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Das Heller-Blatt. Nr. 11. Breslau, 15. März 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz]
Benares und seine Pagoden.

Benares, eine der größten ostindischen Städte,
der Sitz der indischen Gelehrsamkeit, mit 28,000 Häu-
sern, darunter viele 6 Stock hoch sind, und 580,000 Ein-
wohnern, ein wichtiger Handelsplatz und der berühm-
teste Wallfahrtsort der Hindus, wohin jährlich Hun-
derttausende von Pilgrimmen strömen, uralt, liegt in
einer schönen Ebene am 4 / 5 Stunden breiten Ganges,
und hat eine indische hohe Schule, die berühmteste in
ganz Hindostan, mit einer Sternwarte, 300 Lehrern
und 5000 Studenten, und wichtigen Schawls=, Jn-
digo-, Gold= und Silber=Fabriken. Die Häuser
sind in einem äußerst barocken, dem europäischen wenig
zusagenden Geschmacke gebaut, alle haben Terrassen
statt der Dächer, die Fenster sind nur schmal, aber um
jedes Stockwerk läuft ein niedlich gearbeiteter Kranz
von Schnitzwerk. Die besten Häuser stehen an den
Kaien längs dem Flusse, die beständig von einer zahl-
losen Menge Volkes bedeckt sind, das hier nicht allein
seinen Geschäften nachgeht, sondern auch in den Wellen
des Flusses täglich seine Bäder nimmt.

Am östlichen Ende der Stadt erhebt sich die Haupt-
Moschee der Muhamedaner, die man zur Rechten mit
ihren beiden Minarets und drei großartigen Kuppeln
aus dem reinsten, weißen Marmor erblickt. Nicht
weit davon ist auch eine indische Pagode zu sehen,
welche bedeutend aus ihrer senkrechten Stellung ge-
wichen ist, da der reißende Strom das Fundament
unterwaschen hat.

Chinesische Gesetzgebung.

Nichts zeigt uns den Unterschied zwischen Europa
und Asien so eindringlich, als die Gesetzgebung beider
Welttheile, die, in so verschiedene Unterabtheilungen
sie auch zerfällt, doch einander auf die sonderbarste Art
widerspricht. Wir wollen einige Gesetze des alten chi-
nesischen Reichs, bekanntlich eins der ersten, was die
Civilisation betrifft, hier der Merkwürdigkeit wegen
anführen.

"Wer die Pflichten gegen seine Eltern nicht erfüllt,
wer sich vor abgelaufener Trauerzeit verheirathet, wer
sich bei Lebzeiten der Eltern, ohne deren Erlaubniß, von
ihnen trennt, oder bald nach ihrem Tode Feste giebt,
oder sich einer falschen Anklage schuldig macht, wird
mit dem Tode bestraft;
einem partheiischen Rich-
ter, der von den einmal angenommenen Regeln, und
dem großen akademischen Wörterbuche abweicht, wird
dem Gesetz zufolge, der Kopf abgeschlagen. Je-
der, der die Gunst eines höhern Beamten sucht, und
derjenige, welcher einen solchen Schmeichler in den Be-
richten an den Kaiser lobt, fallen dem Gericht anheim.
Ergiebt sich bei der Untersuchung eine Gemeinschaft un-
[Spaltenumbruch] ter ihnen, so soll einem solchen gewissenlosen
Schmeichler der Kopf abgeschlagen,
seine Fa-
milie in die Sklaverei verkauft, sein Vermögen einge-
zogen werden. Zu Ende jedes Jahres müssen die hö-
hern Beamten ihre Untergebenen prüfen, wer in seinen
Kenntnissen, den Dienst betreffend, nicht fortgeschrit-
ten, der soll, falls er einen Rang hat, einen monatli-
chen Gehalt verlieren, die Ranglosen erhalten 40 Hiebe.
Ein verabschiedeter Beamter, welcher sich in Kron-
angelegenheiten mischt, erhält 80 Hiebe und muß zwei
Pfund Silber als Strafgeld entrichten. Ein Befehls-
haber, welcher Unwürdige, vorzugsweise vor Würdi-
gen, zu Rangklassen vorschlägt, erhält 80 Hiebe. Ein
Beamter, der sich persönlich an einen Ort begiebt, wo
ein Verbrechen begangen, statt denjenigen zu schicken,
welchem die Untersuchung obliegt, erhält 100 Hiebe.
Wer sein Amtsgeschäft aufschiebt, erhält für den er-
sten Tag 10 Hiebe und dann, nach Verhältniß stei-
gend, bis zu 80 Hieben. Ein Arzt, der ein Rezept
nicht richtig verschreibt, erhält 100 Hiebe. Wenn ein
Diener bei Zusammenkünften im Pallast Lärm macht,
und Unanständigkeiten begeht, erhält er 100 Hiebe und
sein Herr fünfzig. ( Probatum est. )

Die Musik der Neger.

Die Musik steht bei den Negern in großer Achtung,
und sie können sich eine Lustigkeit ohne jene nicht denken.
Jhre Jnstrumente bringen zwar größtentheils lärmende
Töne hervor, dach haben sie auch eine Art Guitarre,
welcher höchst sanfte Töne entquillen. Der Zwang,
worin sie das schöne Geschlecht halten, ist ohne Zweifel
Ursache, daß das Musiciren blos von Männern geübt
wird. Die Trommeln, deren sie sich bedienen, sind
von verschiedener Größe. Einige sind so groß, daß sie
entweder auf einem Gestell, ungefähr von der Gestalt
eines Sägebocks, liegen, oder auf dem Rücken eines
Andern vor demjenigen, der sie schlägt, getragen wer-
den; andere sind wieder viel kleiner. Sie bestehen aus
einem dünnen ausgehöhlten Stück Holz, sind mit
weißem Leder überzogen und mit Spannriemen versehen,
und werden mit Stöckchen geschlagen, die wie ein lan-
ger Hacken aussehn. Die Trommeln selbst sind gegen
das Ende spitziger, und einem schmalen Weinfäßchen
nicht unähnlich. Mit diesen Trommeln spielen sie nicht
allein die verschiedensten Stücke, sondern können sogar
in weiter Ferne ein ordentliches Gespräch mit einander
halten. Die Töne, die sie mit ihrem guitarren=ähn-
lichen Jnstrument hervorbringen, sind sehr angenehm.
Einsam in seiner Hütte, oder von Bäumen umschat-
tet, sitzt der Neger oft in der lauen Abendstunde und
spielt darauf, doch ohne Gesang. Das Jnstrument ist
sehr einfach und besteht aus einer Kalebasse, oder einem
großen ausgehöhlten Kürbis, wodurch eine Stange oder
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz]
Benares und seine Pagoden.

Benares, eine der größten ostindischen Städte,
der Sitz der indischen Gelehrsamkeit, mit 28,000 Häu-
sern, darunter viele 6 Stock hoch sind, und 580,000 Ein-
wohnern, ein wichtiger Handelsplatz und der berühm-
teste Wallfahrtsort der Hindus, wohin jährlich Hun-
derttausende von Pilgrimmen strömen, uralt, liegt in
einer schönen Ebene am 4 / 5 Stunden breiten Ganges,
und hat eine indische hohe Schule, die berühmteste in
ganz Hindostan, mit einer Sternwarte, 300 Lehrern
und 5000 Studenten, und wichtigen Schawls=, Jn-
digo-, Gold= und Silber=Fabriken. Die Häuser
sind in einem äußerst barocken, dem europäischen wenig
zusagenden Geschmacke gebaut, alle haben Terrassen
statt der Dächer, die Fenster sind nur schmal, aber um
jedes Stockwerk läuft ein niedlich gearbeiteter Kranz
von Schnitzwerk. Die besten Häuser stehen an den
Kaien längs dem Flusse, die beständig von einer zahl-
losen Menge Volkes bedeckt sind, das hier nicht allein
seinen Geschäften nachgeht, sondern auch in den Wellen
des Flusses täglich seine Bäder nimmt.

Am östlichen Ende der Stadt erhebt sich die Haupt-
Moschee der Muhamedaner, die man zur Rechten mit
ihren beiden Minarets und drei großartigen Kuppeln
aus dem reinsten, weißen Marmor erblickt. Nicht
weit davon ist auch eine indische Pagode zu sehen,
welche bedeutend aus ihrer senkrechten Stellung ge-
wichen ist, da der reißende Strom das Fundament
unterwaschen hat.

Chinesische Gesetzgebung.

Nichts zeigt uns den Unterschied zwischen Europa
und Asien so eindringlich, als die Gesetzgebung beider
Welttheile, die, in so verschiedene Unterabtheilungen
sie auch zerfällt, doch einander auf die sonderbarste Art
widerspricht. Wir wollen einige Gesetze des alten chi-
nesischen Reichs, bekanntlich eins der ersten, was die
Civilisation betrifft, hier der Merkwürdigkeit wegen
anführen.

„Wer die Pflichten gegen seine Eltern nicht erfüllt,
wer sich vor abgelaufener Trauerzeit verheirathet, wer
sich bei Lebzeiten der Eltern, ohne deren Erlaubniß, von
ihnen trennt, oder bald nach ihrem Tode Feste giebt,
oder sich einer falschen Anklage schuldig macht, wird
mit dem Tode bestraft;
einem partheiischen Rich-
ter, der von den einmal angenommenen Regeln, und
dem großen akademischen Wörterbuche abweicht, wird
dem Gesetz zufolge, der Kopf abgeschlagen. Je-
der, der die Gunst eines höhern Beamten sucht, und
derjenige, welcher einen solchen Schmeichler in den Be-
richten an den Kaiser lobt, fallen dem Gericht anheim.
Ergiebt sich bei der Untersuchung eine Gemeinschaft un-
[Spaltenumbruch] ter ihnen, so soll einem solchen gewissenlosen
Schmeichler der Kopf abgeschlagen,
seine Fa-
milie in die Sklaverei verkauft, sein Vermögen einge-
zogen werden. Zu Ende jedes Jahres müssen die hö-
hern Beamten ihre Untergebenen prüfen, wer in seinen
Kenntnissen, den Dienst betreffend, nicht fortgeschrit-
ten, der soll, falls er einen Rang hat, einen monatli-
chen Gehalt verlieren, die Ranglosen erhalten 40 Hiebe.
Ein verabschiedeter Beamter, welcher sich in Kron-
angelegenheiten mischt, erhält 80 Hiebe und muß zwei
Pfund Silber als Strafgeld entrichten. Ein Befehls-
haber, welcher Unwürdige, vorzugsweise vor Würdi-
gen, zu Rangklassen vorschlägt, erhält 80 Hiebe. Ein
Beamter, der sich persönlich an einen Ort begiebt, wo
ein Verbrechen begangen, statt denjenigen zu schicken,
welchem die Untersuchung obliegt, erhält 100 Hiebe.
Wer sein Amtsgeschäft aufschiebt, erhält für den er-
sten Tag 10 Hiebe und dann, nach Verhältniß stei-
gend, bis zu 80 Hieben. Ein Arzt, der ein Rezept
nicht richtig verschreibt, erhält 100 Hiebe. Wenn ein
Diener bei Zusammenkünften im Pallast Lärm macht,
und Unanständigkeiten begeht, erhält er 100 Hiebe und
sein Herr fünfzig. ( Probatum est. )

Die Musik der Neger.

Die Musik steht bei den Negern in großer Achtung,
und sie können sich eine Lustigkeit ohne jene nicht denken.
Jhre Jnstrumente bringen zwar größtentheils lärmende
Töne hervor, dach haben sie auch eine Art Guitarre,
welcher höchst sanfte Töne entquillen. Der Zwang,
worin sie das schöne Geschlecht halten, ist ohne Zweifel
Ursache, daß das Musiciren blos von Männern geübt
wird. Die Trommeln, deren sie sich bedienen, sind
von verschiedener Größe. Einige sind so groß, daß sie
entweder auf einem Gestell, ungefähr von der Gestalt
eines Sägebocks, liegen, oder auf dem Rücken eines
Andern vor demjenigen, der sie schlägt, getragen wer-
den; andere sind wieder viel kleiner. Sie bestehen aus
einem dünnen ausgehöhlten Stück Holz, sind mit
weißem Leder überzogen und mit Spannriemen versehen,
und werden mit Stöckchen geschlagen, die wie ein lan-
ger Hacken aussehn. Die Trommeln selbst sind gegen
das Ende spitziger, und einem schmalen Weinfäßchen
nicht unähnlich. Mit diesen Trommeln spielen sie nicht
allein die verschiedensten Stücke, sondern können sogar
in weiter Ferne ein ordentliches Gespräch mit einander
halten. Die Töne, die sie mit ihrem guitarren=ähn-
lichen Jnstrument hervorbringen, sind sehr angenehm.
Einsam in seiner Hütte, oder von Bäumen umschat-
tet, sitzt der Neger oft in der lauen Abendstunde und
spielt darauf, doch ohne Gesang. Das Jnstrument ist
sehr einfach und besteht aus einer Kalebasse, oder einem
großen ausgehöhlten Kürbis, wodurch eine Stange oder
[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 11. Breslau, 15. März 1834, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller11_1834/2>, abgerufen am 13.06.2024.