͤuſſerliche Ruhe auf, und der Krieg wurde von beyden Seiten mit groͤſtem Eyfer fortgeſetzt. Hier ſah es vor dieſe Republick windig aus, denn der Churfuͤrſt von der Pfaltz und aufgeworfene Koͤnig von Boͤhmen, Frid- rich der fuͤnfte wurde bey Prag auf dem weiſen Berge geſchlagen, Koͤ- nig Jacob hatte nicht das Hertz den Degen zuziehen, und der dreyſig- jaͤhrige Krieg hatte ſeinen grauſamen Anfang genommen, daß alſo keine Huͤlfe von den Proteſtanten zu hoffen war. Printz Moritz verlohr zu- gleich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0036" n="26"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Tulſching.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Ja, dieſer iſt es, <hi rendition="#aq">Mylord,</hi> die Gewogenheit aber gegen ihn hatte bey<lb/> ſeiner Abſendung nach Holland ſchon ziemlich abgenommen, weil er durch<lb/> den Grafen von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Eſſex</hi></hi> <hi rendition="#fr">abgeſtochen</hi> worden war. Nach des <hi rendition="#aq">Leiceſters</hi><lb/> Abzug wurde der Sohn eines tapfern Vaters, der obengemeldete <hi rendition="#fr">Moritz</hi><lb/> in dem 22. Jahr ſeines Alters einmuͤthig zum Stadthalter angenommen,<lb/> welche hohe Wuͤrde er auch 38. Jahr mit einem unſterblichem Ruhme ver-<lb/> waltet hat. Seine <hi rendition="#aq">Progreſſ</hi>en waren erſtaunend, und er eroberte die be-<lb/> ſten Feſtungen mit ausnehmenden Gluͤck und Tapferkeit. Unter ihm fieng<lb/> die <hi rendition="#fr">Handlung</hi> hauptſaͤchlich zu bluͤhen an. Denn die Hollaͤnder holten<lb/> ihre Waaren von <hi rendition="#fr">Portugall,</hi> weil aber dieſes den Spaniern ein Mittel<lb/> zu der Hollaͤnder Verderben ſchiene, ſo hoben ſie dieſes <hi rendition="#aq">Commercium</hi><lb/> auf, welches die Niederlaͤnder zu dem Entſchluß brachte, den Weg nach<lb/><hi rendition="#fr">Oſt- und Weſt-Jndien</hi> ſelbſt zu ſuchen, und richteten zu deſto beſſerer<lb/> Befoͤrderung dieſes Vorhabens 1602. die noch in Flor ſtehende <hi rendition="#fr">Oſt-Jn-<lb/> dianiſche</hi> Geſellſchafft auf, welche ſich auf viele hundert Meilen nunmehro<lb/> ausgebreitet. Die Spanier ſahen wohl, daß ſie nur dadurch uͤbel aͤrger<lb/> gemacht hatten, und machten 1609. einen <hi rendition="#fr">Stillſtand</hi> mit den vereinig-<lb/> ten Niederlanden auf 12. Jahr, welcher 1621. ſeine Endſchafft erreichte.<lb/> Waͤhrendem Stillſtande gab es allhier allerhand innerliche Unruhen, wozu<lb/> der Streit zwiſchen den <hi rendition="#fr">Arminianern</hi> und <hi rendition="#fr">Gemaniſten</hi> nicht wenig bey-<lb/> trug, in welchen Streitigkeiten der 72. jaͤhrige <hi rendition="#fr">Johann</hi> von <hi rendition="#fr">Oldenbarne-<lb/> veld</hi> als ein eifriger <hi rendition="#fr">Arminianer</hi> 1619. ſeinen Kopf verlohr.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Bingley.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Dieſer iſt meines Wiſſens derjenige, welcher dem Koͤnig Jacob, wie<lb/> oben gedacht worden, die Summe Geldes vor die zum Unterpfand geblie-<lb/> bene Feſtungen auszahlte, und zu dem Ende nach Engelland uͤbergieng.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Tulſching.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jhr habt Recht, <hi rendition="#aq">Mylord.</hi> Denn er wurde dahin geſendet, weil ge-<lb/> dachter <hi rendition="#fr">Jacob</hi> durch Antrieb eines unbedachtſamen Eigennutzes die Bezahlung<lb/> dieſes Geldes verlangte. Nach geendigtem Stillſtande 1621. hoͤrte auch<lb/> die aͤuſſerliche Ruhe auf, und der Krieg wurde von beyden Seiten mit groͤſtem<lb/> Eyfer fortgeſetzt. Hier ſah es vor dieſe Republick windig aus, denn der<lb/> Churfuͤrſt von der <hi rendition="#fr">Pfaltz</hi> und aufgeworfene <hi rendition="#fr">Koͤnig</hi> von <hi rendition="#fr">Boͤhmen, Frid-<lb/> rich der fuͤnfte</hi> wurde bey Prag auf dem weiſen Berge geſchlagen, <hi rendition="#fr">Koͤ-<lb/> nig Jacob</hi> hatte nicht <hi rendition="#fr">das Hertz</hi> den Degen zuziehen, und der <hi rendition="#fr">dreyſig-<lb/> jaͤhrige</hi> Krieg hatte ſeinen grauſamen Anfang genommen, daß alſo keine<lb/> Huͤlfe von den <hi rendition="#fr">Proteſtanten</hi> zu hoffen war. Printz <hi rendition="#fr">Moritz</hi> verlohr zu-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gleich</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [26/0036]
Tulſching.
Ja, dieſer iſt es, Mylord, die Gewogenheit aber gegen ihn hatte bey
ſeiner Abſendung nach Holland ſchon ziemlich abgenommen, weil er durch
den Grafen von Eſſex abgeſtochen worden war. Nach des Leiceſters
Abzug wurde der Sohn eines tapfern Vaters, der obengemeldete Moritz
in dem 22. Jahr ſeines Alters einmuͤthig zum Stadthalter angenommen,
welche hohe Wuͤrde er auch 38. Jahr mit einem unſterblichem Ruhme ver-
waltet hat. Seine Progreſſen waren erſtaunend, und er eroberte die be-
ſten Feſtungen mit ausnehmenden Gluͤck und Tapferkeit. Unter ihm fieng
die Handlung hauptſaͤchlich zu bluͤhen an. Denn die Hollaͤnder holten
ihre Waaren von Portugall, weil aber dieſes den Spaniern ein Mittel
zu der Hollaͤnder Verderben ſchiene, ſo hoben ſie dieſes Commercium
auf, welches die Niederlaͤnder zu dem Entſchluß brachte, den Weg nach
Oſt- und Weſt-Jndien ſelbſt zu ſuchen, und richteten zu deſto beſſerer
Befoͤrderung dieſes Vorhabens 1602. die noch in Flor ſtehende Oſt-Jn-
dianiſche Geſellſchafft auf, welche ſich auf viele hundert Meilen nunmehro
ausgebreitet. Die Spanier ſahen wohl, daß ſie nur dadurch uͤbel aͤrger
gemacht hatten, und machten 1609. einen Stillſtand mit den vereinig-
ten Niederlanden auf 12. Jahr, welcher 1621. ſeine Endſchafft erreichte.
Waͤhrendem Stillſtande gab es allhier allerhand innerliche Unruhen, wozu
der Streit zwiſchen den Arminianern und Gemaniſten nicht wenig bey-
trug, in welchen Streitigkeiten der 72. jaͤhrige Johann von Oldenbarne-
veld als ein eifriger Arminianer 1619. ſeinen Kopf verlohr.
Bingley.
Dieſer iſt meines Wiſſens derjenige, welcher dem Koͤnig Jacob, wie
oben gedacht worden, die Summe Geldes vor die zum Unterpfand geblie-
bene Feſtungen auszahlte, und zu dem Ende nach Engelland uͤbergieng.
Tulſching.
Jhr habt Recht, Mylord. Denn er wurde dahin geſendet, weil ge-
dachter Jacob durch Antrieb eines unbedachtſamen Eigennutzes die Bezahlung
dieſes Geldes verlangte. Nach geendigtem Stillſtande 1621. hoͤrte auch
die aͤuſſerliche Ruhe auf, und der Krieg wurde von beyden Seiten mit groͤſtem
Eyfer fortgeſetzt. Hier ſah es vor dieſe Republick windig aus, denn der
Churfuͤrſt von der Pfaltz und aufgeworfene Koͤnig von Boͤhmen, Frid-
rich der fuͤnfte wurde bey Prag auf dem weiſen Berge geſchlagen, Koͤ-
nig Jacob hatte nicht das Hertz den Degen zuziehen, und der dreyſig-
jaͤhrige Krieg hatte ſeinen grauſamen Anfang genommen, daß alſo keine
Huͤlfe von den Proteſtanten zu hoffen war. Printz Moritz verlohr zu-
gleich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |