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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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ses ärgerte ihn dermassen, daß er nicht allein in der Stille Amsterdam
überrumpeln wolte, welches aber durch den Hamburger Postilion ver-
rathen wurde, sondern auch sechs der vornehmsten unter den Widerspen-
stigen
auf die Festung Löwenstein setzen ließ, von welcher Passage die gan-
tze Sache unter dem Titel der Löwensteinischen Händel bekand ist. Er
erlangte auch in so weit Satisfaction, daß die sechs gefangene ihrer Bür-
germeister-
und anderer Stellen entsetzet wurden, endete aber kurtz darauf
im 24. Jahr seines Alters nicht ohne Verdacht beygebrachten Giffts sein
Leben. Nach seinem Tode wolten die vereinigten Niederlande von keinem
Stadthalter mehr wissen noch hören, und verschworen sich, künfftig hin
keinen mehr zu dieser Würde gelangen zu lassen.
Bingley.
Es hatte ja Wilhelm der II. einen Printzen hinterlassen, warum
wurde denn dieser nicht zu der Stadthalterschafft genommen?
Tulsching.
Diefer Printz ist der nachmahlige König von Engeland Wilhelm
der III. nnd kam erst acht Tage nach des Vaters Tode als der letzte
Reiß des Oranischen Stammes
auf die Welt, wurde aber auf das
boßhafftige Anstifften des Cromwels und aus Haß gegen des Printzens
höchstseel. Vater durch einen theuren Eyd auf ewig von der Stadthalter-
schafft ausgeschlossen. Dieses dauerte biß 1672. in welcher Zeit die Hol-
länder zweymahl Krieg
mit den Engelländern, und mit den Por-
tugiesen
und Schweden einmahl geführet, und fast allezeit die Ober-
hand behalten hatten.
Bingley.
Der Schwedische Krieg scheinet mir besonders merckwürdig, weil die
Holländer damahls die wanckende Crone Friederichs des III. Königs in
Dännemarck befestigten, und den von den Schweden versperrten Sund mit
ihren Schiffen durch eine rechtmäßige Gewalt öfneten. Welches gedach-
te Holländer noch in so frischem Andencken haben, daß sie dem Könige von
Dännemarck, wenn er ihnen die passage durch den Sund verweigern,
oder den Zoll erhöhen wollen, mehr als einmahl zur Antwort gegeben:
Sie hätten den Schlüssel zum Sunde noch, welchen sie 1658.
machen lassen.
Tulsching.
Mit dem 1672sten Jahre änderten sich die Umstände so entsetzlich, daß
der Printz Wilhelm zum Stadthalter wiewohl mit grossen Verdrießlich-
keiten erwehlet wurde. Der König von Franckreich Ludwig der XIV.
griff
ſes aͤrgerte ihn dermaſſen, daß er nicht allein in der Stille Amſterdam
uͤberrumpeln wolte, welches aber durch den Hamburger Poſtilion ver-
rathen wurde, ſondern auch ſechs der vornehmſten unter den Widerſpen-
ſtigen
auf die Feſtung Loͤwenſtein ſetzen ließ, von welcher Paſſage die gan-
tze Sache unter dem Titel der Loͤwenſteiniſchen Haͤndel bekand iſt. Er
erlangte auch in ſo weit Satisfaction, daß die ſechs gefangene ihrer Buͤr-
germeiſter-
und anderer Stellen entſetzet wurden, endete aber kurtz darauf
im 24. Jahr ſeines Alters nicht ohne Verdacht beygebrachten Giffts ſein
Leben. Nach ſeinem Tode wolten die vereinigten Niederlande von keinem
Stadthalter mehr wiſſen noch hoͤren, und verſchworen ſich, kuͤnfftig hin
keinen mehr zu dieſer Wuͤrde gelangen zu laſſen.
Bingley.
Es hatte ja Wilhelm der II. einen Printzen hinterlaſſen, warum
wurde denn dieſer nicht zu der Stadthalterſchafft genommen?
Tulſching.
Diefer Printz iſt der nachmahlige Koͤnig von Engeland Wilhelm
der III. nnd kam erſt acht Tage nach des Vaters Tode als der letzte
Reiß des Oraniſchen Stammes
auf die Welt, wurde aber auf das
boßhafftige Anſtifften des Cromwels und aus Haß gegen des Printzens
hoͤchſtſeel. Vater durch einen theuren Eyd auf ewig von der Stadthalter-
ſchafft ausgeſchloſſen. Dieſes dauerte biß 1672. in welcher Zeit die Hol-
laͤnder zweymahl Krieg
mit den Engellaͤndern, und mit den Por-
tugieſen
und Schweden einmahl gefuͤhret, und faſt allezeit die Ober-
hand behalten hatten.
Bingley.
Der Schwediſche Krieg ſcheinet mir beſonders merckwuͤrdig, weil die
Hollaͤnder damahls die wanckende Crone Friederichs des III. Koͤnigs in
Daͤnnemarck befeſtigten, und den von den Schweden verſperrten Sund mit
ihren Schiffen durch eine rechtmaͤßige Gewalt oͤfneten. Welches gedach-
te Hollaͤnder noch in ſo friſchem Andencken haben, daß ſie dem Koͤnige von
Daͤnnemarck, wenn er ihnen die paſſage durch den Sund verweigern,
oder den Zoll erhoͤhen wollen, mehr als einmahl zur Antwort gegeben:
Sie haͤtten den Schluͤſſel zum Sunde noch, welchen ſie 1658.
machen laſſen.
Tulſching.
Mit dem 1672ſten Jahre aͤnderten ſich die Umſtaͤnde ſo entſetzlich, daß
der Printz Wilhelm zum Stadthalter wiewohl mit groſſen Verdrießlich-
keiten erwehlet wurde. Der Koͤnig von Franckreich Ludwig der XIV.
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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/40>, abgerufen am 21.11.2024.