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[N. N.]: Umständliche Beschreibung Der Französ. Grausamkeit in Heydelberg. Nürnberg, 1689.

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Umständliche Beschreibung
Der Französ. Grausamkeit in Heydelberg/
Welche vom verwichenen Octobris 1688. bis in das Monat Februarii 1689. verübet worden.

[Beginn Spaltensatz] UNter was für grausamen Bedrängungen/ von denen
Franzosen geschehen/ die gute Pfaltz bey geraumer Zeit her geseuff-
zet/ davon haben leyder! die täglichen Advisen mehr als zu viel/
verkündigen müssen; Jnmassen diese über- barbarische Völker/ an
unterschiedlichen Orten/ besagter Pfalz zugehörig/ also gehauset/ daß
man auch nicht glauben kan/ daß die Heyden und dergleichen
wilde Nationen mehr/ sich ärger aufführen könten. Wir wollen nicht weit-
läufftig berühren/ was in den Würtenberger Land/ in Heylbronn/ um Rott-
enburg/ in Stuttgart und dergleichen Oertern mehr/ durch Brennen/ Rauben und
andern übeln Beginnen/ ausgeübet worden; Sondern wir seyn gewillet für dieses-
mal/ nur der Churfürstl. Residentz- Stadt Heydelberg zu gedencken. Diese schö-
ne Stadt lieget an den so genannten Neckar- Fluß/ in einer schönen/ fruchtbaren
und lustigen Gegend/ überall mit vielen Weinbergen umgeben/ das daselbstige
prächtige Schloß/ ist jederzeit der Sitz gewesen/ allwo die regierenden Churfür-
sten Hof gehalten. Nachdeme aber im verwichenen 1688ten Jahr/ und zwar
im Monat Octobris/ die Franzosen einen schädlichen Einfall in die ganze Pfalz
gewaget/ hat auch diese gute Stadt Heydelberg die harten Fesseln der Französi
schen Dienstbarkeit/ empfinden müssen/ gestalten dann so gleich bey dem Ein-
zug die Bürger mit Einquartirungen belästiget/ und der Gewehr beraubet wor-
den. Obwolen nun die Officierer denen Einwohnern/ alle Freyheiten verspro-
chen/ hat es doch nicht lange gewähret/ sondern die gemeine Soldaten/ haben
sich allerley Boßheiten unterfangen/ mit Gewalt in die Häuser eingedrungen/
das gefundene Feder- Vieh und anders erwürget/ und die Leute gezwungen
solches zu braten und auf den Tisch zu bringen/ die Gläser zerbrochen/ den/
ihnen nicht wolgeschmacken Wein/ ausgegossen und zu Schanden gemachet.
Ferner wurde eine Brand- Steuer von 20000. Gulden erzwungen/ woferne man
nicht die ärgste Verderbung augenblicklich erfahren wolte/ ohne/ was über
dieses an Geld noch auserpresset worden. Es war aber noch nicht genug/ es
solte ein grösser Unglück den ersterzehlten folgen/ indeme die Franzosen anfien-
gen/ die ober den Schloß stehende Redoute/ wie auch den von Chur- Fürst Carl
erbauten Thurn/ ja so gar das gantze Schloß zu untergraben/ welches dann
schon allbereit das Zeichen war/ daß ein völliger Ruin erfolgen solte.

Jn währenden solchen harten Verfahren/ musten auch die um Heydelberg
liegende Dorffschafften mit Feuer geängstiget und verzehret werden/ massen es
fast zu weitläufftig fallen würde/ alles zu benennen was durch den Brand in
die Aschen verfallen. Die Leute auff dem Land welche nicht allein zusehen musten/
wie man ihre Häuser geplündert/ Küsten und Kästen zertrümmert/ angezün-
det und verheeret/ haben auch noch einen grössern Schmerzen und Jammer er-
tragen müssen/ indeme ihnen Nasen/ Ohren und Finger abgeschnitten/ viele mit
20. 30. und mehr Stich und Hieben gar hingerichtet/ und also gar elendig den Tod
überliefert worden. Mit denen Weibspersonen haben sie auff offentlichen Stras-
[Spaltenumbruch]
sen ihre unziemliche Begierden ausgeübet/ worbey die jungen Mägdlein von
14. 15. Jahren nicht verschont geblieben/ welche sie so zu gerichtet/ daß es zu bewei-
nen. Die alten Männer von 70. 80. und mehr Jahren haben ihre unbarmher-
zige Hände durchbohret/ erschossen und im Staub geworffen/ so/ daß diese er-
schreckliche Grausamkeiten nicht alle zu beschreiben. Wir weichen aber von diesen
abgebrannten Steinhauffen/ so fast alle umliegende Dörffer betroffen/ wieder in
die Stadt/ woselbsten man an den Miniren eiferig fortgefahren/ nicht so wol
an den Schloß/ als auch an den Brücken- Thurn und denen Mauern der Stadt/
so war man auch beschäfftiget/ alles Geschütz/ Canonen/ Musqueten/ Doppel-
hacken/ Lunten/ Kugeln/ und ander Kriegs- Zeug/ wie auch alle Mobilien und
Weine/ aus der Churfürstl. Residenz heraus zu nehmen/ welches so dann zu
Schiff gebracht und gegen Mannheim und Philippsburg abgeführet worden.
Es triebe auch der Mutwill die Franzosen dahin/ daß sie die Oefen und Fen-
ster in vielen Bürgers Häusern eingeschlagen und alles in Grund verdorben/
weßwegen viele Einwohner darüber verarmet/ und mit grosser Gefahr/ durch
die Flucht/ das arme Leben errettet/ in Summa/ sie haben diese Stadt so aus-
gesogen/ dergleichen nie erhöret worden; und wäre noch ein mehrerer Vorrath
an Habern und Heu vorhanden gewesen/ hätte die Qual auch länger gedauret/
da dann bey dieser Ermanglung der Abzug beschehen/ massen sie vorhero unter-
schiedliche Vornehme der Stadt als Geissel/ durch die Soldaten aus den Häu-
sern wegnehmen/ und gegen Mannheim begleiten lassen/ um hierdurch die noch
angeforderte schwehre Geld- Summa zu erpressen. Drey Tage hernach/
musten alle Franzosen auff den Markt sich zeigen/ auch die Nacht über allda
verbleiben. Des Tags darauff/ marchirten die meisten Reuter/ über die Ne-
cker- Brücken hinaus/ darauff fiengen die Grausamkeiten der Franzosen erst
an recht zu würken/ gestalten die gelegten Minen/ die über der Brücken gelege-
ne Stern- Schanze über einen Hauffen warffen und der Erden gleich gemachet/
darauff muste die so schön gebaute Brücken durch diese verteuffelte Mord- Bren-
ner an allen Seiten angestecket und der grausamen Wut des Feuers überlassen
werden/ davon weiter nichts geblieben/ als etliche Pfeiler/ worauff dieses schö-
ne Werk geruhet. Ferner wurden die Minen unter den Schloß angestecket/
wodurch die so wol gebauten Mauern/ und unvergleichliche Zimmer in den
Schloß/ mit grossen Entsetzen zusammen fielen/ und denen Zuschauern einen
Steinhauffen vorstelleten/ das Feuer/ welches an allen Enden ausbrach/ lieff
in einen Augenblick vollends in die überbliebene Gemächer/ und verzehrete in kur-
zer Zeit alles/ was das Pulver nicht voneinander reissen können/ man sahe den
Jammer/ in welchen dieses köstliche Gebäu verfallen/ und niemand durffte eine
Hand zur Rettung ausstrecken. Und als der so genannte Carls Thurn durch
die Minen gesprengt worden/ welcher mit entsetzlichen Krachen umstürzte/
floge ein grosser Quater- Stein über etliche Häuser auff ein Dach/ eines Schu-
machers/ schlug von oben bis in das unterste Zimmer/ allwo ein Kind in der
[Spaltenumbruch]
Wiegen gelegen/ daß solches davon zerquetschet worden/ und muste also dies-
es unschuldige Blut der Rache zu einen Opffer dienen. Das Rath Haus/ der
Marstall/ die Cantzley und das Sickingische Haus stunden auff einmal in voller
Flammen/ da dann der Brigadier und Mord Brenner Melac (welchen etliche
für des verstorbenen la Brosse Sohn halten) vor dem Feuer zu Pferd hielte und
ein groß Gelächter über diese Jammer- Schau/ ausschüttete. Die Granadie-
rer hatten auch so gar Befehl unterschiedliche Bürger- Häuser anzuzünden/ wel-
cher jedoch/ durch grosse Rettung/ viele von den Brand erhalten worden. Das
Wehklagen der armen Leute/ und jammerns- würdige Schreyen der unmündigen
Kinder/ war so groß/ daß auch etliche Officierer/ welche nicht so gar steinerne
Herzen hatten/ zum Mitleiden bewogen wurden/ und in vorbey Reiten die Bür-
ger selbst zur Dämpffung des Feuers/ was ihnen eigen wäre/ angemahnet/ allein
was Churfürstl. war/ muste auff den Grund vertilliget werden/ ja es waren diese
Officier so barmherzig/ daß sie etliche Kinder auff ihren Pferden in das Capuciner
Kloster brachten/ um solche vor den Brand zu befreuen. Die Evangelische Kir-
chen stunde in grosser Gefahr/ es scheinet aber/ GOttes Hülffe hatte den Feuer
gesteuret/ daß solches nicht um sich greiffen kunte. Vier Mühlen hatte auch die
Glut überdecket/ und ohne die vorher erzehlte/ noch 6. bis 8. gemeine Häuser. Hier-
auff solten die Mauern umgeleget und gesprenget werden/ da aber an etlichen
Orten kein sonderer Schaden geschehen/ ausser daß hier und dort einige Löcher
sich auffgerissen/ welches bald wieder kan verbessert werden. Als dieses nun alles
seine Endschafft errreichet hatte/ verliessen die Französiche Unmenschen den 2.
Martii st. n. die Stadt/ und nahmen ihren Zug gegen Mannheim/ verbrannten
aber alle Dörffer durch die sie ihren March genommen. Was nun für ein Elend
in mehr besagten Heydelberg anzuschauen/ ist mit keiner menschlichen Feder
oder Zungen außudeuten/ und wird den übergrossen Schaden keine Länge der
Zeit mehr ersetzen/ absonderlich das alte herrliche Schloß/ welches mit sonder
grossen Fleiß und schwehren Unkosten erbauet worden/ aber nun leyder! wie ei-
ne düstre Mörder- Gruben sich verwandelt. GOTT tröste demnach die in Ar-
mut seuffzende verfolgte/ und lasse denen/ annoch unter denen Französischen Fes-
seln ächzende Mit- Christen/ eine baldige Hülffe/ sie der Bande entschliessen.[Ende Spaltensatz]

Verzeichniß der Ziffern so in diesem Kupffer bemerket:

1. Das Schloß. 2. Der neue Garten. 3. Die heilige Geist Kirch.
4. Das Barfüsser Kloster. 5. St. Jacob. 6. St. Peter.
7. Das Augustiner Kloster. 8. Der alte Churfürstl.
Garten. 9. Der reiche Spital. 10. Spital- Thor. 11. Der Trutz
Kayser. 12. Das alte Schloß. 13. Der Marstall. 14. Das
Schloß wie es vor den Brand gestanden.

Nürnberg/ zu finden bey Joh. Jonathan Felsecker.

Umſtaͤndliche Beſchreibung
Der Franzoͤſ. Grauſamkeit in Heydelberg/
Welche vom verwichenen Octobris 1688. bis in das Monat Februarii 1689. veruͤbet worden.

[Beginn Spaltensatz] UNter was fuͤr grauſamen Bedraͤngungen/ von denen
Franzoſen geſchehen/ die gute Pfaltz bey geraumer Zeit her geſeuff-
zet/ davon haben leyder! die taͤglichen Adviſen mehr als zu viel/
verkuͤndigen muͤſſen; Jnmaſſen dieſe uͤber- barbariſche Voͤlker/ an
unterſchiedlichen Orten/ beſagter Pfalz zugehoͤrig/ alſo gehauſet/ daß
man auch nicht glauben kan/ daß die Heyden und dergleichen
wilde Nationen mehr/ ſich aͤrger auffuͤhren koͤnten. Wir wollen nicht weit-
laͤufftig beruͤhren/ was in den Wuͤrtenberger Land/ in Heylbronn/ um Rott-
enburg/ in Stuttgart und dergleichen Oertern mehr/ durch Brennen/ Rauben und
andern uͤbeln Beginnen/ auſgeuͤbet worden; Sondern wir ſeyn gewillet fuͤr dieſes-
mal/ nur der Churfuͤrſtl. Reſidentz- Stadt Heydelberg zu gedencken. Dieſe ſchoͤ-
ne Stadt lieget an den ſo genannten Neckar- Fluß/ in einer ſchoͤnen/ fruchtbaren
und luſtigen Gegend/ uͤberall mit vielen Weinbergen umgeben/ das daſelbſtige
praͤchtige Schloß/ iſt jederzeit der Sitz geweſen/ allwo die regierenden Churfuͤr-
ſten Hof gehalten. Nachdeme aber im verwichenen 1688ten Jahr/ und zwar
im Monat Octobris/ die Franzoſen einen ſchaͤdlichen Einfall in die ganze Pfalz
gewaget/ hat auch dieſe gute Stadt Heydelberg die harten Feſſeln der Franzoͤſi
ſchen Dienſtbarkeit/ empfinden muͤſſen/ geſtalten dann ſo gleich bey dem Ein-
zug die Buͤrger mit Einquartirungen belaͤſtiget/ und der Gewehr beraubet wor-
den. Obwolen nun die Officierer denen Einwohnern/ alle Freyheiten verſpro-
chen/ hat es doch nicht lange gewaͤhret/ ſondern die gemeine Soldaten/ haben
ſich allerley Boßheiten unterfangen/ mit Gewalt in die Haͤuſer eingedrungen/
das gefundene Feder- Vieh und anders erwuͤrget/ und die Leute gezwungen
ſolches zu braten und auf den Tiſch zu bringen/ die Glaͤſer zerbrochen/ den/
ihnen nicht wolgeſchmacken Wein/ auſgegoſſen und zu Schanden gemachet.
Ferner wurde eine Brand- Steuer von 20000. Gulden erzwungen/ woferne man
nicht die aͤrgſte Verderbung augenblicklich erfahren wolte/ ohne/ was uͤber
dieſes an Geld noch auſerpreſſet worden. Es war aber noch nicht genug/ es
ſolte ein groͤſſer Ungluͤck den erſterzehlten folgen/ indeme die Franzoſen anfien-
gen/ die ober den Schloß ſtehende Redoute/ wie auch den von Chur- Fuͤrſt Carl
erbauten Thurn/ ja ſo gar das gantze Schloß zu untergraben/ welches dann
ſchon allbereit das Zeichen war/ daß ein voͤlliger Ruin erfolgen ſolte.

Jn waͤhrenden ſolchen harten Verfahren/ muſten auch die um Heydelberg
liegende Dorffſchafften mit Feuer geaͤngſtiget und verzehret werden/ maſſen es
faſt zu weitlaͤufftig fallen wuͤrde/ alles zu benennen was durch den Brand in
die Aſchen verfallen. Die Leute auff dem Land welche nicht allein zuſehen muſten/
wie man ihre Haͤuſer gepluͤndert/ Kuͤſten und Kaͤſten zertruͤmmert/ angezuͤn-
det und verheeret/ haben auch noch einen groͤſſern Schmerzen und Jammer er-
tragen muͤſſen/ indeme ihnen Naſen/ Ohren und Finger abgeſchnitten/ viele mit
20. 30. und mehr Stich und Hieben gar hingerichtet/ und alſo gar elendig den Tod
uͤberliefert worden. Mit denen Weibſperſonen haben ſie auff offentlichen Straſ-
[Spaltenumbruch]
ſen ihre unziemliche Begierden auſgeuͤbet/ worbey die jungen Maͤgdlein von
14. 15. Jahren nicht verſchont geblieben/ welche ſie ſo zu gerichtet/ daß es zu bewei-
nen. Die alten Maͤnner von 70. 80. und mehr Jahren haben ihre unbarmher-
zige Haͤnde durchbohret/ erſchoſſen und im Staub geworffen/ ſo/ daß dieſe er-
ſchreckliche Grauſamkeiten nicht alle zu beſchreiben. Wir weichen aber von dieſen
abgebrannten Steinhauffen/ ſo faſt alle umliegende Doͤrffer betroffen/ wieder in
die Stadt/ woſelbſten man an den Miniren eiferig fortgefahren/ nicht ſo wol
an den Schloß/ als auch an den Bruͤcken- Thurn und denen Mauern der Stadt/
ſo war man auch beſchaͤfftiget/ alles Geſchuͤtz/ Canonen/ Muſqueten/ Doppel-
hacken/ Lunten/ Kugeln/ und ander Kriegſ- Zeug/ wie auch alle Mobilien und
Weine/ aus der Churfuͤrſtl. Reſidenz heraus zu nehmen/ welches ſo dann zu
Schiff gebracht und gegen Mannheim und Philippſburg abgefuͤhret worden.
Es triebe auch der Mutwill die Franzoſen dahin/ daß ſie die Oefen und Fen-
ſter in vielen Buͤrgers Haͤuſern eingeſchlagen und alles in Grund verdorben/
weßwegen viele Einwohner daruͤber verarmet/ und mit groſſer Gefahr/ durch
die Flucht/ das arme Leben errettet/ in Summa/ ſie haben dieſe Stadt ſo auſ-
geſogen/ dergleichen nie erhoͤret worden; und waͤre noch ein mehrerer Vorrath
an Habern und Heu vorhanden geweſen/ haͤtte die Qual auch laͤnger gedauret/
da dann bey dieſer Ermanglung der Abzug beſchehen/ maſſen ſie vorhero unter-
ſchiedliche Vornehme der Stadt als Geiſſel/ durch die Soldaten aus den Haͤu-
ſern wegnehmen/ und gegen Mannheim begleiten laſſen/ um hierdurch die noch
angeforderte ſchwehre Geld- Summa zu erpreſſen. Drey Tage hernach/
muſten alle Franzoſen auff den Markt ſich zeigen/ auch die Nacht uͤber allda
verbleiben. Des Tags darauff/ marchirten die meiſten Reuter/ uͤber die Ne-
cker- Bruͤcken hinaus/ darauff fiengen die Grauſamkeiten der Franzoſen erſt
an recht zu wuͤrken/ geſtalten die gelegten Minen/ die uͤber der Bruͤcken gelege-
ne Stern- Schanze uͤber einen Hauffen warffen und der Erden gleich gemachet/
darauff muſte die ſo ſchoͤn gebaute Bruͤcken durch dieſe verteuffelte Mord- Bren-
ner an allen Seiten angeſtecket und der grauſamen Wut des Feuers uͤberlaſſen
werden/ davon weiter nichts geblieben/ als etliche Pfeiler/ worauff dieſes ſchoͤ-
ne Werk geruhet. Ferner wurden die Minen unter den Schloß angeſtecket/
wodurch die ſo wol gebauten Mauern/ und unvergleichliche Zimmer in den
Schloß/ mit groſſen Entſetzen zuſammen fielen/ und denen Zuſchauern einen
Steinhauffen vorſtelleten/ das Feuer/ welches an allen Enden auſbrach/ lieff
in einen Augenblick vollends in die uͤberbliebene Gemaͤcher/ und verzehrete in kur-
zer Zeit alles/ was das Pulver nicht voneinander reiſſen koͤnnen/ man ſahe den
Jammer/ in welchen dieſes koͤſtliche Gebaͤu verfallen/ und niemand durffte eine
Hand zur Rettung auſſtrecken. Und als der ſo genannte Carls Thurn durch
die Minen geſprengt worden/ welcher mit entſetzlichen Krachen umſtuͤrzte/
floge ein groſſer Quater- Stein uͤber etliche Haͤuſer auff ein Dach/ eines Schu-
machers/ ſchlug von oben bis in das unterſte Zimmer/ allwo ein Kind in der
[Spaltenumbruch]
Wiegen gelegen/ daß ſolches davon zerquetſchet worden/ und muſte alſo dieſ-
es unſchuldige Blut der Rache zu einen Opffer dienen. Das Rath Haus/ der
Marſtall/ die Cantzley und das Sickingiſche Haus ſtunden auff einmal in voller
Flammen/ da dann der Brigadier und Mord Brenner Melac (welchen etliche
fuͤr des verſtorbenen la Broſſe Sohn halten) vor dem Feuer zu Pferd hielte und
ein groß Gelaͤchter uͤber dieſe Jammer- Schau/ auſſchuͤttete. Die Granadie-
rer hatten auch ſo gar Befehl unterſchiedliche Buͤrger- Haͤuſer anzuzuͤnden/ wel-
cher jedoch/ durch groſſe Rettung/ viele von den Brand erhalten worden. Das
Wehklagen der armen Leute/ und jammernſ- wuͤrdige Schreyen der unmuͤndigen
Kinder/ war ſo groß/ daß auch etliche Officierer/ welche nicht ſo gar ſteinerne
Herzen hatten/ zum Mitleiden bewogen wurden/ und in vorbey Reiten die Buͤr-
ger ſelbſt zur Daͤmpffung des Feuers/ was ihnen eigen waͤre/ angemahnet/ allein
was Churfuͤrſtl. war/ muſte auff den Grund vertilliget werden/ ja es waren dieſe
Officier ſo barmherzig/ daß ſie etliche Kinder auff ihren Pferden in das Capuciner
Kloſter brachten/ um ſolche vor den Brand zu befreuen. Die Evangeliſche Kir-
chen ſtunde in groſſer Gefahr/ es ſcheinet aber/ GOttes Huͤlffe hatte den Feuer
geſteuret/ daß ſolches nicht um ſich greiffen kunte. Vier Muͤhlen hatte auch die
Glut uͤberdecket/ und ohne die vorher erzehlte/ noch 6. bis 8. gemeine Haͤuſer. Hier-
auff ſolten die Mauern umgeleget und geſprenget werden/ da aber an etlichen
Orten kein ſonderer Schaden geſchehen/ auſſer daß hier und dort einige Loͤcher
ſich auffgeriſſen/ welches bald wieder kan verbeſſert werden. Als dieſes nun alles
ſeine Endſchafft errreichet hatte/ verlieſſen die Franzoͤſiche Unmenſchen den 2.
Martii ſt. n. die Stadt/ und nahmen ihren Zug gegen Mannheim/ verbrannten
aber alle Doͤrffer durch die ſie ihren March genommen. Was nun fuͤr ein Elend
in mehr beſagten Heydelberg anzuſchauen/ iſt mit keiner menſchlichen Feder
oder Zungen auſzudeuten/ und wird den uͤbergroſſen Schaden keine Laͤnge der
Zeit mehr erſetzen/ abſonderlich das alte herrliche Schloß/ welches mit ſonder
groſſen Fleiß und ſchwehren Unkoſten erbauet worden/ aber nun leyder! wie ei-
ne duͤſtre Moͤrder- Gruben ſich verwandelt. GOTT troͤſte demnach die in Ar-
mut ſeuffzende verfolgte/ und laſſe denen/ annoch unter denen Franzoͤſiſchen Feſ-
ſeln aͤchzende Mit- Chriſten/ eine baldige Huͤlffe/ ſie der Bande entſchlieſſen.[Ende Spaltensatz]

Verzeichniß der Ziffern ſo in dieſem Kupffer bemerket:

1. Das Schloß. 2. Der neue Garten. 3. Die heilige Geiſt Kirch.
4. Das Barfuͤſſer Kloſter. 5. St. Jacob. 6. St. Peter.
7. Das Auguſtiner Kloſter. 8. Der alte Churfuͤrſtl.
Garten. 9. Der reiche Spital. 10. Spital- Thor. 11. Der Trutz
Kayſer. 12. Das alte Schloß. 13. Der Marſtall. 14. Das
Schloß wie es vor den Brand geſtanden.

Nuͤrnberg/ zu finden bey Joh. Jonathan Felſecker.

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[0003] Umſtaͤndliche Beſchreibung Der Franzoͤſ. Grauſamkeit in Heydelberg/ Welche vom verwichenen Octobris 1688. bis in das Monat Februarii 1689. veruͤbet worden. UNter was fuͤr grauſamen Bedraͤngungen/ von denen Franzoſen geſchehen/ die gute Pfaltz bey geraumer Zeit her geſeuff- zet/ davon haben leyder! die taͤglichen Adviſen mehr als zu viel/ verkuͤndigen muͤſſen; Jnmaſſen dieſe uͤber- barbariſche Voͤlker/ an unterſchiedlichen Orten/ beſagter Pfalz zugehoͤrig/ alſo gehauſet/ daß man auch nicht glauben kan/ daß die Heyden und dergleichen wilde Nationen mehr/ ſich aͤrger auffuͤhren koͤnten. Wir wollen nicht weit- laͤufftig beruͤhren/ was in den Wuͤrtenberger Land/ in Heylbronn/ um Rott- enburg/ in Stuttgart und dergleichen Oertern mehr/ durch Brennen/ Rauben und andern uͤbeln Beginnen/ auſgeuͤbet worden; Sondern wir ſeyn gewillet fuͤr dieſes- mal/ nur der Churfuͤrſtl. Reſidentz- Stadt Heydelberg zu gedencken. Dieſe ſchoͤ- ne Stadt lieget an den ſo genannten Neckar- Fluß/ in einer ſchoͤnen/ fruchtbaren und luſtigen Gegend/ uͤberall mit vielen Weinbergen umgeben/ das daſelbſtige praͤchtige Schloß/ iſt jederzeit der Sitz geweſen/ allwo die regierenden Churfuͤr- ſten Hof gehalten. Nachdeme aber im verwichenen 1688ten Jahr/ und zwar im Monat Octobris/ die Franzoſen einen ſchaͤdlichen Einfall in die ganze Pfalz gewaget/ hat auch dieſe gute Stadt Heydelberg die harten Feſſeln der Franzoͤſi ſchen Dienſtbarkeit/ empfinden muͤſſen/ geſtalten dann ſo gleich bey dem Ein- zug die Buͤrger mit Einquartirungen belaͤſtiget/ und der Gewehr beraubet wor- den. Obwolen nun die Officierer denen Einwohnern/ alle Freyheiten verſpro- chen/ hat es doch nicht lange gewaͤhret/ ſondern die gemeine Soldaten/ haben ſich allerley Boßheiten unterfangen/ mit Gewalt in die Haͤuſer eingedrungen/ das gefundene Feder- Vieh und anders erwuͤrget/ und die Leute gezwungen ſolches zu braten und auf den Tiſch zu bringen/ die Glaͤſer zerbrochen/ den/ ihnen nicht wolgeſchmacken Wein/ auſgegoſſen und zu Schanden gemachet. Ferner wurde eine Brand- Steuer von 20000. Gulden erzwungen/ woferne man nicht die aͤrgſte Verderbung augenblicklich erfahren wolte/ ohne/ was uͤber dieſes an Geld noch auſerpreſſet worden. Es war aber noch nicht genug/ es ſolte ein groͤſſer Ungluͤck den erſterzehlten folgen/ indeme die Franzoſen anfien- gen/ die ober den Schloß ſtehende Redoute/ wie auch den von Chur- Fuͤrſt Carl erbauten Thurn/ ja ſo gar das gantze Schloß zu untergraben/ welches dann ſchon allbereit das Zeichen war/ daß ein voͤlliger Ruin erfolgen ſolte. Jn waͤhrenden ſolchen harten Verfahren/ muſten auch die um Heydelberg liegende Dorffſchafften mit Feuer geaͤngſtiget und verzehret werden/ maſſen es faſt zu weitlaͤufftig fallen wuͤrde/ alles zu benennen was durch den Brand in die Aſchen verfallen. Die Leute auff dem Land welche nicht allein zuſehen muſten/ wie man ihre Haͤuſer gepluͤndert/ Kuͤſten und Kaͤſten zertruͤmmert/ angezuͤn- det und verheeret/ haben auch noch einen groͤſſern Schmerzen und Jammer er- tragen muͤſſen/ indeme ihnen Naſen/ Ohren und Finger abgeſchnitten/ viele mit 20. 30. und mehr Stich und Hieben gar hingerichtet/ und alſo gar elendig den Tod uͤberliefert worden. Mit denen Weibſperſonen haben ſie auff offentlichen Straſ- ſen ihre unziemliche Begierden auſgeuͤbet/ worbey die jungen Maͤgdlein von 14. 15. Jahren nicht verſchont geblieben/ welche ſie ſo zu gerichtet/ daß es zu bewei- nen. Die alten Maͤnner von 70. 80. und mehr Jahren haben ihre unbarmher- zige Haͤnde durchbohret/ erſchoſſen und im Staub geworffen/ ſo/ daß dieſe er- ſchreckliche Grauſamkeiten nicht alle zu beſchreiben. Wir weichen aber von dieſen abgebrannten Steinhauffen/ ſo faſt alle umliegende Doͤrffer betroffen/ wieder in die Stadt/ woſelbſten man an den Miniren eiferig fortgefahren/ nicht ſo wol an den Schloß/ als auch an den Bruͤcken- Thurn und denen Mauern der Stadt/ ſo war man auch beſchaͤfftiget/ alles Geſchuͤtz/ Canonen/ Muſqueten/ Doppel- hacken/ Lunten/ Kugeln/ und ander Kriegſ- Zeug/ wie auch alle Mobilien und Weine/ aus der Churfuͤrſtl. Reſidenz heraus zu nehmen/ welches ſo dann zu Schiff gebracht und gegen Mannheim und Philippſburg abgefuͤhret worden. Es triebe auch der Mutwill die Franzoſen dahin/ daß ſie die Oefen und Fen- ſter in vielen Buͤrgers Haͤuſern eingeſchlagen und alles in Grund verdorben/ weßwegen viele Einwohner daruͤber verarmet/ und mit groſſer Gefahr/ durch die Flucht/ das arme Leben errettet/ in Summa/ ſie haben dieſe Stadt ſo auſ- geſogen/ dergleichen nie erhoͤret worden; und waͤre noch ein mehrerer Vorrath an Habern und Heu vorhanden geweſen/ haͤtte die Qual auch laͤnger gedauret/ da dann bey dieſer Ermanglung der Abzug beſchehen/ maſſen ſie vorhero unter- ſchiedliche Vornehme der Stadt als Geiſſel/ durch die Soldaten aus den Haͤu- ſern wegnehmen/ und gegen Mannheim begleiten laſſen/ um hierdurch die noch angeforderte ſchwehre Geld- Summa zu erpreſſen. Drey Tage hernach/ muſten alle Franzoſen auff den Markt ſich zeigen/ auch die Nacht uͤber allda verbleiben. Des Tags darauff/ marchirten die meiſten Reuter/ uͤber die Ne- cker- Bruͤcken hinaus/ darauff fiengen die Grauſamkeiten der Franzoſen erſt an recht zu wuͤrken/ geſtalten die gelegten Minen/ die uͤber der Bruͤcken gelege- ne Stern- Schanze uͤber einen Hauffen warffen und der Erden gleich gemachet/ darauff muſte die ſo ſchoͤn gebaute Bruͤcken durch dieſe verteuffelte Mord- Bren- ner an allen Seiten angeſtecket und der grauſamen Wut des Feuers uͤberlaſſen werden/ davon weiter nichts geblieben/ als etliche Pfeiler/ worauff dieſes ſchoͤ- ne Werk geruhet. 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Das Rath Haus/ der Marſtall/ die Cantzley und das Sickingiſche Haus ſtunden auff einmal in voller Flammen/ da dann der Brigadier und Mord Brenner Melac (welchen etliche fuͤr des verſtorbenen la Broſſe Sohn halten) vor dem Feuer zu Pferd hielte und ein groß Gelaͤchter uͤber dieſe Jammer- Schau/ auſſchuͤttete. Die Granadie- rer hatten auch ſo gar Befehl unterſchiedliche Buͤrger- Haͤuſer anzuzuͤnden/ wel- cher jedoch/ durch groſſe Rettung/ viele von den Brand erhalten worden. Das Wehklagen der armen Leute/ und jammernſ- wuͤrdige Schreyen der unmuͤndigen Kinder/ war ſo groß/ daß auch etliche Officierer/ welche nicht ſo gar ſteinerne Herzen hatten/ zum Mitleiden bewogen wurden/ und in vorbey Reiten die Buͤr- ger ſelbſt zur Daͤmpffung des Feuers/ was ihnen eigen waͤre/ angemahnet/ allein was Churfuͤrſtl. war/ muſte auff den Grund vertilliget werden/ ja es waren dieſe Officier ſo barmherzig/ daß ſie etliche Kinder auff ihren Pferden in das Capuciner Kloſter brachten/ um ſolche vor den Brand zu befreuen. Die Evangeliſche Kir- chen ſtunde in groſſer Gefahr/ es ſcheinet aber/ GOttes Huͤlffe hatte den Feuer geſteuret/ daß ſolches nicht um ſich greiffen kunte. Vier Muͤhlen hatte auch die Glut uͤberdecket/ und ohne die vorher erzehlte/ noch 6. bis 8. gemeine Haͤuſer. 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GOTT troͤſte demnach die in Ar- mut ſeuffzende verfolgte/ und laſſe denen/ annoch unter denen Franzoͤſiſchen Feſ- ſeln aͤchzende Mit- Chriſten/ eine baldige Huͤlffe/ ſie der Bande entſchlieſſen. Verzeichniß der Ziffern ſo in dieſem Kupffer bemerket: 1. Das Schloß. 2. Der neue Garten. 3. Die heilige Geiſt Kirch. 4. Das Barfuͤſſer Kloſter. 5. St. Jacob. 6. St. Peter. 7. Das Auguſtiner Kloſter. 8. Der alte Churfuͤrſtl. Garten. 9. Der reiche Spital. 10. Spital- Thor. 11. Der Trutz Kayſer. 12. Das alte Schloß. 13. Der Marſtall. 14. Das Schloß wie es vor den Brand geſtanden. Nuͤrnberg/ zu finden bey Joh. Jonathan Felſecker.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Umständliche Beschreibung Der Französ. Grausamkeit in Heydelberg. Nürnberg, 1689, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heydelberg_1689/3>, abgerufen am 21.11.2024.