Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Heller-Blatt. Nr. 17. Breslau, 26. April 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] bleibt: 56 Stufen führen auf beiden Seiten auf die
30 Fuß über dem Wasserspiegel erhobene Brücke.
Dort legen alle Schiffe an, welche die Mundvorräthe
für die Stadt herbeiführen; deshalb ist auf und in der
Nähe der Brücke ein stets reger Verkehr. Von hier
aus kann man fast durch die ganze Stadt zu Fuße gehn,
weil an den Häusern und Kanälen schmale Straßen
fortlaufen, und eine Menge Brücken die verschiedenen
Jnseln verbinden. Der Bequemlichkeit halber bedient
man sich indeß der Gondeln. Dies sind kleine, schwarz
angestrichene, Fahrzeuge; sie lassen sich sehr leicht regie-
ren, und werden gewöhnlich von zwei Gondolirern ge-
fahren. Jeder derselben hat ein Ruder und weiß die
Gondel mit so vieler Geschicklichkeit und Schnelligkeit
zu regieren, daß sie, wenn sie einander begegnen, mit
der größten Geschwindigkeit bei ein ander vorbeischießen,
ohne sich zu berühren. Jn der Mitte der schwarzaus-
geschlagenen Gondel ist ein kleiner Verdeck, worinnen
4-6 Personen Raum haben, hinten ist eine bretterne
Wand, und auf beiden Seiten Schiebefenster. Die Sitze
sind niedrig und der Platz auf der linken Seite der vor-
nehmste, weil der vorderste Gondolirer auf der rechten
Seite steht, und also dem Platze die Aussicht benimmt.
Die Gondolirer der Privatpersonen tragen eine Art
Schifferkleidung, mit langen Pluderhosen, kurzer
Weste und runder Mütze von der Farbe der Livree ihres
Herrn, welche aber weder mit Gold noch mit Silber
besetzt seyn dürfen.



Ueber die sogenannte Hohldreherei.

Man versteht unter Hohldreherei ein in England
erfundenes Treiben auf der Drehbank. Es wird näm-
lich das Metall nicht mit scharfen Werkzeugen angegrif-
fen, und es fallen keine Spähne ab, sondern es werden
Blechstücke von verschiedener Dicke mit eigenthümlichen
stumpfen, polirten, stählernen Werkzeugen in hohle
Figuren verwandelt, welche die Oberfläche von Um-
drehungskörpern vorstellen. Jedes zu dem Treiben be-
nutzte Eisen ist eigentlich ein Polirstahl von einer beson-
dern Form, der dem sich schnell umdrehenden Gegen-
stande auf der Drehbank vorgehalten wird, wodurch
man das Metall wie einen zähen Teig zum Ausweichen
zwingt. Zuerst wird die verlangte Figur nach ihren
Hauptdimensionen und nach ihren stärksten Wendungen
in Holz gedreht, dann befestigt man den Mittelpunkt
der Blechplatte ( Messing, Kupfer, plattirtes Kupfer )
an das Ende der Umdrehungsaxe der hölzernen Figur,
die nun fernerhin als Dorn dient und über welche hin-
weg das Metall getrieben wird. Das Metall darf
während dieser Operation nie Falten bekommen, ob-
wohl es den Dorn bei weitem nicht überall berührt.
Darin liegt ein schwieriger Theil der Kunst, der viel
Uebung voraussetzt. Ueberdieß gehört zur Vollkom-
[Spaltenumbruch] menheit und ist manchmal unerläßliche Bedingung, daß
die Dicke des Metalls überall gleich sei. Deshalb muß
man den Theil der Operation, den man das Einziehen
nennt, vollkommen in seiner Gewalt haben. Die Ober-
fläche des Dorns hat nicht vollkommen die Gestalt, in
welche das Blech gebracht werden soll, und nützt haupt-
sächlich zur richtigen Einhaltung der Tiefe und der Un-
wandelbarkeit der Umdrehungsaxe. Müßte das Metall
überall bis zur Berührung mit dem Dorne gebracht
werden, so würde es in sehr vielen Fällen mehr Zeit und
Mühe kosten, denselben wieder herauszubringen, als
die ganze Hauptoperation der Herstellung der verlangten
Figur gekostet hatte. Man bringt deswegen das Me-
tall während des Fortganges der Arbeit nur an solchen
und so vielen Stellen zur Berührung, daß das Stück,
so wie es entsteht, blos festgehalten, ohne daß das
Herausnehmen des Dorns gehindert wird, daß also ge-
gen die Mündung, durch welche der Dorn heraustritt,
niemals ein kleinerer Kreis auf einen größern folgt.
So also kann zuletzt, wenn das Stück fertig ist, das
Metall etwa nur mit drei schmalen cylindrischen Strei-
fen den Dorn fest berühren, deren Durchmesser gegen
die Mündung hin wachsen, und an allen übrigen Stel-
len bleibt das Metall hohl. Die Mannigfaltigkeit der
Werkzeuge ist eben so mehr durch diesen angegebenen
Umstand, als durch die Verschiedenheit der zu erzeu-
genden Figuren bedingt.

Wenn das Treiben vollendet, so ist die Oberfläche
glanzlos und matt, es wird daher die Politur sogleich
wieder hergestellt, ehe man das Stück abnimmt; auch
wird zuvor der Rand der Mündung mit einem scharfen
Eisen beschnitten, oder eigentlich abgedreht. Wenn
das ursprüngliche ebene Blechstück nicht besonders dick,
oder von hartem Metall ist, so geht die Operation sehr
schnell vor sich. Man würde oft das nämliche Stück
mit dem Hammer auf gewöhnliche Weise nicht in einem
Tage herstellen können, was hier in einer Viertelstunde
fertig ist. Dazu kommt noch, daß viele Formen sich
mit dem Hammer nicht im Ganzen machen lassen, weil
man mit demselben nicht auf das hohle Metall schlagen
kann, sondern hinter demselben eine feste Unterlage ha-
ben muß. Die Hervorbringung der krummen Ober-
fläche mit dem Hammer geschieht eigentlich durch lau-
ter berührende Ebenen, und jeder einzelne Hammer-
streich läßt deswegen eine ebene Stelle zurück. Es
würden also unendlich viel Streiche dazu gehören, um
wirklich eine krumme Oberfläche zu erzeugen. Da nun
dieses nicht möglich ist, so entsteht zuerst durch das ge-
wöhnliche Treiben nur ein polyndrischer ( viereckiger )
Körper, der erst wieder nur auf der Drehbank in einen
runden verwandelt werden knan. Aber auf einer Seite
bleiben doch die Eindrücke des Hammers und das Me-
tall ist nicht von gleicher Dicke. Bei dem Treiben auf
der Drehbank aber wird die krumme Oberfläche sogleich
regelmäßig erzeugt. Der vorgehaltene Polirstahl hat
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] bleibt: 56 Stufen führen auf beiden Seiten auf die
30 Fuß über dem Wasserspiegel erhobene Brücke.
Dort legen alle Schiffe an, welche die Mundvorräthe
für die Stadt herbeiführen; deshalb ist auf und in der
Nähe der Brücke ein stets reger Verkehr. Von hier
aus kann man fast durch die ganze Stadt zu Fuße gehn,
weil an den Häusern und Kanälen schmale Straßen
fortlaufen, und eine Menge Brücken die verschiedenen
Jnseln verbinden. Der Bequemlichkeit halber bedient
man sich indeß der Gondeln. Dies sind kleine, schwarz
angestrichene, Fahrzeuge; sie lassen sich sehr leicht regie-
ren, und werden gewöhnlich von zwei Gondolirern ge-
fahren. Jeder derselben hat ein Ruder und weiß die
Gondel mit so vieler Geschicklichkeit und Schnelligkeit
zu regieren, daß sie, wenn sie einander begegnen, mit
der größten Geschwindigkeit bei ein ander vorbeischießen,
ohne sich zu berühren. Jn der Mitte der schwarzaus-
geschlagenen Gondel ist ein kleiner Verdeck, worinnen
4–6 Personen Raum haben, hinten ist eine bretterne
Wand, und auf beiden Seiten Schiebefenster. Die Sitze
sind niedrig und der Platz auf der linken Seite der vor-
nehmste, weil der vorderste Gondolirer auf der rechten
Seite steht, und also dem Platze die Aussicht benimmt.
Die Gondolirer der Privatpersonen tragen eine Art
Schifferkleidung, mit langen Pluderhosen, kurzer
Weste und runder Mütze von der Farbe der Livree ihres
Herrn, welche aber weder mit Gold noch mit Silber
besetzt seyn dürfen.



Ueber die sogenannte Hohldreherei.

Man versteht unter Hohldreherei ein in England
erfundenes Treiben auf der Drehbank. Es wird näm-
lich das Metall nicht mit scharfen Werkzeugen angegrif-
fen, und es fallen keine Spähne ab, sondern es werden
Blechstücke von verschiedener Dicke mit eigenthümlichen
stumpfen, polirten, stählernen Werkzeugen in hohle
Figuren verwandelt, welche die Oberfläche von Um-
drehungskörpern vorstellen. Jedes zu dem Treiben be-
nutzte Eisen ist eigentlich ein Polirstahl von einer beson-
dern Form, der dem sich schnell umdrehenden Gegen-
stande auf der Drehbank vorgehalten wird, wodurch
man das Metall wie einen zähen Teig zum Ausweichen
zwingt. Zuerst wird die verlangte Figur nach ihren
Hauptdimensionen und nach ihren stärksten Wendungen
in Holz gedreht, dann befestigt man den Mittelpunkt
der Blechplatte ( Messing, Kupfer, plattirtes Kupfer )
an das Ende der Umdrehungsaxe der hölzernen Figur,
die nun fernerhin als Dorn dient und über welche hin-
weg das Metall getrieben wird. Das Metall darf
während dieser Operation nie Falten bekommen, ob-
wohl es den Dorn bei weitem nicht überall berührt.
Darin liegt ein schwieriger Theil der Kunst, der viel
Uebung voraussetzt. Ueberdieß gehört zur Vollkom-
[Spaltenumbruch] menheit und ist manchmal unerläßliche Bedingung, daß
die Dicke des Metalls überall gleich sei. Deshalb muß
man den Theil der Operation, den man das Einziehen
nennt, vollkommen in seiner Gewalt haben. Die Ober-
fläche des Dorns hat nicht vollkommen die Gestalt, in
welche das Blech gebracht werden soll, und nützt haupt-
sächlich zur richtigen Einhaltung der Tiefe und der Un-
wandelbarkeit der Umdrehungsaxe. Müßte das Metall
überall bis zur Berührung mit dem Dorne gebracht
werden, so würde es in sehr vielen Fällen mehr Zeit und
Mühe kosten, denselben wieder herauszubringen, als
die ganze Hauptoperation der Herstellung der verlangten
Figur gekostet hatte. Man bringt deswegen das Me-
tall während des Fortganges der Arbeit nur an solchen
und so vielen Stellen zur Berührung, daß das Stück,
so wie es entsteht, blos festgehalten, ohne daß das
Herausnehmen des Dorns gehindert wird, daß also ge-
gen die Mündung, durch welche der Dorn heraustritt,
niemals ein kleinerer Kreis auf einen größern folgt.
So also kann zuletzt, wenn das Stück fertig ist, das
Metall etwa nur mit drei schmalen cylindrischen Strei-
fen den Dorn fest berühren, deren Durchmesser gegen
die Mündung hin wachsen, und an allen übrigen Stel-
len bleibt das Metall hohl. Die Mannigfaltigkeit der
Werkzeuge ist eben so mehr durch diesen angegebenen
Umstand, als durch die Verschiedenheit der zu erzeu-
genden Figuren bedingt.

Wenn das Treiben vollendet, so ist die Oberfläche
glanzlos und matt, es wird daher die Politur sogleich
wieder hergestellt, ehe man das Stück abnimmt; auch
wird zuvor der Rand der Mündung mit einem scharfen
Eisen beschnitten, oder eigentlich abgedreht. Wenn
das ursprüngliche ebene Blechstück nicht besonders dick,
oder von hartem Metall ist, so geht die Operation sehr
schnell vor sich. Man würde oft das nämliche Stück
mit dem Hammer auf gewöhnliche Weise nicht in einem
Tage herstellen können, was hier in einer Viertelstunde
fertig ist. Dazu kommt noch, daß viele Formen sich
mit dem Hammer nicht im Ganzen machen lassen, weil
man mit demselben nicht auf das hohle Metall schlagen
kann, sondern hinter demselben eine feste Unterlage ha-
ben muß. Die Hervorbringung der krummen Ober-
fläche mit dem Hammer geschieht eigentlich durch lau-
ter berührende Ebenen, und jeder einzelne Hammer-
streich läßt deswegen eine ebene Stelle zurück. Es
würden also unendlich viel Streiche dazu gehören, um
wirklich eine krumme Oberfläche zu erzeugen. Da nun
dieses nicht möglich ist, so entsteht zuerst durch das ge-
wöhnliche Treiben nur ein polyndrischer ( viereckiger )
Körper, der erst wieder nur auf der Drehbank in einen
runden verwandelt werden knan. Aber auf einer Seite
bleiben doch die Eindrücke des Hammers und das Me-
tall ist nicht von gleicher Dicke. Bei dem Treiben auf
der Drehbank aber wird die krumme Oberfläche sogleich
regelmäßig erzeugt. Der vorgehaltene Polirstahl hat
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="130"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi></fw><cb type="start"/>
bleibt: 56 Stufen führen auf beiden Seiten auf die<lb/>
30 Fuß über dem Wasserspiegel erhobene Brücke.<lb/>
Dort legen alle Schiffe an, welche die Mundvorräthe<lb/>
für die Stadt herbeiführen; deshalb ist auf und in der<lb/>
Nähe der Brücke ein stets reger Verkehr. Von hier<lb/>
aus kann man fast durch die ganze Stadt zu Fuße gehn,<lb/>
weil an den Häusern und Kanälen schmale Straßen<lb/>
fortlaufen, und eine Menge Brücken die verschiedenen<lb/>
Jnseln verbinden. Der Bequemlichkeit halber bedient<lb/>
man sich indeß der Gondeln. Dies sind kleine, schwarz<lb/>
angestrichene, Fahrzeuge; sie lassen sich sehr leicht regie-<lb/>
ren, und werden gewöhnlich von zwei Gondolirern ge-<lb/>
fahren. Jeder derselben hat ein Ruder und weiß die<lb/>
Gondel mit so vieler Geschicklichkeit und Schnelligkeit<lb/>
zu regieren, daß sie, wenn sie einander begegnen, mit<lb/>
der größten Geschwindigkeit bei ein ander vorbeischießen,<lb/>
ohne sich zu berühren. Jn der Mitte der schwarzaus-<lb/>
geschlagenen Gondel ist ein kleiner Verdeck, worinnen<lb/>
4&#x2013;6 Personen Raum haben, hinten ist eine bretterne<lb/>
Wand, und auf beiden Seiten Schiebefenster. Die Sitze<lb/>
sind niedrig und der Platz auf der linken Seite der vor-<lb/>
nehmste, weil der vorderste Gondolirer auf der rechten<lb/>
Seite steht, und also dem Platze die Aussicht benimmt.<lb/>
Die Gondolirer der Privatpersonen tragen eine Art<lb/>
Schifferkleidung, mit langen Pluderhosen, kurzer<lb/>
Weste und runder Mütze von der Farbe der Livree ihres<lb/>
Herrn, welche aber weder mit Gold noch mit Silber<lb/>
besetzt seyn dürfen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ueber die sogenannte Hohldreherei</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Man versteht unter Hohldreherei ein in England<lb/>
erfundenes Treiben auf der Drehbank. Es wird näm-<lb/>
lich das Metall nicht mit scharfen Werkzeugen angegrif-<lb/>
fen, und es fallen keine Spähne ab, sondern es werden<lb/>
Blechstücke von verschiedener Dicke mit eigenthümlichen<lb/>
stumpfen, polirten, stählernen Werkzeugen in hohle<lb/>
Figuren verwandelt, welche die Oberfläche von Um-<lb/>
drehungskörpern vorstellen. Jedes zu dem Treiben be-<lb/>
nutzte Eisen ist eigentlich ein Polirstahl von einer beson-<lb/>
dern Form, der dem sich schnell umdrehenden Gegen-<lb/>
stande auf der Drehbank vorgehalten wird, wodurch<lb/>
man das Metall wie einen zähen Teig zum Ausweichen<lb/>
zwingt. Zuerst wird die verlangte Figur nach ihren<lb/>
Hauptdimensionen und nach ihren stärksten Wendungen<lb/>
in Holz gedreht, dann befestigt man den Mittelpunkt<lb/>
der Blechplatte ( Messing, Kupfer, plattirtes Kupfer <choice><abbr>ec.</abbr></choice> )<lb/>
an das Ende der Umdrehungsaxe der hölzernen Figur,<lb/>
die nun fernerhin als Dorn dient und über welche hin-<lb/>
weg das Metall getrieben wird. Das Metall darf<lb/>
während dieser Operation nie Falten bekommen, ob-<lb/>
wohl es den Dorn bei weitem nicht überall berührt.<lb/>
Darin liegt ein schwieriger Theil der Kunst, der viel<lb/>
Uebung voraussetzt. Ueberdieß gehört zur Vollkom-<lb/><cb n="2"/>
menheit und ist manchmal unerläßliche Bedingung, daß<lb/>
die Dicke des Metalls überall gleich sei. Deshalb muß<lb/>
man den Theil der Operation, den man das Einziehen<lb/>
nennt, vollkommen in seiner Gewalt haben. Die Ober-<lb/>
fläche des Dorns hat nicht vollkommen die Gestalt, in<lb/>
welche das Blech gebracht werden soll, und nützt haupt-<lb/>
sächlich zur richtigen Einhaltung der Tiefe und der Un-<lb/>
wandelbarkeit der Umdrehungsaxe. Müßte das Metall<lb/>
überall bis zur Berührung mit dem Dorne gebracht<lb/>
werden, so würde es in sehr vielen Fällen mehr Zeit und<lb/>
Mühe kosten, denselben wieder herauszubringen, als<lb/>
die ganze Hauptoperation der Herstellung der verlangten<lb/>
Figur gekostet hatte. Man bringt deswegen das Me-<lb/>
tall während des Fortganges der Arbeit nur an solchen<lb/>
und so vielen Stellen zur Berührung, daß das Stück,<lb/>
so wie es entsteht, blos festgehalten, ohne daß das<lb/>
Herausnehmen des Dorns gehindert wird, daß also ge-<lb/>
gen die Mündung, durch welche der Dorn heraustritt,<lb/>
niemals ein kleinerer Kreis auf einen größern folgt.<lb/>
So also kann zuletzt, wenn das Stück fertig ist, das<lb/>
Metall etwa nur mit drei schmalen cylindrischen Strei-<lb/>
fen den Dorn fest berühren, deren Durchmesser gegen<lb/>
die Mündung hin wachsen, und an allen übrigen Stel-<lb/>
len bleibt das Metall hohl. Die Mannigfaltigkeit der<lb/>
Werkzeuge ist eben so mehr durch diesen angegebenen<lb/>
Umstand, als durch die Verschiedenheit der zu erzeu-<lb/>
genden Figuren bedingt.</p><lb/>
        <p>Wenn das Treiben vollendet, so ist die Oberfläche<lb/>
glanzlos und matt, es wird daher die Politur sogleich<lb/>
wieder hergestellt, ehe man das Stück abnimmt; auch<lb/>
wird zuvor der Rand der Mündung mit einem scharfen<lb/>
Eisen beschnitten, oder eigentlich abgedreht. Wenn<lb/>
das ursprüngliche ebene Blechstück nicht besonders dick,<lb/>
oder von hartem Metall ist, so geht die Operation sehr<lb/>
schnell vor sich. Man würde oft das nämliche Stück<lb/>
mit dem Hammer auf gewöhnliche Weise nicht in einem<lb/>
Tage herstellen können, was hier in einer Viertelstunde<lb/>
fertig ist. Dazu kommt noch, daß viele Formen sich<lb/>
mit dem Hammer nicht im Ganzen machen lassen, weil<lb/>
man mit demselben nicht auf das hohle Metall schlagen<lb/>
kann, sondern hinter demselben eine feste Unterlage ha-<lb/>
ben muß. Die Hervorbringung der krummen Ober-<lb/>
fläche mit dem Hammer geschieht eigentlich durch lau-<lb/>
ter berührende Ebenen, und jeder einzelne Hammer-<lb/>
streich läßt deswegen eine ebene Stelle zurück. Es<lb/>
würden also unendlich viel Streiche dazu gehören, um<lb/>
wirklich eine krumme Oberfläche zu erzeugen. Da nun<lb/>
dieses nicht möglich ist, so entsteht zuerst durch das ge-<lb/>
wöhnliche Treiben nur ein polyndrischer ( viereckiger )<lb/>
Körper, der erst wieder nur auf der Drehbank in einen<lb/>
runden verwandelt werden knan. Aber auf einer Seite<lb/>
bleiben doch die Eindrücke des Hammers und das Me-<lb/>
tall ist nicht von gleicher Dicke. Bei dem Treiben auf<lb/>
der Drehbank aber wird die krumme Oberfläche sogleich<lb/>
regelmäßig erzeugt. Der vorgehaltene Polirstahl hat<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0002] Das Heller=Blatt. bleibt: 56 Stufen führen auf beiden Seiten auf die 30 Fuß über dem Wasserspiegel erhobene Brücke. Dort legen alle Schiffe an, welche die Mundvorräthe für die Stadt herbeiführen; deshalb ist auf und in der Nähe der Brücke ein stets reger Verkehr. Von hier aus kann man fast durch die ganze Stadt zu Fuße gehn, weil an den Häusern und Kanälen schmale Straßen fortlaufen, und eine Menge Brücken die verschiedenen Jnseln verbinden. Der Bequemlichkeit halber bedient man sich indeß der Gondeln. Dies sind kleine, schwarz angestrichene, Fahrzeuge; sie lassen sich sehr leicht regie- ren, und werden gewöhnlich von zwei Gondolirern ge- fahren. Jeder derselben hat ein Ruder und weiß die Gondel mit so vieler Geschicklichkeit und Schnelligkeit zu regieren, daß sie, wenn sie einander begegnen, mit der größten Geschwindigkeit bei ein ander vorbeischießen, ohne sich zu berühren. Jn der Mitte der schwarzaus- geschlagenen Gondel ist ein kleiner Verdeck, worinnen 4–6 Personen Raum haben, hinten ist eine bretterne Wand, und auf beiden Seiten Schiebefenster. Die Sitze sind niedrig und der Platz auf der linken Seite der vor- nehmste, weil der vorderste Gondolirer auf der rechten Seite steht, und also dem Platze die Aussicht benimmt. Die Gondolirer der Privatpersonen tragen eine Art Schifferkleidung, mit langen Pluderhosen, kurzer Weste und runder Mütze von der Farbe der Livree ihres Herrn, welche aber weder mit Gold noch mit Silber besetzt seyn dürfen. Ueber die sogenannte Hohldreherei. Man versteht unter Hohldreherei ein in England erfundenes Treiben auf der Drehbank. Es wird näm- lich das Metall nicht mit scharfen Werkzeugen angegrif- fen, und es fallen keine Spähne ab, sondern es werden Blechstücke von verschiedener Dicke mit eigenthümlichen stumpfen, polirten, stählernen Werkzeugen in hohle Figuren verwandelt, welche die Oberfläche von Um- drehungskörpern vorstellen. Jedes zu dem Treiben be- nutzte Eisen ist eigentlich ein Polirstahl von einer beson- dern Form, der dem sich schnell umdrehenden Gegen- stande auf der Drehbank vorgehalten wird, wodurch man das Metall wie einen zähen Teig zum Ausweichen zwingt. Zuerst wird die verlangte Figur nach ihren Hauptdimensionen und nach ihren stärksten Wendungen in Holz gedreht, dann befestigt man den Mittelpunkt der Blechplatte ( Messing, Kupfer, plattirtes Kupfer ) an das Ende der Umdrehungsaxe der hölzernen Figur, die nun fernerhin als Dorn dient und über welche hin- weg das Metall getrieben wird. Das Metall darf während dieser Operation nie Falten bekommen, ob- wohl es den Dorn bei weitem nicht überall berührt. Darin liegt ein schwieriger Theil der Kunst, der viel Uebung voraussetzt. Ueberdieß gehört zur Vollkom- menheit und ist manchmal unerläßliche Bedingung, daß die Dicke des Metalls überall gleich sei. Deshalb muß man den Theil der Operation, den man das Einziehen nennt, vollkommen in seiner Gewalt haben. Die Ober- fläche des Dorns hat nicht vollkommen die Gestalt, in welche das Blech gebracht werden soll, und nützt haupt- sächlich zur richtigen Einhaltung der Tiefe und der Un- wandelbarkeit der Umdrehungsaxe. Müßte das Metall überall bis zur Berührung mit dem Dorne gebracht werden, so würde es in sehr vielen Fällen mehr Zeit und Mühe kosten, denselben wieder herauszubringen, als die ganze Hauptoperation der Herstellung der verlangten Figur gekostet hatte. Man bringt deswegen das Me- tall während des Fortganges der Arbeit nur an solchen und so vielen Stellen zur Berührung, daß das Stück, so wie es entsteht, blos festgehalten, ohne daß das Herausnehmen des Dorns gehindert wird, daß also ge- gen die Mündung, durch welche der Dorn heraustritt, niemals ein kleinerer Kreis auf einen größern folgt. So also kann zuletzt, wenn das Stück fertig ist, das Metall etwa nur mit drei schmalen cylindrischen Strei- fen den Dorn fest berühren, deren Durchmesser gegen die Mündung hin wachsen, und an allen übrigen Stel- len bleibt das Metall hohl. Die Mannigfaltigkeit der Werkzeuge ist eben so mehr durch diesen angegebenen Umstand, als durch die Verschiedenheit der zu erzeu- genden Figuren bedingt. Wenn das Treiben vollendet, so ist die Oberfläche glanzlos und matt, es wird daher die Politur sogleich wieder hergestellt, ehe man das Stück abnimmt; auch wird zuvor der Rand der Mündung mit einem scharfen Eisen beschnitten, oder eigentlich abgedreht. Wenn das ursprüngliche ebene Blechstück nicht besonders dick, oder von hartem Metall ist, so geht die Operation sehr schnell vor sich. Man würde oft das nämliche Stück mit dem Hammer auf gewöhnliche Weise nicht in einem Tage herstellen können, was hier in einer Viertelstunde fertig ist. Dazu kommt noch, daß viele Formen sich mit dem Hammer nicht im Ganzen machen lassen, weil man mit demselben nicht auf das hohle Metall schlagen kann, sondern hinter demselben eine feste Unterlage ha- ben muß. Die Hervorbringung der krummen Ober- fläche mit dem Hammer geschieht eigentlich durch lau- ter berührende Ebenen, und jeder einzelne Hammer- streich läßt deswegen eine ebene Stelle zurück. Es würden also unendlich viel Streiche dazu gehören, um wirklich eine krumme Oberfläche zu erzeugen. Da nun dieses nicht möglich ist, so entsteht zuerst durch das ge- wöhnliche Treiben nur ein polyndrischer ( viereckiger ) Körper, der erst wieder nur auf der Drehbank in einen runden verwandelt werden knan. Aber auf einer Seite bleiben doch die Eindrücke des Hammers und das Me- tall ist nicht von gleicher Dicke. Bei dem Treiben auf der Drehbank aber wird die krumme Oberfläche sogleich regelmäßig erzeugt. Der vorgehaltene Polirstahl hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller17_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller17_1834/2
Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 17. Breslau, 26. April 1834, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller17_1834/2>, abgerufen am 21.11.2024.