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Das Heller-Blatt. Nr. 33. Breslau, 16. August 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Capello und Puff=Adder zeigen, sind erstaunungs-
würdig. Aber es ist noch schrecklicher, den Schlangen-
Jäger zu sehn, wie er seinen nackten Fuß auf den Kopf
einer lebendigen Cobra stützt, aus ihren Rachen den
kleinen Sack nimmt, der das Gift enthält, und den
Jnhalt einschlürft, wie es in Europa die Kinder mit
den Honigbläschen einer Biene machen. Durch das
Verschlingen dieses Giftes glauben sie sich vor den ge-
fährlichen Folgen derselben Substanz, wenn sie in's
Blut kommt, zu schützen.



Der beste Saame für Obstbäume.

Zur Besaamung der Baumschulen sind jene Obst-
kerne am besten, die aus erfrornen und dann verfaul-
ten Obste hervorkommen; sie keimen viel eher, und
treiben stärkere Stämmchen, als andere Obstkerne.
Der Apfelstamm wird am stärksten und kräftigsten auf-
wachsen, welcher aus einem Kerne entsprossen ist, der
mit dem Apfel zugleich der Erde anvertraut wurde.
Es versteht sich von selbst, daß der eingesetzte Apfel
auf dem Baume reif geworden und vollkommen gesund
seyn muß.

So ist es wenigstens der Natur gemäß, und diese
geht immer die besten Wege. Ganze Aepfel zu
nehmen, möchte am Besten seyn, denn wahrscheinlich
geben die gährenden Theile derselben dem Keime die
beste Nahrung bei seinem Entstehen, wie die Mutter-
milch dem Kinde.



Die Cochenille.

Das Bild zeigt uns die Cochenille, jenes Thier-
chen, das uns die prächtige Carminfarbe liefert, welche
der Maler und der Färber so nothwendig braucht.

Die Cochenille ist eine Art Schildlaus, mit einem
sehr kleinen Saugestachel an der Brust, kurzen geglie-
derten Fühlhörnern und 6 Gangfüßen. Das Weibchen
ist ausgewachsen so groß, wie eine kleine Erbse, dick
und schwerförmig und stets ohne Flügel; hingegen ist
das noch kleinere Männchen ein lebhaftes Thier mit
zwei Flügeln und zwei langen Borsten am Hinterleibe.
Man unterscheidet zwei Arten von Cochenille, eine feine
oder gewöhnlich künstlich unterhaltene und eine wilde.
Letztere ist nicht so groß, der Körper am Rande mit
Haaren besetzt und ganz mit einem seidenartigen Ueber-
zuge bedeckt. Die feine Cochenille wird blos in Mexiko
und zwar auf einer Pflanze ( Cactus opuntia ) gezogen,
deren Säften man die rothe Farbe des Jnsekts zu-
schreibt ( siehe die Abbildung ) . Diese Pflanze wird
auch bei uns häufig in Töpfen unterhalten. Jhre
Blätter, von denen immer eins aus dem andern sproßt,
[Spaltenumbruch] bestehen aus einer eirunden, fleischigen Masse, die beim
Zerschneiden sehr saftig ist. Auf der Oberfläche finden
sich hier und da Knoten mit längern oder kürzern Sta-
cheln besetzt. Die Blüthen kommen aus den Seiten
der Glieder hervor und sind gelb; die Frucht ist eine
einzellige, vielsaamige Beere von rother Farbe.

Um die Cochenille zu ziehen, unterhält man in
den Feldern von Oaxaca und Guanaxuato, kleine Cak-
tuspflanzungen, in welchen man das Unkraut immer
sorgfältig ausjätet. Jn der Mitte des Octobers, bei
der Rückkehr der schönen Jahreszeit, bringt man kleine,
aus den Fasern der Palmblattstiele bereitete Nester
zwischen die Blätter der Büsche. Jn jedes dieser Ne-
ster legt man nun 10 - 12 Weibchen. Bald darauf
brechen die Jungen hervor, und bevölkern die Caktus-
pflanzung, indem sie sich vermittelst ihres Saugesta-
chels an den Blättern festsaugen. Haben sie sich ein-
mal angesogen, so dürfen sie nicht losgerissen werden,
weil sonst der in der Pflanze steckende Rüssel abreißt,
welches ihren Tod zur Folge hat.

Unter die Merkwürdigkeiten der Erziehung der
Cochenille gehört ihr künstliches Wandern, welches in
der Gegend der Stadt Oaxato statt findet. Da es vom
Mai bis zum October regnet, auf dem nahen Gebirge
aber nur vom December bis zum April, so trägt man
die Cochenillenmütter in Körben, schichtweise mit Palm-
blättern bedeckt, auf das Gebirge, von wo sie erst wie-
der kurz vor Beginn der Regenzeit in die untern Ge-
genden zurückgetragen werden.

Das Verhältniß der Weibchen gegen die Männ-
chen ist wie 300 zu 1; letztere können beim Einsam-
meln nicht in Betracht kommen, da ihr kleiner beflü-
gelter Körper gleichsam von selbst nach der Begattung
vergeht. Die Weibchen hingegen, welche ihre Gestalt
nie wie die Männchen verändern, häuten sich vor dem
Eierlegen und selbst diese Häute werden zum Färbestoff
eingesammelt. Man fegt sie sanft mit eignen Wedeln
von Kaninchenhaaren von den Caktusblättern ab.

Das Einsammeln geschieht vom December bis
Mai und zwar zu dreien Malen. Man schüttet sie in
Körbe oder Pfannen und gießt kochendes Wasser dar-
über, oder man tödtet sie auch in heißen Oefen. Durch
den Tod verliert das Thier zwei Drittel oder drei Vier-
tel seines Gewichts.

Es werden jährlich bis 1,000,000 Pfd. Cochenille
nach Europa gebracht und für 10 - 12,000,000 Thlr.
verkauft.

Der Gebrauch der Cochenille zum Färben ist bei
den Jndianern uralt. Bereits im 17ten Jahrhundert
verdrängte die durch den Saft der Cochenille hauptsäch-
lich bewirkte Scharlachfarbe und das Purpurblan die
Purpurfarbe der Alten, welche die Phönizier zuerst aus
dem Saft der Purpurschnecke bereiteten, weil das Feuer
der letztern Farbe von dem Feuer der aus der Coche-
nille bereiteten Farben bei weitem übertroffen wurde.

[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Capello und Puff=Adder zeigen, sind erstaunungs-
würdig. Aber es ist noch schrecklicher, den Schlangen-
Jäger zu sehn, wie er seinen nackten Fuß auf den Kopf
einer lebendigen Cobra stützt, aus ihren Rachen den
kleinen Sack nimmt, der das Gift enthält, und den
Jnhalt einschlürft, wie es in Europa die Kinder mit
den Honigbläschen einer Biene machen. Durch das
Verschlingen dieses Giftes glauben sie sich vor den ge-
fährlichen Folgen derselben Substanz, wenn sie in's
Blut kommt, zu schützen.



Der beste Saame für Obstbäume.

Zur Besaamung der Baumschulen sind jene Obst-
kerne am besten, die aus erfrornen und dann verfaul-
ten Obste hervorkommen; sie keimen viel eher, und
treiben stärkere Stämmchen, als andere Obstkerne.
Der Apfelstamm wird am stärksten und kräftigsten auf-
wachsen, welcher aus einem Kerne entsprossen ist, der
mit dem Apfel zugleich der Erde anvertraut wurde.
Es versteht sich von selbst, daß der eingesetzte Apfel
auf dem Baume reif geworden und vollkommen gesund
seyn muß.

So ist es wenigstens der Natur gemäß, und diese
geht immer die besten Wege. Ganze Aepfel zu
nehmen, möchte am Besten seyn, denn wahrscheinlich
geben die gährenden Theile derselben dem Keime die
beste Nahrung bei seinem Entstehen, wie die Mutter-
milch dem Kinde.



Die Cochenille.

Das Bild zeigt uns die Cochenille, jenes Thier-
chen, das uns die prächtige Carminfarbe liefert, welche
der Maler und der Färber so nothwendig braucht.

Die Cochenille ist eine Art Schildlaus, mit einem
sehr kleinen Saugestachel an der Brust, kurzen geglie-
derten Fühlhörnern und 6 Gangfüßen. Das Weibchen
ist ausgewachsen so groß, wie eine kleine Erbse, dick
und schwerförmig und stets ohne Flügel; hingegen ist
das noch kleinere Männchen ein lebhaftes Thier mit
zwei Flügeln und zwei langen Borsten am Hinterleibe.
Man unterscheidet zwei Arten von Cochenille, eine feine
oder gewöhnlich künstlich unterhaltene und eine wilde.
Letztere ist nicht so groß, der Körper am Rande mit
Haaren besetzt und ganz mit einem seidenartigen Ueber-
zuge bedeckt. Die feine Cochenille wird blos in Mexiko
und zwar auf einer Pflanze ( Cactus opuntia ) gezogen,
deren Säften man die rothe Farbe des Jnsekts zu-
schreibt ( siehe die Abbildung ) . Diese Pflanze wird
auch bei uns häufig in Töpfen unterhalten. Jhre
Blätter, von denen immer eins aus dem andern sproßt,
[Spaltenumbruch] bestehen aus einer eirunden, fleischigen Masse, die beim
Zerschneiden sehr saftig ist. Auf der Oberfläche finden
sich hier und da Knoten mit längern oder kürzern Sta-
cheln besetzt. Die Blüthen kommen aus den Seiten
der Glieder hervor und sind gelb; die Frucht ist eine
einzellige, vielsaamige Beere von rother Farbe.

Um die Cochenille zu ziehen, unterhält man in
den Feldern von Oaxaca und Guanaxuato, kleine Cak-
tuspflanzungen, in welchen man das Unkraut immer
sorgfältig ausjätet. Jn der Mitte des Octobers, bei
der Rückkehr der schönen Jahreszeit, bringt man kleine,
aus den Fasern der Palmblattstiele bereitete Nester
zwischen die Blätter der Büsche. Jn jedes dieser Ne-
ster legt man nun 10 – 12 Weibchen. Bald darauf
brechen die Jungen hervor, und bevölkern die Caktus-
pflanzung, indem sie sich vermittelst ihres Saugesta-
chels an den Blättern festsaugen. Haben sie sich ein-
mal angesogen, so dürfen sie nicht losgerissen werden,
weil sonst der in der Pflanze steckende Rüssel abreißt,
welches ihren Tod zur Folge hat.

Unter die Merkwürdigkeiten der Erziehung der
Cochenille gehört ihr künstliches Wandern, welches in
der Gegend der Stadt Oaxato statt findet. Da es vom
Mai bis zum October regnet, auf dem nahen Gebirge
aber nur vom December bis zum April, so trägt man
die Cochenillenmütter in Körben, schichtweise mit Palm-
blättern bedeckt, auf das Gebirge, von wo sie erst wie-
der kurz vor Beginn der Regenzeit in die untern Ge-
genden zurückgetragen werden.

Das Verhältniß der Weibchen gegen die Männ-
chen ist wie 300 zu 1; letztere können beim Einsam-
meln nicht in Betracht kommen, da ihr kleiner beflü-
gelter Körper gleichsam von selbst nach der Begattung
vergeht. Die Weibchen hingegen, welche ihre Gestalt
nie wie die Männchen verändern, häuten sich vor dem
Eierlegen und selbst diese Häute werden zum Färbestoff
eingesammelt. Man fegt sie sanft mit eignen Wedeln
von Kaninchenhaaren von den Caktusblättern ab.

Das Einsammeln geschieht vom December bis
Mai und zwar zu dreien Malen. Man schüttet sie in
Körbe oder Pfannen und gießt kochendes Wasser dar-
über, oder man tödtet sie auch in heißen Oefen. Durch
den Tod verliert das Thier zwei Drittel oder drei Vier-
tel seines Gewichts.

Es werden jährlich bis 1,000,000 Pfd. Cochenille
nach Europa gebracht und für 10 – 12,000,000 Thlr.
verkauft.

Der Gebrauch der Cochenille zum Färben ist bei
den Jndianern uralt. Bereits im 17ten Jahrhundert
verdrängte die durch den Saft der Cochenille hauptsäch-
lich bewirkte Scharlachfarbe und das Purpurblan die
Purpurfarbe der Alten, welche die Phönizier zuerst aus
dem Saft der Purpurschnecke bereiteten, weil das Feuer
der letztern Farbe von dem Feuer der aus der Coche-
nille bereiteten Farben bei weitem übertroffen wurde.

[Ende Spaltensatz]
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Durch den Tod verliert das Thier zwei Drittel oder drei Vier- tel seines Gewichts. Es werden jährlich bis 1,000,000 Pfd. Cochenille nach Europa gebracht und für 10 – 12,000,000 Thlr. verkauft. Der Gebrauch der Cochenille zum Färben ist bei den Jndianern uralt. Bereits im 17ten Jahrhundert verdrängte die durch den Saft der Cochenille hauptsäch- lich bewirkte Scharlachfarbe und das Purpurblan die Purpurfarbe der Alten, welche die Phönizier zuerst aus dem Saft der Purpurschnecke bereiteten, weil das Feuer der letztern Farbe von dem Feuer der aus der Coche- nille bereiteten Farben bei weitem übertroffen wurde.

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 33. Breslau, 16. August 1834, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller33_1834/7>, abgerufen am 03.12.2024.